Butler Parker Staffel 10 – Kriminalroman. Günter Dönges
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»Da sind Sie ja endlich«, sagte Mike Rander etwas ungeduldig, »wo haben Sie denn die ganze Zeit gesteckt, Parker?«
Der junge Anwalt kam aus dem weiträumigen Garten des Landhauses und tippte mahnend auf seine Armbanduhr, um seine Worte zu unterstreichen.
»Ich bitte um Vergebung, Sir«, erwiderte Parker, »mein stets waches Hilfsbedürfnis wurde von einer jungen Dame in Anspruch genommen, die sich als Anhalterin betätigte.«
»Na, wenn schon …« Rander ging zusammen mit Parker auf das hochbeinige Monstrum des Butlers zu, das vor dem Gartentor stand.
»Besagte junge Dame, Sir, die ich übrigens als ausgesprochen reizvoll bezeichnen möchte, entpuppte sich leider sehr bald schon als Diebin«, erläuterte der Butler weiter.
»Ach nee …« Rander blieb überrascht stehen und schmunzelte.
»Sie interessierte sich leidenschaftlich für den bescheidenen Inhalt meiner Brieftasche.«
»Und wann merkten Sie das?«
»Als die beiden Vertreter der Unterwelt später alles daransetzten, mich zu stoppen und zu erschießen!«
»Machen Sie keine Witze, Parker!« Rander runzelte die Stirn. Er witterte Verwicklungen.
»Es handelte sich keineswegs um ein Mißverständnis«, berichtete Parker weiter, »die beiden Herren, die ich gerade erwähnte, vergeudeten mit größter Wahrscheinlichkeit eine erhebliche Menge Munition, um ihrem Ziel näherzukommen.«
Rander und Parker stiegen in das hochbeinige Monstrum. Der Butler ließ den Motor anspringen und fuhr dann gemessen los.
»Wie war das also mit dem Mädchen und mit den beiden Verfolgern?« wollte Rander wissen und zündete sich eine Zigarette an.
»Die junge Dame – falls es sich um solch eine handelte – stand neben ihrem Wagen auf einem Parkplatz seitlich an der Straße und machte durch Handzeichen unmißverständlich klar, daß sie Hilfe brauchte, Sir.«
»Darauf hielten Sie also an.«
»In der Tat, Sir. Als ich mich nach ihren Wünschen erkundigte, wollte sie mir den streikenden Motor zeigen. Dabei strauchelte sie ein wenig und fiel gegen meine Wenigkeit. Dabei muß sie meine Brieftasche an sich genommen haben.«
»Und Sie haben nichts gemerkt?«
»Ich muß Ihre Frage verneinen, Sir.«
»Nahmen Sie das Mädchen mit?«
»Dies, Sir, bot ich besagter jungen Dame selbstverständlich an, doch sie wollte plötzlich noch einmal den Motor testen, der daraufhin seine von ihm erwartete Arbeit aufnahm. Ein Mitnehmen erübrigte sich deswegen.«
»Wann merkten Sie, daß Ihre Brieftasche weg war, Parker?« Rander amüsierte sich. Es tat ihm irgendwie gut, daß sein sonst so unfehlbarer Butler einmal gründlich hereingelegt worden war.
»Erst während der Schießerei mit den beiden Vertretern der Unterwelt, Sir.«
»Wann fand sie statt?«
»Etwa zwanzig Minuten später, Sir. Da ich nur mit mittlerer Geschwindigkeit fuhr, wurde ich von einem Lincoln eingeholt, der mir wenig später den Weg äußerst gekonnt verlegte. Als ich ausstieg, wurde sofort das Feuer auf meine bescheidene Person eröffnet.
»Und Sie!?« Rander amüsierte sich bereits nicht mehr.
»Ich sah mich gezwungen, Sir, ein wenig in den nahe gelegenen Wald zu laufen.«
»Um dann zurück zum Wagen zu wechseln, wie?«
»In der Tat, Sir! Ich hatte gerade noch Zeit, mir das Innere des Lincoln anzusehen.«
»Und was fanden Sie?«
»Eine Maschinenpistole, Sir, die ich nach Gebrauch in Verwahrung nahm.«
»Wie … Wie soll ich das verstehen?« hüstelte Rander nervös.
»Nun, Sir, sie bot sich als geeignetes Mittel an, die beiden Schützen in das nahegelegene Waldstück zurück zu treiben. Daraufhin war ich in der glücklichen Lage, meine Fahrt fortzusetzen.«
»Das begreife einer, der will«, meinte Rander und schüttelte ratlos den Kopf.
»Ich befürchte, Sir, daß die nächsten Scherereien sich bereits ankündigen«, sagte Parker wenig später, »darf ich Ihre Aufmerksamkeit auf den Lincoln richten, der uns zu folgen scheint?«
Rander wandte sich sofort um und sah durch die Rückscheibe hinter sich auf die schnurgerade Straße, die hier durch ein Waldstück verlief.
»Tatsächlich, ein Lincoln!« Rander drückte die Zigarette aus und räusperte sich, »sind Sie sicher, daß das der Lincoln ist?«
»Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, Sir.«
»Dann geben Sie Vollgas«, sagte Rander energisch, »wie gesagt, ich will keine Verwicklungen.«
»Darf ich anregen, Sir, sich vielleicht mit beiden Herren einmal etwas ausführlicher zu unterhalten?«
»Geben Sie Vollgas«, wiederholte Rander ungehalten.
»Wie Sie wünschen, Sir!« Parker trat das Gaspedal etwas tiefer hinunter, worauf das hochbeinige Monstrum sich in eine Mittelstreckenrakete zu verwandeln schien, was die Geschwindigkeit anbetraf.
»So ist es ausgezeichnet«, lobte Rander seinen Butler, »der Lincoln bleibt hoffnungslos zurück.«
Parkers Gesicht blieb undurchdringlich. Selbst dann noch, als Rander, der den Lincoln beobachtete, sich plötzlich steil aufrichtete.
»Na, na!« stieß Rander aufgeregt hervor, »wenn das nur gutgeht.«
»Wie meinen Sie, Sir?«
»Du lieber Himmel!« Rander stöhnte förmlich. »Der Lincoln ist von der Straße abgekommen!«
»Die Straßenlage mancher Wagen läßt in der Tat zu wünschen übrig«, stellte der Butler fest und minderte die Geschwindigkeit seines hochbeinigen Monstrums.
»Da … da, sie sitzen im Graben fest«, meldete Rander, der nach wie vor nach hinten sah.
»Ich möchte anregen, Sir, den Bedrängten zu Hilfe zu kommen.« Und ohne Randers Erlaubnis abzuwarten, legte der Butler den Gang ein und ließ seinen Spezialwagen rückwärts schnurren.
Wogegen Rander vor lauter Verblüffung nichts zu sagen hatte!
Der Fahrer des Lincoln rieb sich sein Knie und stieß eine Kette böser Flüche hervor.
Sein Beifahrer massierte sich melancholisch die Stirn und hatte Kopfschmerzen. Beide Männer, die dunkelgraue Einreiher trugen und mittelgroß waren, befanden sich in der Nähe des lädierten Lincoln und merkten erst jetzt, daß das hochbeinige Monstrum zurückkam.
»Die kommen tatsächlich zurück«, sagte Mel wie elektrisiert. Er vergaß sein Knie und fingerte nach seiner Schußwaffe.
»So blöd möcht ich mal sein«, meinte Joe, der Beifahrer. Er kümmerte sich plötzlich nicht weiter um seine schmerzende Stirn, auf der eine leichte Schramme zu sehen war.
»Wir lassen ihn rankommen und ballern dann los«, sagte Mel, »komm’ in Deckung! Wir stellen uns ohnmächtig. Wenn er dann ran ist, geht der Zauber los.«
Sie ließen sich im weichen Gras nieder und warteten auf ihre Mordchance. In dieser Beziehung hatte Josuah Parker sich keineswegs getäuscht. Sie wollten einen gewissen Mann, der wie ein Butler gekleidet war, um jeden Preis umbringen.
Oder ihn zumindest kampfunschädlich machen.
Sie hörten den näher kommenden Wagen und waren sicher, daß sie bald schon ihre Trumpfkarten ausspielen konnten.
Sie hatten die Rechnung