Butler Parker Staffel 12 – Kriminalroman. Günter Dönges

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Butler Parker Staffel 12 – Kriminalroman - Günter Dönges


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werd’ Ihnen einen Pfadfinder schicken«, gab Norman Carty lächelnd zurück. »Sie wohnen hier direkt über den früheren Ställen.«

      »Selbst Mäuse werden mich nicht erschrecken«, erwiderte sie gähnend. »Vielen Dank, hier sieht’s ja beinahe fürstlich aus.«

      Er wußte nicht, wie er sie einordnen sollte und nahm sich vor, den Dingen auf den Grund zu gehen. Vielleicht war sie genau das, was er gerade brauchte …

      *

      Butler Parker stand grundsätzlich immer auf der Seite der Verfolgten.

      Auch in diesem Fall hatte er das sichere Gefühl, etwas für den flüchtenden und stolpernden Mann tun zu müssen. Seine Chancen waren nämlich nicht sehr groß. Gegen die beiden Preßluftharpunen vermochte der Flüchtende nichts auszurichten.

      »Vielleicht erfahre ich endlich, was eigentlich los ist«, machte Agatha Simpson sich bemerkbar. Ihre an sich schon baritonal gefärbte Stimme grollte erheblich.

      »Falls Mylady gestatten, werde ich zu diesem Punkt später ausführlich Stellung nehmen«, antwortete der Butler und griff nach der Leuchtpistole, die er in die Steilküste mitgenommen hatte. Sie war an sich für das mögliche Auftauchen der Seejungfrauen gedacht, mußte nun aber umgehend zweckentfremdet werden.

      Josuah Parker entsicherte diese ungewöhnliche Waffe und warf sicherheitshalber noch mal einen Blick durch das Nachtsichtgerät. Die beiden maskierten Verfolger hatten bereits gefährlich aufgeholt, es war nur noch eine Frage von Sekunden, bis sie ihre Harpunen auf den Flüchtenden abschießen würden. Es wurde höchste Zeit, die beiden Maskierten ein wenig zu verunsichern.

      Josuah Parker besorgte das sehr gründlich. Mit halben Dingen gab er sich grundsätzlich nicht ab.

      Der Schuß dröhnte aus der großläufigen Waffe. Das Geschoß landete klatschend an der Felswand und platzte hier prompt auseinander. Das Leuchtmaterial spritzte herum und entwickelte eine gleißende Helligkeit, die unbedingt blenden mußte.

      Der Flüchtende wurde davon kaum betroffen, da das Geschoß hinter ihm am Felsen gelandet war. Der Mann stutzte nur kurz und stolperte dann weiter nach unten. Die beiden Verfolger aber hatten echte Orientierungsschwierigkeiten, da der Leuchtsatz vor ihren Augen gezündet hatte. Sie rissen ihre Arme hoch, um sich gegen die grelle Lichflut zu schützen, blieben stehen und tappten mit den Armen vor dem Gesicht anschließend durch die Gegend. Sie suchten Kontakt mit den Felsen, um nicht nach unten abzurutschen.

      Für Parkers Spezialwaffen war die Distanz zu den beiden Verfolgern leider zu groß.

      Weder mit seiner Gabelschleuder noch mit seinem Universal-Regenschirm ließ sich hier etwas ausrichten. Gewiß, der Butler hätte eine reguläre Schußwaffe benutzen können, doch darauf verzichtete er selbstverständlich. Verfolger waren schließlich auch Menschen, die man nicht ohne weiteres durch gezielte Schüsse außer Gefecht setzen konnte.

      Die beiden Verfolger hatten zudem bereits die Nase voll, da ihre schwarzen Trikots rauchten. Das herumspritzende Leuchtmaterial hatte den Stoff entzündet. Die Maskierten schlugen und klopften an sich herum und löschten die vielen kleinen Brandstellen, um dann schleunigst den Rückzug anzutreten.

      »Sehr effektvoll«, stellte Lady Simpson grimmig fest. »Die Seejungfrauen werden es jetzt kaum noch erwarten können, an Land zu kommen.«

      »Es handelte sich um einen Notstand, Mylady«, entschuldigte Parker seine Eigenmächtigkeit. »Mir schien, daß schnelle Hilfe geboten war.«

      »Und mir scheint, daß Sie mich unnötig hierher in die Klippen verschleppt haben«, grollte die Detektivin. »Von welchem Notstand reden Sie eigentlich? Warum haben Sie dieses Feuerwerk veranstaltet?«

      »Wenn Mylady erlauben, werde ich auch zu diesem Ereignis erst später Stellung nehmen«, gab Parker zurück, »im Augenblick scheint meine Hilfe dringend benötigt zu werden.«

      Obwohl der Butler es eilig hätte, verzichtete er keineswegs auf korrektes Benehmen. Er lüftete seine schwarze Melone, bevor er das Versteck verließ und nach unten stieg. Gerade in dieser Situation zeigte sich, wie fit Parker auch körperlich war. Die steilen Klippen konnten ihn nicht abschrecken. Es dauerte nur wenige Minuten, bis er den schmalen Strandstreifen erreicht hatte.

      Die Gischt wurde vom Wind herübergetrieben. Die Brandung war etwas schwächer geworden, die Flut schien abzulaufen.

      Parker brauchte nach dem schmalen Mann nicht lange zu suchen.

      Er fand ihn neben einem großen Felsklotz. Der Mann lag auf dem Bauch, sein Kopf war seltsam verrenkt. Nach einer schnellen Untersuchung fand Parker seinen Verdacht bestätigt. Der Mann war tot, er hatte sich offensichtlich das Genick gebrochen.

      Ging das auf das Konto seiner Flucht? War er doch noch von dem schmalen Pfad nach unten abgestürzt? Oder hatten die Seejungfrauen vielleicht ihre Hände im Spiel?

      Der Butler richtete sich auf und schaute aufs Meer hinaus.

      Er glaubte zwei im Wasser treibende Punkte zu sehen, die auf See abtrieben. Handelte es sich um die Köpfe dieser Fabelwesen oder war es Treibholz?

      *

      Agatha Simpson und ihr Butler hatten es eilig.

      Sie liefen im Geschwindschritt auf Parkers hochbeiniges Monstrum zu. Dieser Wagen, der immer noch wie ein Londoner Taxi aussah, war im Grund eine vollgefüllte Trickkiste auf Rädern. In liebevoller Kleinarbeit war dieser Wagen nach den Plänen des Butlers umgestaltet worden. Er hätte damit auf jeder Erfindermesse Aufsehen erregt.

      Man sah es Lady Simpson und dem Butler an, daß sie geschockt waren. Sie schauten sich immer wieder nach den nahen Klippen um und schienen eine Verfolgung zu befürchten. Sie verschwanden sehr schnell in dem hochbeinigen, altväterlich aussehenden Wagen, der Sekunden später Fahrt aufnahm und zur nahen Küstenstraße gesteuert wurde.

      »Die sind wir los«, sagte einer der beiden Männer, die den Wagen beobachteten. Sie lagen im Heidekraut oberhalb der Klippen und verfolgten das Verschwinden des hochbeinigen Wagens.

      »Wir hätten sie nicht verschwinden lassen sollen«, meinte der zweite Mann skeptisch.

      »Die sehen wir nie wieder.«

      »Sie hatten immerhin ’ne Leuchtpistole bei sich«, antwortete der Skeptiker, »und wußten verdammt gut damit umzugehen.«

      »Zufall«, sagte der erste Mann optimistisch, »aber wir haben ja immer noch das Kennzeichen des Wagens.«

      »Wir müssen wissen, wer die beiden Typen gewesen sind«, sinnierte der Skeptiker. »Das erledigen wir gleich morgen. Komm jetzt, wir müssen die Leiche verschwinden lassen!«

      »Ist das wirklich nötig?«

      »Sie muß raus in die See«, erklärte der Skeptiker energisch. »Die braucht erst nach Tagen gefunden zu werden. Das erhöht die Spannung.«

      Die beiden immer noch maskierten Männer erhoben sich aus dem Heidekraut und gingen zu den nahen Klippen hinüber. Sie fühlten sich völlig sicher in der dunklen Nacht, rechneten auf keinen Fall mit weiteren Überraschungen.

      Sie benutzten den schmalen und steilen Pfad, über den sie ihr Opfer gehetzt hatten. Sie hielten wieder die Preßluftharpunen in Händen und stiegen nach unten.

      Etwa ein Drittel des Pfads war zurückgelegt, als der Optimist, der dem Skeptiker folgte, plötzlich wie unter einem Peitschenhieb zusammenzuckte.

      Er blieb sofort stehen und faßte nach seinem Hinterkopf. Es gab da nämlich plötzlich eine Stelle, die ungemein brannte. Er konnte sich nicht erklären, woher der Schmerz kam, drehte sich um und versuchte oben am Rand der Steilfelsen etwas zu erkennen.

      In diesem Augenblick jaulte der Skeptiker auf und faßte ebenfalls nach seinem Hinterkopf.

      »Was ist denn?« fragte der Optimist nervös.

      »Da hat mich gerade was getroffen.«

      »Mich auch«, antwortete der Optimist, »irgendwas Hartes.«

      »Komisch.«


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