Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie. Georg Ebers

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Gesammelte Werke: Historische Romane, Märchen, Abenteuerromane & Autobiografie - Georg Ebers


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Starke vom rechten Wege ableiten.

      Pentaur wies die Vorwürfe des Greises zornig zurück, nannte sie unwürdig seines Alters, Standes und Namens und kehrte ihm, damit der Ingrimm ihn nicht übermanne, den Rücken; aber der Horoskop befahl ihm zu bleiben und verhörte in seiner Gegenwart die Priester, welche den Dichter einstimmig beschuldigten, außer Bent-Anat noch ein anderes unreines Weib in den Tempel geführt und den sich gegen solchen Frevel auflehnenden Pförtner ausgestoßen und in's Gefängniß geworfen zu haben.

      Der Horoskop befahl den »Gemißhandelten« zu befreien.

      Pentaur setzte dieser Verordnung Widerstand entgegen, machte sein Recht, hier zu befehlen, geltend, und forderte den Horoskopen mit bebender Stimme auf, den Tempel zu verlassen.

      Da zeigte ihm Septah Ameni's Ring, durch welchen ihn dieser, während er sich in Theben aufhielt, zu seinem Bevollmächtigten gemacht hatte, entsetzte den Dichter seiner Würde, befahl ihm aber, bis auf Weiteres das Heiligthum nicht zu verlassen, und wandte dem Hatasutempel den Rücken.

      Pentaur hatte sich vor dem Ringe seines Meisters schweigend verneigt und sich dann in das Beichtzimmer, in welchem er Bent-Anat begegnet war, zurückgezogen. Er fühlte sich in seinen Grundfesten erschüttert, seine Gedanken kreuzten, seine Gefühle bekämpften einander, ihn fröstelte und wenn er das Gelächter der Priester und des Pförtners, die über ihren leichten Sieg triumphirten, vernahm, so schrak er zusammen wie ein Entehrter, der sein Brandmal im Spiegel erblickt.

      Aber nach und nach fand er sich selbst wieder, begann seine Seele sich zu klären, und als er das stille Beichtzimmer verließ, um nach Osten zu schauen, wo sich am jenseitigen Ufer des Nil der Palastbau erhob, in welchem Bent-Anat weilte, da erfüllte ihn tiefe Verachtung gegen seine Feinde, da durchströmte ihn das stolze Gefühl der frischen Manneskraft. Er verhehlte sich nicht, daß er Feinde besitze, daß eine Zeit der Kämpfe für ihn beginne, aber er sah ihnen entgegen wie ein junger Held dem Morgen seines ersten Schlachtentages.

      Fünfzehntes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Schon begannen die Nachmittagsschatten länger zu werden, als sich ein prächtiger Wagen der Pforte des Terrassentempels näherte.

      Paaker, der Wegeführer des Königs, stand auf ihm und lenkte seine edlen und feurigen syrischen Rosse. Hinter ihm stand sein alter äthiopischer Sklave und seine große Dogge folgte mit lechzender Zunge dem schnellen Gespanne.

      In der Nähe des Tempelthores ward er angerufen und hemmte den Lauf seiner Pferde. Ein winziges Männchen eilte ihm entgegen, und als er in demselben den Zwerg Nemu erkannt hatte, rief er unwillig:

      »Um Deinetwillen, Knirps, unterbrech' ich meine Fahrt. Was willst Du?«

      »Dich bitten,« sagte der Kleine, indem er sich demüthig verneigte, »mich, wenn Du Deine Geschäfte in der Todtenstadt beendet hast, mit hinüber zu nehmen nach Theben.«

      »Du bist der Zwerg des Rosselenkers Mena?« fragte der Wegeführer.

      »Mit nichten,« gab Nemu zurück, »ich gehöre seiner verlassenen Gattin, der Herrin Nefert. Ich kann mit meinen kleinen Beinen den Weg nur langsam verzehren, während die Hufe deiner Rosse ihn verschlingen, wie ein Krokodil seine Beute.«

      »Steig' auf,« befahl Paaker. »Bist Du zu Fuß in die Todtenstadt gekommen?«

      »Nein, Herr,« antwortete Nemu, »zu Esel; aber ein Dämon ist in das Vieh gefahren und hat es mit Krankheit geschlagen. Mitten auf dem Wege mußt' ich's liegen lassen. Die Thiere des Anubis werden heute besser zu Abend essen als wir.«

      »Es soll nicht eben reichlich hergehen bei Deiner Herrin?« fragte der Wegeführer.

      »Brod haben wir noch,« gab Nemu zurück, »und der Nil ist voll Wasser. Viel Fleisch ist nicht nöthig für Frauen und Zwerge, aber unser letztes Vieh nimmt eine Gestalt an, die für menschliche Zähne zu hart ist.«

      Der Wegeführer verstand nicht den Scherz des Zwerges und schaute ihn fragend an.

      »Es wird zu Geld,« sagte der Kleine, »und das läßt sich nicht kauen; bald aber wird auch das fort sein und dann gilt es, ein Rezept zu finden, aus Erde, Wasser und Palmenblättern nahrhafte Kuchen zu backen. Mir kann es gleich sein; ein Zwerg braucht nicht viel; aber die arme, zarte Herrin!«

      Paaker peitschte seine Pferde mit einem so heftigen Geißelhiebe, daß sie sich hoch aufbäumten und es seiner ganzen Kraft bedurfte, ihr Feuer zu bändigen.

      »Du wirft den Pferden die Kinnladen zerbrechen,« mahnte der alte Sklave hinter dem Wegeführer. »Schade um das schöne Vieh.«

      »Hast Du es zu zahlen?« herrschte Paaker. Dann wandte er sich wiederum an den Zwerg und fragte erregt: »Warum läßt Mena die Frauen darben?«

      »Er liebt seine Hausfrau nicht mehr,« erwiederte der Zwerg, indem er betrübt die Augen niederschlug. »Bei der letzten Beutevertheilung schlug er Gold und Silber aus und nahm dafür fremde Weiber in sein Zelt. Böse Dämonen haben ihn verblendet, denn wo lebte eine Frau, die schöner wäre als Nefert!«

      »Du liebst Deine Herrin?«

      »Wie meine Augen.«

      Während dieses Gespräches waren die Beiden bei dem Terrassentempel angelangt. Paaker warf dem Sklaven die Zügel zu, befahl ihm, mit Nemu zu warten, und wandte sich an den Pförtner, um ihm seinen mit einer Hand voll Geld unterstützten Wunsch, zu dem Vorsteher des Tempels, Pentaur, geführt zu werden, vorzutragen.

      Der Thürhüter ließ ihn, indem er mit einer flüchtigen Handbewegung ein Weihrauchbecken vor ihm hin und her schwenkte, in das Heiligthum ein und sagte:

      »Du wirst ihn auf der dritten Terrasse finden; aber unser Vorsteher ist er nicht mehr.«

      »So nannten sie ihn doch im Setihause, woher ich komme,« gab Paaker zurück.

      Der Pförtner zuckte spöttisch lächelnd die Achseln und mit den Worten: »Man steigt den Palmbaum rasch hinan und fällt noch schneller hinunter,« ließ er den Fremden von einem Tempeldiener zu Pentaur führen.

      Dieser Letztere erkannte den Mohar sogleich, fragte nach seinem Begehr und erfuhr, daß er gekommen sei, um ein wunderbares Traumgesicht von ihm deuten zu lassen.

      Paaker erklärte, ehe er zu erzählen begann, daß er diesen Dienst nicht umsonst verlange; und als er wahrnahm, daß sich des Priesters Züge verfinsterten, fügte er hinzu: »Ich werde eurer Göttin ein schönes Opferthier senden, wenn Deine Deutung mir Günstiges verheißt.«

      »Und im entgegengesetzten Falle?« fragte der Dichter, welcher im Setihause niemals das Geringste mit den Zahlungen der Beter und den Gaben der Frommen zu thun gehabt hatte.

      »So schick' ich einen Hammel,« antwortete Paaker, dem der feine aus den Worten des Dichters herausklingende Spott entging und auch die Gaben der Gottheit je nach ihrem Werthe für seine Person zu zahlen gewohnt war.

      Pentaur dachte an das Urtheil, welches der alte Gagabu vor zwei Abenden über den Mohar gefällt hatte, und es gefiel ihm zu prüfen, wie weit die Verblendung dieses Mannes gediehen sei. Darum fragte er, indem er ein Lächeln unterdrückte:

      »Und wenn ich Dir nun nichts eben Schlechtes, aber auch nichts vollkommen Gutes voraussagen kann?«

      »Eine Antilope und vier Gänse,« erwiederte Paaker schnell.

      »Aber wenn ich nun gar nicht Willens wäre, Dir zu Diensten zu sein?« fragte Pentaur. »Wenn ich nun dächte, es sei unwürdig eines Priesters, die Götter je nach den Graden ihrer Huld gegen den Einzelnen bezahlen zu lassen, wie bestechliche Beamte, wenn ich nun – und ich kenne Dich von der Schulbank her – Dir, und gerade Dir zeigen möchte, daß es Dinge gibt, die sich nicht mit ererbtem Gelde erkaufen lassen?«

      Der Wegeführer trat überrascht und ingrimmig zurück; Pentaur aber fuhr gelassen fort:

      »Ich stehe


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