Kabale und Liebe. Friedrich Schiller

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Kabale und Liebe - Friedrich Schiller


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sagt Er; das gefällt mir an meinem Sohn, daß er Geschmack hat. Spiegelt er der Närrin solide Absichten vor? Noch besser – so seh ich, daß er Witz genug hat, in seinen Beutel zu lügen. Er kann Präsident werden. Setzt er es noch dazu durch – herrlich! das zeigt mir an, daß er Glück hat. – Schließt sich die Farce mit einem gesunden Enkel – unvergleichlich! so trink ich auf die guten Aspekten meines Stammbaums eine Bouteille Malaga mehr und bezahle die Skortationsstrafe 18 für seine Dirne.

      wurm : Alles, was ich wünsche, Ihr’ Exzellenz, ist, daß Sie nicht nötig haben möchten, diese Bouteille zu Ihrer Zerstreuung zu trinken.

      präsident ernsthaft: Wurm, besinn Er sich, daß ich, wenn ich einmal glaube, hartnäckig glaube; rase, wenn ich zürne – Ich will einen Spaß daraus machen, daß Er mich aufhetzen wollte. Daß Er sich seinen Nebenbuhler gern vom Hals geschafft hätte, glaub ich Ihm herzlich gern. Da Er meinen Sohn bei dem Mädchen auszustechen Mühe haben möchte, soll Ihm der Vater zur Fliegenklatsche dienen, das find ich wieder begreiflich – und daß Er einen so herrlichen Ansatz zum Schelmen hat, entzückt mich sogar – Nur, mein lieber Wurm, muß Er mich nicht mit prellen wollen, – Nur, versteht Er mich, muß Er den Pfiff nicht bis zum Einbruch in meine Grundsätze treiben.

      wurm: Ihro Exzellenz verzeihen. Wenn auch wirklich – wie Sie argwohnen – die Eifersucht hier im Spiel sein sollte, so wäre sie es wenigstens nur mit den Augen und nicht mit der Zunge.

      präsident: Und ich dächte, sie bliebe ganz weg. Dummer Teufel, was verschlägt es denn Ihm, ob Er die Karolin’ 19 frisch aus der Münze oder vom Bankier bekommt. Tröst Er sich mit dem hiesigen Adel – Wissentlich oder nicht – bei uns wird selten eine Mariage 20 geschlossen, wo nicht wenigstens ein halb Dutzend der Gäste – oder der Aufwärter – das Paradies des Bräutigams geometrisch ermessen kann.

      wurm verbeugt sich: Ich mache hier gern den Bürgersmann, gnädiger Herr.

      präsident: Überdies kann Er mit nächstem die Freude haben, seinem Nebenbuhler den Spott auf die schönste Art heimzugeben. Eben jetzt liegt der Anschlag im Kabinett, daß auf die Ankunft der neuen Herzogin Lady Milford zum Schein den Abschied erhalten und, den Betrug vollkommen zu machen, eine Verbindung eingehen soll. Er weiß, Wurm, wie sehr sich mein Ansehen auf den Einfluß der Lady stützt – wie überhaupt meine mächtigsten Springfedern in die Wallungen des Fürsten hineinspielen. Der Herzog sucht eine Partie für die Milford. Ein anderer kann sich melden – den Kauf schließen, mit der Dame das Vertrauen des Fürsten an sich reißen, sich ihm unentbehrlich machen – Damit nun der Fürst im Netz meiner Familie bleibe, soll mein Ferdinand die Milford heiraten – – Ist Ihm das helle?

      wurm : Daß mich die Augen beißen – – Wenigstens bewies der Präsident hier, daß der Vater nur ein Anfänger gegen ihn ist. Wenn der Major Ihnen ebenso den gehorsamen Sohn zeigt, als Sie ihm den zärtlichen Vater, so dürfte Ihre Anfoderung mit Protest zurückkommen.

      präsident: Zum Glück war mir noch nie für die Ausführung eines Entwurfes bang, wo ich mich mit einem: Es soll so sein! einstellen konnte. – Aber seh Er nun, Wurm, das hat uns wieder auf den vorigen Punkt geleitet. Ich kündige meinem Sohn noch diesen Vormittag seine Vermählung an. Das Gesicht, das er mir zeigen wird, soll Seinen Argwohn entweder rechtfertigen oder ganz widerlegen.

      wurm: Gnädiger Herr, ich bitte sehr um Vergebung. Das finstre Gesicht, das er Ihnen ganz zuverlässig zeigt, läßt sich ebensogut auf die Rechnung der Braut schreiben, die Sie ihm zuführen, als derjenigen, die Sie ihm nehmen. Ich ersuche Sie um eine schärfere Probe. Wählen Sie ihm die untadeligste Partie im Land, und sagt er ja, so lassen Sie den Sekretär Wurm drei Jahre Kugeln schleifen.

      präsident beißt die Lippen: Teufel!

      wurm: ES ist nicht anders. Die Mutter – die Dummheit selbst – hat mir in der Einfalt zuviel geplaudert.

      präsident geht auf und nieder, preßt seinen Zorn zurück: Gut! Diesen Morgen noch.

      wurm: Nur vergessen Euer Exzellenz nicht, daß der Major – der Sohn meines Herrn ist.

      präsident: Er soll geschont werden, Wurm.

      wurm: Und daß der Dienst, Ihnen von einer unwillkommenen Schwiegertochter zu helfen –

      präsident: Den Gegendienst wert ist, Ihm zu einer Frau zu helfen? Auch das, Wurm.

      wurm bückt sich vergnügt: Ewig der Ihrige, gnädiger Herr. Er will gehen.

      präsident: Was ich Ihm vorhin vertraut habe, Wurm. Drohend. Wenn Er plaudert –

      wurm lacht: So zeigen Ihr’ Exzellenz meine falschen Handschriften auf. Er geht ab.

      präsident: Zwar du bist mir gewiß. Ich halte dich an deiner eigenen Schurkerei wie den Schröter am Faden! 21

      ein kammerdiener tritt herein: Hofmarschall von Kalb –

      präsident: Kommt wie gerufen. – Er soll mir angenehm sein.

       Kammerdiener geht.

      Sechste Szene

       Hofmarschall von Kalb, in einem reichen, aber geschmacklosen Hofkleid, mit Kammerherrnschlüsseln, zwei Uhren und einem Degen, Chapeaubas 22 und frisiert à la Hérisson 23 . Er fliegt mit großem Gekreisch auf den Präsidenten zu und breitet einen Bisamgeruch über das ganze Parterre. Präsident.

      hofmarschall ihn umarmend: Ah! guten Morgen, mein Bester! Wie geruht? Wie geschlafen? – Sie verzeihen doch, daß ich so spät das Vergnügen habe – dringende Geschäfte – der Küchenzettel – Visitenbilletts – das Arrangement der Partien auf die heutige Schlittenfahrt – Ah – und denn mußt ich ja auch bei dem Lever 24 zugegen sein und Seiner Durchlaucht das Wetter verkündigen.

      präsident: Ja, Marschall, da haben Sie freilich nicht abkommen können.

      hofmarschall: Obendrein hat mich ein Schelm von Schneider noch sitzenlassen.

      präsident : Und doch fix und fertig?

      hofmarschall: Das ist noch nicht alles. – Ein Malheur jagt heut das andere. Hören Sie nur.

      präsident zerstreut: Ist das möglich?

      hofmarschall: Hören Sie nur. Ich steige kaum aus dem Wagen, so werden die Hengste scheu, stampfen und schlagen aus, daß mir – ich bitte Sie! der Gassenkot über und über an die Beinkleider spritzt. Was anzufangen? Setzen Sie sich um Gottes willen in meine Lage, Baron. Da stand ich. Spät war es. Eine Tagreise ist es – und in dem Aufzug vor Seine Durchlaucht! – Gott der Gerechte! Was fällt mir bei? Ich fingiere eine Ohnmacht. Man bringt mich über Hals und Kopf in die Kutsche. Ich in voller Karriere nach Haus – wechsle die Kleider – fahre zurück – Was sagen Sie! – und bin noch der erste in der Antichambre 25 – Was denken Sie?

      präsident : Ein herrliches Impromptu 26 des menschlichen Witzes – Doch das beiseite, Kalb – Sie sprachen also schon mit dem Herzog?

      hofmarschall wichtig: Zwanzig Minuten und eine halbe.

      präsident: Das gesteh ich! – und wissen mir also ohne Zweifel eine wichtige Neuigkeit?

      hofmarschall ernsthaft nach einigem Stillschweigen: Seine Durchlaucht haben heute einen Merde d’Oye-Biber 27 an.

      präsident: Man denke. – Nein, Marschall, so hab ich doch eine bessere Zeitung für Sie – daß Lady Milford Majorin von Walter wird, ist Ihnen gewiß etwas Neues?

      hofmarschall : Denken Sie! Und das ist schon richtig gemacht?

      präsident: Unterschrieben, Marschall – und Sie verbinden mich, wenn Sie ohne Aufschub dahin gehen, die Lady auf seinen Besuch präparieren und den Entschluß meines Ferdinands in der ganzen. Residenz bekanntmachen.

      hofmarschall entzückt: O, mit tausend Freuden, mein


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