G.F. Barner 1 – Western. G.F. Barner

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G.F. Barner 1 – Western - G.F. Barner


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der Bruder in Not gerät, helfen ihm alle Geschwister, so ist das doch bei euch, oder? Macht einer Schulden, zahlen die anderen sie zurück, wenn er selbst nicht zahlen kann – ist doch so, ja?«

      Tonito hatte das Gefühl, daß sich sein Magen zusammenzog und sein Herzschlag aussetzte.

      »Ich… ich…«

      »Was?« fragte Mort und spielte mit dem langen Messer, das er zum Schneiden des Rauchfleisches benutzt hatte. »Was ist, Tonito? Wir brauchen deine beiden besten Pferde. Unser Gaul taugt gerade als Packpferd, mehr ist der nicht wert. Geld hast du auch im Haus, ich weiß es! Lüge nicht, bleibe bei der Wahrheit, dann nehmen wir dir nicht alles. Lügst du, stellen wir das Haus auf den Kopf und finden es doch, klar? Wir können dich auch ›behandeln‹, wenn du nicht vernünftig bist, aber ich will das wirklich nicht, Tonito. Zwinge uns also nicht, etwas zu tun, was wir gar nicht wollen. Wieviel Geld hast du denn im Haus?«

      Gott, dachte Palucco, Gott der Gerechte, ich hab’s doch gewußt! Liza, ich verfluche dich! Du Hure, du verfluchte Hure, was hast du uns alles angetan? Mutter starb vor Gram, als sie hörte, wie du dein Geld verdientest. Vater wagte sich monatelang nicht unter die Leute – ich schämte mich zu Tode, Maria wollte mich gar nicht nehmen, weil ich so eine Schwester hatte. Aber du warst immer die Tochter unserer Eltern und meine Schwester. Blut ist dicker als Wasser bei uns, wenn das auch ein Gringo nicht richtig versteht. Ich muß zahlen – mein sauer verdientes Geld!

      Paluccos Hände zitterten. Er wußte, log er, versuchte er, den Dillons einen zu geringen Betrag zu nennen, schlugen sie ihn gnadenlos zusammen. Vielleicht schlugen sie ihn sogar tot. Vielleicht glaubten sie ihm nicht einmal, wenn er die volle Summe angab. Was sollte er tun, sollte er mit ansehen, wie sie mit all seinem Ersparten davonritten? Oder sollte er sich totschlagen lassen?

      »Die ganze Summe«, sagte Mort Dillon leise und spielte mit dem langen Messer. Es war, als hätte er die Gedanken Paluccos erraten. »Nicht lügen, Tonito!«

      »Kommt mit«, murmelte der Händler. »Ich zeige es euch. Laßt mir bitte etwas, Mort.«

      »Wir werden sehen.«

      Als er vor ihnen in den Wohnraum trat und den Blendladen des Fensters schloß, schlotterten ihm die Knie. Die Angst, daß sie ihm nicht glauben könnten, ließ ihn zittern. Vor ihren Augen, er spürte ihre Blicke wie Dolche in seinem Rücken, nahm der die schwere Steinplatte vom Kamin. Darunter war die Lage hartgebrannter Ziegel. Selbst wenn man genau hinsah, konnte man nicht erkennen, welcher Ziegel lose saß. Sie hatten alle die gleichen offenen, bröckeligen Fugen. Dann nahm er den Ziegelstein heraus, legte ihn beiseite, hob die Abdeckplatte aus grauem Schiefer an und stellte sie hochkant. Danach erst kam die alte Kassette zum Vorschein: schwer, dick, an den Ecken vernietet und mit einem eingearbeiteten Schloß. Der Schlüssel lag unter der Kassette und der nächsten Platte.

      Mein Gott, dachte Antonio, den seine Freunde Tonito nannten, weil diese Abkürzung besser klang, mein Gott, mein Geld. Liza, was kostest du mich noch?

      Damals, als es mit ihr angefangen hatte, als sie zuerst mit einem verheirateten Mann geschlafen und dessen Frau sie erwischt hatte, hatte sein Vater Liza an den Haaren durch das Haus geschleift und auf sie eingeschlagen. Aber es hatte nicht geholfen, sie war wieder zu Männern gegangen – immer wieder. Und er hatte aufpassen sollen, er, Tonito. Er konnte nicht immer aufpassen und bekam Prügel für Liza.

      Seine Hände zitterten, als die Kassette offen war und das Geld ihn ansah, das schöne Geld…

      Antonio Palucco konnte nicht reden, als Mort das Geld herausnahm, die sechs Rollen mit den schönen Doppeladlern, die drei Paketchen Scheine, sorgfältig in Papier gewickelt.

      Papier zerriß, Münzen klimperten auf der Tischplatte. Dann zählte Morton und sah Antonio durchbohrend an.

      »Du hast doch noch etwas?«

      »Ja«, sagte er gequält. »Noch eine Kassette im Tisch – in der Schublade, wenn ich Geschäfte machen muß – vielleicht achtzig Dollar – ich gebe sie euch!«

      Charly grinste breit, der sah nur das Geld – vierhundertfünfzig Dollar in Münzen und Scheinen.

      Mort blickte düster in die andere Kassette und dachte an Liza, für die Tonito nun zahlen mußte. Nun gut, Palucco war ein Roßtäuscher. Aber was konnte er im Grunde für seine Schwester und deren Gemeinheit?

      »Die Scheine«, sagte Mort und nahm vierzig Dollar aus der zweiten Kassette. »Die beiden…«

      Charly starrte ihn ungläubig an, aber er sagte noch nichts. Charly blieb stumm, weil er seinen Bruder zu gut kannte. Wenn der die dunklen Brauen so finster zusammenzog, reizte man ihn besser nicht.

      Mort ging um den Tisch herum, seine Hand griff nach den Doppeladlern, sein Blick fiel auf die Jahreszahl der Prägung.

      »Alt, was?« fragte er mürrisch. »Wie alt sind die, seit wann hast du sie, Tonito?«

      »Einige stammen von mir, es gibt sie ja kaum noch, mein Vater hat sie gesammelt. Goldmünzen, sagte er, behielten immer ihren Wert.«

      Mort schwieg, kein Mensch wußte, was er dachte. Nur er kannte seine Gedanken, als er die Münzen jäh zur Seite schob.

      »Behalte sie!«

      »Bist du verrückt?« schrie Charly los. »Bist du wahnsinnig? Das sind über zweihundert Dollar, das sind ja über zweihundert…«

      Zählen konnte er, er wußte, wieviel so ein Doppeladler wert war, doch er hätte lieber nicht geschrien und seinen Bruder für wahnsinnig erklärt.

      Mort fuhr blitzschnell herum, schlug zu. Seine Faust knallte als Drehschlag unter Charlys Kinn, hob Charly aus und fegte ihn quer durch den Raum. Charly blieb stöhnend in der Ecke liegen.

      »Wenn du noch einmal sagst, daß ich verrückt bin, du elender Narr, breche ich dir alle Knochen!« knirschte Mort voller Grimm. »Das Geld hat ein alter Mann gesammelt. Er war ehrlich, er war kein Roßtäuscher und konnte nichts für seine Tochter. Das hat er sich vom Mund abgespart, du verdammter, gehirnloser Idiot. Wenn unser Vater das auch getan hätte, statt alles zu versaufen – stolz wäre ich auf ihn gewesen. Was wären wir wohl geworden – das, was wir sind? Söhne eines haltlosen Säufers – nie eine Chance im Leben gehabt, nie! Bist du stolz gewesen? Worauf hättest du schon stolz sein können? Der hier, der kann es sein, weil sein Vater ihm etwas hinterließ. Und was hat uns unser Vater hinterlassen?«

      Antonio Palucco war bei Mort Dillons Wutausbruch an die Wand zurückgewichen. Verstört blickte er zu Charly, der abwehrend die Hände hob, als Mort auf ihn zustampfte.

      »Hinaus!« fauchte Mort. »Ein Sattel, zwei Regenplanen, die beiden besten Pferde – nimm den alten Packsattel aus der Sattelkammer, den brauchen wir für unseren Gaul. Hoch mit dir, verschwinde!«

      Charly kroch zwei Schritt, dann stand er auf und schwankte stöhnend hinaus.

      »Ich habe nie arme Leute bestohlen«, sagte Dillon, als er mit Palucco allein war. »Du bist nicht arm, aber ich will nichts haben, was sich ein alter Mann mühsam zusammengespart hat. Aber ich brauche dies Geld, denn wir werden vielleicht sehr lange unterwegs sein, bis wir Liza gefunden haben. Tut mir leid, Tonito.«

      »Schon gut, schon gut, Mort«, ächzte Palucco. »Was – was wirst du mit ihr machen?«

      Mort Dillon schwieg, steckte das Geld ein und sah ihn kurz und finster an.

      »Ich kann es nicht leiden, wenn man mich bestiehlt«, murmelte er dann. »Genausowenig mag ich es, wenn man mich verrät. Tonito, du könntest dem Marshal Meldung machen, daß wir dich besucht haben, du könntest über unseren Besuch mit anderen Leuten sprechen. Ich würde an deiner Stelle gar nichts tun und meinen Mund halten, denn sonst…«

      »Ich rede nicht«, sagte Palucco. Er wußte, was ihn erwartete, wenn er zum Marshal ritt oder zuviel erzählte. »Ich habe euch nicht gesehen, Mort.«

      »Gut!«

      Dillon ging hinaus und sah sich nicht mehr um. Im Stall war Charly dabei, die Pferde zu satteln. Mort half ihm schweigsam, er sagte auch nichts,


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