Der Höllenhund. Фредерик Марриет

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Der Höllenhund - Фредерик Марриет


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      Frederick Marryat

      Der Höllenhund

      Saga

      1. Kapitel

      Im Monat Januar 1699 lief ein schwarzbemalter Einmaster mit einer Geschwindigkeit von ungefähr fünf Meilen in der Stunde längs der Küste von Beachy Head. Der Nordwind blies scharf und es war heller Tag. Die Sonne erhob sich über Wolken und Dünste, Licht, aber keine Wärme verbreitend. Das Schiff war mit Reif bedeckt, der Mann am Steuer war in eine dickwollene Jacke gehüllt und trug Fäustlinge, welche seine Hände so groß wie Füße erscheinen ließen. Seine Mopsnase zeigte eine tiefrot-blaue Farbe, die zum Teil in der Kälte, zum Teil in dem Mittel, welches der Mann gegen eine derartige Belästigung anzuwenden gewöhnt war, ihren Grund hatte. Seine grauen Haare flatterten im Wind und sein Gesicht war durch einen gewaltigen Tabakspflock verzerrt, der seine rechte Wange in die Höhe trieb. Diese Person war der Steuermann und Zweite Offizier des Schiffes, Obadiah Coble geheißen —, ein Name, welcher ihm vor ungefähr sechzig Jahren in der Taufe beigelegt worden war, das heißt, wenn er überhaupt die Taufe erhalten hatte. Er stand so regungslos am Steuer, daß man hätte glauben können, er sei da angefroren, wenn nicht seine Augen hin und wieder von dem Kompaß nach dem Buge des Schiffes gewandert wären. Zugleich bildete sein Atem eine Rauchwolke, ähnlich der, welche die Schnauze eines kochenden Teekessels von sich gibt.

      Das Fahrzeug gehörte zu dem Dienste Seiner Majestät, König Wilhelms des Dritten, und war damit beschäftigt, Seiner Majestät Einkünfte gegen die Einführung von Modewaren und Lautensaiten zu schützen. Die Mannschaft befand sich beim Frühstück, den Steuermann und den kommandierenden Leutnant ausgenommen, der eben auf dem Halbdeck hin- und herging, wenn die schmale Bretterlage dieses Namens gewürdigt werden konnte. Er hieß Cornelius Vanslyperken, und war ein großer hagerer Mann mit sehr schmalen Schultern und einem sehr kleinen Kopfe. Sein Gesicht war mager und und hohlwangig, Nase und Kinn aber zeigten eine so große Vorliebe für einander, daß sie augenscheinlich die Kluft, welche ihr Zusammentreffen hinderte, höchlich beklagten. Die Nase hatte stets eine perlrunde Träne an ihrer Spitze hängen, als ob sie weinte. Mr. Vanslyperkens Anzug war unter einem Überrock verborgen, der eine bedeutende Länge hatte und fast bis auf den Boden hinunter zugeknöpft war. Der Überrock war zu jeder Seite mit einer Tasche versehen, in deren Tiefe die Hände des Eigentümers Platz fanden, wobei die Arme so dicht an dem Leibe anlagen, als wären sie weiter nichts als an eine Topsegelrahe genagelte Latten. Die einzige Abweichung von der Perpendikularität der Gestalt bestand in dem rechtwinkligen Vorspringen eines Sprachrohrs, das unter seinem Arme stak. Seine Beine hatten solche Dimensionen, daß er mit sechs Schritten den Bord des Schiffes erreichen konnte. Sechs weitere Schritte brachten ihn nach den Bugen und dann kehrte er wieder und wieder um. Es befand sich jedoch eine dritte Person von nicht geringerer Wichtigkeit auf dem Deck. Dies war einer der garstigsten und boshaftesten Köter, den die Welt je hervorgebracht hat — garstig von Farbe, denn sie bestand aus schmutzigem Gelb, ähnlich dem Anstrich, den Seiner Majestät Königsschiffe in den Arsenalen erhalten — garstig im Gesichte, weil er nur ein einziges Auge und einen so weit vorspringenden Unterkiefer hatte, daß die Merkmale einer Bullenbeißerkreuzung nicht zu verkennen waren — und häßlich an Gestalt, denn obgleich er stark gebaut und größer war als ein Hühnerhund, so humpelte er doch erbärmlich auf seinen auswärtsgebogenen Vorderbeinen einher. Ohren und Schwanz waren lang — wahrhaftig schade, denn je mehr sie gestutzt worden wären, desto besser würde er sich ausgenommen haben. Aber obschon seine Ohren nicht die Spuren des Messers trugen, waren sie doch durch unterschiedliche Gefechte mit den Hunden am Lande zu Bändern zerrissen, wozu wohl die boshafte Gemütsart des Tieres Anlaß gegeben hatte. Sein Schwanz hatte infolge einer Hautkrankheit die Haare verloren und erinnerte sehr an das ähnliche Anhängsel einer Ratte, wie denn auch viele Teile seines Körpers infolge des gleichen Übels nackt geworden waren. Kopf und Schwanz trug er gesenkt, das Tier hatte überhaupt ein schuftiges, bissiges Aussehen. Es folgte seinem Gebieter auf Schritt und Tritt, drehte sich genau in der gleichen Richtung, war ebenso von der Kälte angegriffen und schien in den nämlichen Zustand tiefer Betrachtung versenkt zu sein. Der Name dieses ungeschlachten Tieres entsprach ganz seinem Äußeren und seiner Gemütsart: es hieß Snarleyyow.

      Endlich machte Herr Vanslyperken seinen verhaltenen Gefühlen Luft.

      „So kann’s und darf’s nicht länger fortgehen“, murmelte der Leutnant, während er sechs Schritte vorwärts tat. Bei dem ersten Ton der Stimme seines Gebieters spitzte der Hund die Überreste der Ohren und beide wandten sich nun nach dem Hinterschiffe. „Sie hält mich nun schon sechs Jahre zum besten.“

      Mit dem Schlusse dieses Satzes hatten Herr Vanslyperken und Snarleyyow das Heck erreicht — der Hund hob seinen Schwanz zur Hälfte.

      Sie wandten um, worauf Vanslyperken für ein paar Augenblicke Halt machte und seine dünnen Lippen zusammenpreßte. Der Hund tat desgleichen.

      „Bei allem, was blau ist, ich will Antwort haben!“ rief der Leutnant, indem er wieder sechs Schritte tat.

      Dann machte er abermals Halt und Snarleyyow blickte zu dem Gesichte seines Gebieters auf. Aber es schien, als ob letzterer den Gang seiner Gedanken verändert hätte, denn die scharfe Luft erinnerte ihn, daß er noch nicht gefrühstückt hatte.

      Der Leutnant lehnte sich über die Luke, nahm sein zerbeultes Sprachrohr unter dem Arm hervor, setzte es an seinen Mund, und das Deck hallte wider von dem Rufe: „Smallbones soll nach dem Vorschiff kommen!“

      Der Hund legte seine Vorderfüße auf das Lukengeländer und gab den Befehlen seines Gebieters mit einem tieftönigen abgemessenen „Wau, wau, wau“ Nachdruck.

      Smallbones schob sich bald wie ein Gespenst durch die Lukenöffnung heraus. Er war ein magerer, ungefähr zwanzig Jahre alter Mensch mit blassem Gesicht, hohen Backenknochen, großen Glotzaugen und schlichtem, sehr dünn gesätem Haare auf dem Kopfe. Er sah aus wie der älteste Sohn des Hungers, der eben erst seine Flegeljahre zurückgelegt hat. Die Hosen hatten sich so weit an seinen langen, schlotternden Beinen in die Höhe gezogen, daß die bloßen Füße bis in die Mitte der Waden dem kalten Winde ausgesetzt waren. Seine kurzen Jackenärmel boten hinter dem Handgelenk vier Zoll des knöchernen Armes frei den Blicken dar, das Haupt entbehrte der Kopfbedeckung. Seine Ohren waren sehr groß, von Kälte gerötet und sein Hals so ungeheuer lang und dünn, daß die darauf sitzende Kugel aus Mangel einer Unterstützung ohne Unterlaß zu wackeln schien. Als er auf dem Decke anlangte, führte er die eine Hand nach der Stirn und berührte statt des Hutes seine Haare, während er in der anderen einen halbgerösteten Bückling hielt.

      „Ja, Sir“, sagte Smallbones, als er vor seinen Gebieter hintrat.

      „Eile dich!“ begann der Leutnant.

      Aber nun wurde seine Aufmerksamkeit durch Snarleyyow, welcher schnüffelnd seinen Kopf erhob, nach dem Bückling gerichtet, denn wir müssen bemerken, daß das Tier unter anderen üblen Eigenschaften für nichts als für Bücklinge oder für einen Wegpfosten eine Nase hatte. Herr Vanslyperken hielt daher mit seinem Befehle an sich, zog die Hand aus der Tasche seines Überrocks, wischte den Tropfen von seiner Nase und brüllte dann: „Wie kannst du dich unterstehen, mit einem Bückling in der Faust auf dem Deck eines königlichen Schiffes zu erscheinen?“

      „Mit Erlaubnis, Sir“, versetzte Smallbones, „wenn ich ihn in der Schiffsküche gelassen hätte, so würde ich ihn bei meiner Zurückkunft nicht wieder gefunden haben.“

      „Was geht das mich an, Mensch? Es ist gegen alle Regel und Ordnung des Dienstes. So höre denn, Bursche —“

      „Oh Gott, Sir! seht mir’s diesmal nach“, versetzte Smallbones bittend.

      Aber Snarleyyows Appetit war durch den Morgenspaziergang sehr geschärft worden, er steigerte sich mit dem Geruche des Herings, und so erhob sich denn der Hund auf die Hinterbeine, Smallbones den Bückling aus der Hand schnappend. Er schoß dann mit seiner Beute nach der Leelaufplanke und würde wohl bald den Hering ungekaut versorgt haben, wenn ihm nicht Smallbones nachgeschossen wäre und ihn eingeholt hätte, als er den Bückling eben niederlegte, um sein Mahl gemächlich zu beginnen. Es folgte nun ein Kampf, Smallbones erhielt einen Biß in das Bein, der ihn bewog, nach einer Handspake zu greifen und damit einen Schlag nach dem Kopfe des Tieres zu führen, der, wenn er gut gezielt worden wäre, wahrscheinlich allen weiteren Mausereien von seiner


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