Die Rückkehr des Sherlock Holmes. Arthur Conan Doyle

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Die Rückkehr des Sherlock Holmes - Arthur Conan Doyle


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er zeigte die frohe Miene eines Mannes, der sich einer seinen Fähigkeiten entsprechenden Aufgabe gegenüber gestellt sieht.

      »Mein erster Gang, Watson,« sagte er, indem er in seinen Rock schlüpfte, »ist, wie erwähnt, nach Blackheath.«

      »Und warum nicht nach Norwood?«

      »Weil in diesem Falle zwei eigentümliche Ereignisse kurz aufeinander gefolgt sind. Die Polizei begeht den Irrtum, ihre ganze Aufmerksamkeit auf das zweite zu lenken, weil dieses zufällig das Verbrechen vorstellt. Mir ist es jedoch klar, daß der richtige Weg zum Verständnis der zweiten Begebenheit, des Verbrechens, von der ersten, dem auffallenden Testament, seinen Ausgang nehmen muß. Ich will also versuchen, zunächst etwas Licht in den ersten Teil zu bringen, in das so urplötzlich und zu gunsten eines so eigentümlichen Erben gemachte Testament. Darnach werden wir den zweiten Teil leichter verstehen.«

      »Soll ich mitkommen?«

      »Nein, mein Lieber, ich glaube deine Begleitung heute nicht nötig zu haben. Diese Untersuchung ist gewiß nicht gefährlich, sonst würde ich mich wohl hüten, allein zu gehen. Ich hoffe, dir bei meiner Rückkehr heute abend die frohe Botschaft bringen zu können, daß ich für den unglücklichen jungen Herrn, der sich meinem Schutze anvertraut hat, etwas ausgerichtet habe.«

      Es war spät, als mein Freund wiederkam, und ein einziger Blick auf sein bekümmertes Gesicht zeigte mir, daß die Hoffnungen, mit denen er weggegangen war, sich nicht erfüllt hatten. Ziemlich eine Stunde lang beschäftigte er sich mit seiner Geige, um sein unruhiges Gemüt zu besänftigen. Endlich warf er das Instrument beiseite und gab mir einen ausführlichen Bericht über seine Mißerfolge.

      »Es geht alles schief, Watson – so schief, wie’s nur gehen kann. Ich habe mir zwar Lestrade gegenüber keine Schwache anmerken lassen, aber, meiner Seele, ich glaube, diesmal hat er recht, und wir sind auf dem Holzweg. Die Tatsachen widersprechen meinem Gedankengang und meinen Ahnungen vollständig, und ich fürchte stark, daß sich die englischen Gerichte noch nicht zu der idealen Auffassung emporgeschwungen haben, daß sie meinen Theorien den Vorzug vor Lestrades Tatsachenmaterial geben.«

      »Warst du in Blackheath?«

      »Jawohl, ich war dort und überzeugte mich bald, daß der selige Oldacre ein ziemlich gemeiner Charakter war. Farlanes Vater war auf der Suche nach seinem Sohne. Die Mutter traf ich zu Hause. Sie ist eine kleine, leicht erregbare Frau mit blauen Augen; sie zitterte vor Schrecken und Entrüstung. Selbstverständlich gab sie nicht einmal die Möglichkeit der Schuld ihres Sohnes zu. Aber über das Schicksal des alten Oldacre drückte sie weder Ueberraschung noch Bedauern aus. Im Gegenteil, sie sprach mit einer solchen Bitterkeit von ihm, daß sie, ohne es zu wissen, die Annahme der Polizei förderte. Denn natürlich mußte der Sohn, wenn er solche Sprache über den Mann gehört hatte, von Haß und Widerwillen gegen ihn erfüllt sein. »Er glich einem bösartigen, hinterlistigen Affen mehr als einem Menschen,« sagte sie, »und das war von jeher so, schon als junger Mensch war er so.«

      »›Haben Sie ihn denn damals schon gekannt?‹ fragte ich sie.

      »›Jawohl, sehr gut; er war ja ‘n alter Freier von mir. Gott sei Dank, daß ich so vernünftig war, mich von ihm loszusagen und einen besseren, wenn auch ärmeren Mann zu heiraten. Ich war mit ihm verlobt, Herr Holmes, als ich erfuhr, wie er eine Katze in ein Vogelbauer gesperrt hatte, und ich war so empört über diese Grausamkeit, daß ich nichts mehr mit ihm zu tun haben wollte.‹ Sie suchte in einer Schublade herum und brachte die Photographie einer jungen Dame zum Vorschein. Das Bild war furchtbar verunstaltet und mit einem Messer zerschnitten. ›Das ist meine eigene Photographie,‹ sagte sie. ›In diesem Zustand hat er sie mir mit einem Fluch am Morgen meines Hochzeitstages zugeschickt.‹

      »›Nun,‹ sagte ich, ›er scheint sich doch allmählich mit Ihnen ausgesöhnt zu haben, insofern er Ihrem Sohn sein ganzes Vermögen vermacht hat.‹

      »›Weder mein Sohn, noch ich brauchen etwas von Jonas Oldacre, weder bei seinen Lebzeiten noch nach seinem Tode,‹ rief sie ganz erregt. ›Es lebt ein Gott im Himmel, Herr Holmes, und dieser Gott, der den Bösen gestraft hat, wird auch offenbaren, daß die Hände meines Sohnes unschuldig sind an diesem Blute.‹

      »Ich versuchte noch durch List, etwas Bestimmtes aus ihr herauszubringen, das unsere Annahme hätte stützen können, bekam aber nur solche Dinge zu hören, die eher das Gegenteil bewiesen hätten. So steckte ich’s schließlich auf und ging nach Norwood.

      »Das Deep Dene House ist ein großer Backsteinbau in modernem Villenstil. Es steht etwas zurück, und davor ist ein Garten mit Lorbeergebüsch. Hinter dem Haus befindet sich der Hof, wo das Holz liegt, der Schauplatz des Schadenfeuers. Ich habe hier in meinem Notizbuch eine flüchtige Skizze. Das Fenster links ist das einzige in Oldacres Schlafzimmer. Man kann von der Straße aus hineinsehen, wie du erkennen wirst – das ist ungefähr der einzige Trost, der mir geblieben ist. Lestrade war nicht da, er wurde durch seinen Wachtmeister vertreten. Sie hatten gerade einen wichtigen Fund gemacht. Beim Durchsuchen der Asche des verbrannten Holzhaufens hatten sie verkohlte Knochenreste und ein paar Metallstückchen zutage gefördert. Ich habe die letzteren sorgfältig untersucht und zweifellos festgestellt, daß es Hosenknöpfe waren. Ich habe an einem derselben sogar den Namen »Hyams« erkennen können, der Firma von Oldacres Schneider. Ich habe dann den Garten und den Rasen um das Haus herum genau nach irgendwelchen Spuren und Fährten durchforscht. Es war aber infolge der großen Trockenheit weiter nichts zu sehen, als daß, ein größerer Gegenstand durch eine niedrige, in der Richtung nach dem Holzhaufen liegende Rainweidenhecke geschleift worden war. Dies alles bestätigt natürlich nur die Auffassung der Polizei! Ich bin lange trotz der brennenden Augustsonne auf dem Rasen umhergekrochen; ich war aber am Ende nicht schlauer als am Anfang.

      »Nach diesem Fiasko begab ich mich ins Schlafzimmer und unterwarf es einer ebenso gründlichen Untersuchung wie den Hof und den Garten. Die Blutspuren waren äußerst geringfügig, fast farblos und wie umhergeschmiert, aber sicher frisch. Den Stock hatte die Polizei schon in Beschlag genommen, aber auch diese Blutflecken waren nur unbedeutend. Daß der Stock unserem Klienten gehört, unterliegt keinem Zweifel, er gibt es selbst zu. Die Fußspuren der beiden Männer waren auf dem Teppich zu erkennen, aber keine einer dritten Person, was wieder Wasser auf die Mühle der Gegenpartei ist, die ihrerseits die Verdachtsmomente zusammenreiht, während wir auf dem toten Punkt sind.

      »Nur ein Hoffnungsschimmer dämmerte in mir auf – aber auch er ist nur sehr, sehr schwach. Ich prüfte den Schrank; sein Inhalt war größtenteils herausgenommen und lag auf dem Tische. Die Papiere waren geordnet und in große Kuverts gesteckt, die dann zugesiegelt worden waren. Die Polizei hatte einige geöffnet. So weit ich es beurteilen kann, hatten die darin befindlichen Papiere keinen großen Wert, auch das Bankbuch des Herrn Oldacre ließ die Vermögensverhältnisse nicht sehr glänzend erscheinen. Es kam mir aber vor, als ob Papiere fehlen müßten – vielleicht waren das gerade die wichtigsten – aber ich konnte sie, trotzdem ich alles danach durchsuchte, nicht finden. Dieser Umstand würde natürlich, wenn uns der Nachweis wirklich gelänge, von der größten Bedeutung sein, indem er Lestrades Begründung direkt widerspräche; denn wer wird Wertpapiere stehlen, die er bald erbt?

      »Am Ende, nachdem ich alles vergeblich durchgesehen hatte, versuchte ich mein Glück mit der Haushälterin. Ihr Name ist Lexington, sie ist ein kleines, dunkles Weib, verschwiegen und argwöhnisch. Sie könnte uns manches sagen, wenn sie wollte, davon bin ich fest überzeugt. Aber sie war stumm wie eine Wachsfigur. Sie habe Herrn Farlane um halb zehn die Tür geöffnet. Sie wünsche, daß ihr lieber vorher die Hand verdorrt wäre. Sie sei um halb elf zu Bett gegangen. Ihr Zimmer liege nach der entgegengesetzten Seite, sodaß sie nichts hätte hören können. Erst vom Feuerlärm wäre sie munter geworden. Herr Farlane habe Hut und Stock im Hausflur gelassen, dessen erinnere sie sich ganz bestimmt.

      Ihr armer guter Herr wäre sicherlich ermordet worden. ›Hatte er Feinde?‹ Nun, jeder Mensch habe Feinde, aber Herr Oldacre habe sehr zurückgezogen gelebt und nur geschäftlich mit den Leuten verkehrt. Sie habe die Knöpfe gesehen und genau erkannt, daß sie von dem Anzug seien, den er den letzten Abend angehabt habe. Das Holz sei, weil es vier Wochen nicht geregnet habe, sehr dürr gewesen, und habe gebrannt wie Zunder. Als sie dazu gekommen wäre, sei alles ein


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