James Bond 15: Colonel Sun. Robert Markham

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James Bond 15: Colonel Sun - Robert Markham


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er antwortete, nahm Bond seinen Scotch mit Soda von dem Silbertablett, das auf einem niedrigen Tisch zwischen den beiden Männern stand. Er hatte sein Herz stählen müssen, um das Tablett aus der Küche mitzunehmen, wo Hammond es wie an den vergangenen Dienstagen schon für seine Ankunft bereitgestellt hatte.

      »Das würde zu der Flughafentheorie passen.« Bond nahm einen großen, dankbaren Schluck. »Es wäre schon ein Risiko, mit M durch die Passkontrolle zu gehen und ihn, falls nötig, als ›nicht ganz auf der Höhe‹ auszugeben oder was auch immer sie sich dafür überlegt haben. Vermutlich wäre es ein noch größeres Risiko gewesen, wenn sie es geschafft hätten, mich dazu zu bringen, dass ich mich der Truppe anschließe. Oder nicht? Egal, das spielt jetzt keine Rolle. Wichtig ist nur eins: Ganz gleich, wie groß das Risiko war, sie waren in der Lage, sich bis ins kleinste Detail darauf vorzubereiten. Aber eine Sache haben sie nicht vorausgeahnt: Ein Mann, der offensichtlich gerade einen ernsthaften Kampf hinter sich hat, wäre genau das, was die gefährliche Aufmerksamkeit der Behörden auf sie gelenkt hätte. Ja, das passt. Und dennoch …«

      Tanner warf ihm einen stummen Blick zu und suchte umständlich nach einer Zigarette.

      »Ich werde einfach das Gefühl nicht los, dass da noch etwas anderes im Spiel ist. Irgendein zusätzlicher Punkt. Warum sollten sie ihn denn dann hierlassen? Damit haben sie uns weiß Gott wie viele Informationen auf dem Silbertablett präsentiert. Man sollte doch erwarten, dass sie zumindest versuchen würden, die Leiche zu verstecken.«

      »Sie hatten keine Zeit dafür«, gab Tanner mit einem Blick auf seine Uhr zu bedenken. »Diese ganze Aktion muss auf die Minute geplant gewesen sein. Und da wir gerade von Zeit sprechen, wann lassen die endlich dieses verdammte Telefon reparieren? Wir sollten besser anfangen …«

      »Das hat keine Eile. Ich wünschte, es wäre anders. Da vor einer Stunde oder länger der Schichtwechsel stattgefunden hat, wird Spence’ Aufgabe nicht leicht sein. Er muss all die Leute aufstöbern, die vorhin im Dienst waren. Und die Sicherheitsbelegschaft ist winzig. Sie werden voll und ganz damit beschäftigt sein, die Beschreibungen an all die anderen Flughäfen weiterzuleiten. Und außerdem …«

      Ein Constable in einem kurzärmeligen Hemd klopfte und trat ein. »Das Telefon ist wieder in Ordnung, Sir«, sagte er. »Und der Sicherheitsdienst des Londoner Flughafens wurde wie von Ihnen gewünscht informiert.«

      »Danke.« Sobald der Mann gegangen war, stellte Bill Tanner sein Glas mit einem lauten Knall ab. »Das ist ohnehin alles hoffnungslos«, stieß er mit plötzlicher Heftigkeit hervor. »Wir sollten uns in Bewegung setzen, James. Jede wichtige Person muss versammelt und über diese Angelegenheit informiert werden, und zwar schnell. Warum trödeln wir hier noch herum?«

      »Wenn wir uns bewegen, sind wir nicht mehr in der Nähe des Telefons. Und wir müssen sichergehen, dass wir auf dieser Seite keine Spuren übersehen. Die Polizei wird sie finden, falls es welche gibt. Dieser Inspector Crawford ist ein fähiger Bursche. Und was meinen Sie überhaupt mit hoffnungslos? Wir haben doch die Häfen informiert und …«

      »Hören Sie, James.« Tanner stand auf und fing an, auf dem abgewetzten Axminster-Teppich auf und ab zu gehen. Er schaute wieder auf seine Uhr. »Sie haben jetzt etwa vier Stunden Vorsprung …«

      Bond atmete langsam ein und biss sich hart auf die Unterlippe. »Verdammt, Sie wissen ja nicht, wie sehr ich mir wünsche …«

      »Seien Sie kein Narr, Mann. Niemand hätte mehr tun können als Sie. Reißen Sie sich zusammen und hören Sie mir zu.«

      »Tut mir leid, Bill.«

      »So ist es besser. Also. Vier Stunden. Sie haben sicher nicht mit sehr viel mehr gerechnet, egal, was passieren würde. Sie haben das Ganze bestimmt so knapp wie möglich geplant. Wenn sie ihn per Flugzeug außer Landes geschafft haben, wären sie in weniger als einer Stunde in der Luft gewesen, da der Flughafen ja ganz in der Nähe liegt. Es dauert höchstens eine weitere Stunde bis Orly oder Amsterdam, oder heutzutage sogar bis nach Marseille – und sie müssen an einen vergleichsweise nahen Ort geflogen sein. Sie hätten es nicht gewagt, sechs oder acht Stunden im Transit zu verbringen und damit zu riskieren, dass sie am anderen Ende von den falschen Leuten abgefangen werden … Also gut. Das sind zwei Stunden. Eine weitere halbe Stunde am Flughafen für Zoll- und Passkontrolle. Mittlerweile könnten sie sich etwa hundertzehn bis hundertdreißig Kilometer von ihrem Landepunkt entfernt befinden, nicht wahr? Oder draußen auf dem Meer?«

      »Woher wollen Sie wissen, dass sie nicht in Ostberlin sind?«, fragte Bond tonlos. »Oder bereits auf halbem Weg nach Moskau?«

      »Keine Ahnung.« Mit zitternden Fingern zündete sich Tanner eine weitere Zigarette an und fuhr sich mit einer Hand durch sein schütteres graues Haar. »Es klingt nicht nach denen. So Spiele treiben die nicht mehr. Zumindest glaube ich das. Aber vielleicht hoffe ich das auch nur.«

      Bond hatte dazu nichts zu sagen.

      »Vielleicht haben sie ihn gar nicht außer Landes gebracht. Möglicherweise ist das ihre beste Chance. Sie verstecken sich einfach mit ihm in Westmorland oder sonst wo und ziehen ihren Plan von einem verfallenen Cottage aus durch. Wie auch immer dieser verdammte Plan aussehen mag. Wir werden es zweifellos herausfinden, sobald sie es wollen. Wir sind erledigt, James. Wir haben ihn verloren.«

      Das Telefon klingelte laut in seiner Nische im Flur (M hätte das verhasste Gerät niemals in Sichtweite aufgestellt). Tanner sprang auf. »Ich gehe dran. Bleiben Sie ganz ruhig.«

      Bond lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und lauschte mit einem Ohr dem unterbrochenen Brummen von Tanners Stimme in der Nische. Die gedämpften Geräusche der arbeitenden Polizisten, ihre bedächtigen Schritte, klangen falsch und unmelodisch. Das Arbeitszimmer, in dem Bond saß – er bemerkte nun zum ersten Mal Ms alte Tabakspfeife, die in einem kupfernen Aschenbecher lag –, wirkte auf ihn sogar noch museumsartiger als zuvor. Es war, als hätte M es nicht vor Stunden, sondern vor Wochen oder Monaten verlassen. Es war eher ein vergessenes Bühnenbild als ein Museum. Bond hatte das beunruhigende Gefühl, dass sich die scheinbare Steinwand nach außen wölben und als Leinwand herausstellen würde, wenn er aufstehen und mit seiner Hand dagegen drücken würde.

      Tanners plötzliche Rückkehr riss Bond aus seiner Trance – offenbar befanden sich noch immer Spuren der Droge in seinem Kreislauf. Das Gesicht seines Freundes war ernst und abgehärmt. Er sah schrecklich aus.

      »Tja, James, ich hatte fast recht. Ein toller Trost.« Dann machte er sich wieder daran, auf dem Teppich auf und ab zu gehen. »Shannon. Sie sind um zwanzig vor neun mit dem Aer-Lingus-Flug 147A abgereist. Die Mitarbeiter, die zu dieser Zeit Dienst hatten, erinnern sich gut an sie. Die ganze Aktion war bis ins kleinste Detail durchgeplant – ein Muster vorangegangener Reisen, an denen angeblich dieselben vier Personen teilgenommen hatten, eine auf die Sekunde abgepasste Ablenkung, das volle Programm. Ich frage mich, was sie für Sie und unseren Freund in der Eingangshalle geplant hatten. Wie dem auch sei …

      Sie sind etwa gegen halb zehn in Shannon gelandet. Das war vor … fast zweieinhalb Stunden, als Sie noch ziellos durch diesen Wald gewandert sind. Also sind sie jetzt weg. Sie wurden in Shannon mit einem Auto abgeholt und weiß der Himmel wohin gefahren. Ich kenne die Küste dort ein wenig. Vermutlich wollten sie zu einer der vielen Hundert abgelegenen kleinen Buchten. Diese Küste muss die einsamste in ganz Westeuropa sein. Danach … können Sie genauso gut würfeln, was passiert ist. Entweder sind sie mit einem Boot zu einem Schiff gerudert oder meinetwegen auch zu einem U-Boot – diese Angelegenheit scheint auf jeden Fall von dieser Größenordnung zu sein. Dann haben sie sich gute hundert Kilometer weit draußen auf dem Atlantik mit einem Flugschiff getroffen. Und jetzt könnten sie sich überall auf der Welt befinden.

      Das sind also die Tatsachen«, beendete Tanner seine Ausführungen. »Wir werden die irische Küstenwache und Marine informieren. Sie sollen besonders wachsam sein. Das wird sehr hilfreich sein. Und wir schicken noch heute Nacht einen Mann dorthin. Er wird uns ebenfalls eine große Hilfe sein. Und dann sind da noch die diversen Parteien in London, denen wir zumindest mitteilen können, dass sie sich versammeln sollen. Kommen Sie, James, gehen wir ein bisschen telefonieren. Viel mehr können wir hier nicht tun. Dieses Haus


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