Raumschiff Prokyon Band 1-18: Die ganze Serie. Harvey Patton
Читать онлайн книгу.mit dem Unterschied, dass sie uns diesmal bestimmt keine Chance lassen werden, sie nochmals zu überrumpeln. Jetzt haben sie ihre Beute.
Plötzlich wurde es jedoch vollkommen still in der Halle. Das vielfältige Pfeifen der aufgeregten Sendhoren verstummte abrupt, die zupackenden Arme ließen von den Menschen ab. Der Ingenieur hob den Kopf und sah, dass sämtliche »Giftpilze« dastanden, als wären sie unter dem Einfluss von Schockstrahlen erstarrt. Messer und Metallteile polterten zu Boden, die kleinen grünen Wesen schienen vollkommen apathisch zu sein.
»Ob Taff uns gesucht und gefunden hat?«, fragte der Kybernetiker halblaut. Lars schüttelte jedoch den Kopf, während er sich vorsichtig erhob.
»Zwar wünschenswert, aber unwahrscheinlich, Freund. Bei einem Beschuss mit Lähmstrahlen wären wir ebenfalls getroffen worden. Das ist aber nicht der Fall, also muss es eine andere, uns unbekannte Ursache geben.«
»Vermutlich richtig«, gab Luca zu.
Im nächsten Moment kam jedoch wieder Leben in die Sendhoren. Ein Stakkato von gellenden Pfiffen ertönte, aus dem selbst die beiden Männer Angst und Panik herauszuhören glaubten. Sie wurden von den Gegnern nun überhaupt nicht mehr beachtet, und auch die verschrottete Spear schien restlos vergessen zu sein. Wie rasend eilten die »Pilzköpfe« auf ihr Fahrzeug zu, jeder stieß den anderen rücksichtslos zur Seite, um Platz darin zu bekommen.
»Sie stellen sich so verrückt an, als ginge es um ihr Leben«, kommentierte Luca kopfschüttelnd. »Verstehst du das, Alter?«
»In keiner Weise«, gab der Gefährte zu. Gleich darauf hob er jedoch den Arm und deutete auf die Wandung des Raumes.
»Da – sieh doch nur! Die Beschaffenheit der uns umgebenden Wände aus plastischer Energie verändert sich! Sie scheinen instabil zu werden und wirken jetzt so durchscheinend wie Milchglas. Was mag da nur geschehen sein?«
Der Erste Offizier der PROKYON verzog das Gesicht.
»Was auch immer es sein mag, es gefällt mir nicht. Der Vorgang hat uns zwar aus einer ziemlich aussichtslosen Lage befreit, scheint uns aber in eine noch schlimmere zu bringen! Wenn sich hier alles auflöst, was soll dann aus uns werden?«
Inzwischen hatten fast alle Sendhoren einen Platz in der Magnetbarke gefunden. Etwa ein Dutzend lag davor regungslos auf dem Rücken, aber niemand kümmerte sich um sie. Einige »Giftpilze« hantierten hastig an den Steuerorganen, das Fahrzeug erhob sich träge und wurde langsam gewendet. Dann schoss es schwankend davon und verschwand in einem der Tunnel im Hintergrund.
»Mahlzeit!«, sagte Lars lakonisch, und Angst griff mit kalten Fingern nach ihm. »Die Mehrzahl der Winzlinge ist fort, die übrigen offenbar tot – und was fangen wir jetzt an? Falls sich hier wirklich alles auflöst, sind wir ohne Raumanzüge verloren, denn außerhalb der Hohlräume in der Fallenwand gibt es keine Spur von Atemluft!«
»Dabei wollte ich einmal an Altersschwäche sterben ...«, knurrte Luca bitter.
Ein seltsames Jaulen lag plötzlich in der Luft, ein prasselndes Knistern durchlief die energetischen Wände. Elmsfeuern gleich zuckten merkwürdige Leuchterscheinungen auf, der Geruch von Ozon breitete sich aus. Die Haare der beiden Männer begannen zu knistern und richteten sich auf. Gehetzt sahen sie sich um, aber es gab weit und breit nichts, das ihnen Sicherheit versprach.
Sie bemerkten nur die Symptome des rätselhaften Geschehens, ohne die Ursachen dafür zu kennen.
Schuld an allem war der Kosmische Instrukteur. Die Zapfstelle lag zwar mehrere Kilometer von diesem Ort entfernt, doch sein Energiehunger war ungewöhnlich groß und die technischen Anlagen längst ausgefallen. So entzog der »Feldsauger«, ohne es zu ahnen, der Wandung der Wachboje einen Teil ihrer Bindungskräfte.
Die Sendhoren aber waren auf eine energetisch stabile Umgebung angewiesen. Veränderte diese ihr Potential um einen gewissen Betrag, sahen sie ihr Leben bedroht, verfielen zuerst in Starre und dann in eine Panik, die ihnen jede Orientierungsfähigkeit raubte. Nur mit Hilfe der Magnetbarke konnten sie noch diese gefährdete Umgebung verlassen, und das hatten sie nun getan, ohne Rücksicht auf ihre schwächeren Artgenossen.
Plötzlich bemerkten die beiden Raumfahrer, dass die vorhandene Schwerkraft von etwa 0,7 Gravos rapide abnahm. Sekunden später waren sie bereits schwerelos, dann erfasste sie ein starker Sog und trieb sie davon, ohne dass sie dagegen ankommen konnten.
Sie wurden in den Tunnel getrieben, durch den sie in diese Halle gelangt waren. Bald aber gabelte er sich mehrfach, neue Hohlräume hatten sich gebildet, als immer mehr erstarrte Energie umgewandelt wurde und abfloss. Ein wahres Labyrinth tat sich vor ihnen auf, von silbrig schimmernden Leuchterscheinungen erfüllt. Zuweilen waren die Wände bereits fast transparent, man konnte hinter ihnen die absolute Schwärze des Weltraums oder des Innern der Boje ahnen.
Lars und Luca gaben nicht mehr viel für ihr Leben.
Um nicht getrennt zu werden, hatten sie sich fest umklammert. So trieben sie nun ziellos dahin, einmal in diese, einmal in jene Richtung, oft durch Spalten in der Wand, die sich erst wenige Sekunden zuvor gebildet hatten.
Der energetische Sog führte sie davon – auf die Zapfstellen zu, hinter der der seiner Aufgabe nicht mehr bewusste Kosmische Instrukteur verankert war.
8
»Langsamer, Taff!«, warnte Orvid Bashkiri besorgt. »Die Wandung der Falle hat zwar einiges von ihrer Stabilität verloren, ist aber zweifellos immer noch viel zu stark für uns. Wenn wir mit unserer gegenwärtigen Geschwindigkeit dagegen prallen, brauchen wir anschließend ein neues Schiff.«
»Das fehlte gerade noch«, murrte Min Jian-Ksu. »Dies ist bereits die zehnte PROKYON, und sie hat mehr gekostet als ihre beiden Vorgängerinnen zusammen! Der Etat der GRAT ist nicht unerschöpflich, berücksichtigen Sie das bitte, Taff.«
Caine grinste sarkastisch.
»Ich denke pausenlos an nichts anderes sonst. Vor allem jedoch, weil wir schätzungsweise 45 000 Lichtjahre von Terra entfernt sind und es problematisch sein dürfte, hier ein neues Schiff aufzutreiben. Ganz abgesehen von der Tatsache, dass wir mit einem solchen kaum noch etwas anfangen könnten, weil wir zusammen mit diesem zerschellen würden.«
Er drosselte die Triebwerke soweit, dass er die Fahrt innerhalb weniger Sekunden ganz aufheben konnte. So driftete die PROKYON auf die Energiewand zu, jener Stelle entgegen, an der sich die Veränderung vollzog. Sie schritt immer noch weiter fort, das bewiesen die Daten, die Orvid dem Commander in kurzen Abständen zurief. Sie verzichteten auf die Mithilfe des Computers, obwohl sich Rhegos Kytall angeboten hatte, ihn zu bedienen. Die beiden Männer verstanden sich blind, und Taff ersetzte durch Intuition und Erfahrung die Berechnungen der Maschine.
Wenige hundert Kilometer vor der Wandung der Blase reduzierte er die Geschwindigkeit noch weiter. Nun war auch auf den Bildschirmen das schwache Leuchten zu bemerken, das von ihr ausging. Es ließ zugleich erkennen, dass diese in ihren inneren Bezirken transparent wurde und nicht mehr viel dichter als ein dünner Schleier war. Die Hohlräume, die in ihr entstanden, zeichneten sich als matt-silbern schimmernde Strukturen ab.
Trotzdem schaltete Caine den Schutzschirm ein, als die kritische Distanz erreicht war. Diese Energieform war fremd und konnte bei direkter Berührung mit den Bordwänden unkalkulierbare Auswirkungen zeitigen. Es kam jedoch nur zu geringfügigen Entladungen, als die PROKYON die Wand erreichte und langsam in sie eindrang. Sie wurde auch nicht mehr angezogen, wie zuvor die Spear. Die betreffenden Anlagen funktionierten nicht mehr.
»Werden wir den Durchbruch schaffen, Taff?«, fragte Toburu-Chan mit angespanntem Gesicht. Der Kommandant hob nur die Schultern, ohne von seinen Kontrollen aufzusehen. Seine Rechte hing dicht über dem Hauptschalter, bereit, ihn zu drücken, sobald es ihm angezeigt erschien.
»Keine Ahnung, Freunde der Vulkane. Hier ist nichts sicher, ausgenommen das Ungewisse«, sagte er wenig später. »Der Widerstand wird allmählich stärker, unsere Fahrt ist nun schon fast ganz aufgezehrt. Kann ich es riskieren, mehr Schub zu geben, Orvid?«
Das