Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch). William Shakespeare

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Sämtliche Werke von Shakespeare in einem Band: Zweisprachige Ausgabe (Deutsch-Englisch) - William Shakespeare


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liebte, stellte sie sich, als ob sie sich vor euch fürchte.

      Othello.

       Das machte sie würklich so.

      Jago.

       Macht also den Schluß; konnte sie, so jung, so unschuldig als sie war, sich so gut verstellen, daß ihr eigner Vater von allem was in ihrem Herzen vorgieng, nichts gewahr werden konnte Er dachte, es müsse nothwendig Zauberey dabey gebraucht worden seyn Doch ich bin sehr zu tadeln: Ich bitte euch recht demüthig um Vergebung, daß ich mich von meiner Liebe zu euch so weit verleiten lasse.

      Othello.

       Ich bin euch auf immer dafür verbunden.

      Jago.

       Ich sehe doch, es hat eure Lebensgeister ein wenig in Unordnung gebracht.

      Othello.

       Im mindsten nicht, im mindsten nicht!

      Jago.

       Glaubt mir, ich besorge, es ist so etwas; ich hoffe wenigstens, ihr werdet überzeugt seyn, daß, was ich sagte aus Freundschaft zu euch geflossen ist. Aber, ich seh' es, ihr seyd beunruhigt Ich bitte euch recht inständig, meinen Reden keine schlimmere Auslegung zu geben, als meine Meynung ist.

      Othello.

       Das will ich auch nicht.

      Jago.

       Thätet ihr's, Gnädiger Herr, so könntet ihr Folgen daraus ziehen, an die ich in der That nie gedacht habe. Cassio ist mein Freund und ein Mann der Verdienste hat Gnädiger Herr, ich sehe, ihr seyd unruhig

      Othello.

       Nein, nicht sonderlich unruhig ich denke nichts anders, als Desdemona ist tugendhaft.

      Jago.

       Lange lebe sie so! Und lange möget ihr leben, so zu denken!

      Othello.

       Und doch, wenn die Natur einmal aus ihrem Geleis getreten ist

      Jago.

       Das ist eben der Punct Daß sie (wenn ich so frey seyn darf, es herauszusagen) so viele Partheyen, die ihr natürlicher Weise hätten angemeßner scheinen sollen, abgewiesen hat, um sich einem Liebhaber zu ergeben, dessen Landesart, Farbe und Alter dem ihrigen so entgegen gesezt war. In der That, das scheint etwas ausschweiffendes in ihrem Gemüth, eine gewisse Ueppigkeit und Unordnung ihrer Einbildung und ihrer Neigungen anzuzeigen. Doch ich bitte euch um Vergebung, ich rede eigentlich nicht von ihr ins besondere; ob ich gleich nicht ohne alle Sorge bin, so könnte, bey kühlerm Blut, darauf fallen, eure Gestalt mit derjenigen von ihren Landsleuten zu vergleichen, und sich vielleicht ihre Wahl gereuen zu lassen.

      Othello.

       Leb wohl, leb wohl; wenn du etwas weiters merkest, so laß mich's wissen: Trag es deiner Frau auf, sie genau zu beobachten. Verlaß mich, Jago.

      Jago.

       Ich beurlaube mich, gnädiger Herr.

      (Er geht.)

      Othello.

       O warum heurathete ich! Dieser ehrliche Mann sieht und weiß ohne Zweifel mehr, weit mehr, als er sagt.

      Jago

       (wieder zurükkommend.)

       Gnädiger Herr, ich wollt' ich dürfte Eu. Gnaden bitten, dieser Sache nicht weiter nachzuhängen; überlaßt es der Zeit; ob es gleich ganz gut wäre, daß Cassio wieder seine Stelle hätte, (denn in der That, bekleidete er sie mit grosser Geschiklichkeit,) so würdet ihr doch, wenn es euch gefiele ihn noch eine Zeitlang in der Ungewißheit zu lassen, dabey Anlaß finden, ihn und sein Betragen besser kennen zu lernen. Gebt auch acht, ob eure Gemahlin seine Wiedereinsezung mit Merkmalen von Ungestüm und Heftigkeit betreiben wird; daraus würde sich vieles abnehmen lassen. Mittlerweile glaubet lieber, ich treibe meine Besorgnisse zu weit, und begegnet ihr so, daß sie keine Veränderung spüren könne; ich bitte Eu. Gnaden sehr darum.

      Othello.

       Verlaß dich hierüber auf meine Klugheit.

      Jago.

       Ich empfehle mich nochmals.

      (Er geht ab.)

      SECHSTE SCENE

       Inhaltsverzeichnis

      Othello allein.

      Othello.

       Dieser Bursche ist der ehrlichste Mensch von der Welt, und kennt die Menschen und den Lauf der Welt meisterlich: Find' ich sie unkeusch, so soll alle meine Liebe sie nicht vor meinem Grimm retten Vielleicht weil ich schwarz bin, und keine von den einschmeichelnden Eigenschaften im Umgang habe, die das ganze Verdienst dieser Jungfern-Knechte ausmachen; oder weil ich schon im herabsteigenden Alter bin Doch, das will nicht viel sagen Sie ist hin, ich bin betrogen, und mein Trost muß seyn, einen Ekel vor ihr zu fassen. Oder Fluch des Ehestandes! Daß wir diese reizenden Geschöpfe unser nennen können, und nicht ihre Neigungen! Ich wollte lieber eine Kröte seyn, und von den Ausdünstungen einer Mistgrube leben, als in dem was ich liebe, einen Winkel für eines andern Gebrauch zu wissen. Und doch ist das die gewöhnliche Plage der Grossen, die hierinn unglüklicher als die Geringen sind; es ist ein unvermeidliches Schiksal wie der Tod Hier kommt sie ja!

      Desdemona und Aemilia treten auf.

      Wenn sie ungetreu ist, so spottet der Himmel seiner selbst. Ich kan es nicht glauben!

      Desdemona.

       Wie geht's, mein liebster Othello? Euer Mittag-Essen, und die edeln Insulaner, die ihr dazu eingeladen habt, warten auf eure Gegenwart.

      Othello.

       Ich bin zu tadeln.

      Desdemona.

       Warum redet ihr so schwach? Fehlt euch was?

      Othello.

       Ich hab' einen Schmerz hier an meiner Stirne.

      Desdemona.

       Das kommt nur, weil ihr zu viel gewacht habt, es wird bald wieder vergehen. Erlaubt mir nur, daß ich euch die Stirne hart verbinde, so wird es in einer Stunde wieder besser seyn. (Sie zieht ihr Schnupftuch heraus, um es ihm umzubinden.)

      Othello.

       Euer Schnupftuch ist zu klein: laßt es gut seyn: Kommt, ich will mit euch gehen.

      (Das Schnupftuch entfällt ihr, indem sie es einsteken will.)

      Desdemona.

       Es ist mir recht leid, daß ihr nicht wohl seyd.

      (Sie gehen ab.)

      SIEBENDE SCENE

       Inhaltsverzeichnis

      Aemilia bleibt zurük.

      Aemilia

       (indem sie das Schnupftuch aufließt.)

       Ich bin froh, daß ich dieses Schnupftuch gefunden habe; das war das erste Geschenk, das sie von dem Mohren empfieng. Mein wunderlicher Mann hat mir schon hundertmal gute Worte gegeben, daß ich es stehlen sollte. Allein sie liebt es so sehr, (denn er beschwor sie, es immer zu seinem Andenken zu behalten,) daß sie es immer mit sich herum trägt, um es zu küssen und damit zu schwazen. Ich will den Riß von der Stikerey abzeichnen, und es dann dem Jago geben; was er damit machen will, weiß der Himmel, nicht ich: Ich habe nichts dabey, als seine Grille zu befriedigen.

      Jago tritt auf.

      Jago.

      


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