Else Ury: Die beliebtesten Kinderbücher, Romane, Erzählungen & Märchen (110 Titel in einem Band). Else Ury

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Else Ury: Die beliebtesten Kinderbücher, Romane, Erzählungen & Märchen (110 Titel in einem Band) - Else Ury


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ihr und Klaus gar zu wild tobte.

      Aber Annemarie sowohl wie Gerda atmeten doch beide erleichtert auf, als das Raubtierhaus mit seinen Gefahren hinter ihnen lag.

      Das Affenhaus, ei, das war ein ganz anderes Ding, da konnte das gepreßte Herzchen wieder beruhigt schlagen. Ja, das Affenhaus war das Schönste vom ganzen Zoologischen Garten!

      Wie sie sprangen und kletterten, die kleinen Äffchen. Hier schaukelte sich eins, dort spielten zwei wie Kinder Haschen, und drüben prügelten sich gar ein paar kleine Feinde. Annemie hätte ihr ganzes Leben lang hier stehen und zuschauen mögen. Gerda freilich war so dumm, sogar bei den harmlosen Äffchen furchtsame Augen zu machen.

      Aber als Annemarie hell und lustig auflachte über die possierlichen Tierchen, da verzog Puppe Gerda das Gesicht auch zu einem Lachen, aber sie sah dabei aus, als ob sie Zahnschmerzen habe.

      »Ach, Onkel Heinrich, sieh nur das süße Äffchen hier, das betet gerade.« Nesthäkchen wies andächtig auf einen Affen, der die Hände bettelnd erhoben hatte.

      »Wer so schön bittet, soll auch etwas kriegen!« Onkel Heinrich ließ sein Nichtchen los, da ja hier keine Gefahr war, und zog eine vielversprechende Tüte aus der Rocktasche. Daraus holte er eine Knackmandel und reichte sie dem kleinen Vierhänder durch die Gitterstäbe.

      Geschickt knackte der braune Gesell die Mandel auf, die Schalen aber warf er voll Unverschämtheit Onkel Heinrich an den Kopf.

      »Du, sei nicht so frech zu meinem Onkel, ist das etwa der Dank!« machte Annemarie ihm Vorwürfe, während die andern sich gottvoll amüsierten.

      Das Äffchen ließ sich in seiner Mahlzeit nicht stören. Die Jungen hatten Onkel die Tüte abgebettelt, das Füttern machte ihnen den größten Spaß. Klaus ließ es allerdings dabei nicht bewenden. Er begann die Affen zu necken. Erst hielt er ihnen eine Knackmandel verlockend hin, und wenn sie danach faßten, zog er sie schnell wieder zurück. Da besann sich der eine Affe nicht lange, er holte aus und – schwapp – hatte Kläuschen seine Ohrfeige weg.

      Laut aufschrie er vor Schreck. Onkel Heinrich aber schmunzelte: »Das ist dir gesund, mein Junge, sogar der Affe weiß, was dir, Bandit, zuträglich ist.«

      Auch Nesthäkchen beteiligte sich am Füttern. Die Äffchen waren ja so zahm, die taten ihr nichts.

      Wieder hielt Annemarie ihrem besten Freunde, einem Äffchen mit fabelhaft ähnlichem Menschengesicht, ihre Gabe hin. Der aber griff, statt nach der Mandel, plötzlich nach Puppe Gerda. Ehe Annemarie wußte, wie ihr geschah, hatte nicht mehr sie, sondern der Affe das entsetzte Puppenkind im Arm.

      »Meine Puppe, meine Gerda!« laut aufkreischte Nesthäkchen, es brach in ein bitterliches Geheul aus. Das Äffchen aber sprang mit Puppe Gerda seelenvergnügt auf den Kletterbaum und begann ihre schönen Haare zu frisieren.

      Die umstehenden Besucher lachten aus vollem Halse, während Klein-Annemarie aus vollem Halse schrie!

      Mit hilflosen Augen, voll Todesangst, blickte die arme Gerda, die der Affe jetzt liebevoll in seinen langen Armen wiegte, zu ihrer schreienden, kleinen Mama herab.

      Onkel Heinrich lachte ebenfalls dröhnend, und auch Tante Käthchen und die Brüder stimmten mit ein. Der Anblick war überwältigend komisch. Nur Großmama, die allerbeste, neigte sich zärtlich zu dem jammernden Enkelchen herab und tröstete: »Er wird sie schon wiedergeben, weine nur nicht, Liebling.«

      Aber der Affe war weniger liebenswürdig, als Großmama annahm. Er dachte gar nicht daran, sich von Puppe Gerda zu trennen. Im Gegenteil, sie gefiel ihm von Minute zu Minute besser. Zärtlich streichelte er sie mit seinen behaarten Pfoten. Als der Wärter, den Onkel Heinrich herbeirief, ihn zu sich lockte, um ihm seinen Raub wieder abzunehmen, sprang er mit der Puppe in die äußerste Ecke des Käfigs. Dort saß er, die vor Angst halbtote Puppe fest an sein zottiges Fell gepreßt, und fletschte die Zähne.

      Eine wilde Jagd begann durch den Affenkäfig um Puppe Gerda. Auch die anderen Affen beteiligten sich daran, denn sie gönnten ihrem Kollegen die schöne Puppe nicht. Vor dem Affenhaus sammelte sich eine dichte Menschenmenge. Alles schrie, lachte und johlte, und nur ein kleines Mädchen weinte bitterlich. Ganz vorn stand es am Gitter und rief vergebens in den zärtlichsten Mutterlauten: »Gerda, meine süße, kleine Gerda!«

      Endlich hatte der Wärter den kecken Dieb erwischt. Er befreite die ohnmächtige Gerda aus den langen, zottigen Affenarmen, zog dem braunen Mosjö eins mit seinem Stock über und legte das unverletzte, wenn auch etwas zerdrückte Puppenkind seinem jammernden Mütterchen in die Arme. Die glückselige Freude des reizenden kleinen Blondkopfes mit anzusehen, war geradezu rührend.

      »Na, ich denke, wir stärken uns jetzt erst mal auf den Schreck«, meinte Onkel Heinrich, nachdem er dem Wärter ein Trinkgeld gegeben.

      Klein-Annemaries Blauaugen, an denen noch blanke Tränen zitterten, strahlten. Wenn Onkel Heinrich von »stärken« sprach, dann pflegte der Apfelkuchen mit Schlagsahne nicht mehr lange auf sich warten zu lassen.

      Puppe Gerda schlug mit Hinsicht auf die bevorstehenden Herrlichkeiten schnell wieder ihre Klappaugen auf. Ach, wie glücklich war sie, Klein-Annemaries rosiges Gesichtchen über sich zu sehen und nicht mehr das des braunen, fletschenden Unholds.

      Auf dem Wege zu der im Zoologischen Garten gelegenen Konditorei traf Tante Käthchen Bekannte. Auch Onkel Heinrich und Großmama beteiligten sich an der Unterhaltung. Dieselbe währte ziemlich lange. Die Kinder, die nach ihrem Apfelkuchen verlangten, wurden ungeduldig.

      Hans und Klaus unterhielten sich damit, den Seehund, bei dem man gerade Posto gefaßt hatte, durch Steinwürfe aus dem Wasser herauszulocken. Dabei wurden die reinen Waschanzüge von oben bis unten bespritzt.

      Nesthäkchen und Puppe Gerda aber blieben bei der kaum zehn Schritt entfernten Musikkapelle stehen. Dort ließ die Kleine ihr Puppenkind zur Entschädigung für die ausgestandene Angst nach der Musik tanzen.

      Als Annemarie, nachdem die Trompeten und Pauken schwiegen, sich umwandte, ob denn Tante Käthchen noch immer nicht mit ihrer Unterhaltung fertig war, wurden ihre Augen noch einmal so groß. Der Platz, auf dem Großmama, Onkel und Tante gestanden hatten, war leer. Nirgends eine Spur von ihnen, auch Hans und Klaus waren nicht zu erblicken.

      Daß sie selbst um die Musikhalle herumgegangen war, um die große Pauke besser sehen zu können, und sich nun auf der anderen Seite der Halle befand, daran dachte Klein-Annemarie in ihrem Schreck nicht.

      Sie tat das Törichtste, was sie nur tun konnte. Die kaum versiegten Tränen stürzten ihr wieder aus den Augen, weinend lief sie in irgendeiner Richtung davon. So entfernte sie sich immer mehr von den auf der anderen Seite der Musikhalle angstvoll nach ihr Suchenden. Wäre sie dagegen ruhig stehengeblieben, so hätte man sie sicher bald gefunden. Denn Onkel Heinrich umkreiste die Musikhalle, die dicht von Zuhörern umlagert war, beim Suchen soundso oft.

      Großmama war halbtot vor Angst. Ihr Liebling – ihr Herzblatt – Gott weiß, was ihm geschehen war. Die erregte, alte Dame sah bereits die Kleine von den wilden Tieren zerrissen, sie hatte ja Nesthäkchens Fürwitz genügend kennengelernt. Und das Abenteuer von Puppe Gerda trug noch dazu bei, daß Großmama sich die schrecklichsten Bilder ausmalte. Was konnte der Kleinen nicht alles passieren!

      »Wir wollen uns trennen und jeder nach ihr suchen«, schlug Bruder Hans vor.

      Aber »hiergeblieben!« donnerte Onkel Heinrich, denn er sorgte sich, trotzdem er die andern wegen ihrer Aufregung auslachte, heimlich gerade wie sie um das anvertraute Kind. »Das fehlte noch, daß ihr auch noch durchbrennt!« Er packte jeden der Jungen der Sicherheit halber beim Kragen.

      Tante Käthchen war leichenblaß. Wie sollte sie ihrer Schwester jemals wieder vor die Augen kommen, wenn Nesthäkchen etwas zugestoßen war.

      Alle möglichen Leute hielt Onkel Heinrich an und fragte sie, ob sie nicht ein kleines, siebenjähriges Mädchen im weißen Stickereikleid mit blondem Lockenkopf und einer Puppe auf dem Arm gesehen hätten.

      Der eine schickte sie dahin, der andere dorthin, aber stets war es ein ganz anderes Kind als Annemarie.

      »In


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