Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie. Carmen Lindenau

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Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie - Carmen Lindenau


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es in der Schule noch nicht.

      In Gedanken versunken bog sie in die von Ahornbäumen gesäumte Straße ein, in der die Praxis des neuen Arztes lag, blieb aber zunächst auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Die Morgensonne strich durch die Äste der Bäume, die verwunschene Schatten auf das helle Pflaster der Bürgersteige warfen. Franziska schaute auf das Haus mit dem hellbeigen Anstrich und den Fenstern mit den grauen Holzläden am Ende der Straße. Vor ein paar Monaten hatte Fanny Moosinger noch dort gewohnt, die zu den Gründungsmitgliedern des Schulfördervereins gehörte.

      Der Garten mit den duftenden Rosenbüschen und den Birken mit ihrem zartgrünen Laub sah noch immer so aus, als würde sich Fanny weiterhin liebevoll um ihn kümmern. Wie es hieß, hatte der junge Arzt, der allein in dem Haus wohnte, einen Gärtner für das Grundstück engagiert.

      Der Lack gefällt mir, dachte sie. Sie sah dem grünen Auto nach, in das ein Mädchen mit langem hellrotem Haar auf der Beifahrerseite eingestiegen war und das die Hofeinfahrt neben dem Haus des neuen Arztes verließ. Bevor sie die Straße überquerte, vergewisserte sie sich, dass sich kein Auto näherte und ihr genügend Zeit blieb, auch mit den Krücken die andere Straßenseite zu erreichen. Die Straße war frei.

      Sie setzte zuerst die Krücken auf die Fahrbahn und ging dann vorsichtig los. Sie hatte gerade zwei Schritte gemacht, als ein schwarzer Sportwagen aus einer Parklücke herausschoss und auf sie zuraste. Mit den Krücken gelang es ihr nicht mehr, zur Seite zu springen. Das Auto streifte sie, und sie stürzte zu Boden.

      »Würden Sie bitte aussteigen!«, rief sie, als der Wagen anhielt. Das gibt es doch nicht, dachte sie, als der Fahrer, statt auszusteigen, wieder Gas gab und weiterfuhr.

      »Können Sie sich bewegen?«, fragte der junge Mann besorgt, der aus dem Haus gegenüber der Praxis kam und sich neben sie hinhockte.

      »Ja, ich denke, mir ist nicht viel passiert«, mutmaßte sie, während sie sich vorsichtig aufrichtete und ihre Arme und Beine bewegte, was ihr auch mühelos gelang.

      »Machen Sie langsam. Durch den Schock und das Adrenalin, das er freigesetzt hat, spüren Sie im Moment möglicherweise noch keine Schmerzen.«

      »Ich bin sicher, dass ich mich nicht ernsthaft verletzt habe. Das Auto war ja noch nicht sehr schnell. Helfen Sie mir bitte auf«, bat sie den jungen Mann.

      »Aber sagen Sie es mir sofort, falls Sie Schmerzen spüren.

      »Ja, mache ich«, versicherte sie ihm.

      Er legte seine Arme unter ihre Achseln, verschränkte sie auf ihrem Rücken und hob sie vorsichtig hoch. »Ist Ihnen wirklich nichts passiert?«, wollte er wissen, als sie wieder stand und er ihr die Krücken reichte.

      »Nein, es ist alles gut«, versicherte sie ihm, während sie sich auf eine Krücke gestützt den Staub von ihrer Jeans klopfte und das gelbe T-Shirt glattzog.

      »Das war eindeutig Fahrerflucht. Konnten Sie sich das Nummernschild des Wagens merken?«, wollte er von ihr wissen.

      »Nein, darauf habe ich gar nicht geachtet. Ich habe doch auch nicht damit gerechnet, dass er oder sie einfach weiterfährt.«

      »Es war ein Mann. Ich habe ihn allerdings nur aus den Augenwinkeln heraus gesehen, weil er bereits wieder losfuhr, als ich aus dem Haus kam. Leider konnte ich das Nummernschild auch nicht erkennen«, gestand er ihr. »Sie sollten diesen Vorfall aber trotzdem der Polizei melden. Sie können mich gern als Zeugen nennen. Rufen Sie mich an, wenn Sie mich brauchen, am besten auf meinem Handy«, bot er ihr an und reichte ihr eine Visitenkarte.

      »Vielen Dank, Herr Bergwald«, entgegnete sie, nachdem sie einen Blick auf die Karte geworfen hatte, um seinen Namen zu erfahren, die Karte aber dann gleich einsteckte.

      »Wollen Sie in die Praxis Norden?«, fragte er sie.

      »Ja, das hatte ich vor.«

      »Ich bringe Sie hin, Frau?«

      »Kern, Franziska Kern«, stellte sie sich ihm vor. »Aber Sie müssen mich nicht begleiten. Ich schaffe das allein«, versicherte sie ihm.

      »Wenigstens bis zur Tür«, schlug er vor.

      »Also gut, bis zur Tür«, erklärte sie sich einverstanden.

      Als Franziska vor der Tür kurz aufstöhnte, stehenblieb und sich an die rechte Hüfte fasste, beschloss Lorenz Bergwald, bei ihr zu bleiben, bis er sicher sein konnte, dass sich jemand um sie kümmerte.

      »Meinen ersten Besuch in dieser Praxis habe ich mir weniger dramatisch vorgestellt«, seufzte Franziska.

      »Wie auch immer, ich zweifle nicht daran, dass Sie in dieser Praxis gut aufgehoben sind. Ich habe Doktor Norden neulich in der Cafeteria in der Klinik seiner Eltern getroffen, und wir haben uns länger unterhalten. Im Gegensatz zu vielen älteren Kollegen ist er auch offen für außergewöhnliche Behandlungsmethoden. Er gehört nicht zu diesen Ärzten, die einfach nur Pillen verschreiben und sich keine Zeit nehmen, mit ihren Patienten ein Gespräch zu führen.«

      »Genau das habe ich auch von meinen Nachbarn gehört.«

      »Über seinen Ruf kann sich Doktor Norden sicher nicht beklagen«, entgegnete Lorenz lächelnd. Er begleitete Franziska in die Praxis und ging mit ihr zum Empfangstresen. »Frau Kern wurde gerade vor der Praxis von einem Auto angefahren«, schilderte er Lydia, die am Tresen stand, was gerade passiert war.

      »Der Fahrer ist einfach weitergefahren«, wunderte sie sich und sah Franziska mitfühlend an. »Kommen Sie bitte gleich mit mir, Frau Kern«, forderte Lydia sie auf, ihr zu folgen.

      »Gute Besserung, ich warte dann auf Ihren Anruf«, verabschiedete sich Lorenz und nickte Franziska noch einmal aufmunternd zu, bevor er die Praxis verließ.

      »Bin ich denn schon dran? Ich hatte erst in einer Viertelstunde einen Termin.« Franziska schaute in das noch halbvolle Wartezimmer.

      »Sie wurden gerade angefahren, das ist ein Notfall. Es wäre verantwortungslos, wenn ich Sie warten ließe. Geht es?«, fragte Lydia nach, als Franziska nur langsam vorwärtskam, weil sie erneut ihre Hüfte spürte. »Der Herr Doktor ist gleich bei Ihnen, setzen Sie sich ruhig schon auf die Liege«, sagte sie, nachdem sie Franziska in den Raum mit dem Ultraschallgerät geführt hatte.

      Franziska bedankte sich bei ihr für ihre Fürsorge, lehnte ihre Krücken an den Stuhl neben der Liege und setzte sich vorsichtig hin. Inzwischen hatte sie das Gefühl, dass die rechte Hälfte ihrer Hüfte komplett angeschwollen war. Lorenz hatte recht, kurz nach dem Unfall hatte das Adrenalin verhindert, dass sie die Schmerzen in ihrer ganzen Stärke wahrnehmen konnte.

      »Da schau her, die Frau Lehrerin. Kaum da und schon hockt sie im Behandlungszimmer.« Die Mittsechzigerin im hellen Trachtenkostüm hatte sich einen Becher Wasser am Wasserspender im Empfangsbereich geholt und Franziska im Ultraschallzimmer entdeckt, dessen Tür offenstand.

      »Ich habe mich nicht vorgedrängt, Frau Meier, ich hatte gerade einen Unfall«, verteidigte sich Franziska, als Gusti Meier sich mit dem Wasserbecher in der Hand im Türrahmen aufbaute.

      »Freilich, schon wieder ein Unfall. So kommt man auch durchs Leben. Ein Unfall und eine Krankschreibung nach der anderen. Aber was soll es, Sie sind ja Beamtin und werden bezahlt, egal, ob Sie arbeiten oder nicht. Andererseits ist es auch ganz gut, wenn Sie nicht so bald an die Schule zurückkommen, dann können Sie nicht gleich wieder den nächsten Kindern die Zukunft zerstören.«

      »Wieso denn die Zukunft zerstören? Falls Sie damit die sechs in Mathe und die fünf in Sport meinen, die ich Ihrem Enkel geben musste, habe ich ihm damit nicht die Zukunft zerstört. Er geht erst in die sechste Klasse.«

      »Dank Ihnen, zum zweiten Mal. Wissen Sie eigentlich, wie demütigend das für ein Kind ist, die Klasse zu wiederholen, während die Freunde versetzt werden?«

      »Ich hatte keine Wahl, seine Leistungen waren einfach nicht gut genug«, versuchte Franziska, Gusti Meier erneut klar zu machen, was sie ihr in den letzten Wochen bereits einige Male gesagt hatte.

      »In unserer Familie sind alle Männer Buchhalter,


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