Die Politik Jesu. John Howard Yoder

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Die Politik Jesu - John Howard Yoder


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nicht mehr als abwertende Bezeichnung gebraucht. Doch der Grundgedanke, dass die Entwicklung eines ethischen Katechismus wegführt von der ursprünglichen Radikalität Jesu, ist noch verbreitet.

      16 Vgl. die eingehendere Beschreibung dieser Ansicht auf S. 183ff.

      17 Graydon F. Snyder verdeutlicht in seiner unveröffentlichten Dissertation Snyder (1961), S. 18ff, dass die Analyse in vielem von der schon feststehenden hegelianischen Ausrichtung der Tübinger Schule diktiert wurde.

      18 Die Vereinfachung der gegenwärtigen Aufgabe im Nichteingehen auf die textkritischen Fragen geschieht nicht, um widersprechendes Material auszuschalten. Textkritische Studien bestätigen im allgemeinen unsere These; vgl. S. 51, Anm. 77.

      Es sollte nicht angenommen werden, dass diese Studie in ihrer Entscheidung, historisch-kritischen Problemen nicht ausführlich nachzugehen, irgendwelche neo-fundamentalistische Vermutungen über die Komposition des Evangelientextes anstellt oder über die Verschiedenheiten in der Entwicklung der frühen Gemeinden und während der Herausbildung der kanonischen Texte. Es werden auch nicht irgendwelche besonderen Vorstellungen entwickelt, wie man hinter den Evangelientexten in ihrer überlieferten Form zu einem Verständnis des „historischen Jesus“ kommt. Weitere Diskussion oder die Konstruktion von Hypothesen über dieses Thema werden hier zurückgestellt, nicht weil sie als unwichtig angesehen werden oder weil der Verfasser sich darüber im Klaren wäre, was sie erbringen sollten, sondern nur deshalb, weil eine sorgfältige Lektüre des kanonischen Textes für unsere gegenwärtige These genügt. Es wäre allerdings ein Argument gegen unsere Lesart der Jesus-Geschichte, wenn die historisch-kritischen Forscher solide Beweise auftischten, dass der von ihnen gefundene „wirkliche Jesus“ ziemlich unvereinbar mit demjenigen sei, den wir im kanonischen Bericht finden. Wir werden dieser Herausforderung begegnen müssen, wenn sie auftauchen sollte. Aber bisher hat noch kein Forschungsansatz solche Ergebnisse erbracht. Im Gegenteil, je skeptischer die Forscher hinter den Dokumenten nach dem suchen, was sie als „harte Fakten“ anerkennen (in der Annahme, den Evangelienschreibern sei es weniger um solche Daten gegangen), und je selbstsicherer sie ihr neues Konzept, wie es tatsächlich war, entwerfen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass Interpretationen entstehen könnten, die das traditionelle dogmatische Bild des apolitischen Jesus unterstützen, und desto wahrscheinlicher wird die Bekräftigung der Glaubwürdigkeit jener Elemente des Bildes, mit denen wir uns hier beschäftigen.

      Die traditionelle dogmatische Zurückweisung der Relevanz des sozialen Beispiels Jesu für die Ethik war nicht auf eine alternative kritische Rekonstruktion des „wirklich Geschehenen“ gegründet, und daher braucht eine Herausforderung dieser Tradition nicht neue anerkannte kritische Resultate abzuwarten.

      Doch nachdem ich nun meine ernsthafte Offenheit gegenüber der textkritischen Aufgabe dargelegt habe, sei es mir erlaubt, auch einen gewissen Skeptizismus zu bezeugen, und zwar über das Ausmaß an Klarheit, das die in diesem Forschungsfeld geläufigen Techniken versprechen. Jeder, der den vorliegenden Versuch, ehrlich mit dem kanonischen Text umzugehen, mit den sehr kühnen und kreativen Rekonstruktionen Carmichaels und Schonfields, Brandons oder Hamiltons vergleicht, wird wohl kaum zu dem Schluss kommen, die letzteren zögerten selbstkritisch vor dem Risiko fragwürdiger Hypothesen.

      19 Bammel & Moule (1984).

      20 N. Thomas Wright und Marcus Borg sprechen von „einer dritten Suche nach dem historischen Jesus“. Vgl. Borg (1991). Borg rezensiert fünf wichtige Forscher, von denen drei eine Interpretation der soziopolitischen Wirkung Jesu liefern, die „neu ist in der Jesusforschung“.

      21 Ich gehe in meinem Buch mehrfach auf Brandons Text ein, vgl. Index. Es gab zahlreiche weitere eher populärwissenschaftliche Beschäftigungen mit demselben Thema: Schonfield, Joel Carmichael, James Pike etc.

      22 Etwa Crossan (1991). Crossan ist ein Beispiel, wie jenseits der gewohnten Skepsis der Begriff „historischer Jesus“ wieder Akzeptabilität gewinnt (vgl. Anm. 20 oben). Ähnlich Meier (1992). Borg (Anm. 20) meint, zwei der Porträts würden Jesus als apolitisch beschreiben. Doch das trifft nur zu, wenn der Begriff „politisch“ enger gebraucht wird als in dieser Studie.

      23 Meine Überlegungen dazu habe ich zuletzt zusammengefasst in Yoder (1990). Vgl. auch meine Zusammenfassung eines Symposiums in Yoder (1989a), S. 159–168.

      24 In den 1970ern sahen einige Rezensenten dieses Buches, etwa James McCord, darin einen besonders fundierten Ausdruck der „Befreiungstheologie“; andere lasen es als Kritik dieser Bewegung. Beide hatten recht, denn „Befreiung“ ist ein Thema oder ein Themenfeld, nicht eine einzelne oder einheitliche Position.

      25 Vgl. die Übersicht bei Borg (Anm. 20) und die „Sprüche-Schule“, wie sie Crossan vertritt (Anm. 22).

      26 Zuvor bezog ich mich auf Forscher, die überzeugt sind, in den Quellen sei ein verlässliches Zeugnis über Jesus zu finden. Jetzt weise ich auf Forscher hin, die ihm, falls er sich als auffindbar erweist, eine Autorität zuschreiben.

      27 Das protestantische akademische Verständnis der Bibel stand seit den 1950ern unter dem starken Einfluss von Wright (1952). Jedes Thema, das eine Zeitlang zur dominierenden Mode wird, wird von der nächsten Generation weniger geschätzt werden.

      28 Diese Wortwahl bedeutet einen Umbruch in der Theologie insgesamt, nicht nur im Verständnis Jesu oder eines Datums. Ein frühes Beispiel liefert Brueggemanns (1973). Eine Darstellung der prophetischen Botschaft, die der Autor in einer sehr zeitbewussten Weise als Korrektiv des „neo-orthodoxen“ und „pietistischen“ Denkens seiner eigenen Vergangenheit einsetzt. Jesus zu lesen, kann auch ein Korrektiv sein gegenüber neo-orthodoxen und pietistischen Vorurteilen.

      29 Manche halten den Pendelschwung der biblisch-theologischen Forschung weg von der „Geschichte“ und hin zur „Weisheit“ für übertrieben. Das ist hier nicht meine Sorge. Ein Buch nach mehr als Jahrzehnten wieder aufzulegen, befreit von der Sorge darüber, wo das Pendel gerade schwingt.

      30 Die Gattung des Gleichnisses soll die Zuhörer oder Leser verblüffen und eine neue Sicht der Dinge eröffnen. Das wird unter den kreativen Auslegern allgemein so gesehen; vgl. Crossan (1973), und Crossan (1983). Gleichnisse ähneln der Weisheitsliteratur darin, dass sie nicht an konkrete Ereignisse gebunden sind. Zugleich sprengen sie jedoch die traditionell weisheitsaffinen Bereiche wie Sprichwort und Kosmologie. Mit der Annahme, die literarische Gattung der „Weisheit“ müsse mit einer konservativen Voreingenommenheit in der Substanz ethischen Denkens einhergehen, unterliegt der ethische „Mainstream“ einem Irrtum. Harvey (1990), S. 62ff, verdeutlicht, dass dies weder auf heidnische noch auf hebräische Modelle zutrifft. Harvey beschreibt die doch auf Veränderung zielende Intention solcher Literatur.

      31 Die ganze Bergpredigt, am deutlichsten Matthäus 5, illustriert die Konzentration des Rabbi auf die äußere und innere Bedeutung der halakah (wenn auch das meiste Wissen über Rabbis aus Quellen stammt, die jünger sind als die Evangelien). Die Bergpredigt wird im vorliegenden Buch unterbetont, weil sie in früheren Debatten eher überbetont wurde.


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