Mami Staffel 10 – Familienroman. Lisa Simon

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Mami Staffel 10 – Familienroman - Lisa Simon


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hast. Man braucht doch Menschen um sich, wenn man in Not ist. Verdammt, Marion, ich sollte dir eigentlich böse sein. Du zwingst mich ja, mich genauso zu verhalten, falls ich einmal so krank würde.«

      »Ich würde dich nie im Stich lassen«, protestierte sie sofort.

      Er lächelte.

      »Na also. Und wieso glaubst du, daß ich das tue?«

      Sie begann zu weinen, aber es war keine Verzweiflung, die sie dazu brachte, sondern eine große Erleichterung, von seiner Stärke zu profitieren.

      »Ist ja gut, mein Schatz. Komm, laß dich mal in den Arm nehmen.«

      Vorsichtig legte er die Arme um Marion. Sie schniefte noch einen Moment an seiner Schulter, dann ließ sie sich küssen und hatte das Gefühl, daß die Angst immer weiter zurückwich. Mit Frederik zusammen würde sie es schaffen. Sie wollte leben, für ihn und für Johannes. Und sie würde leben. Wie hatte der Oberarzt gesagt? Der Knoten war so früh entdeckt worden, daß sie wirklich sehr gute Chancen hätte. Warum sollte er eigentlich gelogen haben, wie sie bisher angenommen hatte? Stand in dem Buch, daß Kristin ihr mitgebracht hatte, nicht ausdrücklich, daß man positiv denken und sich alles Schöne gönnen sollte, um das Immunsystem zu stärken, damit die Krebszellen keine Chance hatten? Sie würde sofort damit anfangen. Die Küsse, die Frederik ihr gab und die sie jetzt mit Inbrunst erwiderte, waren die beste Medizin.

      »Alles in Ordnung, Liebes? Kannst du jetzt schon wieder ein bißchen lächeln?« fragte Frederik zärtlich, als er sie schließlich losließ.

      »Ja… ich… liebe dich. Und ich bin froh, daß du gekommen bist.«

      »Ich bin auch froh. Wenn ich nachher gehe, hole ich ein paar Sachen aus meiner Wohnung und ziehe zu dir, damit ich mich um Johannes kümmern kann. Er und ich werden das schon machen. Wenn du nach Hause kannst, haben wir schon eine echte Vater-Sohn-Beziehung.«

      Marion lachte leise. Frederik sah wild entschlossen aus. Johannes konnte auch so schauen, wenn er etwas unbedingt wollte. Die beiden waren sich gar nicht so unähnlich.

      »Ihr schafft das bestimmt.«

      »Natürlich tun wir das. Und morgen besuchen wir dich zusammen.«

      Marion lächelte noch immer, nachdem Frederik wieder gegangen war. Sie war glücklich, trotz der Krankheit. Jetzt hatte sie genügend Mut, um sich allem zu stellen, egal, was da noch auf sie zukommen mochte.

      Am späten Nachmittag erschien der Oberarzt. Er lächelte, als er sich auf den Stuhl neben dem Bett setzte.

      »Gute Nachricht, Frau Altmann. Wie ich schon vermutete, hat die Untersuchung ergeben, daß Sie noch sehr viel Glück gehabt haben. Wir werden eine Chemotherapie machen, eine kleine Serie von sechs Behandlungen, und damit sollte es dann gut sein. Das ist eine reine Vorsichtsmaßnahme, nichts anderes, falls wir noch irgendwelche Mikrometastasen übersehen haben. Wir fangen gleich morgen an. Die weiteren fünf Behandlungen können Sie dann ambulant bekommen. Und haben Sie keine Angst vor Übelkeit oder Haarausfall. Sie werden nichts dergleichen haben. Die Medikamente sind heute so gut verträglich, daß Sie selbst mit dem Auto herfahren können. Nach den Behandlungen kommen Sie alle Vierteljahr zur Nachuntersuchung, später halbjährlich und dann jährlich. Das ist alles.«

      Marion nickte. Sie glaubte ihm. Und sie würde sich genau an das halten, was er ihr sagte.

      »Sie wirken jetzt sehr viel entspannter. Das ist mir schon aufgefallen, als ich hereinkam. Glauben Sie mir endlich?«

      »Nicht nur das. Ich werde wohl bald heiraten. Trotz der Krankheit.«

      »Das ist schön. Solche Medizin können wir leider nicht verschreiben, aber aus Erfahrung weiß ich, daß sie die wirksamste ist.«

      »Kann… ich später noch Kinder haben?«

      »Ja. Der Tumor ist nicht hormonabhängig. Nur während der Therapie sollten Sie nicht unbedingt schwanger werden.«

      Nein, das hatte Marion auch nicht vor. Man sollte nicht übertreiben.

      Nachdem der Oberarzt gegangen war, rief sie in ihrer Wohnung an. Wie schön war es, als Frederik sich am anderen Ende meldete und im Hintergrund Johannes zu hören war, der gerade über etwas lachte…

      *

      Wieder saß Kristin in dem italienischen Restaurant. Diesmal war Dr. Bachner ihr Begleiter. Sie war so aufgeregt, daß sie an Essen nicht einmal denken konnte. Bestimmt würde ihr gleich der erste Bissen im Halse stecken bleiben. Oder die Spaghetti rutschten ihr von der Gabel und kleckerten alles voll. Oder…

      »Wollen wir bestellen?«

      Kristin nickte. Sie konnte ihm das ja unmöglich sagen. Er mußte sie für verrückt halten. Dabei wollte sie doch gerade jetzt einen intelligenten, charmanten Eindruck machen, einfach selbstsicher wirken. Ihre Hände zitterten, ihr Herz raste und ihre Augen konnte sie kaum von Dr. Bachner abwenden. Na, das konnte ja lustig werden…

      »Ich glaube, ich nehme die Kalbsmedaillons. Die sind hier besonders gut.«

      Kristin schaute nach. Kalbsmedaillons gab es mit Tagliatelle, den breiten langen Nudeln, die so besonders gern von der Gabel rutschten. Damit hatte sie schon unter normalen Umständen Mühe. Und sie zu schneiden, wäre natürlich undenkbar.

      »Ich glaube, ich nehme Gnocchis.«

      Damit würde sie wohl zurechtkommen…

      Claudius Bachner bestellte Wein. Kristin würde auch damit vorsichtig sein müssen. Ein, höchstens zwei Gläser, damit sie nicht gleich einen Schwips bekam. Sie hatte den ganzen Tag nichts gegessen.

      Der Wein wurde serviert. Sie stießen miteinander an.

      »Wie geht es Ihrer Freundin?« erkundigte sich Dr. Bachner.

      Wie nett von ihm. Kristin hatte damit ein Thema und mußte nicht länger suchen, etwas Kluges von sich zu geben.

      »Es geht ihr besser. Das Ergebnis war viel besser, als sie befürchtet hat und ihr Freund und sie haben sich auch wieder versöhnt. Nächste Woche kommt sie nach Hause.«

      »Dann müssen Sie nicht mehr auf den Kleinen aufpassen?«

      »Das muß ich jetzt schon nicht mehr. Frederik, ihr Freund, betreut ihn jetzt.«

      »Oh, das bedeutet, daß Sie etwas mehr Zeit haben? Ich würde Sie am Sonnabend gern einladen. Ich habe Theaterkarten bekommen. Interessiert Sie Theater?«

      »Ja, sehr sogar.«

      Hoffentlich fragte er jetzt nicht, wann sie zuletzt im Theater gewesen sei. Das war nämlich sehr lange her.

      »Was haben Sie denn zuletzt gesehen?«

      Kristin las natürlich über Aufführungen. Sie könnte jetzt irgend etwas behaupten, was sie ohne Zweifel getan hätte, wenn ihr Claudius Bachner nicht so wichtig wäre. Doch gerade rechtzeitig fiel ihr ein, daß es für eine Beziehung wichtig war, keinen falschen Eindruck von sich selbst zu vermitteln, weil man den kaum durchhalten könnte und die Ernüchterung dann schlimm wäre. Wenn es ihr also ernst war, sollte sie bei der Wahrheit bleiben…

      »Ich muß gestehen, daß ich ewig nicht mehr im Theater war.«

      Er lächelte.

      »Wie ich. Man nimmt sich das so oft vor, und dabei bleibt es dann leider. Um ganz ehrlich zu sein, ich habe die Karten auch noch gar nicht. Aber ich möchte wirklich gern mit Ihnen ins Theater gehen.«

      Kristin lachte. Das war eine wunderbare Antwort gewesen. Sie fühlte sich erleichtert.

      »Danke für Ihre Ehrlichkeit. Ich komme sehr gern mit.«

      Sie strahlten sich an. Kristin wurde ganz warm. Sie mußte sich mit Mühe auf die Speisekarte konzentrieren, denn der Oberkellner steuerte nun auf ihren Tisch zu.

      Und weil Claudius Bachner es ihr so leicht machte, bestellte sie nun doch die Kalbsmedaillons. Und wenn sie kleckerte und die Tagliatelle schneiden müßte, was machte es? Er würde vermutlich auch darauf mit


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