Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski. Henryk Sienkiewicz

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Gesammelte historische Romane: Quo Vadis? + Die Kreuzritter + Mit Feuer und Schwert + Sintflut + Pan Wolodyjowski - Henryk Sienkiewicz


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erfüllt, war Macko noch den nämlichen Tag geschäftig, sich zur Abreise zu rüsten, dann begab er sich zu Zbyszko und teilte ihm die frohe Nachricht mit.

      Im ersten Augenblick bezeigte dieser tatsächlich eine solche Freude, wie wenn die Thüre seines Gefängnisses schon offen stünde. Plötzlich aber ward er nachdenklich, sein Gesicht verfinsterte sich und er sagte: »Wie kann man von jenen Deutschen etwas Gutes erwarten! Auch Lichtenstein hätte den König um Gnade bitten können, – denn er hätte dabei nur gewonnen und sich vor unserer Rache geschützt, – aber gerade deshalb that er es nicht.«

      »Er ist ergrimmt darüber, daß wir ihn auf der Landstraße von Tyniec nicht um Verzeihung baten. Doch von dem Ordensmeister Kondrad sprechen die Leute nur Gutes. Und gesetzt auch, wir erreichen nichts, was verlierst Du dann dabei?«

      »Ihr habt recht!« entgegnete Zbyszko, »aber beugt Euch nur nicht zu tief vor ihm.«

      »Weshalb sollte ich mich vor ihm beugen? Den Brief der Fürstin Alexandra trage ich hin – das ist alles.«

      »Da Ihr so gut seid, möge Euch Gott dort beistehen!«

      Plötzlich schaute er den Oheim scharf an und sagte: »Und wenn mir der König verzeiht, dann ist Lichtenstein mein, nicht Euer. Nicht Ihr dürft ihn dann fordern. Vergeßt das nicht!«

      »So lange Dir der Kopf nicht fest auf dem Nacken sitzt, ist eine Herausforderung unnütz. Und thörichte Gelübde hast Du schon genug abgelegt,« versetzte der Alte erregt.

      Dann umarmten sie sich, und Zbyszko blieb allein. Sein Herz war bald von Furcht, bald von Hoffnung erfüllt, als aber die Nacht kam, und ein furchtbarer Sturm losbrach, als das vergitterte Fenster von den grellen Strahlen des Blitzes erleuchtet ward, und die Mauern unter den heftigen Donnerschlägen erzitterten, als schließlich ein starker Windstoß die schwach leuchtende Kerze an seinem Lager auslöschte und tiefe Dunkelheit ihn umgab, da verlor Zbyszko wieder allen Mut, und die ganze Nacht konnte er kein Auge schließen.

      »Ich werde dem Tode nicht entgehen, und alles ist vergeblich,« dachte er.

      Am folgenden Tage besuchte ihn die edle Fürstin Anna, Janusz’s Gattin; Danusia, die ihre Laute am Gürtel trug, kam mit ihr. Zbyszko kniete zu ihren Füßen nieder und trotz seiner Erschöpfung nach der schlaflosen in Angst und Unruhe verbrachten Nacht hätte er nicht um alles seiner Ritterpflicht vergessen, hätte er nicht um alles verschwiegen, welche Bewunderung er für Danusias Schönheit empfand.

      Aber die Fürstin schaute ihn traurig an und sagte: »Spare Deine Bewunderung, denn wenn Macko keine günstige Antwort bringt oder gar nicht zurückkehrt, wirst Du, Armer, binnen kurzem weit Schöneres im Himmel bewundern.«

      Heiße Thränen flossen über ihre Wangen, während sie an das unsichere Los des Ritters dachte, und auch Danusia weinte bitterlich. Zbyszko beugte abermals das Knie vor ihnen, denn auch sein Herz ward weich beim Anblick dieser Thränen. Zwar war sein Gefühl für Danusia nicht das eines Ehemannes für sein Weib, doch empfand er, daß er sie von ganzer Seele liebte, und daß sich in seinem Herzen etwas rege, das ihn zu einem andern, weniger heftigen, weniger gewalttätigen und kampflustigen Menschen mache, zu einem Menschen, den eine tiefe Sehnsucht zu der anmutigen Geliebten hinzog. Auch ihn überkam jetzt unendliches Leid darüber, daß er sie verlassen mußte, und unwillkürlich drückte er aus, was er ihr insgeheim gelobt hatte.

      »Die Pfauenbüsche lege ich nicht zu Deinen Füßen nieder, Du Arme! – Aber wenn ich vor dem Angesicht Gottes stehe, dann will ich folgendermaßen sprechen: ›Erlaß mir, Herr, meine Sünden und gieb alles Gute, das auf der ganzen Welt vorhanden ist, keinem andern menschlichen Wesen, als der Jungfrau Danusia aus Spychow‹!«

      »Nur wenig Zeit ist vergangen, seit Ihr Euch kennen lerntet und jetzt – gebe Gott, daß wir nicht vergeblich hoffen,« sagte die Fürstin.

      Nun gedachte Zbyszko all dessen, was sich in der Gaststube zu Tyniec zugetragen hatte, und seine Erschütterung ward immer größer. Schließlich bat er Danusia, ihm das nämliche Lied zu singen, daß sie damals gesungen hatte. Dann hob er sie samt der Bank, auf die sie sich gestellt hatte, empor und trug sie zur Fürstin.

      Und obwohl Danusia nicht zum Gesang aufgelegt war, richtete sie sofort das Köpfchen in die Höhe, drückte die Aeuglein zu, gleich einem Vögelchen, und begann:

      »Wie wär’ ich gerne

       Ein Gänslein klein,

       Ich flög’ in die Ferne

       Zu Jasio mein.«

      »In Schlesien flög’ ich nieder

       Auf grünen Rain,

       Die Waise sieh’ wieder …«

      Doch plötzlich flossen große Thränen unter ihren Lidern hervor – und sie konnte nicht weitersingen. Da nahm Zbyszko sie in seine Arme wie ehemals im Gasthaus zu Tyniec und mit ihr in der Zelle umhergehend, sagte er unablässig voll Entzücken: »Nicht nur die Herrin seh’ ich in Dir – wenn Gott mich rettet, wenn Du herangewachsen bist, und wenn Dein Vater es gestattet, dann nehme ich Dich, Mädchen, zur Frau! Heisa …«

      Die Arme um seinen Hals schlingend, verbarg Danusia das verweinte Gesicht an seiner Schulter. Sein wilder Schmerz aber ward größer und größer. Aus dem tiefsten Innern des jungen Slaven brach dies Gefühl unaufhaltsam hervor und äußerte sich in dem ungefügen Gesang:

      »Ja, Dich nehme ich, Mädchen,

       Dich nur wähl’ ich allein.«

      Zu derselben Zeit trat ein Ereignis ein, dem gegenüber alles andere ohne Bedeutung war. Am Abend des 21. Juni verbreitete sich in der Burg die Nachricht von der plötzlichen Erkrankung der Königin. Die herbeigerufenen Aerzte blieben mit dem Bischof Wysz während der ganzen Nacht in ihrer Kemenate, und mittlerweile ward von den dienenden Frauen verkündet, daß der Herrin Zustand eine vorzeitige Niederkunft befürchten lasse. Der Krakauer Kastellan Jasko Topor aus Teczyn sandte noch in derselben Nacht Eilboten an den abwesenden König. Am frühen Morgen schon drang die Kunde in die Stadt und Umgegend. Es war ein Sonntag, ein Schwarm von Andächtigen füllte die Kirchen, in denen die Priester Gebete für die Königin anordneten. Nach dem Gottesdienst begaben sich die fremden Ritter, welche zu den bevorstehenden Festlichkeiten gekommen waren, und die Edelleute zugleich mit einer Deputation von Kaufleuten nach der Burg. Auch die Zünfte und Bruderschaften zogen mit ihren Fahnen herbei. Vom Mittag an umringten unzählige Volksscharen den Wawel-Berg, unter denen die königlichen Bogenschützen die Ordnung aufrecht erhielten, indem sie allen Ruhe und Stille anempfahlen. Die Stadt war fast gänzlich verödet, durch die leeren Straßen zogen nur von Zeit zu Zeit einige Bauern aus der Umgegend, die gleichfalls von der Krankheit der verehrten Herrin gehört hatten und sich nun der Burg zuwendeten. Am Hauptthore erschienen schließlich der Bischof und der Kastellan, neben ihnen die Domherren der Kathedrale, die königlichen Räte und Ritter. Letztere eilten hin und her, mischten sich unter das Volk und mit geheimnisvollen Mienen wiederholten sie noch einmal den strengen Befehl, daß man sich jeden Ausrufes enthalte, weil dies der Leidenden schaden könne. Darauf verkündeten sie allen und jedem, daß die Königin von einer Tochter genesen sei. Diese Nachricht erfüllte die Herzen mit Freude, vornehmlich da man zugleich auch erfuhr, daß trotz der vorzeitigen Entbindung weder für die Mutter noch für das Kind irgend eine Gefahr vorhanden sei. Die Menge zerstreute sich allmählich, weil vor der Burg jede laute Aeußerung untersagt war, sich aber jeder sehnte, seinem Herzen Luft zu machen. Froher Gesang und Freudengeschrei erscholl denn auch bald auf den zum Markte führenden Straßen. Daß ein Mädchen zur Welt gekommen war, darob grämte man sich nicht. »Ist es etwa ein Unglück gewesen,« sagten manche, »daß der König Louis keinen Sohn hatte und daß Jadwiga auf den Thron gelangte? Durch ihre Heirat mit Jagiello ist die herrschaftliche Gewalt verstärkt worden. So wird es auch jetzt sein. Eine solche Erbin, wie unsere Königstochter, kann man weit suchen, da weder der römische Cäsar, noch einer der anderen Herrscher sich eines solchen Reiches rühmen dürfen, und da sie weder über so viel Grund und Boden noch über eine solche Ritterschaft gebieten. Um die Hand der Prinzessin werden sich die mächtigsten Monarchen der Erde bewerben, vor ihr werden sich Könige und Königinnen beugen, sie werden nach Krakau kommen, der Kaufmannschaft wird Nutzen daraus erwachsen, und dabei wollen


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