Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare

Читать онлайн книгу.

Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare


Скачать книгу
wäre, so würde sie sich nicht in den Mohren verliebt haben: Tugendhafter Quark! Hast du dann nicht gesehen wie sie mit seiner Hand auf- und abschaukelte? Hast du nicht darauf Acht gegeben?

      Rodrigo.

       Ja, das that ich; aber das war nur Höflichkeit.

      Jago.

       Leichtfertigkeit war's, bey meiner Seele! Eine geheime Andeutung, ein stillschweigender Prologus zu einem Lustspiel, wo man keine Zuschauer verlangt. Sie kamen einander ja mit ihren Lippen so nah, daß ihr Athem sich vermischen und zusammenfliessen mußte. Das ist ein vertrakter Gedanke, Rodrigo! Wenn solche Vertraulichkeiten den Weg bahnen, so darf man sich darauf verlassen, daß die Haupt-Action bald nachkommen wird Fy, Henker! Aber, laßt euch nur von mir rathen, Herr. Ich hab' euch von Venedig mitgebracht. Zieht mit auf die Wache diese Nacht, ich will euch dazu commandieren. Cassio kennt euch nicht; und ich will nicht weit von euch seyn. Seht daß ihr dann eine Gelegenheit findet, ihn aufzubringen; redet zu laut, oder haltet euch über seine Art zu commandieren auf, oder thut sonst was das ihn ärgern kan, wie es Zeit und Umstände an die Hand geben werden.

      Rodrigo.

       Gut.

      Jago.

       Er ist jäh, und in einem Augenblik aufgebracht; es kan leicht begegnen, daß er euch einen Schlag giebt. Reizt ihn dazu; dann das würde mir einen vortrefflichen Anlaß geben, die Cyprier in eine solche Empörung gegen ihn zu sezen, daß nichts als seine Entfernung sie besänftigen soll. Dadurch kommt ihr desto bälder zu euerm Zwek; denn wenn Cassio einmal aus dem Weg ist, so will ich für das übrige schon Mittel finden, und ihr sollt glüklich werden.

      Rodrigo.

       Ich verstehe mich zu allem, wenn ihr's dahin bringen könnt.

      Jago.

       Dafür steh ich dir. Laß dich vor der Citadelle wieder antreffen; ich muß nur einen kleinen Gang machen, um sein Gepäke ans Land zu holen. Lebt wohl indessen.

      Rodrigo.

       Adieu.

      (Er geht ab.)

      ACHTE SCENE

       Inhaltsverzeichnis

      Jago (allein.)

       Daß Cassio sie liebt, das glaub ich, und daß sie ihn wieder liebt, das läßt sich wenigstens glauben. Was den Mohren betrift, so muß ich gestehen, ob ich ihn gleich nicht leiden kan, daß er von einer gesezten, liebreichen und edeln Gemüths-Art ist; und ich zweifle gar nicht daran, daß er gegen Desdemona ein recht zärtlicher Ehmann seyn wird. Nun lieb ich sie auch, nicht eben aus Antrieb einer sonderlichen Lust zu ihr, (ob ich gleich vielleicht für eben so grosse Sünden in des Teufels Schuldbuch stehe,) sondern mehr um an dem üppigen Mohren Rache zu üben, den ich im Verdacht habe, daß er meinem Weibe zu nah' gekommen seyn möchte; ein Gedanke, der mir wie mineralisches Gift an meinem Inwendigen nagt, und mir keine Ruhe lassen wird, bis ich quitt mit ihm bin, Weib um Weib: Oder wenn mir auch das fehlschlüge, so muß mir der Mohr wenigstens in eine so starke Eifersucht gesezt werden, daß die Vernunft selbst ihm nichts dagegen helfen soll. Und wenn dieser arme Venetianische Brak, den ich bloß um seines guten Jagens willen liebe, unserm Michael Cassio nur recht zu Leibe geht, so wollen wir ihn bald bey der Hüfte kriegen, und ihn dem Mohren auf eine Art empfehlen, die ihre Würkung thun soll; und der Mohr soll mir noch danken, und mich noch dafür lieben und belohnen, daß ich ihn fein sauber zu einem Esel mache, und ihn aus dem stolzen Frieden seiner Seele bis zur Tollheit herausbetrüge. Das alles ligt hier aber noch verworren; Spizbüberey läßt ihr ganzes Gesicht nicht eher sehen, bis sie vollbracht ist.

      (Geht ab.)

      NEUNTE SCENE

       Inhaltsverzeichnis

      Die Strasse.

      Ein Herold tritt auf.

      Herold. Es ist Othello's, unsers edeln und tapfern Ober-Befehlhabers, Wille und Belieben, daß auf die zuverlässig eingelauffene Nachricht von dem gänzlichen Untergang der Türkischen Flotte, jedermann seine Freude öffentlich, durch Tänze, Freuden-Feuer, und alle die Spiele und Lustbarkeiten, wozu einen jeden seine Neigung treiben mag, an den Tag geben möge Zumal, da noch über diese glükliche Zeitung, sein Vermählungs-Fest ein Gegenstand der allgemeinen Freude ist. Alle seine Vorraths-Kammern sind aufgeschlossen, und es ist jedem erlaubt von dieser fünften Stunde an, bis die Gloke eilfe geschlagen haben wird, zu schmausen und sich zu erlustigen, wie es ihm beliebt. Dieses sollte, nach seinem Befehl, durch öffentlichen Ausruf bekannt gemacht werden. Heil der Insel Cypern, und unserm edeln General!

      Othello, Desdemona, Cassio, und Gefolge treten auf.

      Othello.

       Mein lieber Cassio, seht diese Nacht zur Wache; wir wollen nicht vergessen, in unsern Lustbarkeiten nie über das Ziel der Anständigkeit und Mässigung hinauszuschweiffen.

      Cassio.

       Jago hat schon Befehl auf die Nacht; ich will aber nichts destoweniger selbst ein Aug' auf alles haben.

      Othello.

       Jago ist ein ehrlicher Mensch Gute Nacht, Cassio. Morgen, so früh als euch gelegen ist, laßt mich eine Unterredung mit euch haben (Zu Desdemona.) Komm, meine theure Liebe Wenn der Kauf geschehen ist, so folgt die Nuzniessung; Gute Nacht.

      (Othello und Desdemona gehen ab.)

      Jago zu Cassio.

      Cassio.

       Willkommen Jago, wir müssen zur Wache.

      Jago.

       Izt noch nicht, Lieutenant, es ist noch nicht zehn Uhr. Unser General hat uns seiner Desdemona zu lieb so früh entlassen, und wir können ihn nicht deßwegen tadeln es ist seine erste Nacht, und sie ist ein Lekerbissen für einen Jupiter.

      Cassio.

       Sie ist eine vortreffliche Dame.

      Jago.

       Und sie liebt das Spiel, ich stehe für sie.

      Cassio.

       In der That, sie ist ein reizendes Geschöpf.

      Jago.

       Was sie für ein paar Augen hat! Es ist, als ob sie einen auffordern

      Cassio.

       Sehr anziehende Augen, und doch, wie mich däucht, vollkommen sittsam.

      Jago.

       Und wenn sie redt, ist nicht der blosse Ton ihrer Stimme ein Signal zur Liebe?

      Cassio.

       Sie ist, in der That, die Vollkommenheit selbst.

      Jago.

       Gut, viel Glüks zu ihrer Hochzeit-Nacht! Kommt, Lieutenant, ich habe eine Flasche Wein, und es sind ein paar brave junge Cyprier draussen, die gerne eins auf Othello's Gesundheit mit uns trinken möchten.

      Cassio.

       Diese Nacht kan's nicht seyn, Jago; ich habe ein armes unglükliches Gehirn zum Trinken. Ich möchte wol wünschen, daß man eine andre Manier, einander seinen guten Willen zu bezeugen, erfinden möchte als Gesundheittrinken.

      Jago.

       Oh, es sind gute Freunde; nur ein Gläschen; ich will für euch trinken.

      Cassio.

       Ich habe diesen Abend nicht mehr als einen Bechervoll getrunken, der noch dazu mit Wasser gemischt war, und ihr seht, was für Veränderungen er schon hier


Скачать книгу