Der Ruul-Konflikt 15: Operation Himmelswolf. Stefan Burban

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Der Ruul-Konflikt 15: Operation Himmelswolf - Stefan Burban


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Kampflärm durch. Weitere Offiziere nahmen das Geräusch auf und stießen ebenfalls in ihre Pfeifen. Die Marines und TKA-Soldaten begaben sich in Stellung. Leitern wurden gegen die Wände gelehnt, Waffen und Ausrüstung ein letztes Mal überprüft und nicht wenige der Soldaten beteten.

      Manfred wartete angespannt. Seine Hände fühlten sich schwitzig an und er wischte sie an seinem Kampfanzug ab. Und dann – hörte das Trommelfeuer der Artillerie sowie der Luftangriffe wie aus heiterem Himmel einfach auf. Als hätten die Ruul nur darauf gewartet, stellten auch sie kurzzeitig das Feuer ein. Die aufkeimende Stille klang beinahe ohrenbetäubender, als es die niedergehenden Bomben und Granaten je vermocht hätten.

      Manfred stieß zweimal kurz in die Trillerpfeife. Marines und TKA-Soldaten gleichermaßen erhoben sich aus der Deckung, erklommen die Wände des Schützengrabens und gingen über das offene Feld zum Angriff über. In diesem Moment setzte das Trommelfeuer ruulanischer Artillerie wieder ein.

      Manfred hatte das Gefühl, die Hölle würde ihre Pforten öffnen, um sie alle zu verschlingen. Bereits in den ersten Minuten der Schlacht verlor allein seine Einheit an die hundert Mann. Panzer der Typen Goliath und Cherokee bewegten sich schwerfällig aus ihren Stellungen und setzten sich an die Spitze des Angriffs, um den Soldaten zumindest ein klein wenig Schutz zu bieten.

      Hunderttausend terranische Soldaten und das Doppelte an Til-Nara und Nerai bewegten sich den Bergrücken hoch. Sie hatten nur das eine Ziel vor Augen: die ruulanische Festung zu stürmen.

      Die Insektoiden hatten es wesentlich leichter. Mit ihren Flügeln zogen sie einfach über den Menschen hinweg, während diese sich schwerfällig durch den Schlamm kämpfen mussten.

      Nachdem die terranische Artillerie nun schwieg, bezogen die Ruul ihre Stellungen. Ein Hagel aus Blitzschleudern ging auf die Koalitionstruppen nieder. Insektoiden wurden zu Dutzenden vom Himmel geschossen, dann zu Hunderten. Das Geschütz eines Goliath-Panzers röhrte und stieß eine Stichflamme sowie eine Rauchwolke aus. Das Geschoss schlug in einen bereits angeschlagenen Bunker ein und füllte diesen mit Tod und Feuer. Die Ruul schrien in ihrer harten, gutturalen Sprache.

      Skull-Bomber zogen im Tiefflug über die angreifende Armee hinweg und ein Bombenhagel ging auf die ruulanischen Schützengräben nieder. Explosionen türmten sich Hunderte Meter in die Höhe auf. Rauchwolken bildeten nahezu undurchdringliche Schleier, durch den man den Feind eher erahnen denn wirklich sehen konnte. Ein Kugelblitz schlug in einen Marine ein, der direkt neben Manfred stand. Der Soldat ging mit einem qualmenden Loch in der Brust zu Boden. Er war bereits tot, noch bevor er den Morast berührte.

      Das doppelte Lasergeschütz eines Cherokee flammte auf und nahm einen ganzen Abschnitt unter Feuer. Was immer die Strahlen berührten, verwandelte sich zu Asche oder torkelte anschließend als lebende Fackel umher.

      Zwei Feuersalamander tauchten über der feindlichen Barrikade auf. Sie feuerten mehrere Salven ab und der Cherokee explodierte. Ihre Laserstrahlen schnitten durch eine Anzahl Soldaten und insektoide Krieger und zerteilten sie mühelos.

      Ein Raketentrupp der Marines ging in Stellung. Sie nahmen einen der Panzer aufs Korn und jagten ihm eine Rakete unter die Ketten, wo die Panzerung am schwächsten war. Das Gefährt flog in einer blendend hellen Detonation auseinander. Der andere zog sich wieder über die Begrenzung zurück.

      Manfred schwitzte heftig, während er seine Männer den Bergrücken hinaufführte. Er wusste, von der anderen Seite des Berges arbeitete sich eine ebenso große Armee zu den Ruul vor. Der Plan sah vor, die feindliche Festung von beiden Seiten anzugehen und sich dann oben zu treffen. Er hoffte, bei den anderen lief es besser als bei ihnen. Zu seiner Rechten wurden zwei Marines und ein TKA-Soldat von einer ruulanischen Granate zerfetzt. Ein weiterer blieb mit einer schweren Bauchwunde im Dreck liegen. Sofort war ein Sanitäter bei ihm und versorgte den armen Kerl notdürftig, bevor er sich daranmachte, ihn den Berg hinunterzutragen.

      Manfred konzentrierte sich auf den Weg voraus. Sie hatten es fast geschafft. Weniger als fünfzig Meter trennten sie von der vordersten ruulanischen Stellung. Der Feuersalamander tauchte noch einmal auf – genau vor ihm. Das Geschütz senkte sich und Manfred starrte für einen Moment direkt hinein. Er hielt inne. Ihm war klar, dass ihn nichts retten würde: weder ein beherzter Sprung zur Seite noch das flache Hinkauern im Dreck. Sobald der Feuersalamander schoss, war es das für ihn.

      Die Zeit dehnte sich schier endlos. Und mit einem Mal saßen zwei Dutzend Til-Nara auf dem Chassis. Mit ihren Lanzen rissen sie die Panzerung in ganzen Fetzen ab, bis sie das Innenleben erreichten. Sie stießen ihre Lanzen hinein und pumpten den Innenraum mit Energieimpulsen voll. Die Besatzung hatte nicht den Hauch einer Chance. Nach getaner Arbeit flogen sie einfach weiter. Dass sie gerade vielen Menschen – und nicht zuletzt Manfred – das Leben gerettet hatten, schien sie nicht zu kümmern.

      Es kümmerte aber Manfred. Ein eisiger Schauder lief ihm über den Rücken, als er das Wrack des Panzers einen Moment lang musterte. Das war äußerst knapp gewesen, wesentlich knapper, als er es gern gesehen hätte.

      Ein beinahe sanfter Stoß von DeGroot brachte ihn ins Hier und Jetzt zurück. Manfred setzte sich erneut in Bewegung. Die Streitmacht erreichte den ruulanischen Schützengraben und ergoss sich wie eine gewaltige Flut auf dessen Boden. Augenblicklich entbrannte ein Kampf Mann gegen Mann.

      Til-Nara und Nerai waren mit den Ruul bereits in Nahkämpfe verkeilt und stritten bis aufs Blut. Ein Ruul tauchte vor Manfred auf und schwang sein riesiges Sichelschwert. Manfred parierte mit seinem Bajonett und in einer gewagten Riposte stieß er seine Klinge tief in den Hals des reptilienhaften Kriegers.

      Dieser ließ sein Schwert fallen und griff sich an die heftig blutende Wunde. Manfred ging kein Risiko ein und stieß erneut zu, dieses Mal in den Bauch. Die Rüstung des Gegners leistete nur kurz Widerstand. Der Ruul ging zu Boden.

      Weitere Marines und TKA-Soldaten strömten in den Schützengraben. Die ruulanische Artillerie schwieg inzwischen. Manfred hoffte, für immer.

      Die Zeit während einer Schlacht war eine seltsame Angelegenheit. Man hatte immer das Gefühl, man würde bereits Tage kämpfen. Oder zumindest Stunden. Meistens waren es jedoch gerade mal Minuten.

      Manfred bildete da keine Ausnahme. Sein Bajonett hob und senkte sich im Gleichklang mit denen seiner Kameraden. Der Boden wurde getränkt gleichermaßen vom Blut von Ruul, Menschen und Insektoiden. Zweimal versuchten die Ruul, die Eindringlinge zurückzutreiben und den Berg wieder hinunterzuwerfen. Die Koalition jedoch fasste Fuß und hatte nicht die geringste Absicht, das eroberte Terrain aufzugeben. Sie waren nun hier und sie würden hier bleiben.

      Manfred erlitt eine oberflächliche Schnittwunde an der rechten Schulter und einen Streifschuss durch eine Blitzschleuder an der linken Hüfte. Aber er führte seine Marines immer weiter, immer tiefer in die feindlichen Stellungen hinein. Seine Arme schmerzten und wurden langsam lahm durch das beständige Führen des Bajonetts. Sie durften aber nicht aufgeben, nicht so kurz vor dem Ziel. Die Ruul standen am Rande der Niederlage und alle Beteiligten wussten es.

      Der Druck der ruulanischen Krieger war auf einmal weg, derart plötzlich, dass Manfred für einen Augenblick verwirrt innehielt und sich fragte, wo der Feind so unvermittelt abgeblieben war.

      Die Soldaten fingen an zu jubeln. Manfred hob erschöpft den Kopf. Am höchsten Punkt der ruulanischen Festung flatterte die terranische Flagge stolz im Wind. Der Marine-Colonel ließ sein Gewehr erschöpft sinken. Seine Schultern sackten ein ganzes Stück herab. Sie hatten es geschafft. Die Festung war gefallen. Serena befand sich wieder vollständig in ihrer Hand.

      1

      Commodore Frank Taylor besuchte seinen Ersten Offizier, sooft es sein Dienst und der damit verbundene enge Zeitplan zuließ. Die Schwerstverwundeten von der Saber II und ihren Begleitschiffen hatte man bereits in den ersten Minuten nach der Schlacht am Festungsmond auf das Lazarettschiff Bangkok im Orbit um Serena verfrachtet.

      Dunlevy gehörte zu den schlimmsten Fällen. Die Ärzte hatten kurzzeitig sogar die Möglichkeit in Betracht gezogen, er würde es nicht schaffen. Er hatte seither noch nicht das Bewusstsein wiedererlangt.

      Frank sah zum Chronometer an der Wand.


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