Perry Rhodan Neo Paket 24. Perry Rhodan
Читать онлайн книгу.Nathalie sentimental. Thora spürte den Unwillen des Extrasinns. Er schien sich nicht gern mit diesem Thema zu befassen.
Sie allerdings auch nicht; sie schob den Gedanken an Nathalie weit von sich, konzentrierte sich auf ihre ursprüngliche Überlegung: Obwohl sie keinen Zellaktivator mehr besaß, wirkte er irgendwie immer noch. Sonst hätte der Halteparasit bei ihr das gleiche Ergebnis gezeitigt wie bei den anderen Besatzungsmitgliedern.
Aber auch bei diesen Menschen hatte sich herausgestellt: Der Parasit wirkte durchaus nicht auf alle exakt gleich. Vor allem die Zeitspanne, die der Pilz benötigte, bis er den Willen seiner Opfer vollständig gelähmt hatte, variierte recht stark. Bei den meisten setzte die Wirkung sehr schnell ein, bei einigen dauerte es eine geraume Weile. Außerdem kam es wohl häufiger zu Rückfällen, bei denen der Einfluss des Parasiten sich vorübergehend wieder abschwächte.
Immerhin war der Pilz organisch, und biologische Vorgänge liefen nicht ab wie etwa das Programm einer Maschine. Das erklärte auch, warum die Druuwen Ausreißer, Flüchtlinge und sogar Widerständische meist einfach ignorierten, sofern sie nicht gewalttätig wurden. Diese Probleme lösten sich fast immer rasch von selbst. Die Druuwen kannten diese Übergangsphase natürlich und akzeptierten die damit einhergehenden Unannehmlichkeiten. Darauf Energie zu verschwenden, kam ihnen nicht in den Sinn. Ihre beeinträchtigte Gesundheit zwang ihnen wahrscheinlich ohnehin gewisse Einschränkungen auf. Also schonten sie ihre Kräfte und Nerven, wann immer das möglich war.
Mit exotischen Sonderfällen wie Zellaktivatorträgern oder Parabegabten, die dem Parasiten dauerhaft zu widerstehen vermochten, hatten die Piraten nicht rechnen können und taten dies weiterhin nicht. Die Flucht der CRISTOBAL war für sie leicht zu verschmerzen, angesichts eines Schatzes wie der CREST II, den sie nach wie vor unter ihrer unangefochtenen Kontrolle hatten. Wahrscheinlich nahmen die Druuwen an, dass die Wirkung des Halteparasiten auch bei den Geflohenen längst eingesetzt hatte und das Beiboot mit einer apathischen Besatzung an Bord dem Untergang geweiht war. Im Zentrum der Milchstraße gab es viele Gefahren, die ein kleines Raumschiff zerstören konnten. Auch dieses Problem war also gelöst und keiner Aufmerksamkeit mehr wert.
Dass Zakhaan Breel die Arkonidin trotz ihres – wenngleich gescheiterten – Versuchs, die Zentrale der CREST II zu erobern, wieder als Kommandantin eingesetzt hatte, war Thora zwar ein Rätsel. Aber Marshall hatte herausgefunden, dass die Piraten nach vollendeter Machtübernahme und dem Ablauf der Karenzzeit die üblichen Hierarchien ihrer Gefangenen fast immer unangetastet ließen. Die eingespielten Automatismen wirkten trotz der Pilzinfektion und erleichterten die Abläufe beim Betrieb eines derart großen und für die Druuwen fremdartigen Raumschiffs. Auch hierbei sparten sie an Energie, indem sie sich nur dort einmischten, wo es unbedingt nötig war. Thora gab nur ungern zu, dass dies eine sehr ökonomische und sogar vernünftige Einstellung war.
Die Arkonidin sah sich unauffällig in der Zentrale um und stellte fest, dass das Vorgehen der Druuwen funktionierte. Alle machten anstandslos ihre Arbeit, die nötig war, um ein so riesiges Expeditionsschiff zu steuern. Allerdings wirkten sie dabei wie Zombies: Sarah Maas an der Funk- und Ortungsstation stierte dumpf auf die Anzeigen, als sei sie versteinert. Siobhan O'Sullivan hatte als Waffenchefin derzeit nichts zu tun. Sie saß trotzdem wie eine Puppe auf ihrem Platz und rührte sich nicht.
Auf der pechschwarzen Haut des Piloten Hamza Obafemi Azikiwe, der erst nach Kosums Flucht auf seinen Posten zurückgekehrt war, fiel der Halteparasit besonders deutlich auf, vor allem, weil er gerade wanderte. Während Azikiwe stoisch die Kontrollen bediente, kroch das Myzel über seine rechte Wange bis zum Auge hinauf, wo ein paar feine Pilzfäden über das Lid in sein Auge hineinwucherten.
»Gruselig, nicht wahr?«
Marshalls Stimme schreckte Thora auf. Sie hatte sich eben beim Anblick der Crew unendlich einsam gefühlt, als sei sie das einzige denkende Wesen in der Zentrale. Marshalls Anwesenheit hatte sie fast vergessen. Schließlich sprachen sie so wenig wie möglich miteinander, um sich nicht zu verraten.
Der Telepath trat näher an sie heran. Thora warf einen Blick über die Schulter. Es waren gerade keine Druuwen in der Zentrale. Deswegen hatte Marshall sie angesprochen, denn überwacht wurden sie nicht. Die Druuwen vertrauten voll und ganz auf die Wirksamkeit ihrer Halteparasiten.
»Mehr als gruselig.« Thora sah Marshall nicht an und sprach monoton und leise; nur für den Fall, dass einer der Besatzer hereinspaziert kam. »Ich kann diesen Anblick kaum ertragen. Aber wir können momentan nichts daran ändern.«
»Das befürchte ich auch. Wir sollten wachsam bleiben, um jederzeit eine Chance zur Flucht zu ergreifen. Hast du irgendein Zeichen von Perry und den anderen bekommen?«
»Nein.«
Das muss nichts heißen. Wie sollten sie uns denn ein unauffälliges Zeichen zukommen lassen?
Eins musste Thora ihrem Extrasinn lassen: Er war optimistischer als sie.
Ich bin du, kapier das endlich. Und es ist nicht besonders schwer, optimistischer zu sein als die Mutter des Trübsinns.
Empörung stieg in Thora auf. Mutter des Trübsinns? Eigentlich habe ich gerade Besseres zu tun, als mich mit mir selbst zu streiten.
Da gebe ich dir recht. Die Stimme klang nach wie vor sanft. Thora konnte sich nicht helfen, aber er – oder eher sie – erinnerte sie an irgendjemanden. Sie kam nur nicht darauf, an wen.
Du denkst zum Beispiel immer wieder darüber nach, warum der Halteparasit bei dir keine Wirkung zeigt.
Du etwa nicht?
Nein, natürlich nicht. Ich habe darüber nachgedacht, ich kenne die Antwort nicht. Warum sollte ich mir länger den Kopf darüber zerbrechen, ehe ich neue Informationen bekomme?
Verblüfft gab Thora dem Extrasinn recht. Sie fühlte sich sofort besser.
Allmählich beginne ich, den Nutzen eines solchen Extrasinns zu begreifen.
Das freut mich. Wie ich schon sagte: Ich existiere nicht, um dich zu ärgern. Ich will dir helfen.
»Wo sind wir hier, Mister Azikiwe?« Thora hoffte, dass die Frage harmlos genug war, um selbst im Fall einer akustischen Überwachung nicht aufzufallen.
»Die Planetengruppe heißt Carxtröll.« Die Stimme des Piloten war monoton. »Der angeordnete Zielpunkt befindet sich auf der Zentralwelt Carxtröll-Fabb.«
Von den Druuwen angeordnet. Alle derzeitigen Befehle stammten von den Besatzern.
Wie aufs Stichwort glitt das Hauptschott der Zentrale auf. Eine fast zwei Meter große Gestalt kam im Sturmschritt herein. Die kleinen Ketten und Anhänger, die der Hüne an seinem feuerroten Kampfanzug befestigt hatte, klirrten geräuschvoll.
Zakhaan Breel, der Anführer der Druuwen. Thora riss sich zusammen, um keine Regung zu zeigen. Das Bild, wie dieser Kerl Perry Rhodan niedergeschossen hatte, war ihn noch immer allzu präsent.
Breels Anzughelm war geöffnet, sodass das von Geschwüren und Narben übersäte Gesicht des Druuwen zu sehen war. Seine Miene wirkte unwillig – oder eher genervt.
»Man sollte meinen, die Mannschaft eines so großen Raumschiffs sei in der Lage, schnell und effizient ein Ziel anzufliegen. Warum haben wir Carxtröll-Fabb noch immer nicht erreicht?«, fuhr er Thora an.
Sie war zunächst zu perplex, um zu antworten. Azikiwe schien sich ebenfalls angesprochen zu fühlen. »Der Anflugkorridor war wegen der vielen Meteoriden und den unbekannten Gesteinsbrocken im Orbit sehr schwer zu berechnen.« Der Pilot klang weder furchtsam noch besorgt. Der Halteparasit dämpfte jegliche Gefühle. »Wir wären schneller vorangekommen, wenn wir ausreichend Informationen über das System erhalten hätten.«
Breel baute sich drohend vor dem Pilotensessel auf. »Ihr bekommt genau so viel Informationen, wie wir es für richtig halten. Du wirst doch nicht etwa aufsässig werden, Mensch?«
»Nein. Ich gab Ihnen lediglich die Informationen, nach denen Sie gefragt haben.« Azikiwe starrte weiter vor sich auf die Anzeigen; er war von Breels Auftreten nicht verängstigt, er schien es gar nicht wahrzunehmen.
Dieser