Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz


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unzählige Ritter gesehen hatte und als Kenner von Kriegswaffen galt, sagte sich sofort, daß diese Panzer nur durch Mailänder geschmiedet sein konnten, die berühmtesten Panzerschmiede in der ganzen Welt. Nur die reichsten Ritter konnten sich derartige Rüstungen verschaffen, von denen eine jede als beträchtliches Erbgut angesehen wurde. Jene Friesen mußten daher namhafte Leute gewesen sein, und mit immer wachsender Bewunderung schaute Mikolaj auf Macko und Zbyszko, als deren Bezwinger. Die Helme, welche die beiden trugen, gehörten zwar nicht zu den schlechtesten, waren jedoch auch nichts Besonderes, dagegen erweckten ihre riesenhaften, schön aufgezäumten Hengste großes Staunen, ja vielfach Neid. Stolz saßen Macko und Zbyszko im Sattel und blickten kühn von ihrer Höhe aus den ganzen Hof herab. Jeder von ihnen hielt einen langen Spieß in der Hand, jeder hatte ein Schwert an der Seite und eine Streitaxt im Sattel. Der Bequemlichkeit wegen hatten sie die Schilde in den Wagen zurückgelassen, allein auch ohne sie sahen die beiden aus, als ob sie in die Schlacht, nicht aber in die Stadt zögen. Stets ritten sie in der Nähe der Kalesche, auf deren Vordersitz die Fürstin mit Danusia saß, auf deren Rücksitz die stattliche Hofdame Ofka, die Witwe von Christian aus Jarzabkow, und der alte Mikolaj aus Dlugolas Platz genommen hatten. Danusia schaute nur auf die gepanzerten Ritter, während die Fürstin immer wieder die Kapsel mit der Reliquie des heiligen Ptolemäus an die Lippen führte.

      »Ich bin unendlich neugierig,« bemerkte sie schließlich, »was sich eigentlich darin befindet, allein ich wage nicht, die Kapsel selbst zu öffnen. Gar leicht könnte ich die Heiligen dadurch erzürnen. Der Bischof von Krakau soll sie öffnen.«

      »Ei, besser ist es,« ließ sich aber jetzt Mikolaj von Dlugolas bedächtig vernehmen, »ein solch lockendes Kleinod nicht aus den Händen zu lassen.«

      »Vielleicht habt Ihr recht,« erwiderte nach kurzem Schweigen die Fürstin, dann fügte sie hinzu: »Schon lange hat mir nichts solche Freude bereitet wie das Zusammentreffen mit dem trefflichen Abte. Allein noch größeres Vergnügen bereitet mir dies Geschenk, dient es doch zur Beruhigung meiner Angst vor den Reliquien der Kreuzritter.«

      »Weise sprach der Abt und gerecht,« ließ sich nun Macko aus Bogdaniec vernehmen. »Gar viele Reliquien hatten sie bei Wilna bei sich, war es ihnen doch vor allem darum zu thun, den Fremden gegenüber zu zeigen, daß der Krieg gegen die Heiden geführt werde. Was aber folgte daraus? Die Unsrigen überzeugten sich nur zu bald, was hauptsächlich not that. In die flache Hand zu speien und mit dem Beile unter dem Ohre tüchtig zuzuhauen, das war nötig, dann fiel der Kopf mitsamt dem Helme. Wohl helfen auch die Heiligen – es wäre eine Sünde, dies zu bestreiten – allein nur den Gerechten stehen sie bei, nur denen, die einer guten Sache wegen und im Namen Gottes in die Schlacht ziehen. Wenn es daher auch zum Kriege mit den Kreuzrittern kommt, wenn alle Deutschen ihnen beistehen, so glaube ich deshalb doch, edle Frau, daß wir sie haufenweise schlagen, denn unser Volk ist größer, und der Herr Jesus verlieh uns stärkere Knochen. Was aber zudem die Reliquien anbelangt – nun, giebt es vielleicht in dem Kloster zum heiligen Kreuze nicht auch Holz vom heiligen Kreuze?«

      »Das ist richtig, so wahr mir Gott lieb ist. Bei uns bleiben jedoch die Reliquien in den Klöstern, die Kreuzritter nehmen aber die ihrigen, sobald es nötig ist, in den Wagen mit sich.«

      »Das ist alles einerlei! Für die Macht Gottes giebt es keine Entfernung.«

      »Ist dies wirklich der Fall?« fragte die Fürstin, sich an den klugen Mikolaj von Dlugolas wendend, und dieser antwortete: »Das kann jeder Bischof bezeugen. Von Rom ist es auch weit, und der Papst regiert doch die Welt – geschweige denn erst Gott!«

      Diese Worte wirkten beruhigend auf die Fürstin, die nun das Gespräch über Tyniec, über die ungewöhnliche Pracht der Abtei wieder aufnahm. Die Masuren bewunderten überhaupt die Schönheit des ganzen Landes, durch das sie jetzt kamen.

      Rings umher lagen, dicht gedrängt, wohlhabende Dörfer, dabei Gärten mit Obstbäumen, Lindenhaine mit strohumhüllten Bienenstöcken und Storchennestern auf den Linden. Dann reihte sich wieder auf beiden Seiten der Landstraße ein Getreidefeld an das andere. Im Winde wogte das grüne Aehrenmeer hin und her, und gleich den Sternen am Firmamente schimmerten dunkelblaue Kornblumen und hellrote Mohnblumen daraus hervor. Ganz in der Ferne, hinter dem Ackerlande, zeigten sich finstere Wälder, aber in hellen Sonnenschein getauchte Eichen-und Erlenwäldchen erfreuten hier und dort das Ange, saftig grüne Wiesen, über denen Kibitze kreisten, lagen auf sanft ansteigenden Hügeln dazwischen. Ein fleißiges, arbeitsames Volk mußte dies Fleckchen Erde bewohnen, ein Volk, das die Feldarbeit liebte und friedlich, glücklich dahinlebte in diesem Lande, in dem Milch und Honig zu fließen schien.

      »Hier merkt man Kasimirs segensreiches Walten,« rief die Fürstin, »hier möchte man leben und nicht sterben.«

      »Auch der Herr Jesus freut sich über dieses Stückchen Erde,« warf Mikolaj von Dlugolas ein, »und der Segen Gottes ruht sichtlich darauf. Wie wird es aber erst dann werden, wenn auch hier erst einmal die Glocken läuten! Wo ist dann noch ein Winkel auf der Erde, in den ihr Widerhall nicht dringt. O, dann müssen die schlimmen Geister in die düsteren Wälder an der ungarischen Grenze weichen, weil sie den Glockenklang nicht hören können. Das weiß ich gewiß.«

      »Ja, da ist es doch zu verwundern,« ließ sich Ofka, die Witwe des Christian aus Jarzabkow vernehmen, »daß der höllische Riese Walgierz Wlady, von dem die Mönche erzählt haben, noch immer in Tyniec auftaucht, wo doch siebenmal im Tage die Glocken läuten.«

      Diese Erwägung versetzte natürlich den Mikolaj einen Augenblick in Staunen, nach kurzem Nachdenken erwiderte er jedoch: »Erstens sind die göttlichen Aussprüche unergründlich, und zweitens ist wohl vorauszusetzen, daß er für jedes Mal besonderen Befehl bekommt.«

      »Mag das nun sein, wie es will, ich möchte nie dazu raten, in dem Kloster zu nächtigen. Vor Angst würde ich sterben, wenn sich mir ein solch höllischer Bewohner zeigte.«

      »Ei, ei, das ist noch gar nicht so sicher, denn es wird behauptet, er sei sehr schön.«

      »Selbst wenn er der anziehendste Mensch wäre, möchte ich mich von keinem Manne küssen lassen, dem Schwefel aus dem Munde kommt.«

      »Ach, daß Ihr doch selbst dann ans Küssen denken müßt, wenn von Teufeln die Rede ist.«

      Auf diese Worte der Fürstin hin brachen sowohl Herr Mikolaj wie die beiden Edelleute aus Bogdaniec in Lachen aus, Danusia lachte mit, und auch Anna Danuta wurde von dem Beispiele der Drei angesteckt. Ofka aus Jarzabkow aber wandte sich ärgerlich zu Mikolaj aus Dlugolas und sprach: »Er wäre mir jedenfalls lieber als Ihr.«

      »Ei, malt den Teufel nicht an die Wand,« entgegnete noch immer lachend der Masur, »der Dämon zeigt sich häufig auf der Landstraße zwischen Krakau und Tyniec, und am häufigsten gegen Abend. Mit einem Male wird er Euch in Schrecken versetzen, mit einem Male wird der Riese vor Euch stehen.«

      »Vor dem bösen Blick mögen wir bewahrt bleiben!« rief Ofka.

      In diesem Augenblick indessen hielt Macko von Bogdaniec, der von seinem hohen Hengste aus einen weiteren Umblick hatte als die, welche in der Kalesche saßen, die Zügel an und sagte: »O, so wahr mir Gott lieb ist, was ist das?«

      »Was denn?«

      »Ein leibhafter Riese reitet dort auf der Höhe vor uns.«

      »Ein Wort kann zur Wirklichkeit werden!« bemerkte die Fürstin. »Schwatzt keine Dummheiten!«

      Nun aber hob sich Zbyszko in den Bügeln und sagte: »Leibhaftig der Riese Walgierz, kein anderer.«

      Daraufhin faßte der Kutscher die Pferde vor Schrecken fest an und bekreuzigte sich, ohne die Zügel aus den Händen zu lassen, denn auch er sah nun von seinem Bocke aus auf der gegenüberliegenden Höhe einen hoch zu Rosse sitzenden Reiter daher traben.

      Unwillkürlich stand die Fürstin von ihrem Sitze auf, setzte sich aber dann, wenn schon mit schreckensbleichem Antlitz, gleich wieder nieder, und ohne weiteres barg Danusia ihr Köpfchen in dem Gewande Anna Danutas. Um die Kalesche drängte sich aber nun auch das ganze Gefolge, die Hofherren und die Hofdamen, sowie alle fahrenden Schüler. Die Männer trugen zwar noch immer eine lächelnde Miene zur Schau, aber ihre unruhigen Blicke zeugten


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