G.F. Barner Jubiläumsbox 9 – Western. G.F. Barner
Читать онлайн книгу.John ging schon weiter, blieb vor dem leichenblassen Howie stehen und sah ihn durchbohrend an.
»Hast du jetzt genug von deiner verdammten Großmäuligkeit, du Taugenichts?« fuhr er ihn an. »Ich denke, Carpenter ist ein guter Freund von dir – oder? Was hast du ihm von Walsh erzählt?«
»Er fragte mich nach Walsh. Wir redeten nur so. Ich sagte ihm, Walsh hätte Ärger in Santa Rita mit einem Campbell gehabt und sei, um Ärger mit dessen Bruder und anderen Verwandten aus dem Wege zu gehen, davongeritten. Ich wollte Carpenter nur erklären, daß Walsh kein Killer sei, weil er das glaubte. Was – was hat Angus damit zu tun?«
»Alles, du Idiot!« knirschte John. »ich weiß zwar nicht, warum er Walsh unbedingt aus dem Wege haben wollte, aber ich denke, Walsh war ihm oder jenem Halunken, den er auf deinen Vater schießen ließ, zu gefährlich. Beim nächsten Versuch, deinen Vater zu töten, hätte Walsh den Heckenschützen erwischen können. Denke nach, denke endlich mal, Howie! Welchen Grund kann Carpenter haben?«
»Das – das verstehe ich nicht«, stotterte Howie. »Angus. Aber – Angus ist mein Freund!«
»Schöner Freund, der einen Killer herkommen läßt!« knurrte John Warren. »Ihr könnt im Jail liegen, bis dich dein Vater mit einem Wagen abholen kommt. – Archie!«
»Hier«, meldete sich Slater. »Was gibt es, John?«
Gott im Himmel, dachte Archie, wie John werde ich nie sein. Wie der aufgesprungen ist und losrannte – das schaffe ich nie. Wie hat er wissen können, daß es knallen würde?
»Schicke jemand zu Lionel, er soll herkommen und…«
»Er kann nicht kommen«, sagte Howie stöhnend. »John, er ist nicht zu Hause, er ist am frühen Morgen mit einem Pony und einem Kindersattel fortgeritten. Wohin weiß ich nicht.«
Archie zuckte zusammen, sah Big John an. Und beide erinnerten sich an das, was ihnen Judy Weiser über den alten Löwen und dessen Enkel Barry erzählt hatte.
»Was ist?« fragte John scharf. »Lionel ist mit einem Pony und einem Kindersattel… Mit wem ist er unterwegs?«
»Er – er ist allein los. Er wollte unbedingt allein reiten.«
»Waaas?« stieß Big John hervor. »Archie, lauf, hol mein Pferd, schnell!«
»Verflucht!«
Das war alles, was Slater herausbekam. Dann rannte er wie vom Teufel gejagt davon, während Big John Howie anstarrte.
»Junge, ist er allein? Zum Teufel mit dem dicken Schädel Lionels! Wie oft habe ich ihm gesagt, er dürfe niemals allein reiten. Du großer Geist, Campbell hier – und wo ist der zweite Mann? Wo ist der Halunke, der immer dann auftauchte, wenn dein Vater allein ritt?«
Big John Warren warf Howie und Walsh einen finsteren Blick zu. Dann rannte er los und knurrte: »Idioten, allesamt Idioten!«
In weniger als einer Minute saß er im Sattel und sagte zu Archie: »Der alte Narr ist bestimmt zu Matt geritten. Archie, wenn der zweite Mann unterwegs gewesen ist und die Ranch, wie ich schon früher angenommen habe, beobachtet hat, komme ich zu spät. Er hat dann Lionel McGruder erwischt. Archie, ich reite nach Dos Cabezas und kaufe mir Angus Carpenter. Irgendeinen Grund muß es für ihn geben.«
»Er und sein Bruder haben doch den Steinbruch und die Steinhauerei, was?« brummte Archie. »John, sei vorsichtig! Was Angus getan hat, das hat sein Bruder sicherlich gewußt. Du kannst es mit beiden zu tun bekommen.«
»Ich weiß«, antwortete Big John kühl. »Vielleicht gibt es gar keinen zweiten Mann. Vielleicht war es Angus, der auf den alten Löwen feuerte. Archie, dann hat Angus mit Sicherheit auf der Lauer gelegen, denn er wußte; für Walsh war gesorgt, der würde ihm nicht mehr in die Quere kommen können. Wenn du beten kannst, dann tue es. Ich fürchte aber, es wird Lionel McGruder nicht mehr helfen.«
Big John Warren zog sein Pferd herum und preschte davon.
*
Der Alte spie aus, grunzte vor sich hin, als wäre er ein wilder Eber. Doch dann grinste er wieder.
»Nun ja«, brummte er. »Hat Mut, das Frauenzimmer, sieht wirklich fein aus, muß ich schon sagen. Hat mir mächtig gefallen, wie sie für ihn eingetreten ist. Aber dieser Bartschabevater dabei – pfui Teufel, so was in der Verwandtschaft zu haben, direkt entsetzlich! – Wenn er wenigstens kein geborener Mexikaner wäre, der Kerl. Will meinem Söhnchen ein Pony schenken, der…«
Er schüttelte sich, sah sich nach dem Pony um, über dessen prächtigen Sattel er eine Decke gebunden hatte, damit der Sattel auch schön blank war, wenn er zur Barfoot-Ranch kam.
»Der wird Augen machen, der kleine Bursche, was?« fragte der Alte kichernd das Pony. »Bin mal neugierig, was er sagt, wenn sein richtiger Großvater mit dem feinen Pony und dem prächtigen Sattel ankommt. Na, was sagst du, wird er sich freuen, der Junge? Wehe, du wirfst mir meinen Enkelsohn ab, du langmähniges, dickschweifiges Ungeheuer! Dann bekommst du es mit mir zu tun. Und wer immer es mit mir zu tun bekommen hat – geschmeckt hat das noch kein…«
Das Pony wieherte grell und sprang mit allen Vieren zugleich in die Luft, als der Knall durch den Rough Gulch raste.
Es kam Lionel McGruder vor, als hätte ihn jemand nur gerade so eben mit dem Finger gegen die rechte Schulter gestoßen, mehr spürte er zuerst nicht. Dann warf er sich zur Seite, in das Nachrollen des Schusses hinein, tauchte weg, zur Flanke des Pferdes.
Rumms!
Der zweite Schuß krachte.
Aus, dachte der Alte, aus – vorbei, die Kugel mäht mich um.
Pfeifend strich es über ihn hinweg, zupfte irgendwo an seiner Sonntagsjacke.
Doch nicht umgemäht, was? Runter, Lionel, tiefer weg, ganz an die Flanke des Pferdes und festhalten um jeden Preis! Der Schmerz, der verfluchte Schmerz in der Schulter!
Der Alte fiel, hing mit der Linken in der Mähne, steckte mit dem linken Stiefel fest im Steigbügel. Seine Rechte hatte die Sattelpacken hinten umkrallt.
»Lauf!« stöhnte der Alte, während die Schmerzen sich von der Brust bis zu den Hüften ausdehnten. »Lauf doch – lauf!«
Dort waren Büsche, einzelne Kakteen, Felsbrocken – aber weit, sehr weit entfernt war das noch alles. Auch zwanzig Yards können weit sein.
Rumms!
Aus, dachte er, das Pferd ist hin. Keine Chance mehr, die Büsche zu erreichen. Hölle und Pest, der Gaul steilt schon…
Lionel McGruder warf sich zur Seite. Geröll kam ihm entgegen, Steine. Herrgott, die Hände vor den Kopf, abrollen und…
Plötzlich war der Schatten da.
Das Pferd schien in den Himmel steigen zu wollen, neigte sich dann und drohte auf den Alten zu fallen. Da packte ihn die Angst, denn schlimmer konnte es nicht werden, als wenn man eingeklemmt unter einem Gaul lag und seinen Mörder mit der ganzen Hilflosigkeit einer noch lebenden, aber dennoch schon toten Kreatur herankommen sah. Nur nicht unter das Pferd geraten, wegrollen.
Neben ihm schien der Boden zu explodieren, als der Gaul stürzte, auf die rechte Flanke schlug, die Hufe beim Auskeilen Steine wegschleuderten. Dann lag das Pferd in der Staubwolke still, und der Alte wälzte sich stöhnend herum.
Rumms!
Die vierte Kugel pfiff handbreit über ihn hinweg, prallte von den Steinen ab und sauste in den Himmel. Der Alte lag am Pferdebauch und machte sich klein.
Dennoch war er verloren. Das Gewehr lag eingeklemmt unter dem Pferd.
Das Kollern von Steinen war auf dem nördlichen Hang über dem Rough Gulch zu hören.
Aus, dachte der alte Löwe, vorbei!
Der Lump, dieser verfluchte Kerl – jetzt rennt er los. Er braucht nur achtzig Yards zu laufen, dann ist er an der Biegung und erreicht diese Seite. Also erwischt er mich mit Sicherheit, der Hund, der