Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman. Friederike von Buchner

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Toni der Hüttenwirt Paket 2 – Heimatroman - Friederike von Buchner


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Während es ihm gelang, am gekenterten Boot zu bleiben, wurde sie abgetrieben und galt vier endlos lange Tage als vermisst. Seit etwas mehr als einer Woche war Wenke nun zurück. Lars, ihr Lars hatte sie gerettet! Aus den Händen des merkwürdigen Karl Aresson, der Strandgut sammelte und sie nicht von seinem Hof hatte fortlassen wollen. Nein, verständlicherweise hatte Wenke bislang noch keinen großen Drang verspürt, wieder eine Segeltour zu unternehmen. Seit sie wieder in Lündbjorg war, fühlte sie sich wie in einem Kokon eingesponnen, aus dem sie nicht richtig herauskam. Obwohl sie sich bemühte, es niemanden merken zu lassen. Die Ereignisse auf der abgelegenen Landzunge auf dem Hof von Karl Aresson hatte sie tief in sich verschlossen. Etwas in ihr weigerte sich, darüber zu sprechen. Selbst mit Lars konnte sie darüber nicht reden. Ihr Wiedersehen mit ihm war unaussprechlich und innig gewesen.

Toni der Hüttenwirt – Paket 2 –
Arbeit gesucht – Liebe gefunden

      Der Marktplatz von Waldkogel lag in der Morgensonne. Bürgermeister Fritz Fellbacher stand auf den Stufen der Rathaustreppe. Die Hände tief in den Hosentaschen seiner grünen Lodenhose vergraben, schaute er sich um. Toni fuhr mit seinem Geländewagen vorbei, hupte und winkte ihm zu. Im Rückspiegel sah Toni, daß Fellbacher ihm nicht nachwinkte. Das wunderte Toni. Bürgermeister Fritz Fellbacher war ein freundlicher Mann.

      Toni hielt an. Er parkte und stieg aus.

      Bürgermeister Fellbacher stand immer noch regungslos auf der Rathaustreppe. Antonius Baumberger, von allen seit seiner Kindheit Toni gerufen, ging auf Fellbacher zu.

      »Grüß Gott!« sagte er laut.

      Bürgermeister Fellbacher erschrak.

      »Grüß Gott, Toni! Wo kommst du denn her?«

      Toni lachte.

      »Mei, Fellbacher! Du bist lustig! Ich bin eben hier mit dem Auto vorbeigefahren. Ich habe gehupt. Aber du hast net reagiert.«

      »Bin in Gedanken gewesen, Toni! Des mußt mir nachsehen! Du weißt, daß des net meine Art ist, die Leut’ zu übersehen und zu überhören.«

      »Des weiß ich doch, Fellbacher! Des muß ja wirklich etwas sehr Wichtiges sein, das dich so beschäftigen tut. Hast einen Kummer? Ärgert dich die obere Verwaltungsbehörde in Kirchwalden wieder?«

      Toni wußte, daß sich Fellbacher oft mit der Verwaltungsbehörde anlegte. Fritz Fellbacher war ein Bürgermeister, der praktisch dachte. Er konnte und wollte einfach nicht einsehen, daß er irgendwelche Verwaltungsvorschriften hinnehmen sollte. Besonders, wenn es um das Wohl einzelner Bürger ging, dann konnte Fritz Fellbacher der Verwaltung schon Ärger machen. Weil er sich für jeden in Waldkogel so einsetzte, wurde er von allen geschätzt.

      »Na, red schon, Fellbacher! Was drückt dich?«

      »Hast einen Augenblick Zeit, Toni? Kannst mit mir reinkommen oder mußt gleich weiter?«

      »Du hast immer Zeit für uns, also nehme ich mir auch die Zeit für dich! Nun red’ schon, was ist los?«

      Die beiden gingen in Fellbachers Amtsstube. Fritz Fellbacher schenkte erst einmal einen Schnaps ein.

      »Es geht um den Marktplatz! Die Nachbargemeinden, die machen auf ihren Marktplätzen einmal in der Woche Markt. Des zieht viele Leute an. Des ist bei einigen schon richtig zu einem Tourismusmagnet geworden. Die verkaufen da net nur Obst, Gemüse, Brot, Butter, Sahne… und so was. Auch Kunsthandwerk wird angeboten. Was mich dabei ärgert ist, daß des net alles aus den Orten ist. Die kaufen des im großen Stil ein. Des Zeug wird net in Handarbeit gefertigt, sondern ist Fabrikware. In meinen Augen ist des eine Schande. Des ist wahrer Etikettenschwindel. Es ärgert mich. Außerdem bekommen die sogar dafür noch Fördergelder aus der Staatskasse.«

      »Ja, ich habe auch schon davon gehört. Was willst dagegen machen, Fellbacher? Willst jetzt auch so einen Wochenmarkt veranstalten?«

      »Genau, darum geht es mir! Deshalb habe ich – also die Gemeinde Waldkogel – einen Antrag gestellt.«

      »Des war ein gute Idee, Fellbacher! Was denen zusteht, steht den Waldkogelern schon längst zu.«

      Ein Lächeln huschte über das Gesicht des Bürgermeisters.

      »Ja! Das waren auch meine Gedanken!«

      Bürgermeister Fellbacher schlug mit der Hand auf den Tisch.

      »Aber nix ist! Abgelehnt! Ja, abgelehnt haben sie es! Sie wollen noch nicht einmal die Erlaubnis erteilen, daß wir hier auch ohne Förderung so einen Markt machen.«

      »Mei, des ist ja vielleicht ein Ding!« staunte Toni. »Mit welcher Begründung?«

      Bürgermeister Fritz Fellbacher holte das Schreiben aus einer Mappe auf seinem Schreibtisch. Er reichte es Toni, damit sich dieser selbst davon überzeugen konnte.

      Toni las.

      »Mei, des ist ja wirklich eine Unverschämtheit! Zu behaupten, nur traditionelle Märkte bekämen Unterstützung!«

      Bürgermeister Fellbacher nahm das Schriftstück wieder an sich.

      »Nach den Buchstaben der gesetzlichen Verordnungen mag des ja zutreffen. Im Gegensatz zu einigen anderen Orten haben wir hier in Waldkogel seit einigen Jahrzehnten keinen regelmäßigen Markt mehr gemacht. Wir machen unsere Feste: Kirchweih, Schützenfest, Holzhackerfest, Feuerwehrfest, Sommerfeste der Vereine und was sonst noch so ansteht. Fast jeden Monat ist doch etwas. Aber das fällt alles net unter diese Verordnung. Die meisten Höfe, die verkaufen ihre Waren über ihre Hofläden. Deshalb hat des aufgehört mit dem Markt.«

      »Des stimmt schon! Doch es müßte sich doch etwas machen lassen und wenn es nur einmal im Monat ist, Fellbacher!«

      »Darüber habe ich auch nachgedacht. Mir fehlt nur noch die richtige Idee!«

      Die Gemeindesekretärin brachte Kaffee. Die nächste Stunde saßen Toni und Bürgermeister Fritz Fellbacher zusammen. Sie überlegten.

      »Dann gründen wir eine neue Tradition! Jeden ersten Sonntag ist Sonntagsmarkt. Er beginnt nach dem Mittagessen und dauert, bis die Sonne untergeht. Am Schluß gibt es ein großes Feuer hinten beim Sportplatz und Tanz.«

      »Toni, des ist eine gute Idee! Ich garantiere, daß nur einheimische Produkte angeboten werden. Für Kunst ist auch gesorgt. Wir haben einige Künstler hier. Dazu machen wir noch einen Floh- und Krempelmarkt. Es gibt auch Essen und Trinken. Auf dem Schulhof veranstalten wir Spiele für Kinder. Wenn wir des ein paar Jahre machen, dann hat des auch Tradition und muß gefördert werden. Wir brauchen nur noch einen Namen dafür oder ein Motto. Weißt, Toni, es muß was Griffiges sein! Der Werbespruch muß zu Waldkogel passen. Waldkogeler Sonntagsmarkt… des ist mir net genug.«

      Sie überlegten beide.

      »Weißt, Toni, ich stelle mir des so vor wie auf einem richtigen Familienfest. Wie ich vorhin draußen gestanden bin, da dachte ich, daß man den Marktplatz schön schmücken könnte, mit viel Tannengrüngirlanden. Entlang der Hauptstraße und in einigen Seitenstraßen wird direkt auf den Höfen etwas gemacht. So wie bei einer richtigen Familienfeier. Da kann gegrillt oder Kuchen angeboten werden. Aber des Ganze muß familiär bleiben. Es darf net so kommerziell werden. Deshalb kostet des auch nix!«

      Toni sah den Bürgermeister erstaunt an.

      »Die Leute, die zahlen freiwillig, was ihnen des Essen und Trinken und alles wert ist. Ich habe darüber einen Zeitungsartikel gelesen. Man glaubt es kaum, doch es kann funktionieren. Weißt, früher war des ja auch so! In weniger guten Zeiten da ist auch gefeiert worden. Und des net so knapp! Jeder, der kam, der hat etwas mitgebracht oder etwas in die Haushaltskasse geworfen.«

      »Des ist eine ganz verrückte Idee, Fellbacher!«

      Toni überlegte.

      »Weißt, Fellbacher, des könnte man ja mal ausprobieren. Allerdings denke ich mir, daß dich des bei den Leut’ ein bissel Überzeugungsarbeit kosten wird. Doch da habe ich auch schon eine Idee. Wir gründen einen übergeordneten Verein zur Traditionspflege, und die Gemeinde Waldkogel


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