Sherlock Holmes: Ein Skandal in Böhmen und andere Krimis (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch). Arthur Conan Doyle

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Sherlock Holmes: Ein Skandal in Böhmen und andere Krimis (Zweisprachige Ausgabe: Deutsch-Englisch) - Arthur Conan Doyle


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antwortete ich.

      »So leben Sie wohl, Herr Wilson, und erlauben Sie mir, Ihnen nochmals zu der Stellung zu gratulieren, die Sie, vom Glück begünstigt, gewonnen haben.« Grüßend begleitete er mich bis an die Tür; ich ging heim mit meinem Gehilfen und wußte kaum, was ich denken oder sagen sollte, so vergnügt war ich über die glückliche Wendung meines Geschicks.

      »Den ganzen Tag überlegte ich die Geschichte hin und her, und als der Abend kam, war ich wieder kleinlaut geworden, denn am Ende lief die ganze Sache vielleicht nur auf einen schlechten Spaß oder einen Betrug hinaus, obwohl ich mir den Zweck desselben nicht zu erklären vermochte. Es schien fast unglaublich, daß jemand solche letztwillige Verfügung treffen könne, oder daß eine derartige Rente für eine so einfache Sache gezahlt werde, wie die Abschrift der Encyclopaedia Britannica. Spaulding tat zwar, was er vermochte, um meinen Mut zu heben, als ich aber zu Bett ging, hatte ich in Gedanken die ganze Geschichte an den Nagel gehängt. Indessen am andern Morgen beschloß ich, dennoch einen Blick in das Kontor zu werfen. Ich kaufte ein Fläschchen Tinte und begab mich mit allem Schreibzeug und vielen Bogen Konzeptpapier nach Popes Court.

      »Zu meinem Staunen und zu meiner Freude fand ich alles ganz in Ordnung. Der Tisch stand bereit, und Duncan Roß war da, um mich in die Arbeit einzuführen. Er ließ mich beim Buchstaben A anfangen und entfernte sich mit dem Versprechen, dann und wann nach mir zu sehen. Um zwei Uhr verabschiedete er mich, lobte meinen Fleiß und schloß die Kontortüre hinter mir ab.

      »So ging es Tag für Tag weiter, Herr Holmes, und am Sonnabend erschien der Beamte und legte mir vier Goldstücke als Wochenlohn hin. Acht Tage später war es wieder so und auch die Woche darauf. Jeden Morgen erschien ich um zehn auf meinem Posten und verließ ihn um zwei. Allmählich kam Herr Roß nur einmal täglich, und später kam er gar nicht mehr. Dennoch wagte ich es selbstverständlich nicht, die Stube auch nur auf Augenblicke zu verlassen, war ich doch nie sicher, ob er kommen würde oder nicht. Die Anstellung war so günstig und paßte mir so gut, daß ich sie nicht aufs Spiel setzen wollte. So verstrichen acht Wochen, ich hatte von A … bis Attika geschrieben und hoffte durch Fleiß bald an das B zu gelangen. Es kostete mich viel Konzeptpapier, und meine Schreiberei füllte beinahe ein Fach aus. Da plötzlich nahm das ganze Geschäft ein Ende.«

      »Ein Ende?«

      »Ja, Herr Holmes. Und zwar heute morgen. Wie sonst erscheine ich um zehn Uhr zur Arbeit, aber die Tür ist verschlossen, und mitten darauf ist mit einem Stift eine Karte angeheftet. Da ist sie, lesen Sie selbst.«

      Er zog eine Karte in der Größe eines kleinen Briefbogens hervor; darauf stand geschrieben:

      »Der Bund der Rothaarigen ist aufgelöst.«

      Sherlock Holmes und ich betrachteten diese kurze Ankündigung und dazu das klägliche Gesicht des Pfandverleihers, bis die Sache uns so komisch vorkam, daß wir, jede andere Rücksicht außer acht lassend, in lautes Gelächter ausbrachen.

      »Ich kann gar nichts so Lächerliches dabei finden«, rief unser Klient, und das Blut stieg ihm zu Kopfe bis in die Wurzeln seines brandroten Haares. »Wenn Sie nichts Besseres wissen, als mich auszulachen, so kann ich wo anders hingehen!«

      »Nein, nein«, rief Holmes und drückte ihn wieder in den Stuhl zurück, aus dem er sich halb erhoben hatte. »Um keinen Preis möchte ich Ihren Fall aufgeben. So etwas Ungewöhnliches tut ja Leib und Seele wohl; aber, verzeihen Sie, die Sache hat etwas sehr Komisches. Bitte, welche Schritte taten Sie, als Sie die Notiz an der Tür fanden?«

      »Ich war verblüfft, Herr Holmes. Ich wußte nicht, was ich tun sollte. In den Geschäften der Nachbarschaft, wo ich anfragte, schien niemand etwas zu wissen. Endlich ging ich zum Hauswirt, einem Buchhalter, der im Parterre wohnt, und erkundigte mich bei ihm, was aus dem Bunde der Rothaarigen geworden sei. Er erklärte mir, von einer solchen Körperschaft nie etwas gehört zu haben. Dann fragte ich ihn, wer Herr Duncan Roß sei. Aber der Name war ihm fremd.

      »Ich meine den Herrn auf Nr. 4.«

      »Was, den rothaarigen Mann?«

      »Ja.«

      »Der heißt William Morris. Er ist Anwalt und benützte mein Zimmer nur zur Aushilfe, bis sein neues Lokal fertig wurde. Er ist gestern umgezogen.«

      »Wo kann ich ihn finden?«

      »Auf seinem neuen Büro.« – Er gab mir die Adresse: King Edward-Street 17, bei St. Paul.

      Ich machte mich rasch auf den Weg, Herr Holmes; als ich dort ankam, fand ich eine Fabrik von Gummistrümpfen, und kein Mensch hatte je etwas von William Morris oder von Duncan Roß gehört.«

      »Was taten Sie dann?« fragte Holmes.

      »Ich ging nach Hause und fragte meinen Gehilfen um Rat. Doch vermochte der mir in keiner Weise zu helfen. Er meinte nur, wenn ich wartete, würde ich gewiß brieflich etwas erfahren. Das genügte mir aber nicht, Herr Holmes. Solch eine Stelle wollte ich nicht so ohne weiteres verlieren, und da ich erfuhr, daß Sie so freundlich sind, armen Leuten in der Not Rat zu erteilen, kam ich geradeswegs zu Ihnen.«

      »Daran taten Sie recht. Ihre Geschichte ist ganz merkwürdig, und ich will sie mit dem größten Vergnügen zu enträtseln suchen. Ihren Mitteilungen entnehme ich, daß die Sache ernstere Folgen haben kann, als auf den ersten Blick erscheinen mag.«

      »Ernst genug!« sagte Wilson. »Ich habe ja 4 Pfund wöchentlich verloren.«

      »Was Sie persönlich betrifft, bemerkte Holmes, »so haben Sie gerade nicht viel Grund zur Unzufriedenheit mit diesem seltsamen Bunde. Irre ich nicht, so sind Sie um etwa dreißig Pfund reicher geworden, ganz abgesehen von der eingehenden Kenntnis, die Sie von allem, was mit dem Buchstaben A beginnt, erlangten. Verloren haben Sie also nichts durch die Leute.«

      »Nein, Herr Holmes. Aber ich will dahinter kommen, will wissen, wer die Leute sind und weshalb sie mir diesen Possen gespielt haben – wenn es ein Possen ist. Ihnen kam der Spaß ziemlich teuer zu stehen, zweiunddreißig bare Pfund hat er sie gekostet.«

      »Wir werden uns Mühe geben, diese Punkte für Sie aufzuklären. Vorerst einige Fragen, Herr Wilson: Wie lange war der Gehilfe, der zuerst Ihre Aufmerksamkeit auf die Anzeige lenkte, damals schon bei Ihnen?«

      »Damals ungefähr einen Monat.«

      »Wie kam er zu Ihnen?«

      »Durch ein Inserat in der Zeitung.«

      »War er der einzige, der sich meldete?«

      »Nein, ich hatte ein Dutzend Anmeldungen.«

      »Warum wählten Sie gerade ihn?«

      »Weil er geschickt war und billige Anforderungen stellte.«

      »Für halben Lohn, – nicht wahr?«

      »Ja.«

      »Wie sieht er aus, dieser Vincent Spaulding?«

      »Er ist klein, untersetzt, sehr gelenkig und trägt kurze Hosen, obwohl er vielleicht nahe an dreißig ist. Auf der Stirn hat er eine weiße Narbe.«

      Ganz aufgeregt fuhr Holmes in die Höhe. »Dacht’ ich’s doch«, sagte er. »Haben Sie je bemerkt, daß seine Ohren durchstochen sind zum Einhängen von Ohrringen?«

      »Ja. Er sagte mir, eine Zigeunerin habe ihm die Ohrlöcher gestochen, als er ein Knabe war.«

      »Hm«, meinte Holmes und versank in tiefes Nachdenken. »Ist er noch bei Ihnen?«

      »Jawohl; eben erst verließ ich ihn.«

      »Wurden Ihre Geschäfte während Ihrer Abwesenheit ordentlich besorgt?«

      »Darüber läßt sich nicht klagen, am Morgen ist nie sehr viel zu tun.«

      »Das genügt, Herr Wilson. Hoffentlich vermag ich Ihnen schon in den allernächsten Tagen meine Ansicht über die Sache mitzuteilen. Heute ist Sonnabend, vielleicht können wir am Montag zu einem Ergebnis gelangen.« –

      »Nun,


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