Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina Holl

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Mami Staffel 12 – Familienroman - Sina Holl


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      Erschrocken fuhr Jana hoch. Hatte sie da eben die laute Stimme ihres Vaters gehört? Als es jedoch ruhig blieb, kuschelte sich das Mädchen wieder in ihr warmes Kissen und schloß die Augen.

      Da war es schon wieder! Diesmal klang die Stimme noch zorniger und lauter als zuvor. Jana schob sich leise aus dem Bett und öffnete die Tür einen Spalt. Jetzt konnte man auch die Stimme der Mutter hören.

      »Ist das dein letztes Wort?« Sie klang weinerlich, fand Jana.

      »Darauf kannst du dich verlassen! Ich lasse mir von dir nicht vorschreiben, wie ich mein Leben gestalte.«

      »Aber die Kinder sind doch auch noch da. Zählen wir denn gar nicht?«

      Robert lachte verächtlich. »Jetzt, wo ich von deiner Lüge weiß, ist das eine etwas unverschämte Frage. Findest du nicht?«

      »Es war keine böse Absicht, Robert, das mußt du mir glauben!« Silvias Stimme klang verzweifelt.

      Langsam schloß Jana ihre Tür wieder und ging mit weichen Knien zum Bett zurück. Die Eltern stritten sich also schon wieder. Worum es bei den Streitgesprächen ging, wußte Jana nicht, doch sie ahnte, daß sie damit zusammenhingen, daß der Vater kaum zu Hause war.

      Jana zog sich ihr Kissen über den Kopf, sie wollte nichts mehr davon hören. Doch als plötzlich die Haustür zugeschlagen wurde und kurze Zeit später das Motorengeräusch von Roberts Wagen zu hören war, setzte sie sich aufrecht hin – ihr Papa war gegangen!

      Bedeutete dies, daß es nun tatsächlich zu der gefürchteten Scheidung kam? Jana stand wieder auf und verließ ihr Zimmer. Vom Wohnzimmer her konnte sie unterdrücktes Schluchzen hören.

      Bevor das Mädchen hinunterging, um nach der Mutter zu sehen, warf es einen kurzen Blick in Alex’ Zimmer. Zum Glück schlief der Kleine ausnahmsweise tief.

      Langsam tastete sich Jana in dem dunklen Flur die Treppe hinunter. Sie mußte unbedingt herausfinden, wie es der Mutter ging und weshalb der Vater mitten in der Nacht das Haus verlassen hatte.

      Silvia saß zusammengesunken auf der Couch und hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen. Zögernd blieb Jana an der Tür stehen.

      Ob es eine gute Idee war, jetzt die Mutter zu stören? Unschlüssig blickte die Kleine auf die weinende Silvia, bis sie sich einen Ruck gab und zu ihr ging.

      Erst als Jana vor ihr stand, bemerkte Silvia sie. Erschrocken versuchte sie, sich das Gesicht abzuwischen und fragte: »Warum schläfst du denn nicht?«

      »Ich bin aufgewacht, weil ihr so laut wart.«

      Silvia zog ihre Tochter zu sich hinunter. »Tut mir leid, Schatz, wenn wir dich geweckt haben.«

      »Wohin ist Papa gefahren?« fragte Jana leise. »Ich habe gehört, daß er fortgefahren ist. Kommt er nicht mehr zurück?«

      Silvia schluckte hart, dann sagte sie mit zitternder Stimme: »Nein, mein Liebling, ich glaube, Papa kommt nicht zurück.«

      Jana stiegen Tränen in die Augen. »Aber warum denn nicht? Weil ihr euch immer streitet?«

      Silvia griff zu einem Papiertaschentuch und fuhr sich damit über das Gesicht. »Nicht, weil wir uns immer streiten, sondern…«

      »Weil Papa kaum noch zu Hause ist?«

      Silvia nickte mit gesenktem Kopf.

      »Und deshalb hast du ihn weggeschickt?« fragte Jana ungläubig.

      »Nein, Kleines, ich habe ihn nicht weggeschickt. Papa selber hat sich dafür entschieden, in Zukunft allein zu leben.«

      Silvia sah ihre Tochter ängstlich mit verquollenen Augen an. »Bitte, gib nicht mir die Schuld, daß es so gekommen ist. Ich wollte immer, daß wir eine glückliche Familie sind. Glaubst du mir das?«

      Jana zögerte, aber nicht lange. Für ein paar Sekunden war sie auf ihre Mutter wütend gewesen, hatte ihr insgeheim die Schuld an der Trennung gegeben.

      Doch Silvia sah so unglücklich aus, wie nur jemand aussehen konnte, der dies alles nie gewollt hatte.

      Spontan setzte sich das Kind neben seine Mutter und legte das Ärmchen um ihre Schulter. »Sei nicht traurig, Mama. Vielleicht wird ja doch noch alles gut.«

      Silvia nickte. »Ja, vielleicht.« Doch sie wußte ganz genau, daß nichts mehr gut werden würde. Robert hatte ihr klipp und klar gesagt, daß er sich von ihr trennen würde. Ja, Silvia hatte sogar den Eindruck gehabt, daß er erleichtert gewesen war, daß sie ihn vor die Wahl gestellt hatte.

      »Jetzt geh wieder ins Bett und versuche zu schlafen, ja?« sagte Silvia mit sanfter Stimme und fuhr Jana durch das zerzauste Haar. »Und sag bitte Alex noch nichts davon. Ich möchte selber mit ihm reden.«

      Jana nickte. In diesem Moment wußte sie, daß die Scheidung der Eltern bereits beschlossene Sache war.

      Als die Kleine wieder hinauf in ihr Zimmer gegangen war, erhob sich auch Silvia. Sie hatte nicht vermutet, daß es so weh tun würde, verlassen zu werden – und dabei konnte sie noch nicht einmal mit Bestimmtheit sagen, ob sie Robert überhaupt noch liebte.

      *

      Am nächsten Morgen wunderte sich Alex über die traurigen Gesichter der Mutter und der Schwester. Er sah von einem zum anderen und fragte schließlich: »Was habt ihr beiden denn?«

      Silvia warf ihrer Tochter einen flehenden Blick zu. Sie selbst wollte Alex nach der Schule behutsam beibringen, daß sein Papa aus dem Haus ausgezogen war. Es würde ein sehr bedrückendes Gespräch werden, das wußte Silvia.

      Ihr erster Termin an diesem Morgen war erst um neun Uhr im Gericht, daher verließ Silvia ausnahmsweise nicht mit den Kindern gemeinsam das Haus.

      Nachdem sich Alex und Jana auf den Weg zur Schule gemacht hatten, ging Silvia ins Schlafzimmer und öffnete den Kleiderschrank. Roberts Anzüge hingen säuberlich auf ihren Bügeln, er hatte am Vorabend nichts außer seiner Kulturtasche mitgenommen.

      Wo mochte er wohl übernachtet haben? Bei seiner neuesten Flamme oder in einem Hotel? Nun, es würde jedenfalls nicht lange dauern, bis er kommen und seine persönlichen Sachen abholen würde.

      Silvia wußte, daß sie über den Verlust hinwegkommen würde – auch wenn sie sich das noch nicht richtig vorstellen konnte. Aber die Kinder würden lange darunter leiden, ihren Papa nur noch alle paar Wochenenden zu sehen.

      Nachdenklich fuhr Silvia über den schweren Stoff eines Jacketts, das Robert besonders gern trug. Plötzlich nagten Zweifel in ihr, ob sie das Richtige getan hatte. Wäre es für die Kinder nicht besser gewesen, wenn sie alles hätte weiterlaufen lassen, ohne Robert vor die Wahl zu stellen?

      Mit einer abrupten Handbewegung schob Silvia die Tür des Kleiderschrankes wieder zu. Nein, es wäre nicht besser gewesen, Roberts ausschweifendes Leben ohne Kommentar weiter zu dulden – weder für die Kinder noch für sie.

      Als sie den Schlüssel in der Haustür hörte, fuhr Silvia herum. Hatte eines der Kinder etwas vergessen? Doch bevor sie ihn sehen konnte, wußte sie, daß es Robert war.

      »Was machst du denn hier?« fragte er verblüfft, als er das Schlafzimmer betrat. »Warum bist du nicht in der Kanzlei?«

      »Ich muß erst später ins Gericht zu einer Verhandlung. Es lohnte sich nicht, vorher noch Kliententermine zu machen«, erklärte sie und sah mit vor der Brust verschränkten Armen zu, wie Robert einen großen Koffer auf das breite Bett stellte und ihn öffnete. »Du kannst es wohl überhaupt nicht abwarten, von hier wegzukommen?«

      Er sah flüchtig auf. »Das ist alles deine Schuld, das weißt du hoffentlich – und die Kinder wissen es bestimmt auch.«

      Silvia lachte hart auf. »Glaubst du, die Kinder haben noch nicht mitbekommen, was sich hier abgespielt hat? Hast du gedacht, sie sind so naiv, daß sie nicht wissen, daß in unserer Ehe schon lange nichts mehr stimmt?«

      Robert hielt einen Stapel Hosen in der Hand, als er erwiderte:


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