Fürstenkrone Staffel 10 – Adelsroman. Marisa Frank

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Fürstenkrone Staffel 10 – Adelsroman - Marisa Frank


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daß du uns eingeweiht hast«, bedankten sich seine Schwestern. »Da können wir uns gleich etwas überlegen, wenn unsere Eltern irgendwie komische Bemerkungen machen sollten.«

      *

      Gräfin Auguste Sturmeck saß vor ihrem Schminktisch und betrachtete sich im Spiegel. Sie lachte sich an. Wie ihre Augen strahlten! Fast kam sie sich ein bißchen albern vor: aber sie war seit dem Tod ihres Mannes nicht mehr so glücklich gewesen.

      »Ich glaube, du altes Mädchen, du hast dich verliebt!« sagte sie zu ihrem Spiegelbild. »Ich kann es irgendwie noch gar nicht glauben!« Sie holte tief Atem und mußte lachen, weil sie vor sich selbst errötete.

      »Wie ein etwas reifer Teenie!« zog sie sich auf.

      Es war eine herrliche Vorstellung gewesen. Aber nachher – war es noch schöner geworden.

      Andreas hatte sie ausgeführt, zu einem eleganten Diner in ein besonders reizendes Lokal. Als eine Blumenverkäuferin mit Veilchen kam, hatte er einen Strauß für sie gekauft. Und daraufhin hatte sie ihm vorgeschlagen, daß man sich duze.

      Ja! Sie hatte es vorgeschlagen! Und wie er sich gefreut hatte! Und dann hatte er ihre Hände geküßt und sie so fragend angesehen, und wieder hatte sie die Initiative ergriffen und ihn einfach auf den Mund geküßt!

      »So!« hatte sie gesagt und ihre Verlegenheit hinweggelacht, »jetzt weiß ich, wie ein Kuß mit Bart schmeckt.«

      Er hatte in ihr Lachen eingestimmt und ihr den alten, um die Jahrhundertwende oft zitierten Spruch genannt:

      »Ein Kuß ohne Bart ist wie eine Suppe ohne Salz!«

      Später im Auto hatte er sie nochmals geküßt…

      Ihr Herz hatte geklopft, wie das eines jungen Mädchens. Aber seines auch! Sie hatte es deutlich gespürt!

      »Ich muß mich wieder daran gewöhnen«, sagte Auguste zu ihrem Spiegelbild. »Mein lieber Ernst ist schon fünf Jahre tot – wer hat mich seither schon geküßt? Ich meine: richtig?!«

      Es klopfte, und Frau Emma kam in das Ankleidezimmer ihrer Herrin.

      »Graf Gotthard wartet im Frühstückszimmer, Frau Gräfin. Ich wollte ihm ein Gedeck bringen, aber er lehnte ab.«

      »Oh«, sagte Auguste. Das klang nach etwas Unerfreulichem. »Sagen Sie bitte meinem Sohn, ich würde gleich kommen.« Es war nett, daß er immer noch mit seinen Sorgen zu ihr kam. Wie neulich mit der Steuersache! Sie überlegte, ob sie ihm von Andreas erzählen sollte.

      »Besser, noch ein wenig warten«, beschloß sie dann und lächelte ihrem Spiegelbild zu.

      *

      »Nun, mein lieber Gotthard«, begrüßte Auguste ihren Sohn, »wie nett, dich schon am frühen Morgen zu sehen. Willst du wirklich nicht mit mir frühstücken?«

      »Danke, nein«, erwiderte er steif und küßte ihr die Hand und dann die Wange.

      »Setz’ dich wenigstens«, forderte Auguste ihn auf, als er im Zimmer herumlief und einmal am Fenster stehen blieb, und dann an dem Blumenstrauß auf der Kommode zupfte.

      »Tja, es ist – mir sehr peinlich…«, begann er und setzte sich seiner Mutter gegenüber, um gleich wieder aufzustehen.

      »Du liebe Zeit!« Auguste lachte. »Übrigens: ihr solltet euch die neue Inszenierung von ›Ariodante‹ ansehen. Eine Händel-Oper! Wirklich sehenswert.« Sie strich sich ihr Brötchen und biß mit gutem Appetit hinein.

      »So? Ja. Nein – mir steht der Kopf nicht danach.«

      »Tut mir leid, daß du solchen Ärger hast«, sagte Auguste freundlich. »Du weißt, wenn ich dir helfen kann…«

      »Das kannst du!« platzte er heraus. »Es geht nämlich um dich!«

      »Ach!« Auguste war verblüfft und verschluckte sich. Sie mußte erst ein paar Schluck Kaffee trinken, bevor sie wieder ihre ungeteilte Aufmerksamkeit ihrem Sohn zuwenden konnte.

      »Dieser Dr. Wenden – er – also…«

      »Ja? Was ist mit Andreas?« fragte sie besorgt. »Es ist ihm doch nichts zugestoßen?« Auf einmal hatte sie Angst um den neuen Freund.

      »Leider nein!« stieß Gotthard zornig hervor.

      »Gotthard!« rief seine Mutter entsetzt.

      »Ja! Leider!« Es fiel leichter zu sprechen, wenn er wütend war! »Dein Verhalten ist einfach unmöglich! Du machst dich lächerlich! Alle im Ort reden darüber. Und wenn es erst in unseren Kreisen bekannt wird! Ich darf mir das gar nicht vorstellen. Mama, ich bitte dich herzlich: denke an Papa, was er für ein großartiger Mensch war, und höre auf, dich mit diesem Arzt herumzutreiben.«

      Auguste hörte ihm mit offenem Mund zu. Dann setzte sie vorsichtig die Kaffeetasse auf die Untertasse, denn ihre Hand zitterte so, daß sie Angst hatte, den Inhalt zu verschütten.

      »Was soll das, Gotthard?« fragte sie leise. »Ich weiß nicht, was du willst. Ich treibe mich mit niemandem herum! Was können die Leute dabei finden, wenn ich mit einem netten Herrn meines Alters ins Theater oder zum Essen gehe? Ich verstehe dich nicht.«

      »Das merke ich!« entgegnete er aufgebracht. »Dir geht offenbar schon jedes Gefühl für Anstand ab…«

      »Gotthard!« rief Auguste gekränkt.

      »In deinem Alter! Mama! Ich bitte dich! Der hat es doch nur auf dein Geld abgesehen!«

      »Jetzt reicht es! Bitte, verlasse augenblicklich mein Haus und komme erst wieder, wenn du wieder klar denken kannst!« rief Auguste. Sie preßte die Hände im Schoß fest zusammen, damit sie nicht zitterten. »Es genügt!« rief sie, und ihre Stimme überschlug sich, weil ihr die Tränen in der Kehle saßen.

      »Gut. Ich gehe. Du kannst in Ruhe über alles nachdenken. Und darüber, für wen du dich entscheidest: für diesen – diesen Erbschleicher oder deinen Sohn und deine Enkel!« erklärte er dramatisch und verließ den hübschen Salon.

      Kaum war die Türe hinter ihm zugefallen, brach Auguste in Tränen aus. Was hatte sie verbrochen? Warum sollte man in ihrem Alter nur mehr herumsitzen und auf den Tod warten? Man störte, wenn man sich allzu eng an die Kinder anschloß – aber es wurde einem auch kein eigenes Leben mehr gegönnt. Ach, warum war sie damals nicht mit ihrem Mann gestorben? Auguste fand plötzlich, daß die Sitte der Witwenverbrennung gar nicht so grausam war…

      Plötzlich fühlte sie sich von zwei Armen umschlungen.

      »Omama! Was ist denn los?« Es war Ekatarina, die neben ihrem Sessel kniete.

      »Ach – ach – Kind…« Sie wischte sich die Augen und versuchte ein Lächeln. »Wo kommst du denn her?«

      »Na, wo schon!« Ihre Enkelin lachte. »Von drüben, vom Schloß! Ich wollte hören, wie deine Oper war!« Sie verschwieg, daß sie gesehen hatte, wie ihr Vater, Wut und Empörung schnaubend, im Eilschritt durch den Park ins Schloß gelaufen war, aus der Richtung des Kavalierhauses kommend. Und, im Gedenken an das gestrige Gespräch mit Aribo, hatte sie das Gefühl, mal nachsehen zu müssen. Aribo war in der Schule, und Elena, das Faultier schlief noch.

      »Oh! Schön!« erwiderte Auguste und hätte fast wieder zu weinen angefangen…

      »Omachen«, sagte Ekatarina zärtlich, schmiegte ihr Gesicht in die Hände der alten Dame und küßte sie. »Hat Papa dich genervt?«

      »Ach, nein. Reden wir nicht darüber!« Wieder ein mißlungenes Lächeln.

      »Erzähle mir von dir und Alexander!«

      Das war zweifellos nicht nur Ekatarinas Lieblingsthema, sondern es war auch ein unerschöpflicher Gesprächsstoff.

      »Ach, Omama, du kannst dir nicht vorstellen, wie gut wir uns verstehen!« begann sie und brachte gleich ein halbes Dutzend Beispiele dafür. Es dauerte, bis sie in ihrem Eifer merkte, daß ihre Großmutter nicht richtig zuhörte, sondern in ihre eigenen, offensichtlich sehr traurigen


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