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ein bißchen scheu. Kröten von verschiedener Farbe und Größe hüpften über das Gras‚ als ob es ihnen gehörte. Grüne Eidechsen‚ die in Puddleby sehr selten waren‚ saßen im Sonnenschein auf den Steinen und blinzelten uns an. Ja‚ selbst Schlangen sah man.

      „Du brauchst dich nicht vor ihnen zu fürchten“‚ sagte der Doktor‚ der bemerkt hatte‚ daß ich etwas ängstlich wurde‚ als sich eine große Schlange gerade vor uns über den Weg schlängelte. „Diese Schlangen sind nicht giftig‚ sie tun viel Gutes‚ indem sie manches Gartenübel unterdrücken. Abends spiel ich ihnen manchmal auf der Flöte vor. Das haben sie sehr gern. Sie richten sich auf und machen unendlich viel Wesens davon. Komisch‚ ihr Sinn für Musik.“

      „Warum kommen alle diese Tiere hierher und leben hier?“ fragte ich‚ „ich habe noch niemals einen Garten mit so viel Tieren gesehen.“

      „Ich glaube‚ weil sie hier das Futter bekommen‚ das sie gern haben‚ und weil niemand sie quält und stört‚ und dann kennen sie mich natürlich auch. Und wenn eins von ihnen oder ihren Kindern krank ist‚ finden sie es sicherlich sehr bequem‚ in eines Doktors Garten zu wohnen. Sieh nur einmal den Sperling dort auf der Sonnenuhr‚ der auf die Schwarzdrossel herabschimpft. Er kommt seit vielen Jahren jeden Sommer hierher. Er ist aus London. Die Feldsperlinge von Puddleby lachen ihn aus. Sie sagen: er zwitschert Londoner Dialekt. Er ist der ulkigste Vogel‚ den ich kenne‚ tapfer‚ aber frech. Streit liebt er über alles‚ und zum Schluß wird er immer unverschämt. Er ist ein richtiger Stadtvogel. In London lebt er bei der St. Pauls-Kathedrale. Wir nennen ihn Schandschnabel.“

      „Kommen alle diese Vögel aus unserer Gegend?“ fragte ich.

      „Die meisten ja“‚ sagte der Doktor‚ „aber jedes Jahr besuchen mich ein paar seltene Vögel‚ die sonst nie nach England kommen. Zum Beispiel der hübsche kleine Kerl‚ der dort über der Löwenmaulblüte lauert‚ ist ein rotbrüstiger Kolibri. Er kommt aus Amerika. Genau genommen hat er überhaupt nichts in diesem Klima zu suchen — es ist viel zu kalt für ihn. Nachts laß ich ihn darum in der Küche schlafen. Im August‚ ungefähr in der letzten Woche des Monats‚ kommt ein purpurner Paradiesvogel den ganzen Weg hergeflogen‚ um mich zu besuchen. Er ist ein sehr vornehmer Vogel. Aber komm‚ jetzt muß ich dir den Zoo zeigen.“

      10. Kapitel

      DES DOKTORS ZOO

      Ich glaubte‚ ich hätte alles in diesem Garten gesehen‚ was es gab‚ aber der Doktor nahm mich beim Arm und ging mit mir einen kleinen engen Pfad entlang. Nach vielen Biegungen‚ Drehungen und Krümmungen standen wir vor einer kleinen Tür in einer großen steinernen Mauer. Der Doktor stieß sie auf. Hier begann noch ein anderer Garten. Ich hatte erwartet‚ Käfige mit Tieren zu finden — aber statt dessen gab es hier und da kleine Häuser‚ und jedes Haus hatte ein Fenster und eine Tür. Als wir den Garten betraten‚ öffneten sich viele Türen‚ und Tiere‚ die augenscheinlich Futter erwarteten‚ kamen auf uns zugelaufen.

      „Haben die Türen keine Schlösser?“ fragte ich.

      „O ja‚ jede Tür hat ein Schloß‚ aber in meinem Zoo sind die Türen von innen zu öffnen‚ nicht von außen. Die Schlösser sind nur daran‚ damit die Tiere sich einschließen können‚ wann immer sie von anderen Tieren und von den Leuten‚ die hierher kommen‚ belästigt werden. In diesem Zoo bleibt jedes Tier‚ weil es mag‚ und nicht‚ weil es muß.“

      „Sie sehen alle sehr glücklich und sauber aus — könnten Sie mir vielleicht von einigen sagen‚ wie sie heißen?“

      „Gern. Die beiden kleinen Tiere‚ die im Teich ihre Possen treiben‚ sind russische Nerze — mir fällt ein‚ heute schließen die Geschäfte früh‚ und ich muß noch am Vormittag zur Stadt gehen‚ um ihnen ein paar Heringe zu holen. Das Tier‚ das gerade aus seinem Haus tritt‚ ist eine Antilope‚ eine von den kleineren südafrikanischen Arten‚ und das Tier mit dem Panzer auf dem Rücken ist ein südamerikanischer Armadillo. Nun wollen wir zu dem Gebüsch hinübergehen‚ da werde ich dir noch mehr zeigen.“

      „Sind das dort drüben Rehe?“ fragte ich.

      „Rehe?“ fragte der Doktor‚ „wo denn?“

      „Drüben“‚ erwiderte ich und wies mit den Fingern hin‚ „die dort den Grasstreifen am Blumenbeet abknabbern — dort die zwei.“

      „Ach so“‚ sagte der Doktor lächelnd‚ „das sind nicht zwei Tiere. Das ist ein Tier mit zwei Köpfen‚ das einzige zweiköpfige Tier der Welt. Es heißt Stoßmich-Ziehdich. Ich habe es aus Afrika mitgebracht. Es ist sehr zahm und eine Art Nachtwächter für den Zoo. Es schläft nur mit einem Kopf auf einmal‚ und der andere bleibt die ganze Nacht über wach.“

      „HabenSie hier auch Löwen und Tiger?“ fragte ich‚ als wir weitergingen.

      „Nein“‚ sagte der Doktor‚ „es wäre nicht möglich‚ sie hier zu halten — selbst wenn idi’s könnte‚ würde ich’s nicht tun. Wenn’s nach mir ginge‚ Stubbins‚ würde es nicht einen gefangenen Löwen oder Tiger in der ganzen Welt geben. Sie gewöhnen sich niemals daran. Sie werden hier niemals glücklich‚ sie denken immer an die großen Länder‚ die sie verlassen haben. Man kann es ihnen von den Augen ablesen. Stets träumen sie von den riesigen weiten Ebenen‚ in denen sie geboren sind‚ von den dichten‚ dunklen Dschungeln‚ wo ihre Mutter sie zuerst gelehrt hat‚ den Hirsch zu wittern und seine Fährte zu verfolgen. Und was kriegen sie dafür . . .?“ fragte der Doktor‚ blieb stehen und wurde ganz rot und zornig‚ „was gibt man ihnen für die Pracht eines afrikanischen Sonnenaufgangs‚ für den Abendwind‚ der durch die Palmen weht‚ für die grünen Schatten der verflochtenen und verschlungenen Ranken‚ für die Kühle der großen sternbesäten Nächte‚ für das Gemurmel des Wasserfalls nach der Jagd eines harten Tages — was gibt man ihnen für das alles? Einen nackten Käfig mit eisernen Stäben‚ ein häßliches Stück totes Fleisch‚ das ihnen einmal am Tage hineingeschoben wird‚ und eine Menge von Narren‚ die sie mit offenen Mäulern anstarren. Nein‚ Stubbins‚ Löwen und Tiger‚ diese großen Jäger sollte man nie in einem Zoo sehen.“ Der Doktor schien sehr ernst‚ fast traurig geworden zu sein‚ aber plötzlich veränderte er sich wieder und nahm mich mit dem alten freundlichen Lächeln beim Arm.

      In diesem Augenblick kam Polynesia zu uns geflogen und sagte: „Doktor‚ an der Hintertür stehen zwei Meerschweinchen. Sie sagen‚ sie seien ihren kleinen Herren fortgelaufen‚ weil sie kein richtiges Futter bekommen hätten. Sie möchten wissen‚ ob du sie aufnehmen willst.“

      „Gern“‚ sagte der Doktor‚ „zeig ihnen den Weg zum Zoo und gib ihnen das Haus links an der Tür‚ das der schwarze Fuchs gehabt hat‚ nenn ihnen die Aufnahmebedingungen und reich ihnen eine gute Mahlzeit. Nun‚ Stubbins‚ wollen wir ins Aquarium gehen‚ und zu allererst will ich dir meinen großen Seewasserbehälter zeigen‚ worin ich das kleine Schalentier aufbewahre.“

      11. Kapitel

      MEINE LEHRERIN POLYNESIA

      Ihr könnt euch denken‚ daß dann nicht viele Tage vergingen‚ an denen ich meinen neuen Freund nicht besuchte. Tatsächlich war ich nun jeden Tag bei ihm‚ so daß mich meine Mutter eines Abends im Spaß fragte‚ ob ich nicht mein Bett mit hinübernehmen und ganz in des Doktors Haus wohnen wollte. Mit der Zeit erwies ich mich dem Doktor ganz nützlich. Ich fütterte seine Lieblingstiere‚ half ihm neue Häuser und Zäune für den Zoo machen‚ assistierte ihm bei den kranken Tieren und verrichtete Gelegenheitsarbeiten aller Art. Mir machte es ein ungeheures Vergnügen — es war‚ als lebte ich in einer neuen Welt; aber ich glaube‚ auch der Doktor hätte mich vermißt‚ wenn ich nicht so oft gekommen wäre.

      Überall‚ wohin ich auch ging‚ begleitete mich Polynesia und lehrte mich die Vogelsprache und die Zeichensprache der Tiere. Zuerst dachte ich‚ ich würde das nie lernen können‚ so schwer erschien es mir; aber der alte Papagei war sehr geduldig mit mir‚ obgleich ich manchmal merkte‚ daß es ihm schwer fiel‚ nicht aufzubrausen.

      Bald


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