Das gefallene Imperium 8: Auf Leben und Tod. Stefan Burban

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Das gefallene Imperium 8: Auf Leben und Tod - Stefan Burban


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Legionär ragte über seinem gestürzten Gegner auf. Ihre Blicke kreuzten sich. Unheilvolle Intelligenz funkelte in den Augen des Hinrady. Und noch etwas anderes. Stolz vielleicht? Gemischt mit Trotz? Gary ballte die rechte Hand zur Faust. Sie beide wussten, was nun folgte.

      Der Hinrady hatte keine Chance. Dennoch versuchte er es. Seine rechte Pranke mit der daran befestigten Energiewaffe kam hoch. Aber Garys Armklinge war schneller. Ein mittels seiner Rüstung verstärkter Hieb trennte den Kopf des Hinrady sauber vom Rumpf. Das Haupt des gefallenen Gegners kullerte über den Boden und kam neben der Leiche eines Legionärs zum Stillstand. Der Rumpf des Kriegers blieb noch einen Moment aufrecht stehen, als würde sich der Hinrady immer noch weigern, klein beizugeben. Dann fiel er beinahe in Zeitlupe zur Seite.

      Gary keuchte. Sein Atem ging nur noch stoßweise. Er sah sich vorsichtig um. Der kurze Zweikampf schien keine Aufmerksamkeit auf sich gezogen zu haben. Zum Glück! Er war kaum in der Verfassung, sich einem weiteren Schlagabtausch dieser Art zu stellen.

      Gary torkelte erschöpft weiter. Sein Ziel lag klar vor ihm: erst mal vom Schlachtfeld entkommen. Er schaffte es nicht weit. Der Boden gab plötzlich unter ihm nach und er stürzte in einen schwarzen Abgrund. Der Fall dauerte lediglich Sekundenbruchteile. Ihm kam es jedoch vor wie eine Ewigkeit.

      Gary spürte mit einem Mal kalten Stahl an der Kehle. Er hielt inne. Ohne Helm verfügte er nicht über ein Nachtsichtgerät. Er wusste nicht – er konnte nicht wissen –, welchem Gegner er dieses Mal gegenüberstand.

      »Lass ihn!«, hörte er unvermittelt eine menschliche Stimme sagen. »Das ist einer von uns.«

      Die Klinge wurde von seinem Hals genommen und Gary richtete sich zögernd auf. Die Nachtsicht seiner Augen stellte sich für sein Empfinden quälend langsam ein. Dennoch gelang es ihm bald, einzelne Umrisse zu erkennen. Er befand sich in einem Erdloch, das aussah, als sei es von den Jackury gegraben worden. Vermutlich handelte es sich um einen Verbindungskorridor zwischen zweien ihrer Nester. In dieses Loch kauerten sich etwas mehr als zwanzig Legionäre.

      Gary gelangte endlich in eine sitzende Position. Einer der Legionäre reichte ihm einen Helm und er setzte ihn dankbar auf. Gary rümpfte die Nase. Das Innere roch ekelerregend nach Blut und den Resten von Gehirnmasse. Der frühere Besitzer würde den Helm wohl nicht länger brauchen.

      Die Verbindungssegmente zu seiner Rüstung rasteten ein und das Nachtsichtgerät wurde aktiviert. Gary sah sich abermals um. Die Männer, die sich dieses eher ungewöhnliche Versteck ausgesucht hatten, gehörten alle zur zwo eins fünf. Gary atmete erleichtert auf.

      Der Name des Soldaten, der ihm die Klinge an die Kehle gehalten hatte, war Lance Corporal Viktor Tassarow von der Sturmkohorte der zwo eins fünf.

      Tassarow nickte ihm schmunzelnd zu, während er seine vor Schmutz starrende Klinge an einem Stück Stoff säuberte. »Hast noch mal Glück gehabt. Um ein Haar hätte ich dich erledigt.«

      »Sehe ich etwa aus wie ein Hinrady? Oder vielleicht wie ein Jackury?«

      Tassarow zuckte mit den Achseln. »Wenn jemand einfach so von oben durch die Decke fällt, dann denke ich über so was nicht nach. Lieber mache ich einen Fehler, als zu verrecken.«

      Gary ließ das mal so stehen und begutachtete lieber seine Leidensgenossen. »Also?«, fragte er in die Runde. »Was habe ich verpasst?«

      Allgemeines Grunzen bis hin zum Kichern war die Antwort. Gary entspannte sich etwas, nun, da er nicht länger allein den Unbilden dieser Schlacht allein ausgeliefert war.

      Gary wurde jedoch schnell wieder ernst. »Weiß jemand, was aus General Laroque geworden ist?«

      »Tot«, kommentierte Tassarow gelassen, während er weiterhin seine Armklinge säuberte. »Ein paar Jackury haben ihn davongeschleift.«

      Trauer überkam Gary. Laroque war ein guter Mann gewesen. Er hätte etwas Besseres verdient gehabt. Gary hob den Blick. Aber das traf auf alle anderen auch zu, die am heutigen Tag den Tod gefunden hatten.

      »Und der Rest der Legion?«

      Einer der anderen beugte sich vor. »Teile der Sturmkohorte und beider Kampfkohorten konnten sich mit den letzten Zivilisten absetzen. Ich habe ihren Transporter abheben und in den Wolken verschwinden sehen. Vielleicht haben es auch noch andere Einheiten vom Planeten geschafft.«

      Gary merkte auf. »Ganz sicher?«

      Der andere Legionär nickte.

      Garys Körper sackte leicht nach hinten. »Dann ist die Evakuierung also erfolgreich verlaufen. Die Legion hätte sich nicht zurückgezogen, solange der Auftrag nicht erledigt wäre.«

      Tassarow schnaubte. »Das hilft uns aber nicht viel weiter. Uns haben sie hier im Dreck zurückgelassen.«

      »Sie konnte ja wohl schwerlich jeden versprengten Soldaten suchen«, verteidigte Gary deren Vorgehen. Neue Energie durchströmte ihn. Er hatte bis gerade eben angenommen, die komplette Einheit sei ausradiert worden. Dies war nun ganz offensichtlich nicht der Fall. Dass Teile der zwo eins fünf entkommen waren, fühlte sich irgendwie tröstlich an. Die Einheit hatte überlebt und ihren Auftrag ausgeführt. Gary sah sich in dem engen Erdloch um. Es führten schmale Korridore nach Norden und Westen. Er erhob sich, so weit es ihm möglich war, und verharrte in gebückter Haltung.

      »Nun, Gentlemen? Will mich jemand begleiten, wenn ich mir einen Weg aus diesem Schlamassel suche?« Sein Blick glitt der Reihe nach von einem zum anderen. »Oder zieht ihr es vor, hier zu verweilen, bis zufällig ein Jackury vorbeikommt und über euch stolpert?«

      Das brachte tatsächlich Leben in die Legionäre. Sie erhoben sich und das mechanische Knacken durchgeladener Nadelgewehre erfüllte die Luft.

      »Und wo soll’s hingehen?«, wollte Tassarow wissen.

      »Erst mal weg von hier«, kommentierte Gary. Er setzte sich in Bewegung und nahm den Korridor nach Norden. Eine Richtung war im Moment so gut wie die andere. Sein Blick fiel auf einen am westlichen Korridor am Boden liegenden Gegenstand. Er bückte sich und hob ihn auf.

      Es handelte sich um ein halb im Dreck verschüttetes Banner der 215. Legion. Das Banner war sogar noch in recht gutem Zustand.

      »Lass es liegen«, meinte Tassarow abfällig. »Es hält dich nur auf.«

      Im ersten Moment war Gary tatsächlich versucht, Tassarows Ratschlag zu befolgen. Aber etwas hielt ihn zurück. Er musterte das Wappen seiner Legion: einen Zerberus. Der linke und rechte Kopf des mythologischen Tieres war tot. Der mittlere aber hatte kampflustig den Kopf gesenkt und drohte mit hochgezogenen, blutverschmierten Lefzen irgendeinem Gegner.

      Das Banner stand für etwas. Die zwo eins fünf war immer noch am Leben und aktiv. Das Banner zurückzulassen, erschien ihm nicht richtig. Im Übrigen hatte er das Gefühl, es wäre ein Zeichen. Das Banner hatte in den westlichen Korridor gedeutet. Es war verrückt und entbehrte jeder vernünftigen Grundlage, aber Gary deutete in das dunkle Loch, das ihnen entgegengähnte. »Wir gehen dort entlang.«

      Tassarow wirkte nicht überzeugt. »Hat das auch einen bestimmten Grund?«

      Gary lächelte geheimnisvoll. »Nicht wirklich. Ist nur so eine Ahnung.«

      Er ging voran, das Banner fest mit den Händen umklammert. Nacheinander folgten ihm die überlebenden Legionäre hinein in die Dunkelheit.

Teil I. Verzweifelter Widerstand

      1

      Perseus

       Hauptwelt der Terranisch-Republikanischen Liga

       21. Mai 2891

      »Ist er es wirklich?«, fragte Carlo Rix, während er aus einer kleinen verglasten Aussichtslounge fassungslos hinunter in die Quarantänezelle starrte. »Kann er es denn sein?«

      Professor Nicolas Cest humpelte langsam und mit unregelmäßigem Tritt näher, bis er mit Carlo Rix auf gleicher Höhe stand. Der alte Mann stützte sich dabei schwer auf einen alten Gehstock mit Elfenbeingriff. Carlo schmerzte es, seinen alten Freund und Weggefährten auf diese


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