Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler. Giorgio Vasari

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Das Leben des Antonio Filarete, Benozzo Gozzoli, Vittore Carpaccio und weiterer Künstler - Giorgio Vasari


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Durchmesser befanden sich die Wappen des Volkes und der Kommune von Florenz,30 das der Capitani der Partei der Guelfen31 und andere mehr. Ringsum an den Rändern dieses Himmels, der den gesamten Platz, so groß er ist, überspannte, hingen große Stoffbahnen, auf die verschiedene Impresen, Wappen der Magistrate und Zünfte sowie zahlreiche Löwen gemalt waren, die eine der Insignien der Stadt sind.32 Dieser Himmel beziehungsweise die so gemachte Decke war etwa zwanzig Ellen über dem Erdboden angebracht;33 sie lag auf sehr dicken Tauen auf, die an etlichen Eisenhalterungen befestigt waren, welche noch immer rund um die Kirche San Giovanni, an der Fassade von Santa Maria del Fiore und an den Häusern zu sehen sind, die rund um den gesamten Platz stehen;34 zwischen einem Tau und dem nächsten waren Seile gespannt, die den Himmel ebenfalls trugen, der durchweg und besonders an den Rändern mit Hanfseilen, Tauen, Unterfütterungen, doppelten Stofflagen und starkem Gewebe so gut verstärkt war, daß man sich das unmöglich besser vorstellen kann. Hinzu kommt, daß alles auf eine Weise und mit solcher Sorgfalt hergerichtet war, daß die Tücher von dem Wind, der an diesem Ort, wie jeder weiß, jederzeit heftig wehen kann, zwar aufgebläht und bewegt wurden, sich jedoch in keiner Weise losreißen oder beschädigt werden konnten.35 Diese Stoffbahnen bestanden aus fünf Teilen, damit sie leichter zu handhaben wären. Jedoch einmal oben angebracht, wurden sie alle miteinander verbunden und fixiert und in einer Weise zusammengenäht, daß sie wie aus einem Stück schienen. Drei Teile überdachten den Platz und den Bereich zwischen San Giovanni und Santa Maria del Fiore, während der mittlere Teil, der in einer Linie mit den Hauptportalen ausgerichtet war, besagte [Stoff-]Kreise mit dem Wappen der Kommune trug. Die anderen beiden Teile überspannten die Seiten, eines in Richtung Misericordia36 und das andere zum Haus der Kanoniker37 und zur Dombauhütte von San Giovanni hin. Die Wolken hingegen, die von den Bruderschaften in verschiedenen Varianten und mit unterschiedlichen Einfällen gestaltet waren, wurden generell auf folgende Weise hergestellt: Aus Planken errichtete man ein quadratisches Gestell von zwei Ellen Höhe mit vier stämmigen Pfosten in der Art von Tischböcken an den Ecken, die wie bei einem Notstall [für Pferde] miteinander verstrebt waren. Auf diesem Gestell waren über Kreuz zwei Bretter angebracht, jedes eine Elle breit, welche in der Mitte ein Loch von einer halben Elle Durchmesser aufwiesen, in das ein langer Holzstab eingelassen war. Auf diesem befestigte man eine ganz in Watte gehüllte, mit Cherubim, Lichtern und anderem verzierte Mandorla, in der auf einer Querstange aus Eisen eine Person nach Belieben saß oder stand und den Heiligen darstellte, der von jener Bruderschaft als ihr persönlicher Fürsprecher und Schutzherr verehrt wurde, oder auch ein Christus, eine Madonna, ein Heiliger Johannes oder noch jemand anderer.38 Das Gewand jener Figur verhüllte die Eisenstange so, daß man sie nicht sah. Am selben Stab waren weiter unten und unterhalb der Mandorla ringsum Eisenstangen angebracht, die einem Baum gleich in der Regel vier Äste bildeten, an deren Enden auf ähnlichen Eisenbarren jeweils ein kleiner Junge stand, der als Engel gekleidet war. Und diese konnten sich auf der Eisenstange, auf der ihre Füße standen, beliebig drehen, weil selbige in einer Angel hing. Bisweilen wurden zwei oder drei Reihen von Engeln oder Heiligen auf solchen Ästen untergebracht, ganz so, wie es die Darstellung verlangte. Dazu war der ganze Apparat, wie auch der Stab und die Eisenstangen, die manchmal eine Lilie, dann wieder einen Baum und oft eine Wolke oder ähnliches bildeten, mit Watte bedeckt und, wie schon gesagt, mit Cherubim, Seraphim, goldenen Sternen und anderen Verzierungen dieser Art geschmückt. Im Inneren befanden sich Träger oder Bauersleute, die ihn auf den Schultern trugen, indem sie sich rings um die hölzerne Plattform aufreihten, die wir als Gestell bezeichnet haben, an welchem unten an den Stellen, wo das Gewicht auf ihren Schultern lastete, lederne Kissen befestigt waren, gefüllt mit Federn, Watte oder einem ähnlich nachgiebigen und weichen Material. Dazu waren sämtliche Vorrichtungen wie auch die Aufstiege und anderen Teile, wie oben gesagt, in Watte gehüllt, was hübsch anzuschauen war, und all diese Apparate nannte man »Wolken«. Hinter ihnen folgten Scharen von Reitern und Fußsoldaten unterschiedlicher Art, je nachdem, welche Geschichte darzustellen war, so wie man heute den Wagen oder anderem hinterherzieht, die anstelle besagter Wolken angefertigt werden.39 Von der Machart letzterer habe ich in unserem libro de’ disegni einige Beispiele von der Hand des Cecca, die sehr gut gemacht und wirklich sinnreich und voller schöner Überlegungen sind.40 Auf dessen Erfindung geht auch die Gestaltung jener Heiligen zurück, die in den Prozessionen mitlaufen oder tot oder gefoltert mitgetragen werden: Einige sahen so aus, als wären sie von einer Lanze oder einem Schwert durchbohrt, anderen steckte ein Dolch in der Kehle, und wieder andere waren in ähnlicher Weise am Körper versehrt. Weil heutzutage bestens bekannt ist, daß dies mit einem Schwert, einer Lanze oder einem Dolch gemacht wird, die man entzwei gebrochen und auf beiden Seiten mit einem Eisenring einander gegenüberliegend sicher fixiert hat, nachdem der Teil, der scheinbar im Körper des Gepeinigten steckt, proportional entfernt wurde, werde ich weiter nichts dazu sagen, außer daß man davon ausgeht, daß diese Dinge größtenteils von Cecca erfunden worden sind. Auch die Riesen, die bei besagtem Fest umhergingen, stellte man auf diese Weise her. Einige, die sehr geübt darin waren, auf Stelzen oder, wie man andernorts sagt, auf Holzbeinen zu laufen, ließen welche anfertigen, die sich fünf oder sechs Ellen über den Erdboden erhoben, und nachdem sie sie in große Maskeraden und andere Verkleidungen aus Stoff oder falschen Harnischen gehüllt und hergerichtet hatten, an denen die Gliedmaßen und der Kopf eines Riesen befestigt waren, stiegen sie auf und gingen geschickt umher, wobei sie wirklich wie Riesen erschienen. Gleichwohl lief einer vor ihnen weg, der eine Pike hielt, auf die der Riese sich mit einer Hand stützte, die dabei aber so gemacht war, daß es schien, als ob sie eine Waffe von ihm selbst sei, sprich eine Keule oder Lanze oder ein großer Glockenklöppel, wie Morgante ihn zufolge der epischen Dichter zu benutzen pflegte.41 Und so wie es Riesen gab, gab es auch Riesinnen, was einen wirklich schönen, ja herrlichen Anblick bot. Wieder anders waren die kleinen Geisterchen, weil sie mit nichts als ihrer ureigenen Form auf besagten fünf bis sechs Ellen hohen Stelzen umherliefen und dadurch wie echte Geister wirkten; und auch diese hatten vor sich einen Helfer, der sie mit einer Pike stützte.42 Man erzählt sich aber auch, daß einige sich sehr wohl darauf verstanden, damit zu laufen, ohne sich in irgendeiner Form aufzustützen. Und ich weiß, daß, wer die Florentiner Gehirne kennt, darüber in keiner Weise verwundert sein wird, denn einmal abgesehen von dem Mann aus Montughi bei Florenz, der alle, die sich bis dahin darin versucht haben, im Gehen und Tanzen auf dem Seil übertroffen hat, wird, wer immer einen gewissen Ruvidino kannte, der vor weniger als zehn Jahren starb, wissen, daß für ihn das Laufen auf einem Tau oder Seil in jeder beliebigen Höhe, das Herabspringen von der Stadtmauer von Florenz zur Erde und das Laufen auf Stelzen, die sehr viel höher waren als die oben erwähnten, so einfach war wie für einen gewöhnlichen Menschen das Gehen auf ebener Erde.43 Es muß daher nicht verwundern, wenn die Menschen jener Zeit, die entweder für Geld oder aus anderen Gründen solche Fertigkeiten entwickelten, Dinge wie die oben beschriebenen oder noch großartigere vollbrachten.44

      Nicht eingehen werde ich auf jene großen ceri, die mit unterschiedlichen Einfällen bemalt sind, allerdings so plump, daß man nach ihnen die derben Maler aus dem Volk benannt hat (und deshalb schlechte Malereien auch als »fantocci da ceri«45 bezeichnet), da sie nichts taugen.46 Erwähnen möchte ich jedoch, daß sie zur Zeit Ceccas größtenteils aufgegeben und an ihrer Stelle die heute gebräuchlichen Karren nach Art der Triumphwagen eingeführt wurden. Der erste von ihnen war der cero der Münze, den man zu jener Vollendung brachte, die man heute sieht, wenn er alljährlich bei besagtem Fest von den Meistern und edlen Herren der Münzpräge ausgeschickt wird, mit einem Heiligen Johannes obenauf und vielen anderen Heiligen und Engeln darunter, die ihn umringen und von lebenden Personen dargestellt werden.47 Nicht lange ist es her, daß man beschlossen hat, von jeder befestigten Ortschaft, die eine Wachskerze spendet, auch einen solchen [Karren] machen zu lassen, wobei ganze zehn gebaut worden sind, um dieses Fest in prachtvoller Weise zu ehren, ein Plan, der dann wegen der kurz darauffolgenden Ereignisse nicht weiterverfolgt wurde.48 Unter der Leitung von Cecca49 hatten also diesen ersten Wagen der Münze Domenico,50 Marco51 und Giuliano del Tasso52 ausgeführt, die seinerzeit zu den führenden Tischlermeistern zählten, die in Florenz Quader- und Schnitzwerk ausführten. Besonders zu loben sind daran unter anderem die Hinterräder, die sich [in der Achse] lösen, um solcherart an den Straßenecken um das Gebäude biegen und den Wagen so manövrieren zu können, daß


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