Was nun?. Osho
Читать онлайн книгу.Diese Notwendigkeit ist absolut selbstsüchtig, mit einem Hintergedanken. Es gibt ein Ziel zu erreichen.
„Dienen“ ist ein schmutziges Wort, eine Beleidigung. Du solltest es nicht verwenden. Natürlich kannst du mit anderen etwas teilen, aber du solltest nie jemanden erniedrigen, indem du ihm „dienst“. Das ist eine Form von Erniedrigung. Wenn du jemandem dienst und dich selber großartig dabei fühlst, degradierst du den anderen und machst ihn zum Untermenschen. Dann fühlst du eine solche Überlegenheit, dass du sogar deine eigenen Interessen zurückstellst, um „den Armen zu dienen“. Aber eigentlich erniedrigst du sie damit.
Wenn du etwas hast, das dir selber Freude, Frieden und Ekstase bringt, dann teile es mit anderen. Und denke daran: Wenn du etwas teilst, dann geschieht es ohne Hintergedanken. Ich sage nicht, dass du in den Himmel kommen wirst, wenn du mit anderen teilst. Ich gebe dir kein Ziel. Ich sage nur, dass es dir eine enorme Befriedigung geben wird, wenn du mit anderen teilst.
Die Befriedigung liegt im Teilen selbst, ohne Hintergedanken. Teilen ist nicht an einem Ziel orientiert; es ist sich selbst genug. Du bist dem anderen dankbar, weil er bereit war, mit dir zu teilen, aber du hast nie das Gefühl, der andere müsse dir dankbar sein. Du hast ihm keinen „Dienst“ erwiesen.
Nur Menschen, die an das Teilen statt an das Dienen glauben, werden all die hässlichen Gelegenheiten zum Dienen, die es rund um die Welt gibt, beseitigen können. Alle Religionen haben diese Gelegenheiten für sich ausgebeutet und haben dabei ihrem Tun schöne Namen gegeben. Im Laufe der Jahrtausende sind sie sehr effizient darin geworden, hässlichen Realitäten einen schönen Namen zu geben. Sobald aber jemand anfängt, einer hässlichen Sache einen schönen Namen zu geben, vergisst er selbst nur allzu leicht, dass es nur ein Deckmantel ist. Die innere Realität bleibt genau die gleiche.
Alle diese Probleme können gelöst werden. Es besteht kein Bedarf an Dienern der Öffentlichkeit, an Missionaren und dergleichen. Was wir brauchen, ist, dass die Probleme und ihre Lösungsmöglichkeiten mit mehr Intelligenz angegangen werden.
Darum propagiere ich die Selbstsucht. Ich möchte, dass jeder von euch in erster Linie zu seinem eigenen Erblühen kommt. Gewiss, das wird den Anschein haben, als wäret ihr selbstsüchtig. Gegen diesen Anschein habe ich nichts; für mich ist das in Ordnung. Ist denn die Rose selbstsüchtig, wenn sie erblüht? Ist der Lotus selbstsüchtig, wenn er erblüht? Ist die Sonne selbstsüchtig, wenn sie scheint? Weshalb solltest du dir über Selbstsucht den Kopf zerbrechen?
Du bist auf diese Welt gekommen – deine Geburt ist nur eine Chance, ein Potenzial, erst der Anfang, aber nicht das Ziel. Du sollst zum Blühen kommen. Verschwende dein Leben nicht mit dummen Diensten irgendwelcher Art. Deine erste und allerwichtigste Verantwortung besteht darin, zu erblühen und vollkommen wach, achtsam und bewusst zu werden. In diesem Bewusstsein wirst du fähig sein, zu sehen, was du mit anderen teilen und wie du die anstehenden Probleme lösen kannst.
Neunundneunzig Prozent aller Probleme dieser Welt lassen sich lösen. Vielleicht ein Prozent der Probleme lässt sich nicht lösen. Du kannst mit diesen Menschen teilen, was immer du teilen kannst – aber zuerst musst du etwas zu teilen haben.
Ich beginne zu sehen, was für eine große Rolle die Habgier in meinem Leben spielt – und das Leiden, das sie mit sich bringt. Könntest du bitte etwas mehr Licht darauf werfen, was diese Sache namens Habgier eigentlich ist, woher sie kommt, und mir vielleicht ein paar Werkzeuge für den Umgang mit ihr geben?
Einfach das Wesen der Habgier zu verstehen, ist ausreichend. Du brauchst nichts anderes zu tun, um sie loszuwerden. Allein durch das Verstehen klärt sich die ganze Verwirrung.
Du bist erfüllt, wenn du mit dem Universum in Harmonie bist. Wenn du nicht mit dem Universum in Harmonie bist, fühlst du dich leer, völlig leer. Und aus dieser Leere entsteht die Habgier. Die Habgier dient dazu, diese Leere zu füllen – mit Geld, Häusern, Möbeln, mit Freunden, Liebhabern, mit allem Möglichen, weil du als Leere nicht leben kannst. Sie ist beängstigend, sie führt ein Schattendasein. Wenn du leer und von nichts erfüllt bist, ist das Leben unmöglich.
Um ein Gefühl innerer Fülle zu haben, gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder kannst du versuchen, in Harmonie mit dem Universum zu kommen, dann bist du erfüllt vom Ganzen – von all den Blumen und all den Sternen. Sie sind genauso in deinem Inneren wie außerhalb von dir. Das ist die wahre Erfüllung. Versuchst du das aber nicht – und Millionen von Menschen versuchen es nicht –, dann ist es am leichtesten, die Leere mit wertlosem Zeug zu füllen.
Ich wohnte einmal bei einem Mann, der sehr reich war und ein schönes Haus hatte. Irgendwie begann er sich für meine Ideen zu interessieren. Er hatte einige meiner Vorträge gehört und lud mich ein, bei ihm zu wohnen. Er sagte: „Warum willst du so weit draußen wohnen, außerhalb der Stadt? Ich habe ein schönes Haus in der Stadt, und es ist so groß, dass du die eine Hälfte haben kannst. Ich will keine Miete, aber ich hätte gerne deine Anwesenheit in meinem Haus.“
Ich lebte in den Bergen außerhalb der Stadt, aber es war schwierig, von dort aus ständig zur Universität zu pendeln. Von seinem Haus war die Universität ganz nahe. Er hatte einen schönen Garten, und das Haus lag im besten Wohnviertel der Stadt. Also nahm ich seine Einladung an. Doch als ich das Haus betrat, traute ich meinen Augen nicht: Er hatte so viel Krempel gesammelt, dass gar kein Platz mehr zum Leben war! Das Haus war groß, aber seine Sammlung war noch größer. Und was für eine Sammlung absolut stupider Dinge! Er kaufte einfach alles, was er auf dem Markt finden konnte. Ich fragte ihn: „Was willst du mit all den Sachen anfangen?“
Er sagte: „Man weiß nie, vielleicht brauche ich sie eines Tages.“
Ich sagte: „Aber wo soll man denn in diesem Haus leben?“ So viele Möbel aus den verschiedensten Epochen … Als die Europäer Indien verließen, mussten sie alle ihre Sachen verkaufen. Dieser Mann konnte davon nie genug bekommen. Er war imstande, alles zu kaufen – lauter Dinge, die er gar nicht brauchte. In seiner Garage stand ein Auto nur herum, weil es alt und kaputt war. Ich fragte ihn: „Warum wirfst du es nicht weg? Dann hättest du mehr Platz …“
Er sagte: „Es sieht doch gut aus in der Garage.“ Alle Reifen waren platt. Es war zu nichts zu gebrauchen. Wenn man es einmal wegbewegen wollte, musste man es schieben. Es stand nur da und rostete vor sich hin. Er sagte: „Ich habe es sehr günstig bekommen. Es gehörte einer alten Frau, die hier Krankenschwester war, aber jetzt wieder in England ist.“
Ich sagte: „Wenn du schon ein Auto kaufen wolltest, hättest du wenigstens eines kaufen sollen, das fährt!“
Er sagte: „Ich habe kein Interesse am Autofahren. Mein Fahrrad genügt mir.“ Das Fahrrad war ebenfalls eine Kuriosität. Man wusste schon aus einem Kilometer Entfernung, wenn er kam – so einen Lärm machte es. Es hatte keine Kotflügel, kein Schutzblech. Es muss das älteste Fahrrad gewesen sein, das je produziert wurde. Und es hatte auch keine Klingel. Er sagte: „Wozu brauche ich eine Klingel? Es macht so viel Lärm, dass die Leute schon einen halben Kilometer vorher zur Seite gehen. Und es ist gut, es kann mir nicht gestohlen werden, weil sonst niemand damit fahren kann. Es ist mir schon zweimal gestohlen worden, aber der Dieb wurde sofort gefasst. Es macht einen solchen Krach, und jeder weiß, dass es mein Fahrrad ist. Ich kann es überall stehen lassen. Ich kann ins Kino gehen und brauche es nicht im Fahrradständer abzustellen, denn das kostet Geld. Ich kann es irgendwo hinstellen, und wenn ich zurückkomme, ist es immer noch da. Jeder weiß, dass es einfach zu viele Probleme macht. Darum lässt man es besser in Ruhe.“ Er sagte: „Es ist ein seltenes Exemplar.“
In seinem Haus gab es alle möglichen Dinge … kaputte Radios, die er irgendwo billig erstanden hatte. Er war ein Jaina, aber er hatte eine zerbrochene Statue von Jesus am Kreuz. Ich fragte ihn: „Wofür hast du denn das gekauft?“
Er sagte: „Die Frau, deren Auto ich kaufte, hat es mir umsonst gegeben. Sie hat es mir geschenkt. Ich glaube nicht an Jesus Christus, aber ein Kunstwerk konnte ich nicht ablehnen.“
Ich sagte zu ihm: „Wenn ich in diesem Haus wohnen soll, muss meine Hälfte leer sein.“ Und er war ganz froh darüber, alles zu übernehmen. Das Haus war schon so voll, dass man sich gar nicht darin bewegen