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»was hast du getan? Das Werk dreißigjähriger Mühe hast du vernichtet.« Auch als Bischof von Regensburg soll er in dem Schlößchen Donaustauf, wohin er es liebte, sich zurückzuziehen, ein Laboratorium gehabt haben, wo er geheime Künste trieb. Womit er sich dort beschäftigte, kann man daraus schließen, daß er gelegentlich davon sprach, wie man durch Dampf das Entstehen eines Erdbebens veranschaulichen und daß man einem darauf bezüglichen Apparat die Gestalt eines blasenden Menschen geben könne. Indem er erzählte, Dädalus habe nach der Überlieferung aus Holz ein Minervabild gemacht, das beweglich gewesen sei und gesungen habe, erklärt er, auf welche Art sich das bewerkstelligen lasse. An den Besuch des Königs Wilhelm von Holland in Köln knüpft sich die Sage, wie Albert ihn und sein Gefolge im Dominikanerkloster empfing und sie einlud, im Klostergarten ein Mahl einzunehmen, wie den ungern Eintretenden statt des gefürchteten Frostes warmer Sommer, Blumenduft und Vögelgesang entgegenblühte, und wie Albert seine Gäste mit köstlichem Wein, jeden mit dem gewünschten, bewirtete. Die Zauberkunst, Menschen anzuziehen, übte Albert tatsächlich an dem jungen König aus, der sich von ihm, um seinen Umgang länger zu genießen, nach Utrecht begleiten ließ und ihm dort für seinen Orden ein schön gelegenes Haus schenkte. Medizinische Studien Alberts mögen der Sage zugrunde liegen, daß er einen Becher besessen habe, mit dem, bald mit Wasser, bald mit Wein gefüllt, er alle Kranken geheilt habe. Wenn es ferner heißt, daß er die Tochter des Königs von Frankreich durch die Lüfte nach Köln entführt habe, daß er auf dem Rücken des Teufels nach Rom geritten sei, um den Papst von einer Sünde abzuhalten, daß er sich von Gott erbeten habe, einige Tage im Fegefeuer zubringen zu dürfen, damit er auch diese Region kennenlerne, nachdem er auf Erden alles erforscht habe, glaubt man nicht wiederum aus Nebelgewölk die Gestalt Fausts auftauchen zu sehen? Aus dem Schoße des Volkes ringt sich ein deutsches Urbild los, der Himmelhochstrebende, Unersättliche, Niebefriedigte, auf den ein flackernder Schein aus der Hölle fällt. Wie neben Gottvater beinah kameradschaftlich der Teufel steht, so steht er auch neben dem genialen Menschen, halb mächtiger Gegengott, halb betrogener Kobold. Im Bunde mit dem Teufel selbst erscheint der Verwegene doch nicht schuldig, solange er kämpft und strebt und die Götterkraft in sich fühlt, den Bösen zu überwinden.

      Wenn Albert nicht wie Goethes Faust wünschte, dem Meere Land abzugewinnen, um mit freiem Volk auf freiem Boden zu stehen, so beschützte er doch die Rechte und Freiheiten des Volkes soviel er konnte. Als Erzbischof Konrad von Hochstaden mit der Stadt Köln in einen schweren Streit geriet, gelang es Albert zweimal, eine Vermittelung herbeizuführen, wobei jedem das Seine gegeben wurde, was bei der Masse verwickelter Rechtsfragen und übergreifender Ansprüche außerordentlich schwierig war. Das Vertrauen, das beide Teile in Alberts Gerechtigkeitsliebe, Unbestechlichkeit und Sachkenntnis setzten, läßt seinen Charakter im schönsten Licht erscheinen. Bei der Sühne, der die verhängnisvolle kriegerische Auseinandersetzung folgte, fehlte seine Mitwirkung. Auch in Würzburg wurde er bei einem Streit zwischen Bischof und Bürgerschaft zur Vermittlung herangezogen und hat sie nicht versagt. Gerade diese Teilnahme an wichtigen öffentlichen Akten zeigt die frische Tätigkeit des gelehrten Dominikaners und seinen unbefangenen Sinn für die weltlichen Lebensverhältnisse.

      So unbegrenzt war das Zutrauen zu Alberts Allvermögen, daß er nicht nur für den Erbauer der Dominikanerkirche und des neuen Domes in Regensburg gehalten wurde, sondern auch den Plan zum Kölner Dom soll er entworfen haben, nachdem der alte romanische im Jahre 1248 abgebrannt war. Dabei hätten ihm die Jungfrau Maria und die Patrone und Meister der Baukunst, die Vier Gekrönten, geholfen; denn die Heiligen bemühten sich nicht weniger um ihn als der Teufel. Überhaupt soll er die gotische Bauweise in Deutschland eingeführt haben, die deshalb kurzweg die Albertinische Kunst geheißen habe. Es spricht aus dieser durch nichts zu begründenden Sage das Gefühl, daß ein neuer Geist aus diesem Manne sprach, auf den man darum alles Neue und Große bezog. Wie seine Art der Naturbetrachtung, so widersprach er auch in religiösen Dingen oft der üblichen Auffassung. »Wenn wir denen vergeben, die uns an Leib, Ehre oder Gut schadeten, das ist uns mehr nütze, als wenn wir über Meer gingen und uns ins heilige Grab legten.« »Wenn wir Lieb und Leid in rechter Demut aus Gottes Hand empfangen und beides als Gottes Gabe erkennen, so ist uns das mehr nütze, als wenn wir alle Tage einen Wagen voll Birkenreiser auf unserem Rücken zerschlügen.« »Wenn der Mensch krank ist, so glaubt er oft, daß sein Leben unnütz sei vor Gott. Wenn er aber nicht des Gebetes und der guten Werke pflegen kann, schaut seine Krankheit und sein Verlangen tiefer in die Gottheit als zehnhundert Gesunde.« Der Katholizismus war unüberwindlich groß, als er noch den Protestantismus und die Mystik in sich schloß. Erhob sich Albert über das Formelhafte und Äußerliche sowohl wie über das krampfhaft Übertriebene, was kirchliche Gebräuche so leicht verfälscht, bewegte er sich doch treu in den Schranken der Kirchlichkeit und gab viele Proben herzlicher Frömmigkeit. Auch die Askese wußte er zu schätzen und übte sie in verständiger Weise, ließ sich aber doch, als er Bischof wurde, vom Gelübde der Armut entbinden. Liebesgeschichten sind nie von ihm berichtet worden, wieviel Gerüchte auch über ihn umgingen, und wie rücksichtslos er auch als Nekromant angegriffen wurde. Die Sage von der argen Herzogstochter, die neun Jünglinge liebte und dann umbrachte, und die auch ihn besitzen wollte, führt ihn als zauberkundig, aber als unverführbar ein. Doch war er ein Freund der Frauen und der Frauenbildung. Im Gegensatz zur Bibel forderte er, daß im Falle des Ehebruchs nicht nur der Mann die Frau, sondern auch die Frau den Mann entlassen dürfe. Das Recht, die ehebrecherische Frau zu töten, sprach er dem Manne ab.

      In allen seinen Anschauungen hielt er die Mitte ein, nicht im Sinne des Mittelmäßigen, Verwaschenen, Verplatteten, sondern so, daß er das Entgegengesetzte zu verbinden suchte, wie es wirklich im Wesen der Menschen verbunden ist. Er war ein Gegner der Gütergemeinschaft, wie sie Plato lehrte; aber wenn er den Privatbesitz für zulässig und sogar löblich erklärte, so sagte er doch, daß der Mensch nicht unbedingt Herr seiner Güter sei. Privatbesitz, der über das hinausgehe, was man zur Befriedigung der Lebensbedürfnisse benötige, müsse den Ärmeren zugute kommen. Der Besitzer überflüssiger Güter sei eigentlich nur Verwalter des Armengutes. Im Falle der Not werde Privatbesitz Gemeinbesitz, weil nach dem Naturrecht im Notfalle alles gemeinsam sei. Das folge aus der Zusammengehörigkeit aller im Staate. Im allgemeinen lehnte er sich in allen den Staat betreffenden Fragen an Aristoteles, zuweilen an Augustinus. Das Fundament des Staates ist ihm die Gerechtigkeit; er erinnert an das Wort des Augustinus: »Ohne Gerechtigkeit sind die Staaten weiter nichts als große Räuberbanden.« Wenn der Zweck des Staates ist, die Bürger zu versittlichen, so bildet dabei doch die Wirklichkeit des Lebens eine Grenze. So hielt er z. B. das Zinsnehmen für gestattet. Den Krieg sah er als ein Übel an, nicht aber den Soldatenstand für unsittlich oder unerlaubt; denn im Interesse seiner Souveränität müsse der Staat gerüstet sein und dürfe zur Verteidigung auch Kriege führen; Kriege gegen heidnische Völker zum Zwecke der Bekehrung dagegen verwarf er, ganz abweichend von den herrschenden Ansichten und Gepflogenheiten. Widerstand gegen Tyrannen hielt er für erlaubt. Der Staat war ihm nicht Machtstaat, sondern in erster Linie Kulturstaat.

      Das Umfassen aller Gebiete des Glaubens, des Denkens und des Lebens macht Albert so groß. In alles, was er tat oder bearbeitete, vertiefte er sich gründlich, mit Leidenschaft. Die Menge seiner Schriften ist so groß, daß man meint, er müsse sein Leben mit der Feder in der Hand zugebracht haben. Doch schätzte ihn der Orden nicht nur als Prediger und als Universitätslehrer, sondern auch als Verwalter. In der Freundschaft war er treu und in der Anerkennung fremden Verdienstes so selbstlos und hingebend, daß er, als die Lehre des Thomas von Aquino in Paris angegriffen wurde, trotz seines hohen Alters, denn er war in der Mitte der achtziger Jahre, dorthin reiste, um seinen verstorbenen Schüler und Freund zu verteidigen. Es war ihm eine lange Lebenszeit beschieden, damit er alle Stufen des Lebens durchschreiten und ihre verschiedenen Aufgaben erfüllen könne. Er starb neunzigjährig im Jahre 1280.

       Inhaltsverzeichnis

      Man hat die Zeit, die dem Untergang der Hohenstaufen folgte, während der ausländische Fürsten zu Königen gewählt wurden, die Deutschland teils gar nicht, teils nur flüchtig betraten, das Interregnum, das Zwischenreich, genannt und pflegt sie als eine Zeit des Niedergangs, des allgemeinen Verderbens zu betrachten. Wie richtig das auch ist, so ist doch kein Niedergang


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