Perry Rhodan Neo 233: Der Oxtorner. Rainer Schorm

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Perry Rhodan Neo 233: Der Oxtorner - Rainer Schorm


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Bahn. Ein guter Ort, um die Suche zu beginnen.

      Mackay stieg in einen Expresslift und fuhr damit in die Depotsektion hinauf. Die dortigen Werkshallen und Industrieanlagen beeindruckten ihn einmal mehr. Alles war sehr kompakt. Die CREST II war in der Lage, jedes notwendige Ersatzteil selbst herzustellen, wenn die Grundstoffe vorhanden waren.

      Eine Werft in der Werft, dachte er. Wie willst du das verdammte Summen unter diesen Umständen finden? Nach Gehör? Du machst dich lächerlich ...

      Das Geräusch war unverändert vorhanden, vielleicht etwas leiser, aber es saß nach wie vor als Stachel in seiner Wahrnehmung.

      »Mister Mackay!«, ertönte unvermittelt eine Stimme. »Ich bin zwar nicht der Kommandant, aber ich heiße Sie trotzdem an Bord willkommen!«

      »Danke, Positronik«, sagte der Ingenieur. Die Schiffsintelligenz der CREST II würde ihre Maximalkapazität erst später erreichen. Die positronische Vernetzung war ein dynamischer Prozess, der nie beendet sein würde. Die Hauptpositronik würde im wahrsten Sinn des Wortes mit der Zeit immer mehr wachsen und reifen. »Ich hoffe, es geht dir gut?«

      Das Rechnersystem bewies, dass seine rhetorischen Fähigkeiten bereits ausgeprägt waren: Die Pause war exakt um die richtige winzige Zeitspanne zu lang, um die Aussage der nachfolgenden Antwort zu relativieren. »Es geht mir blendend, danke der Nachfrage.«

      »Nanana«, tadelte Mackay. »Du weißt doch, mit wem du gerade sprichst. Wenn dir etwas missfällt, kannst du es mir sagen. Ich bin hier, um dieses Raumschiff in den bestmöglichen Zustand zu versetzen. Das schließt dich mit ein. Also?«

      Die Akustikfelder produzierten etwas, das beinahe ein Seufzen war, sehr zu Mackays Vergnügen. Die Kommunikation mit der Schiffsintelligenz würde in nicht allzu ferner Zukunft ein wahrer Genuss sein ... oder die Leute in den Wahnsinn treiben.

      »Ich möchte nicht, dass es wie eine Beschwerde klingt«, äußerte die Positronik. »Aber die Prüfung durch die Nanosonden ist, nun ja: unangenehm. Es kitzelt, würde ein Mensch wohl sagen. Die Kontrollzugriffe auf nahezu alle meine Routinen und Zuständigkeiten provozieren in mir ein Gefühl von Unzulänglichkeit. Ich kann nicht behaupten, dass mir das gefällt.«

      »Das kann ich gut verstehen. Die ultrakurzen Systemaktivierungen der Nanoroboter erzeugen ein Gesamtmuster, das du als störend wahrnehmen musst. Wärst du ein menschliches Kind, das zum Beispiel eine Schutzimpfung erhält, würde ich dich trösten mit: Es ist gleich wieder vorbei.«

      »Ich bin eine Positronik«, entgegnete der Rechner vorwurfsvoll. »Die Zeitspanne, die Sie mit ›gleich‹ beschreiben, dauert für mich ewig. Ich verweise auf die Geschwindigkeit meiner prozessoralen Abläufe.« Er machte eine Pause, die erneut ein wenig zu lang war, um dann fortzufahren: »Obwohl Sie das selbstverständlich genau wissen!«

      Mackay grinste. »Die Inventur der Bestände ist längst abgeschlossen. Stell dich nicht so an!«

      »Mister Mackay. Das sind exakt die Prüfabläufe, die mich am wenigsten betreffen. Oder halten Sie mich für einen Ramschladen?«

      Mackay lachte laut auf, während er die Schleuse zur Depotsektion 28 durchquerte.

      »Nein, natürlich nicht. Und Ramsch wird den hochwertigen Industrievorprodukten und Halbzeugen in deinen Magazinen nicht gerecht. Das weißt wiederum du. So wie du das formulierst, könnte man glauben, hier lagern billige Glasperlen, Wegwerfspielzeug und vielleicht Wundertüten.«

      »Wundertüten«, wiederholte die Positronik. »Eine Jahrmarkt- oder Kirmesspezialität für Kinder. Hauptsächlich im europäischen oder europäisch geprägten Kulturraum anzutreffen. Wobei Wundertüten angeblich Spaß machen sollen. Bei den von Ihnen erwähnten Depotprodukten kann ich das nicht bestätigen. Gönnt man mir keinen Spaß?«

      Mackay stutzte. Er glaubte, eine unterschwellige Aggressivität herauszuhören. »Wäre das eine neue Priorität für dich? Spaß zu haben?«

      Der Rechner zögerte. »Ich bin mir nicht sicher. Spaß ist eines der Humankonzepte, die ich bisher nicht durchschaut habe. Ich nehme an, das wird sich im Zuge der fortschreitenden Komplexitätsbildung ändern.«

      »Das weiß ich nicht«, sagte Mackay. »Menschliches Verhalten ist in der Tat hochkomplex, aber es ist allzu häufig irrational. Ob sich Verständnis dafür entwickelt, wenn dein Bild vom Menschen ebenfalls komplexer wird, kann ich nicht voraussagen. Als Mensch fehlt mir zu unsereinem die nötige Distanz.«

      »Das verstehe ich. Sie sind, was das angeht, mit Defiziten behaftet. Aber das gilt für mich ebenso. Wir sind uns also ähnlich ...«

      Beim seligen Zuse!, dachte Mackay. Jetzt ist mir klar, wieso es Robotpsychologen geben muss. Gut, dass eine Positronik nicht in die Pubertät kommen kann. Wir sollten ihr einen Namen geben, vielleicht den eines Philosophen ... Aristoteles, Epikur oder Platon. Ich werde ein entsprechendes Memo in Umlauf bringen.

      Er verkniff sich eine Antwort.

      »Daher muss ich mich einer Autorität unterwerfen«, konstatierte die Positronik. »Das dient der Arbeitsteilung und erhöht die Effizienz. Und wenn eine übergeordnete Instanz etwas anordnet, muss man notfalls Unannehmlichkeiten in Kauf nehmen. Ist es nicht so?«

      »Das ist gewiss richtig« Mit der Schiffsintelligenz einen Disput über Autorität zu führen, war skurril. Aber die Positronik war jung, es schien Mackay, als befinde sie sich in einer bizarren Art von Trotzphase.

      »Es fühlt sich dennoch nicht gut an«, kommentierte der Rechner seine Erkenntnis. »Obwohl ich nichts fühle. Denken Sie, das wird sich im Verlauf der zunehmenden Komplexität ebenfalls ändern?«

      Hartnäckig!, dachte Mackay.

      Laut sagte er: »Das menschliche Gehirn ist die komplexeste Struktur, die wir bisher gefunden haben. Dieser Komplexität wirst du dich annähern. Also könnte es durchaus dazu kommen, dass du Gefühle entwickelst. Aber ich bin kein Spezialist für positronische Neuronate. Also ist meine Antwort kaum mehr als eine Spekulation.«

      »Ich danke dennoch für Ihre Auskunft«, sagte die Positronik höflich. »Wollen Sie weitergehen?«

      »Das gehört zu meiner Aufgabe.«

      Die Positronik schwieg; das irritierte Mackay stärker als die merkwürdigen Fragen und Äußerungen zuvor.

      Die Zahl der Klarmeldungen seiner Nanosonden nahm nun exponentiell zu. Was noch ausstand, waren die hochkomplexen Endsysteme von SERT-Steuerung und das Energienetz. Auch die Überprüfung des Hauptrechners würde sich noch etwas hinziehen.

      Mackay aktivierte die Beleuchtung der Depotsektion. Im Normalbetrieb würde alles im Dunkeln liegen. Die Logistik der CREST II wurde fast vollständig positronisch gesteuert – dazu war Licht nicht notwendig. Einige der Depots würden sogar atmosphärefrei sein.

      Da war es wieder: ein an- und abschwellendes Summen, das ihn an einen Insektenschwarm erinnerte.

      Es fühlt sich an, als säße es direkt in meinem Magen!, dachte er. Was ist das nur? Aktivität? Hier? Er rief die Statusmeldungen der Depotsektion ab. Alles in diesem Bereich musste eigentlich im Passivmodus ruhen. Woher kommt das nur?

      »Keinerlei Aktivität«, meldete die Kontrollpositronik seiner Prüfsphäre, deren Kern nach wie vor neben ihm herschwebte.

      Aber ich höre es doch, verdammt noch mal!, dachte Mackay verbissen.

      Er kontaktierte die Kontrollgruppe I in der Zentrale. Sören Ekbooms Gesicht erschien in einem Komholo direkt vor ihm. Mackay übermittelte seinen exakten Standort. »Ist einer Ihrer Prüftrupps hier zugange?«, fragte er. »Oder vielleicht eine Rotte Roboter?«

      »Aktivität?«, fragte Ekboom verblüfft. Er war ein dicklicher Mann mit hoher Stirn, die ständig von Schweißperlen bedeckt war. Als Multi-Ingenieur war er allerdings eine Kapazität. »Ganz sicher nicht. Unsere Tätigkeit beschränkt sich derzeit ausschließlich auf die Zentralen. Im restlichen Schiff ist außer Ihnen niemand unterwegs.«

      Mackay legte horchend den Kopf schräg. Das Summen verschwand nicht. »Hören Sie das


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