Dezemberkids. Kaouther Adimi

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Dezemberkids - Kaouther Adimi


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noch ein paar Bonbons. Er mag die drei Kids, die oft bei ihm reinschauen, um ihre paar Dinar bei ihm zu lassen.

      Als sie die Zufahrt zur Cité du 11-Décembre erreichen, sausen sie den Hang zu den Häusern hinunter, geben dabei aber auf entgegenkommende Autos acht. Als sie auf der Höhe des Bolzplatzes sind, sehen sie dort Erwachsene, die laut herumschreien und mit den Armen fuchteln: Jussef, der brüllt, während Gendarmen ihn zu beschwichtigen versuchen; Adila, Ines’ Grossmutter, die versucht, mit ihrem Gehstock auf zwei Männer einzuschlagen, während Mohamed und Scherif, die sich zwischen sie und die Generäle gestellt haben, sie zu bremsen versuchen.

      Die Kinder kommen näher, doch ganz trauen sie sich nicht heran. Da taucht die rothaarige Verrückte neben ihnen auf und kichert mit ihrem zahnlosen Mund: »Hey, Kinder, kennt ihr die Geschichte von El Hakim und seinem Esel?«

      Ines, Dschamil und Mahdi schütteln den Kopf.

      Die Verrückte fährt fort: »Nein? Na, dann hört mal zu: Das ist die Geschichte von einem Esel, der seinen Acker verlässt, um in die Hauptstadt zu gehen. Er ist schon im Stadtzentrum, da stoppt ihn ein Gendarm und fragt ihn, was er hier will. Der Esel antwortet: ›Ich will ins Radio, deshalb hab ich den ganzen weiten Weg gemacht.‹

      Der Gendarm: ›Wie das? Du willst ins Radio? Aber da ist kein Platz für dich!‹

      Der Esel, tief beleidigt: ›Wieso sollte ich nicht da willkommen sein, wo den ganzen Tag nur Esel zu Wort kommen?‹«

      Die Kinder müssen lachen. Zufrieden wirft die rothaarige Verrückte ihnen einen Handkuss zu und hüpft unter seltsamen Verrenkungen in ihrem gelben Kleid zum Bolzplatz zurück.

      7

      Tags darauf sollten mehrere Zeitungsberichte über die zwei Generäle erscheinen, die »ihre Waffe auf die Jugendlichen des Viertels gerichtet« hätten. Es wäre zu lesen, dass man die Nationalgendarmerie zu Hilfe gerufen habe, die schnell zur Stelle gewesen sei, Zeugen befragt und eine Untersuchung eingeleitet habe, und dass die Anwohner erklärt hätten, es nicht zu dulden, dass auf dieser Fläche fette Generalsvillen hochgezogen würden. Die grösste Tageszeitung im Land publizierte einen Artikel, der die Runde durch alle sozialen Netzwerke machte.

       DELY BRAHIM: DAS FELD DER ZWIETRACHT

      Seit gestern steigt die Spannung in Dely Brahim. Streitgegenstand ist ein freies Feld von etwa anderthalb Hektar Fläche im Zentrum der Cité du 11-Décembre-1960, das von den Jugendlichen aus der Nachbarschaft bisher als Bolzplatz genutzt wird.

      Am gestrigen Vormittag gaben zwei Generäle bekannt, dass sie dort Villen bauen wollten, was den Zorn der Anwohner hervorrief. Es kam zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung zwischen ihnen und einigen Jugendlichen. Die an den Tatort gerufene Gendarmerie nahm einige der Anwesenden fest.

       Adila, die berühmte Mudschahida, die im Moment des Zusammenstosses auch dort war, erklärte: »Dieser Platz gehört der Gemeinschaft. Es ist undenkbar, dass man ihn den Generälen überlässt.«

       Demgegenüber erinnerte der Bürgermeister von Dely Brahim daran, dass das Verteidigungsministerium die Cité du 11-Décembre im Jahr 1987 angelegt und in der Folge die einzelnen Parzellen an Armeeangehörige abgegeben habe. »Ich bin weder informiert noch befugt, mich da einzumischen«, sagte er noch, »deshalb ist es zwecklos, mich in dieser Sache zu kontaktieren.«

      Die Generäle wiederum erklärten, sie besässen eine rechtsgültige Eigentumsurkunde und die Bauarbeiten würden im Frühjahr beginnen.

      Nicht einer der Journalisten aber sollte die drei Kids erwähnen, die an regnerischen Tagen auf dem Bolzplatz kickten. Keiner würde schreiben, dass die pensionierten Obersten sich ins Fäustchen lachten, als sie miterlebten, wie die Jugendlichen den Generälen eine Abreibung verpassten, noch dass ebendiese Obersten es nicht wagten, sich persönlich für den Bolzplatz ihrer Kinder einzusetzen. Und es würde auch keiner die Tatsache erwähnen, dass die Generäle längst den Gegenangriff planen und dass Mohamed, wiewohl um Haltung bemüht, grosse Angst um seinen Sohn Jussef hat, der allgemein als der Rädelsführer gilt.

      Ines, Dschamil und Mahdi aber warten erst einmal ab und beobachten beunruhigt, was vor sich geht.

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