Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman. Leni Behrendt

Читать онлайн книгу.

Leni Behrendt Staffel 3 – Liebesroman - Leni Behrendt


Скачать книгу
Die einzigen Geräusche in dieser friedlichen Stille, die dann der Eintritt des Fremdlings unterbrach. Die beiden Herren sprangen auf, Rupert von Bärlitz trat auf sie zu – und als Karola in das hagere Aristokratengesicht mit dem Monokel sah, da festigte sich die Vermutung, die sie auf dem Weg hierher hatte.

      »Oha, da haben wir ja schon eines unserer Schneevöglein, die uns die eisige Silvesternacht ins Haus wehte«, klang seine tiefe Stimme auf. »Darf ich nachholen, was wir angesichts Ihrer gestrigen Erschöpfung unterlassen mußten, und Sie willkommen heißen? Gestatten: Rupert Bärlitz, und die andern, meine Schwester mit ihrem Sohn und ihrer Schwägerin, nennen sich Hörgisholm.«

      Nachdem die allgemeine Begrüßung erfolgt war, nahm man Platz, und Erdmuthe sagte nach einem prüfenden Blick in das Gesicht des Gastes:

      »Angegriffen sehen Sie schon noch aus, Fräulein Arnhöft. Schließlich auch kein Wunder nach der entsetzlichen Strapaze.«

      »Die ich jedoch ganz gut überstanden habe«, entgegnete Karola verlegen. »Es ist mir nur so schrecklich peinlich, daß ich Ihnen hier die Silvesterfeier störte.«

      »Nun, nun«, wehrte die Hausherrin liebenswürdig ab. »Es braucht Ihnen gewiß nicht peinlich zu sein, was wir als Selbstverständlichkeit erachten. Wie geht es Fräulein Wiederbach?«

      »Auch sie hat alles ganz gut überstanden – bis auf das Knie. Wohl ist die Geschwulst erheblich zurückgegangen, aber vielleicht ist es doch besser, wenn meine Verwandte in ärztliche Behandlung kommt. Daher werde ich zu Hause anrufen und den Wagen bestellen, ich müßte nur wissen, welchen Weg der Chauffeur einschlagen muß. Wollen Sie mir bitte den Weg erklären?«

      »Gern«, gab Rupert Antwort. »Aber ich fürchte, daß der Wagen nicht durch die Schneemassen kommt, die vom scharfen Nordost stellenweise zu Schanzen aufgeweht sind. Wohl könnten wir Ihnen einen Schlitten zur Verfügung stellen, aber ob er es schafft, ist gleichfalls fraglich. Die einzige Möglichkeit, von hier wegzukommen, wäre die Kleinbahn – wenn nicht auch sie wegen Schneeverwehungen die Fahrt einstellen muß.«

      »Aber es gibt doch Schneepflüge, um die Straßen frei zu machen.«

      »Was einer Danaidenarbeit gleichkäme«, warf Bärlitz trocken ein. »Schauen Sie doch mal nach draußen, wie es da lustig weiterschneit. Diese weißen Massen decken im Nu wieder zu, was die Pflüge wegschafften. Die müssen sowieso schon Tag und Nacht auf Tour sein, um wenigstens die Hauptstraßen einigermaßen befahrbar zu halten, wir jedoch liegen drei Kilometer von der Chaussee entfernt.

      Und nun machen Sie nicht so ein unglückliches Gesicht, gnädiges Fräulein. Wenn Sie einige Tage hier ausharren müßten, wäre das denn so schlimm?«

      »Ganz gewiß nicht, aber wir können Ihnen doch nicht noch länger zur Last fallen.«

      »Na, so unleidlich werden Sie sich doch wohl nicht benehmen«, lachte Erdmuthe. »Am wichtigsten ist momentan, daß Sie sich zu Hause melden, wo man sich um Ihr und Fräulein Wiederbachs Ausbleiben Sorge machen wird, oder etwa nicht?«

      »Nein, gnädige Frau. Man nimmt dort an, daß wir uns in der Schneeberger Skihütte befinden, wo wir mit anderen Mitgliedern des Skiklubs Silvester feiern wollten. Bei uns kann nämlich jeder nach seiner Fasson selig werden.«

      »Auch die Tochter des Hauses?«

      »Die ganz besonders, gnädige Frau. Gudrun bekam schon als Kind jeden Willen, weil die Eltern in sie vernarrt waren. Also kein Wunder, daß sie sich zu einer kleinen Tyrannin auswuchs, die nur einen Willen kennt: den eigenen.«

      »Ach du liebes bißchen«, kratzte Rupert sich den Kopf. »Jetzt sagen Sie bloß noch, gnädiges Fräulein, daß die junge Dame schön und reich ist.«

      »Stimmt«, lachte Karola. »Dazu verfügt sie noch über einen Charme, dem niemand sich entziehen kann – ich leider auch nicht immer. Damit macht sie mir meine Beschützerrolle bestimmt nicht leicht.

      Ich habe nämlich ihrer Mutter, die vor vier Jahren an einer unheilbaren Krankheit langsam zugrundeging, versprechen müssen, Gudrun nie zu verlassen, was ich ohnehin nicht getan hätte. So kann ich wenigstens den Dank an die Tochter abstatten, zu dem ich der Mutter stets verpflichtet war. Denn sie nahm mich, als die meine starb und ich somit verwaiste – mein Vater war schon zwei Jahre früher gestorben – in ihr Haus, behandelte mich genauso liebevoll wie ihr eigenes Kind und hat mich im Testament auch noch mit einem guten Batzen bedacht. Und wenn ich nun noch sage, daß der Witwer nach Ablauf des Trauerjahres die Witwe seines Konkurrenten heiratete, dadurch die beiden Werke miteinander verschmelzend – und daß die Witwe einen Sohn mit in die Ehe brachte, so habe ich alles das gesagt, was Sie wissen müssen von Ihren Gästen – auch wenn es nur hereingeschneite sind.«

      »Und wir danken Ihnen für Ihr Vertrauen, Fräulein Arnhöft«, sagte Erdmuthe herzlich. »Darf ich nun noch fragen, wie das Verhältnis zwischen Stieftochter und Stiefmutter ist?«

      »Die vertragen sich gut, weil sich einer um den andern nicht kümmert.«

      »Und was sagt Herr Wiederbach dazu?«

      »Der ist zufrieden, daß es keinen Streit gibt. Er gehört nämlich zu den Menschen, denen persönliche Ruhe heilig ist.

      Im übrigen lebt es sich gut in dem großzügigen Hause, wo Geld gewiß keine Rolle spielt. Und daß es immer noch mehr wird, dafür sorgt Wiederbach als vorzüglicher und sehr vorsichtiger Kaufmann. Zwar ist er wagemutig, Spekulationen jedoch verabscheut er.

      Dem Hausstand ist seine Schwägerin eine vorzügliche Repräsentantin. Sie knausert keineswegs, hält aber Verschwendung für ein Laster.«

      »Und wie verhält sich die Hausherrin zu alledem?« fragte Rupert interessiert.

      »Die ist froh, daß sie mit dem ganzen Wirtschaftskram nicht behelligt wird, ist Gast im eigenen Hause.«

      »Also eine Mondäne?«

      »Kann man so nennen. Ihr Sohn, ein netter Bengel von zehn Jahren, hängt an seinem Stiefvater und an uns bedeutend mehr als an seiner Mutter.«

      »Darf er vielleicht auch machen, was er will?« fragte der junge Baron trocken, und Karola lachte.

      »Jawohl, da ja bei uns jeder nach seiner Fasson selig werden kann, wie ich vorhin schon bemerkte. Darf ich mal den Apparat benutzen?«

      »Bitte sehr.«

      Da die Verbindung auf sich warten ließ, wollte Karola schon den Hörer ablegen, als sich endlich am andern Ende der Diener meldete. Und was er da sagte, ließ sie überrascht aufhorchen.

      »Wann sind denn die Herrschaften aufgebrochen? Gegen Abend? Nun, da war das Wetter ja noch manierlich. Hören Sie mal gut zu, Jan. Wenn Herr Wiederbach anruft, dann sagen Sie ihm, daß auch wir eingeschneit sind. Es ist absolut keine Veranlassung zur Beunruhigung, es geht uns gut. Sobald wie möglich kommen wir nach Hause. Haben Sie alles verstanden? Na schön. Ende.«

      »So was nennt man Duplizität der Ereignisse«, legte sie lachend den Hörer auf. »Denn meine Verwandten sind genauso eingeschneit wie Gudrun und ich. Wie mir der Diener sagte, ist gestern gegen Abend ein Bekannter erschienen und hat die Gesellschaft, die sich bereits zur Silvesterfeier eingefunden hatte, in Bausch und Bogen nach seinem Jagdhaus entführt. Und da sich dieses mitten im Wald befindet, so liegt denn auch die ganze Gesellschaft mit ihren Wagen fest. Man soll aber recht fidel dabei sein, wie Wiederbach dem Diener sagte. Also sehe ich nicht ein, warum ich Trübsal blasen soll.«

      »Recht so«, lachte die Hausherrin gleich den andern. »Was die dort können, das können wir hier auch. Und damit Fräulein Wiederbach da oben so allein nicht wirklich Trübsal blasen muß, holen wir sie nach unten. Wozu haben wir denn zwei Männer mit starken Armen.«

      »Die hoffentlich nicht gebraucht werden!« fiel Karola hastig ein. »Zu leicht wollen wir es dem unnützen Ding denn doch nicht machen, es womöglich noch auf Händen tragen. Mag sie nur auslöffeln, was sie sich mit ihrer verflixten Flirterei wieder einmal einbrockte. Dadurch sind wir ja nur in so eine entsetzliche Notlage geraten, die für uns zum Verhängnis geworden wäre, hätten sich nicht Menschen gefunden,


Скачать книгу