Fürstenkrone Box 14 – Adelsroman. Marisa Frank
Читать онлайн книгу.wollen umkehren. Sie sollen aber noch wissen, dass ich ein Übermaß an Verehrung für Sie hege.«
Diana schlug die Augen nieder. Es war schrecklich, dem jungen Fürsten zuhören zu müssen und immer nur daran zu denken, dass sie weit weg sein wollte. In einer anderen Welt, bei Hubertus.
Der Fürst führte Dianas Hand an seine Lippen, als sie ins Schloss getreten waren.
»Gute Nacht, Prinzessin.«
»Gute Nacht, Fürst. Ich wünsche Ihnen eine gute Heimreise.«
Friedrich von Großborn verneigte sich leicht.
In ihrem Schlafzimmer ließ Diana sich auf das weiche Bett fallen.
Hubertus, ich muss dich wiedersehen, dachte sie voller Sehnsucht.
*
Schloss Großborn lag in der Tiefe eines Tals. In dem Park, der das rote Backsteinschloss umgab, wuchsen mächtige Trauerweiden, die ihre Zweige in die vielen kleinen Seen tauchten.
Auf dem Schlosshof standen mehrere Limousinen. Der junge Chauffeur, der Diana und ihren Vater nach Großborn gefahren hatte, parkte den schwarzen Mercedes neben einem silberfarbenen Rolls Royce.
Zwei Bedienstete kamen hinzugelaufen und rissen die hinteren Türen des Wagens auf. Diana fühlte sich an einen Überfall erinnert.
Kaum war sie ausgestiegen, als Friedrich von Großborn aus dem Schloss trat und mit eiligem Schritt auf sie und ihren Vater zukam.
Er trug einen maßgeschneiderten dunkelgrauen Anzug und hatte das wenige Haar streng zurückgekämmt. In seinen grauen Augen erkannte Diana einen eigenartigen, harten Glanz.
»Sie sehen bezaubernd aus, Prinzessin«, begrüßte Friedrich Diana. »Ich freue mich, Sie nach so vielen Jahren wieder auf Großborn begrüßen zu dürfen. Fürst, ich hoffe, die Fahrt war nicht zu anstrengend?«
»Keineswegs. Es wurde Zeit, dass ich Buchenhain wieder einmal verlasse. Ich könnte es sonst für die Welt halten.«
Die Halle, in die sie traten, war hoch und kalt. Keine Bilder oder Wandteppiche bedeckten die kahlen Wände. Überhaupt flößte Diana Schloss Großborn wieder wie früher durch seine Strenge und abweisende Kühle ein Gefühl von Unbehaglichkeit ein.
Friedrich führte seine Gäste in einen riesigen Raum, in dem etwa zwanzig Menschen versammelt waren.
Die Stimmen verstummten nach ihrem Eintreten. Blicke, aus denen verhaltene Neugier sprach, waren auf die Hinzugekommenen gerichtet.
»Hübsch, sehr nett«, raunte ein älterer Herr mit weißem Lockenhaar seiner Begleiterin zu und sah Diana an.
Sie hatte für diesen Besuch das schmuckloseste Kleid gewählt, das sie besaß. Ihr Vater hatte sie daran erinnert, dass die Fürstin von Großborn äußerste Schlichtheit liebte.
Ihr graues Kleid reichte Diana bis zu den Waden. Sein weiter Schnitt verhüllte die bezaubernde Anmut ihres schlanken Körpers, ließ seine Schönheit jedoch ahnen.
Diana hatte ihre schwarzen Locken nach vorn gebürstet, so dass sie ihr feines Gesicht wie ein Rahmen umgaben. Sie trug keinen Schmuck.
Friedrich von Großborn hatte Diana und ihren Vater zu seiner Mutter geführt, die seit einem Unfall vor zwei Jahren kaum noch gehen konnte und deshalb die meiste Zeit in einem Rollstuhl zubrachte.
Sie hatte ihre grauen, scharfen Vogelaugen auf Diana gerichtet. Ihr ehemals schönes Gesicht war von tiefen Falten durchzogen. Das wenige Haar hielt sie im Nacken in einem Knoten zusammen.
»Mutter, erkennst du in der Prinzessin das junge Mädchen wieder, das Großborn zum letzten Mal vor etwa fünf Jahren besucht hat?«, fragte Friedrich die alte Dame.
Die Fürstin reichte Diana ihre Hand. »Sie erinnern mich sehr an ihre Frau Mutter, liebes Kind. Sie erlauben mir alten Frau doch, dass ich Sie ›Kind‹ nenne?«
Dianas Vater unterdrückte ein Gefühl von Befremden. Er befand sich im gleichen Alter wie die Fürstin von Großborn, hätte jedoch jeden Gedanken daran, als »alt« bezeichnet zu werden, weit von sich gewiesen.
Diana lächelte artig und sah, wie die Fürstin und Friedrich einen Blick wechselten, in dem gegenseitiges Einverständnis lag. Es war, als würde die alte Fürstin ihrem Sohn mit diesem Blick ihre Zustimmung zu seiner Wahl geben.
Ein Bediensteter bat ihnen Erfrischungsgetränke an. Diana nahm ein Glas Champagner und trank es rasch aus. Sie hatte das Gefühl, in diesem Salon ersticken zu müssen.
Die Fensterläden waren geschlossen worden, obwohl draußen das herrlichste Sommerwetter herrschte. An den Wänden brannten Kerzen, und ein alter Deckenleuchter verströmte ein mattes Licht.
An der Seite ihres Vaters trat Diana zu den anderen Gästen, die in kleinen Gruppen zusammenstanden. Jeder versuchte, den anderen an Artigkeit und durch langweilige Äußerungen zu übertreffen.
»Morgen früh werde ich Ihnen Großborn zeigen, Diana«, sagte Friedrich plötzlich dicht neben ihr.
»Das wäre sehr liebenswürdig, Fürst.«
Etwa eine Stunde nach ihrer Ankunft führte Friedrich von Großborn Diana hinter seiner Mutter, die an der Seite von Fürst Buchenhain ging, in den riesigen Speisesalon.
An einem Tisch, der die ganze Länge des schmucklosen Raumes durchmaß, war für die Gäste zu Abend gedeckt worden. Hinter jedem zweiten Stuhl stand ein Bediensteter in grauer Livree.
Die Fürstin von Großborn nahm den Platz am Kopfende des Tisches ein. Diana saß neben Friedrich.
Das Gefühl von Beklemmung, das von Diana Besitz ergriffen hatte, nahm ihr fast den Atem.
Von den angebotenen Speisen, die, offenbar dem Geschmack der Fürstin zu Großborn folgend, fast ohne Gewürze zubereitet worden waren, nahm Diana gerade nur so viel zu sich, um nicht als unhöflich zu gelten.
Friedrich versuchte, sie zu unterhalten, indem er ihr Geschichten aus seiner Studentenzeit erzählte und seine Ahnen aufzählte, von denen er auch mehrere Geschichten wusste.
Diana atmete auf, als die Tafel endlich aufgehoben wurde.
Fürstin Großborn führte ihre Gäste in das Musikzimmer, wo die junge Gräfin von Massau, die eine langjährige Gesangsausbildung genossen hatte, Lieder vortragen sollte.
Es schien Diana eine Ewigkeit zu dauern, bis die Sängerin aufhörte, ihre Lieder vorzutragen. Und es dauerte nochmals eine Ewigkeit, bis Fürstin von Großborn ankündigte, dass sie sich jetzt zur Ruhe begeben werde. Die Bediensteten würden ihren lieben Gästen, die am Abend nicht mehr nach Hause zurückkehren könnten, ihre Zimmer zeigen. Sie wünsche allgemein eine gute Nacht.
Etwa fünfzehn Gäste ließen ihre Wagen vorfahren, die anderen – zu ihnen zählten Diana und ihr Vater – begaben sich auf ihr Zimmer.
Friedrich von Großborn hatte Diana gebeten, ihm noch ein wenig Gesellschaft zu leisten. Sie hatte jedoch geantwortet, dass sie sich sehr müde fühle.
Als sie allein in dem zugewiesenen kargen Gästezimmer war, öffnete sie weit beide Fenster. Gierig sog sie die frische Nachtluft ein. Am Himmel hing ein voller Mond.
Diana breitete die Arme auseinander, als wolle sie das Leben, das wirkliche, lebendige Leben einfangen.
*
Am folgenden Morgen fiel ein warmer Sommerregen nieder. Diana und ihr Vater wurden von Bediensteten geweckt, die ihnen mitteilten, dass das Frühstück eine Stunde später aufgetragen werde.
Die Fürstin von Großborn war während des Frühstücks zugegen. Sie ließ vor ihren Gästen noch einmal die Familiengeschichte des Hauses Großborn aufleben.
Nach der Mahlzeit bestand Friedrich darauf, Diana durch das Schloss zu führen.
Im ältesten Teil des Schlosses, der auf der Rückseite lag, befand sich noch ein Rittersaal, in dem uralte Rüstungen aufbewahrt