Elfenzeit 6: Zeiterbe. Uschi Zietsch

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Elfenzeit 6: Zeiterbe - Uschi Zietsch


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keine Nachricht, nichts. Jede Minute, die wir verstreichen lassen, ist sie diesem Monster weiterhin ausgeliefert. Sie und unser ungeborenes Kind. Ja, so ist es. Ich werde selbst Vater und muss mein Kind schützen!«

      Nimue atmete sichtlich betroffen tief ein und nickte dann ein paar Mal. »Doch, ich wusste es. Ein Zwiespalt, der dich in der Tat innerlich zerreißen muss«, gab sie zu. »Aber ich werde alles für das Überleben meiner Tochter tun.«

      David biss die Zähne zusammen. Er wollte sich nicht mit Nimue anlegen. Doch seine Geduld war am Ende.

      »Ich schlage einen Handel vor. Dann könnt ihr abwägen, was zu tun das Beste ist. Sowohl für meine Tochter als auch für Nadja Oreso und das Kind«, sagte Nimue und blickte David zum ersten Mal direkt in die Augen.

      »Ihr werdet meinen Wunsch erfüllen. Dafür suche ich in der Zwischenzeit nach der Halbelfe. Sobald ihr Erfolg hattet und zurückgekehrt seid, öffne ich euch einen Pfad, der direkt zu Nadja führen wird.«

      David glaubte, seinen Ohren kaum zu trauen. Die Herrin vom See bot ihnen einen Handel an. Wenn es denn tatsächlich in ihrer Macht stand, Nadja zu finden und sie zu ihr zu bringen. Aber David hatte keinen Grund, an Nimues Worten und ihrer Ehrlichkeit zu zweifeln.

      »Das … das wäre wirklich wunderbar«, stammelte er überwältigt. »Wir nehmen den Handel an. Was ist es, das wir für Euch tun sollen?«

      »Ich werde euch ein Portal öffnen, durch das ihr an einen Ort reist, an den ich selbst nicht gelangen kann«, erklärte Nimue.

      Doch Rian unterbrach sie sofort. »Es ging also von Anfang an gar nicht um meine Heilkünste?«

      Die Herrin vom See lächelte. »Doch, aber nicht so, wie du dachtest.«

      »Wohin genau wollt Ihr uns schicken?«, fragte David, den das nicht weiter interessierte, er wollte so schnell wie möglich den Handel erledigen.

      Die Herrin vom See sah sie an und ihr Gesicht schien näher zu kommen. So nah, dass es Davids gesamtes Sichtfeld ausfüllte. Ihre Worte dröhnten in seinem Kopf, als sie sagte: »Ich schicke euch in die Vergangenheit, um etwas wiederzufinden, das die Welt verloren glaubt.«

      13.

       Die Strafe

      Hügel von Tara

      »Wie kannst du es wagen, mich zu hintergehen!«, schrie Bandorchu und schleuderte dem Getreuen ihre Macht entgegen. Die große vermummte Gestalt taumelte rückwärts, krachte gegen die Wand und sank in sich zusammen.

      Gleich als sie zurückgekommen war und ihre Ahnung bestätigt fand, hatte sie ihren abtrünnigen Diener in ihr Schlafgemach befohlen, um ihn sich vorzunehmen. Um ihn zu bestrafen. Ihn leiden zu lassen und endlich Antworten aus ihm herauszupressen.

      »Sag mir, wo sie ist!« Sie hastete ihm mit wallendem Gewand hinterher und packte ihn an der Kehle. Selbst ihre starke Hand konnte den Hals kaum umfassen, also bohrte sie ihre Nägel in sein Fleisch, bis er – einem Tier gleich – aufbrüllte. Rau und ungebändigt.

      Bandorchu beugte sich vor. Die Zähne gebleckt, während sie seinen Kopf so zurechtrückte, dass er ihr in die Augen blicken musste. »Sie gehört mir, so wie auch du mir gehörst. Mit Haut und Haar. Ihr seid mein!«

      Der Getreue regte sich nicht, nahm ihre Wut hin. Er bat nicht um Gnade, aber seine eisige Aura war erloschen.

      Sie ließ von ihm ab und gab ihm die Freiheit zu atmen. Sein Kehlkopf wippte hektisch, als er nach Luft schnappte. Blut rann ihm den Hals hinab. Immer noch schwieg er.

      Sie trat zurück, und er stand langsam auf.

      »Sag etwas. Irgendetwas, damit ich einen Grund habe, dich zu treten«, zischte sie ihn herausfordernd an.

      Der Getreue wischte sich mit dem Handrücken das Blut vom Hals. Er lehnte sich an die Wand. »Ich bin hier«, sagte er schließlich. »Nur das ist wichtig.«

      »Du vergisst, wer hier entscheidet, was wichtig ist und was nicht«, entgegnete die Dunkle Königin mit lodernder Stimme. Diesmal würde sie nicht nachgeben. Diesmal konnte sie ihm seinen Ungehorsam nicht durchgehen lassen. Nicht, wenn es um Nadja Oreso und das Kind ging.

      »Ich habe stets nur in Eurem Sinne gehandelt«, entgegnete er kurzatmig, aber ruhig, und seine tief hallende Stimme griff nach ihr.

      Bandorchu fühlte ihr Blut schneller durch ihre Adern fließen, hörte es an ihrem Ohr rauschen, spürte ihr Herz drängender hämmern. »Unsinn! Du hast es nicht ertragen!«

      Der Getreue zuckte zusammen. Einen Moment nur sah es so aus, als wollte er zur Seite ausweichen. Doch stattdessen schnaubte er und setzte einen Fuß vor, wie ein Stier, der sich für den Angriff bereitmachte.

      »Es ist zu früh«, grollte er. »Sie hätte Eure Pläne durchkreuzt, solange Ihr noch nicht Eure volle Stärke und Festigkeit habt. Fanmór würde sofort den Krieg erklären und losmarschieren, hättet Ihr Nadja und ihr Kind jetzt in der Hand. Erst wenn Tara gefestigt genug ist, einem Ansturm standzuhalten, könnt Ihr Fanmór mit seinem Enkel erpressen und seinen Thron ohne viel Blutverlust bekommen.«

      Die Dunkle Königin schüttelte unwirsch den Kopf. »Du hast gegen meinen ausdrücklichen Befehl gehandelt!«

      »Es ist alles so, wie es sein soll. Ihr seid frei, Fanmór hat gelernt, dass er bald mit weitaus mehr zu rechnen hat, und die Zwillinge werden alles in ihrer Macht stehende tun, um die Unsterblichkeit zurückzubringen. Ihr habt schon so viel erreicht, nun zerstört nicht alles durch Ungeduld. Nadja ist Euch derzeit nicht von Nutzen. Ihr braucht das Kind.«

      Bandorchu verengte die Augen und sah ihn forschend an. »Wo ist sie jetzt?«

      Der Getreue schob sich einen weiteren Schritt näher. Jetzt weniger wie bei einem Angriff, sondern eher, als wollte er sich einem Wildpferd nähern, immer auf der Hut, um nicht von den Hufen niedergetrampelt zu werden.

      »Ihr könnt mit mir tun, was Euch beliebt. Aber ich werde Euch nicht in Versuchung führen und Euch darauf Antwort geben«, raunte er in dunklem Timbre. »Nichts soll Euch ablenken. Kein weiterer Gedanke an diese Frau. Wenn Ihr erst die Herrschaft über die Menschen erlangt habt, dann werdet Ihr sie alle bekommen. Fanmór, den Prinzen, die Prinzessin und auch das Kind. Alle auf einmal in Eurer Hand. Unvorstellbare Macht.«

      Während er redete, wagte er sich weiter vorwärts. Er hob seine große Hand, fuhr Bandorchu mit den blutverschmierten Fingern durch das seidig blonde Haar und packte zu.

      Die Dunkle Königin schnaubte, die Lippen aufeinandergepresst, um das Stöhnen zu unterdrücken, das hinauswollte. Er wartete. Hielt sie an der Grenze des Erlaubten, um ihre Entscheidung abzuwarten. Würde sie ihn strafen oder gewähren lassen?

      Ihre Schenkel bebten vor Gier. Sie wollte ihn. Wollte sich an ihm abreagieren. Ihn unterwerfen und hören, wie er vor Schmerz und Lust schrie und ihr ein williges Spielzeug sein würde. Für diesen einen Moment, wenn er und sie im Verlangen vereint zusammen rangen.

      Wie um sich selbst zu züchtigen, schlug sie ihm mit der ausgestreckten Hand ins Gesicht. Sein Kopf ruckte herum. Ein Stückchen nur. Zur Antwort griff er nach ihrem Handgelenk, umschloss es mit seinen stählernen Fingern und hob ihren Arm, während er sie rückwärts gegen den Pfosten ihres Himmelbetts drängte.

      Sie konnte die frischen Drechselarbeiten der Säule in ihrem Rücken spüren, als er sich an sie drängte, sie mit seinem gewaltigen Körper umfing und zu übermannen suchte. Seine Lippen streiften ihr Ohr. Sie konnte seinen schnellen Atem spüren. Das unterdrückte Keuchen hören, als er ihre Halsbeuge erreichte.

      »Ihr habt genug Arbeit zu tun. Lasst mich die meine erledigen. Wie immer. Als Euer getreuer Diener«, wisperte er mit eisigem Atem an ihrer Haut, bevor er zubiss.

      Diesmal konnte sie die Stimme ihres Verlangens nicht länger unterdrücken. Sie stöhnte und bäumte sich auf, drückte sich ihm entgegen. »Du wirst sie mir bringen, wenn es an der Zeit ist.« Es sollte wie ein Befehl klingen. Ein Versuch, sich ihre Würde und Herrschaft über ihn zu bewahren. Doch ihre Stimme zitterte zu sehr und ließ es wie ein Flehen


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