Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer. Arthur Schopenhauer

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Die wichtigen Werke von Arthur Schopenhauer - Arthur Schopenhauer


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Zusätze

      Ergänzungen zum ersten Buch

       Inhaltsverzeichnis

      1-4: Die Lehre von der anschaulichen Vorstellung

      »Warum willst du dich von uns Allen Und unsrer Meinung entfernen?«- Ich schreibe nicht euch zu gefallen, Ihr sollt was lernen.

       - Goethe -

      1. Zur idealistischen Grundansicht

       Inhaltsverzeichnis

      Im unendlichen Raum zahllose leuchtende Kugeln, um jede, von welchen etwan ein Dutzend kleinerer, beleuchteter sich wälzt, die inwendig heiß, mit erstarrter, kalter Rinde überzogen sind, auf der ein Schimmelüberzug lebende und erkennende Wesen erzeugt hat: – dies ist die empirische Wahrheit, das Reale, die Welt. Jedoch ist es für ein denkendes Wesen eine mißliche Lage, auf einer jener zahllosen im gränzenlosen Raum frei schwebenden Kugeln zu stehn, ohne zu wissen woher noch wohin, und nur Eines zu seyn von unzählbaren ähnlichen Wesen, die sich drängen, treiben, quälen, rastlos und schnell entstehend und vergehend, in anfangs- und endloser Zeit: dabei nichts Beharrliches, als allein die Materie und die Wiederkehr der selben, verschiedenen, organischen Formen, mittelst gewisser Wege und Kanäle, die nun ein Mal da sind. Alles was empirische Wissenschaft lehren kann, ist nur die genauere Beschaffenheit und Regel dieser Hergänge. – Da hat nun endlich die Philosophie der neueren Zeit, zumal durch Berkeley und Kant, sich darauf besonnen, daß Jenes alles zunächst doch nur ein Gehirnphänomen und mit so großen, vielen und verschiedenen subjektiven Bedingungen behaftet sei, daß die gewähnte absolute Realität desselben verschwindet und für eine ganz andere Weltordnung Raum läßt, die das jenem Phänomen zum Grunde Liegende wäre, d.h. sich dazu verhielte, wie zur bloßen Erscheinung das Ding an sich selbst.

      »Die Welt ist meine Vorstellung« – ist, gleich den Axiomen Euklids, ein Satz, den Jeder als wahr erkennen muß, sobald er ihn versteht; wenn gleich nicht ein solcher, den Jeder versteht, sobald er ihn hört. – Diesen Satz zum Bewußtseyn gebracht und an ihn das Problem vom Verhältniß des Idealen zum Realen, d.h. der Welt im Kopf zur Welt außer dem Kopf, geknüpft zu haben, macht, neben dem Problem von der moralischen Freiheit, den auszeichnenden Charakter der Philosophie der Neueren aus. Denn erst nachdem man sich Jahrtausende lang im bloß objektiven Philosophiren versucht hatte, entdeckte man, daß unter dem Vielen, was die Welt so rätselhaft und bedenklich macht, das Nächste und Erste Dieses ist, daß, so unermeßlich und massiv sie auch seyn mag, ihr Daseyn dennoch an einem einzigen Fädchen hängt: und dieses ist das jedesmalige Bewußtseyn, in welchem sie dasteht. Diese Bedingung, mit welcher das Daseyn der Welt unwiderruflich behaftet ist, drückt ihr, trotz aller empirischen Realität, den Stämpel der Idealität und somit der bloßen Erscheinung auf; wodurch sie, wenigstens von Einer Seite, als dem Traume verwandt, ja als in die selbe Klasse mit ihm zu setzen, erkannt werden muß. Denn die selbe Gehirnfunktion, welche, während des Schlafes, eine vollkommen objektive, anschauliche, ja handgreifliche Welt hervorzaubert, muß eben so viel Antheil an der Darstellung der objektiven Welt des Wachens haben. Beide Welten nämlich sind, wenn auch durch ihre Materie verschieden, doch offenbar aus Einer Form gegossen. Diese Form ist der Intellekt, die Gehirnfunktion. – Wahrscheinlich ist Cartesius der Erste, welcher zu dem Grade von Besinnung gelangte, den jene Grundwahrheit erfordert und, in Folge hievon, dieselbe, wenn gleich vorläufig nur in der Gestalt skeptischer Bedenklichkeit, zum Ausgangspunkt seiner Philosophie machte. Wirklich war dadurch, daß er das Cogito ergo sum als allein gewiß, das Daseyn der Welt aber vorläufig als problematisch nahm, der wesentliche und allein richtige Ausgangspunkt und zugleich der wahre Stützpunkt aller Philosophie gefunden. Dieser nämlich ist wesentlich und unumgänglich das Subjektive, das eigene Bewußtseyn. Denn dieses allein ist und bleibt das Unmittelbare: alles Andere, was immer es auch sei, ist durch dasselbe erst vermittelt und bedingt, sonach davon abhängig. Daher geschieht es mit Recht, daß man die Philosophie der Neueren vom Cartesius, als dem Vater derselben, ausgehn läßt. Auf diesem Wege weiter gehend gelangte, nicht lange darauf, Berkeley zum eigentlichen Idealismus, d.h. zu der Erkenntniß, daß das im Raum Ausgedehnte, also die objektive, materielle Welt überhaupt, als solche, schlechterdings nur in unserer Vorstellung existirt, und daß es falsch, ja absurd ist, ihr, als solcher, ein Daseyn außerhalb aller Vorstellung und unabhängig vom erkennenden Subjekt beizulegen, also eine schlechthin vorhandene an sich seiende Materie anzunehmen. Diese sehr richtige und tiefe Einsicht macht aber auch eigentlich Berkeley's ganze Philosophie aus: er hatte sich daran erschöpft.

      Demnach muß die wahre Philosophie jedenfalls idealistisch seyn; ja, sie muß es, um nur redlich zu seyn. Denn nichts ist gewisser, als daß Keiner jemals aus sich herauskann, um sich mit den von ihm verschiedenen Dingen unmittelbar zu identificiren: sondern Alles, wovon er sichere, mithin unmittelbare Kunde hat, liegt innerhalb seines Bewußtseyns. Ueber dieses hinaus kann es daher keine unmittelbare Gewißheit geben: eine solche aber müssen die ersten Grundsätze einer Wissenschaft haben. Dem empirischen Standpunkt der übrigen Wissenschaften ist es ganz angemessen, die objektive Welt als schlechthin vorhanden anzunehmen: nicht so dem der Philosophie, als welche auf das Erste und Ursprüngliche zurückzugehn hat. Nur das Bewußtseyn ist unmittelbar gegeben, daher ist ihre Grundlage auf Thatsachen des Bewußtseyns beschränkt: d.h. sie ist wesentlich idealistisch. – Der Realismus, der sich dem rohen Verstande dadurch empfiehlt, daß er sich das Ansehn gibt thatsächlich zu seyn, geht gerade von einer willkürlichen Annahme aus und ist mithin ein windiges Luftgebäude, indem er die allererste Thatsache überspringt oder verleugnet, diese, daß Alles was wir kennen innerhalb des Bewußtseyns liegt. Denn, daß das objektive Daseyn der Dinge bedingt sei durch ein sie Vorstellendes, und folglich die objektive Welt nur als Vorstellung existirte, ist keine Hypothese, noch weniger ein Machtspruch, oder gar ein Disputirens halber aufgestelltes Paradoxon; sondern es ist die gewisseste und einfachste Wahrheit, deren Erkenntniß nur dadurch erschwert wird, daß sie gar zu einfach ist, und nicht Alle Besonnenheit genug haben, um auf die ersten Elemente ihres Bewußtseins von den Dingen zurückzugehn. Nimmermehr kann es ein absolut und an sich selbst objektives Daseyn geben; ja, ein solches ist geradezu undenkbar: denn immer und wesentlich hat das Objektive, als solches, seine Existenz im Bewußtsein eines Subjekts, ist also dessen Vorstellung, folglich bedingt durch dasselbe und dazu noch durch dessen Vorstellungsformen, als welche dem Subjekt, nicht dem Objekt anhängen.

      Daß die objektive Welt dawäre, auch wenn gar kein erkennendes Wesen existirte, scheint freilich auf den ersten Anlauf gewiß; weil es sich in abstracto denken läßt, ohne daß der Widerspruch zu Tage käme, den es im Innern trägt. – Allein wenn man diesen abstrakten Gedanken realisiren, d.h. ihn auf anschauliche Vorstellungen, von welchen allein er doch (wie alles Abstrakte) Gehalt und Wahrheit haben kann, zurückführen will und demnach versucht, eine objektive Welt ohne erkennendes Subjekt zu imaginiren; so wird man inne, daß Das, was man da imaginirt, in Wahrheit das Gegentheil von Dem ist, was man beabsichtigte, nämlich nichts Anderes, als eben nur der Vorgang im Intellekt eines Erkennenden, der eine objektive Welt anschaut, also gerade Das, was man ausschließen gewollt hatte. Denn diese anschauliche und reale Welt ist offenbar ein Gehirnphänomen: daher liegt ein Widerspruch in der Annahme, daß sie auch unabhängig von allen Gehirnen, als eine solche, daseyn sollte.

      Der Haupteinwand gegen die unumgängliche und wesentliche Idealität alles Objekts, der Einwand, der sich in Jedem, deutlich oder undeutlich, regt, ist wohl dieser: Auch meine eigene Person ist Objekt für einen Andern, ist also dessen Vorstellung; und doch weiß ich gewiß, daß ich dawäre, auch ohne daß Jener mich vorstellte. In dem selben Verhältniß aber, in welchem ich zu seinem Intellekt stehe, stehn auch alle andern Objekte zu diesem: folglich wären


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