Die Abenteuer des Sherlock Holmes. Sir Arthur Conan Doyle

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Die Abenteuer des Sherlock Holmes - Sir Arthur Conan Doyle


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nicht. Aber, Herr Windibank, unter uns gesagt, ein solch herzloser, grausamer, selbst süchtiger Streich hat mir kaum jemals vorgelegen. Lassen Sie mich kurz den Thatbestand erörtern, und belehren Sie mich, wenn ich fehlgehe.“

      Völlig geknickt sass der Mann da und senkte den Kopf tief herab auf die Brust. Holmes streckte die Beine weit von sich, lehnte sich zurück, versenkte seine Hände in die Rocktaschen und fing an, mehr mit sich selbst als mit uns zu sprechen.

      „Der Mann heiratet eine Frau, die weit älter ist als er, um des Geldes willen,“ sagte er, „und vom Gelde der Tochter hat er die Nutzniessung, solange sie im elterlichen Hause bleibt. Für Leute in ihrer Lage war die Summe bedeutend, und ihr

      Ausfall hätte sich sehr fühlbar gemacht. Die Tochter, ein gutes, freundliches Wesen, bedurfte mit ihrem warmen Herzen der Liebe, und so stand zu erwarten, dass sie bei ihren persönlichen Reizen und ihrem kleinen Einkommen nicht lange unbegehrt bleiben würde. Da nun ihre Heirat für den Stiefvater den Verlust einer jährlichen Einnahme von hundert ₤ bedeutete, entschloss sich dieser, eine solche zu verhindern. Wodurch? Vorerst will er sie ans Haus fesseln und verbietet ihr, die Gesellschaft von jungen Leuten aufzusuchen. Bald aber sieht er ein, dass sich das unmöglich durchführen lässt. Das Mädchen widersetzt sich, beharrt auf ihren Rechten und erklärt kurz und bündig, einen bestimmten Ball besuchen zu wollen. Was thut da der geschickte Stiefvater? Es fällt ihm ein Auskunftsmittel ein, das seinem Kopf mehr zur Ehre gereicht als seinem Herzen: Im Einverständnis mit seiner Frau und mit deren Hilfe verkleidet er sich, verbirgt seine zu lebhaften Augen hinter dunklen Gläsern, legt einen falschen Schnurr- und Backenbart an, dämpft seine klare Stimme und flüstert nur leise; er baut getrost auf die Kurzsichtigkeit des Mädchens, erscheint als Herr Hosmer Angel und verscheucht die Kurmacher, indem er selbst die Kur schneidet.“

      „Erst war es nur ein Spass,“ seufzte unser Besucher. „Wir ahnten nicht, dass sie gleich Feuer fangen würde.“

      „Das mag wohl sein. Nichtsdestoweniger fiel das junge Mädchen gründlich hinein, und da sie fest glaubte, ihr Stiefvater sei in Frankreich, dachte sie nicht daran, Argwohn zu schöpfen. Die Artigkeiten des jungen Mannes schmeichelten ihr, und die Lobeserhebungen der Mutter machten sie noch eindrucksvoller. Dann machte Herr Angel seinen Besuch, denn die Kurmacherei musste bis zu einem gewissen Punkt getrieben werden, sollte sie einen wirklichen Erfolg haben. Es folgten Zusammenkünfte und eine Verlobung, die schliesslich die Neigung der jungen Dame von jeder anderen Persönlichkeit ablenken sollte. Auf die Dauer liess sich die Täuschung nicht aufrechterhalten. Die vorgespiegelten Reisen nach Frankreich wurden unbequem. Der einzige Ausweg war, eine tragische Lösung herbeizuführen, die auf das junge Mädchen einen so tiefen, bleibenden Eindruck machen musste, dass ihr auf längere Zeit hinaus alle Heiratsgedanken vergingen. Darum jener Schwur der Treue auf die Bibel, darum die Andeutungen auf ein mögliches Hindernis noch am Hochzeitsmorgen. James Windibank wünschte Fräulein Sutherland so fest an Hosmer Angel zu binden und sie über dessen Los so in Unsicherheit zu lassen, dass sie unbedingt in den nächsten zehn Jahren keinen andern Mann erhören sollte. Bis an die Kirchenthür hat er sie gebracht, und da er nicht weiter gehen durfte, verduftete er im richtigen Augenblick; er bediente sich des alten Kniffes, zu einer Wagenthür hinein-, zur anderen herauszuspringen. In dieser Weise, glaube ich, dass die Ereignisse etwa aufeinander gefolgt sind.“

      Windibank hatte, während Holmes sprach, etwas von seiner Sicherheit wieder erlangt; jetzt stand er auf, es lag kalter Hohn auf seinen blassen Zügen.

      „Das alles mag sein, mag aber auch nicht sein, Herr Holmes,“ sagte er, „wenn Sie aber gar so klug sind, so sollten Sie auch wissen, dass Sie jetzt wider das Gesetz handeln — ich aber nicht. Ich habe vom ersten Anfang an nichts Gesetzwidriges gethan, solange Sie aber diese Thür verschlossen halten, machen Sie sich der Vergewaltigung und der Freiheitsberaubung gegen mich schuldig.“

      „Das Gesetz kann Sie nicht fassen, Sie haben recht,“ erwiderte Holmes, schloss die Thür auf und öffnete sie weit „und doch hat nie ein Mann die Strafe mehr verdient als Sie. Besitzt die junge Dame einen Bruder oder einen Freund, so sollte Der die Reitgerte auf Ihren Schultern tanzen lassen.

      Wahrhaftig!“ fügte er rot vor Zorn hinzu, als er das höhnische Lachen des andern wahrnahm, „zu meinen Pflichten gegen meine Klienten gehört das nicht — hier aber hängt eine Hetzpeitsche, und ich muss mir selbst ...“ Er wollte die Peitsche holen, doch ehe er sie gefasst hatte, stürmten Männerschritte die Treppe hinab, laut schlug die Hausthür zu, und vom Fenster aus sahen wir Herrn James Windibank, so schnell ihn die Füsse nur tragen konnten, die Strasse entlang eilen.

      „Ein kaltblütiger Schuft!“ meinte Holmes, als er sich lachend wieder in seinen Lehnstuhl warf. „Verbrechen auf Verbrechen wird der Kerl verüben, bis er etwas thut, das ihn ins Zuchthaus bringt. In mancher Hinsicht war der Fall nicht ohne Interesse.“

      „Ich begreife die ganze Entwicklung deiner Folgerungen immer noch nicht,“ bemerkte ich.

      ,,Vom ersten Augenblick an stand ausser Frage, dass dieser Herr Hosmer Angel einen wichtigen Grund für sein sonderbares Benehmen haben musste, und es lag ebenso klar auf der Hand, dass der einzige Mensch, der einen Vorteil aus der Sache zog, der Stiefvater war. Dann gab der Umstand, dass die beiden Männer nie zusammentrafen, sondern stets einer in Abwesenhet des andern erschien, Anlass zu Vermutungen. Mit den dunkeln Augengläsern, der sonderbaren Stimme und dem starken Bart ging es ebenso. Mein Verdacht wurde dadurch vollends bestätigt, dass er sich mit der Schreibmaschine unterzeichnete, denn das liess vermuten, dass ihr seine Schrift ganz genau bekannt war. Nun siehst du wohl, wie alle diese Einzelheiten mit noch anderen geringfügigeren auf ein und dasselbe Ziel deuten.“

      „Und wie gelang es dir, die Belege dafür zu finden?“

      „Einmal dem Manne auf der Spur, hatte ich gewonnenes Spiel. Ich wusste, wo er arbeitet. Nachdem ich die gedruckte Personalbeschreibung gelesen, strich ich alles, was von einer Verkleidung herrühren konnte — den Schnurrbart, die Brille, die Stimme — schickte in das Geschäft und bat, mich wissen zu lassen, ob die Angaben auf einen der Geschäftsreisenden passen. Da ich einige besondere Merkmale der Schreibmaschine, mit welcher die Briefe an Fräulein Sutherland geschrieben waren, wahrgenommen hatte, bat ich den Stiefvater brieflich, zu mir zu kommen, und adressierte den Brief in das Geschäft. Wie ich erwartet hatte, antwortete er mit der Maschine, und die Schrift zeigte genau dieselben kleinen Fehler, wie die Hosmer Angels. Mit derselben Post zeigten mir Westhouse & Marbank aus Fenchurch-Street an, die Personalbeschreibung passe genau auf ihren Angestellten — James Windibank. Siehst du, so kam’s heraus!“

      ,,Und Fräulein Sutherland?“

      „Sage ich ihr die Wahrheit, so wird sie mir nicht glauben. Gedenke des alten persischen Spruches: ,Hüte dich, dem Tiger sein Junges zu entreissen — hüte dich, dem Weibe seinen Wahn zu rauben.‘ Klugheit und Menschenkenntnis besassen Hafis und Horaz im gleichen Masse.“

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