Orthografie. Wolfgang Steinig

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Orthografie - Wolfgang Steinig


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immer 89,2 10,8 /n/ <n> <nn> nein Wanne 95,3 4,7 /ŋ/ <ng> <n> singen sinken 82,6 17,4 /j/ <j> ja 100 /ç//x/ <ch> <g> ich/acht lustig 92,1 7,9 /ks/ <chs> <x> Fuchs Axt 71,1 28,9 /p͡f/ <pf> Apfel 100 /t͡s/ <z> <tz> Ziel Spatz 87,2 12,8 /ps/ <ps> Psalmen - /d͡ʒ/ <dsch> Dschungel - /t͡ʃ/ <tsch> tschüss - /ʒ/ <g> Genie -

      Tabelle 1.4:

      Phonem-Graphem-Korrespondenzen und ihre prozentuale Häufigkeit

      Nicht vergessen sollte man schließlich noch den Glottisverschluss [ʔ], für den es kein Graphem gibt, der aber grundsätzlich immer vor einer betonten Silbe mit vokalischem Anlaut realisiert wird. Dieser Laut wird als ‚Knacklaut‘ bezeichnet, da das plötzliche Öffnen des Verschlusses der Stimmlippen vor einem Vokal ein Knackgeräusch auslöst. Wird der Knacklaut in Ausdrücken wie am Abend, im Eimer oder Torferde nicht realisiert, wird das Verstehen beeinträchtigt.

      Bei der Konsonantenschreibung haben Abweichungen von der statistisch dominanten 1:1-Korrespondenz, also einer Entsprechung von einem Phonem zu genau einem Graphem wie bei /p/ zu <p>, einen regelhaften Grund. Er lässt sich entweder – bei Doppelkonsonanz – anhand der Form der betonten Silbe und des vorausgehenden Kurzvokals erschließen, z.B. bei Kappe. Oder aber die zweisilbige Vergleichsform gibt den Hinweis für eine Abweichung von der erwartbaren Schreibung. Bei dem Wort Sieb würde man erwarten, dass es mit einem <p> geschrieben wird, man schreibt es aber mit einem <b>, da es die zweisilbige Vergleichsform Siebe gibt, die zu der Schreibung mit <b> führt, denn der Stamm des Wortes sieb muss in allen Formen erhalten bleiben. Der Lerner braucht jedenfalls hier die Konsonantengrapheme, die von der 1:1-Korrespondenz abweichen, nicht zu lernen, sondern kann sein orthografisches Wissen zur Wortschreibung nutzen.

      Ausnahmen von dieser Regelhaftigkeit, die man sich merken muss, gibt es zum Glück nur sehr wenige, z.B. Schreibungen mit <dt> wie in Stadt oder verwandt und die <v>-Schreibungen wie in Vogel oder Vater. Die weitaus meisten Schreibungen mit <v> sind kleine Funktionswörter wie von und vor, Zahlwörter wie vier sowie Vorsilben wie <ver-> oder <vor->. Schließlich gibt es noch die Phonemkombinationen /kw/ und /ks/, die mit <qu> (Quelle, Qual) bzw. mit <chs> (Fuchs) oder <x> (Hexe) geschrieben werden.

      Zu den Lauten /ç /und /x/ lassen sich keine Minimalpaare finden, sieht man einmal von den merkwürdigen Minimalpaaren Kuchen/Kuhchen und tauchen/Tauchen ab, die nur funktionieren, weil die Verkleinerungssilbe (das Diminutivaffix) <-chen> immer mit einem ich-Laut realisiert wird. Deshalb bezeichnet man diese beiden Laute als komplementär distribuierte Laute des Phonems /x/. Die Ausspracheregel dazu legt fest, dass ein /ç/, also der ich-Laut, realisiert wird, wenn der vorausgehende Vokal im vorderen Mundraum produziert wird, also z.B. ein /i:/ (siechen), ein /ɪ/ (nicht), ein /ɛ/ (Echo), ein /ʏ/ (Küche) oder ein /œ/ (Köche), aber auch nach einem vorausgehenden /r/ wie in Furche, nach einem /l/ wie in Mulch und nach einem /n/ wie in manche.

      Wenn ein hinterer oder zentraler ‚tiefer‘ Vokal vorausgeht, wird der ach-Laut /x/ realisiert, also nach /a:/ in Aachen, nach /a/ in Sache, nach /o:/ in hoch, nach /ɔ/ in Woche, nach /u:/ in Tuch oder nach /ʊ/ in Bruch. All die Schreibungen, die auf dieser Regel beruhen, sind nicht problematisch, da für die unterschiedliche Aussprache von /ç /und /x/ in diesen Stellungen immer das Graphem <ch> steht.

      Nur auf eine Schreibvariante muss geachtet werden, nämlich auf Wörter, die am Ende mit <-ig> geschrieben werden, also König, Honig, richtig, lustig oder steinig. Man hört bei diesen Wörtern im südlichen und mittleren deutschen Sprachgebiet meistens ein [ɪk], während im Norden das [ɪç] realisiert wird. In einigen Dialektgebieten, etwa im Kölner Raum, wird <ig> als [ɪʃ] gesprochen. Auch zahlreiche Menschen mit Migrationshintergrund sprechen <ig> als [ɪʃ] aus, da der ich-Laut in den meisten Herkunftssprachen nicht vorkommt. Auf diese phonetische wie graphematische Besonderheit bei Wörtern auf <-ig> müssen Lehrkräfte achten und die Zusammenhänge erklären und einüben können.

      1.6 Silben

      Einzelne Laute können im Lautstrom nur schlecht erkannt werden, da sie nicht klar voneinander abgegrenzt sind, sondern ineinanderfließen und sich gegenseitig beeinflussen. Dieses lautliche Ineinanderfließen bezeichnet man als Koartikulation. Silben dagegen lassen sich besser als lautliche Einheiten erkennen, vor allem betonte Silben. Viele unbetonte Silben sind dagegen bei normalem Sprechtempo kaum hörbar; sie werden ‚verschluckt‘. Das Verb werden wird umgangssprachlich zu /vɛɐdn/ oder noch kürzer zu /vɛɐn/, was dann von Schreibanfängern gerne als *wean geschrieben wird. Hinzu kommt das Problem bei Wörtern mit Konsonantenverdoppelung wie Mutter, die zwar leicht als zweisilbig erkannt werden, aber bei denen es nicht klar ist, wo genau die Grenze zwischen der ersten und der zweiten Silbe liegt. Doch bevor wir näher auf zweisilbige Wörter eingehen, wollen wir uns zunächst den Aufbau von Einsilbern ansehen.

Konsonanten im Anfangsrand (AR) Onset ein Vokal im Silbenkern (KERN) Nukleus Konsonanten im Endrand (ER) Koda
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