Die Schatzinsel (Illustriert & mit der legendären Schatzkarte). Robert Louis Stevenson

Читать онлайн книгу.

Die Schatzinsel (Illustriert & mit der legendären Schatzkarte) - Robert Louis Stevenson


Скачать книгу
gross sein?«

      »Gross, Doktor!« rief der Squire. »Ich will Ihnen was sagen: wenn wir auf der Spur sind, von der Sie sprechen, rüste ich in Bristol ein Schiff aus und nehme Sie und Hawkins mit. Und den Schatz will ich haben, und wenn ich ein Jahr danach suchen soll!«

      »Schön!« sagte der Doktor. »Nun, dann wollen wir, wenn es Jim recht ist, das Paket öffnen.«

      Und er legte es vor sich auf den Tisch. Das Wachstuch war zusammengenäht, und der Doktor musste sein Besteck aus der Tasche nehmen und die Nähte mit seiner medizinischen Schere auftrennen. Das Päckchen enthielt zweierlei: ein Buch und ein versiegeltes Papier.

      »Zuallererst wollen wir uns mal das Buch ansehen,« bemerkte der Doktor.

      Der Squire und ich sahen ihm über die Schultern, als er es öffnete; denn Dr. Livesey hatte mir freundlich gewinkt, von dem Seitentisch, an dem ich gegessen hatte, zu ihm zu kommen und mich an dem Vergnügen der Untersuchung zu beteiligen.

      Auf der ersten Seite befanden sich nur ein paar Kritzeleien, wie einer sie mit der Feder macht, um sich zu üben, oder weil er Langeweile hat. Einer von den Sätzen lautete genau so wie die tätowierte Inschrift auf des Kapitäns Arm: »Billy Bones sein Liebchen.«

      Ferner stand da: »Mister W. Bones, Steuermann.« – »Kein Rum mehr.« – »Vor Palm Key kriegte er’s.«

      Außerdem allerlei Schnörkel und einzelne Wörter, die zum größten Teil unverständlich waren. Ich muss so unwillkürlich bei mir denken, wer es wohl gewesen sein möchte, der es »kriegte«, und was das für ein »es« war, das er kriegte. Höchstwahrscheinlich ein Messer in den Rücken.

      »Hieraus ist nicht viel zu entnehmen,« sagte Doktor Livesey und schlug das Blatt um.

      Die nächsten zehn oder zwölf Seiten enthielten eine merkwürdige Reihenfolge von Eintragungen. Am einen Ende der Zeile stand ein Datum und an dem anderen eine Geldsumme, wie in einem gewöhnlichen Kontobuch; aber statt geschriebener Erklärungen stand zwischen den beiden Aufzeichnungen nur eine verschieden grosse Anzahl von Kreuzen. So war zum Beispiel am zwölften Juni 1746 offenbar ein Betrag von siebzig Pfund Sterling irgend jemandem gutgeschrieben; als Erklärung, wofür, waren aber nur sechs Kreuze verzeichnet. Zn einigen wenigen Fällen war allerdings eine Ortsbestimmung beigefügt, zum Beispiel: »Höhe von Caracas«, oder es war auch nur Länge und Breite eingetragen, zum Beispiel: 62° 17’ 29", 19° 2’ 40".

      Die Eintragungen erstreckten sich über beinahe zwanzig Jahre; die einzelnen Beträge wurden immer größer, und zum Schluss war nach fünf- oder sechsmaligem falschem Zusammenzählen eine Endsumme hingeschrieben, und dieser waren die Worte beigefügt: »Bones sein Anteil.«

      »Darauf kann ich mir keinen Vers machen,« sagte Dr. Livesey.

      »Die Geschichte ist so klar wie Kloßbrühe!« rief der Squire. »Dies ist das Kassenbuch des schwarzherzigen Schurken. Diese Kreuze stehen an Stelle der Namen von Schiffen oder Städten, die sie versenkten oder plünderten. Die Geldbeträge sind die Anteile des Schuftes, und wo er fürchtete, es könnte eine Zweideutigkeit entstehen, da fügte er etwas zur Erklärung hinzu. Hier zum Beispiel: ›Höhe von Caracas‹ – verstehen Sie? Da wurde irgendein unglückliches Schiff in der Nähe dieser Küste genommen. Gott sei den armen Seelen gnädig, die es bemannten – sie sind längst zu Korallen geworden.«

      »Richtig!« sagte der Doktor. »Sehen Sie mal, wie gut es ist, ein Reisender zu sein. Richtig! und die Beträge wachsen, wie Sie sehen, je höher er im Range steigt.«

      In dem Büchlein stand außerdem nicht viel mehr als ein paar Eintragungen von Hafennamen auf den weissen Blättern am Ende des Bandes, und eine Tabelle, um französisches, englisches und spanisches Geld umzurechnen.

      »Ein betriebsamer Mann!« rief der Doktor. »Der ließ sich nicht betrügen!«

      »Und nun zu dem Papier!« sagte der Squire.

      Das Papier war an verschiedenen Stellen versiegelt, und als Petschaft hatte dazu ein Fingerhut gedient – vielleicht eben der Fingerhut, der sich in des Käpt’ns Taschen gefunden hatte. Der Doktor löste die Siegel mit grosser Sorgfalt, und aus dem Umschlag fiel eine Karte von einer Insel, mit Angabe von Länge und Breite, von Tiefenlotungen, Namen von Bergen, Buchten und Flussmündungen und überhaupt von allen Einzelheiten, die notwendig sein konnten, um ein Schiff auf sicheren Ankergrund an eine Küste zu bringen. Die Insel war ungefähr neun Meilen lang und fünf Meilen breit, von Gestalt ungefähr wie ein aufrecht stehender dicker Drache; sie hatte zwei schöne, sichere Häfen, und ein Berg im mittleren Teil der Insel war als »Das Fernrohr« bezeichnet. Verschiedene Zusätze waren offenbar in späterer Zeit gemacht; darunter vor allen Dingen drei Kreuze mit roter Tinte – zwei im nördlichen Teil der Insel, eins im südwestlichen, und neben diesem letzteren stand mit derselben roten Tinte in sauberer, kleiner Handschrift, die von des Käpt’ns zitternden Buchstaben sehr verschieden war, der Satz geschrieben: »Hier der Hauptteil des Schatzes.«

      Auf der Rückseite der Karte hatte dieselbe Hand folgende Weisungen geschrieben:

      »Grosser Baum, Staffel des Fernrohrs, Nord-Nordost bei Nord.

      Skelettinsel Ost-Südost bei Ost.

      Zehn Fuß.

      Das Barrensilber ist in der nördlichen Grube; du findest es am Abhang des östlichen Gipfels, zehn Faden südlich von der schwarzen Klippe, dieser gegenüber.

      »Die Waffen sind gleich in dem Sandhügel zu finden, Nord-Nord-Ost bei Nord vom Vorsprung an der Flussmündung, dann östlich und ein viertel nördlich. J. F.«

      Das war alles; aber so kurz und für mich unverständlich es war, der Squire und Dr. Livesey waren ganz entzückt darüber.

      »Livesey,« sagte der Squire, »Sie werden diese erbärmliche Praxis sofort aufgeben. Morgen fahre ich nach Bristol. In Zeit von drei Wochen – ach was, drei Wochen! in zwei Wochen, in zehn Tagen! – haben wir das beste Schiff, Doktor, und die beste Mannschaft in ganz England. Hawkins kommt als Kajütsjunge mit. Du wirst einen famosen Kajütsjungen abgeben, Hawkins. Sie, Livesey, sind Schiffsdoktor, ich bin Admiral. Wir nehmen Redruth, Joyce und Hunter mit. Wir werden günstige Winde haben, eine schnelle Überfahrt und nicht die geringste Schwierigkeit, die Stelle zu finden. Und dann gibt’s Geld – scheffelweise, genug, um sich darauf zu wälzen, und Guineen zum Fenster hinauszuwerfen, wenn Sie Lust haben.«

image-1.png

      »Trelawney,« sagte der Doktor, »ich will mit Ihnen gehen; Jim kommt auch mit, dafür stehe ich ein, und er wird bei der Unternehmung von Nutzen sein. Nur vor einem einzigen Mann habe ich Angst.«

      »Und wer ist das?« rief der Squire. »Wie heisst der Hund, Doktor?«

      »Sie sind es,« antwortete der Doktor; »denn Sie können Ihren Mund nicht halten. Wir sind nicht die einzigen, die etwas von diesem Papier wissen. Diese Kerle, die heute Abend den Angriff auf den ›Admiral Benbow‹ machten, waren ganz gewiss mutige, verzweifelte Burschen, und die übrigen, die auf dem Ewer an Bord waren und ganz sicher noch andere, die nicht weit sind, die werden alle miteinander durch dick und dünn gehen, um das Geld zu kriegen! Deshalb darf keiner von uns allein sein, bis wir in See stechen. Jim und ich werden in der Zwischenzeit beisammen bleiben; Sie nehmen Joyce und Hunter mit, wenn Sie nach Bristol fahren, und vom ersten bis zum letzten Augenblick darf keiner von uns ein Wort von unserem Fund verlauten lassen.«

      »Livesey,« antwortete der Squire, »Sie treffen immer den Nagel auf den Kopf. Ich werde stumm sein wie das Grab!«

      Конец ознакомительного фрагмента.

      Текст предоставлен ООО «ЛитРес».

      Прочитайте эту книгу целиком, купив


Скачать книгу