Aristoteles: Gesammelte Werke. Aristoteles

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Aristoteles: Gesammelte Werke - Aristoteles


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Halbes ist, da ist auch kein Doppeltes vorhanden. Ebenso verhält es sich mit andern dergleichen Bezogenen. Indess gilt dies von Natur Zugleich-Sein der Bezogenen nicht für alle Beziehungen; so dürfte das Wissbare früher als die Wissenschaft gewesen sein; denn meistentheils haben die Dinge schon vorher bestanden, ehe man die Kenntniss von ihnen erlangt und nur in seltenen Fällen oder niemals möchte man finden, dass mit dem Wissbaren zugleich auch die Kenntniss desselben werde. Ebenso wird mit Aufhebung des Wissbaren auch die Kenntniss desselben aufgehoben; aber die Aufhebung der Kenntniss hebt nicht das Wissbare auf. Denn wenn kein Wissbares vorhanden ist, so giebt es auch kein Wissen (denn es wäre das Wissen von Nichts); aber wenn auch kein Wissen besteht, so hindert dies nicht das Bestehen des Wissbaren. So ist, wenn z.B. auch die Quadratur des Kreises wissbar ist, doch die Kenntniss desselben nirgends vorhanden, während die Quadratur als Wissbares besteht. Ebenso wird, wenn die Thiere weggenommen werden, keine Kenntniss von ihnen bestehen, während es doch viele wissbare Thiere geben kann.

      Aehnlich verhält es sich mit der Wahrnehmung. Das Wahrnehmbare scheint früher als die Wahrnehmung zu sein, denn wenn man das Wahrnehmbare wegnimmt, so fällt auch die Wahrnehmung hinweg; aber die Aufhebung der Wahrnehmung hebt nicht zugleich das Wahrnehmbare auf. Die Wahrnehmung geht auf Körperliches und ist selbst in einem Körper, und wenn das Wahrnehmbare aufgehoben wird, werden auch die Körper aufgehoben (denn die Körper gehören zu dem Wahrnehmbaren) und wenn kein Körper ist, so fällt auch die Wahrnehmung hinweg, mithin hebt das Wahrnehmbare die Wahrnehmung mit auf; dagegen hebt die Aufhebung der Wahrnehmung das Wahrnehmbare nicht mit auf; denn wenn das Geschöpf beseitigt wird, hört auch die Wahrnehmung auf; aber das Wahrnehmbare wird fortbestehen, wie z.B. die Körper, das Warme, das Süsse, das Bittere und alles andere, was wahrnehmbar ist. Auch entsteht die Wahrnehmung zugleich mit dem Wahrnehmenden; denn die Wahrnehmung entsteht zugleich mit dem Geschöpfe; dagegen ist das Wahrnehmbare sowohl vor dem Geschöpfe, wie vor der Wahrnehmung vorhanden; denn das Feuer und das Wasser und alles Solches, aus denen auch das Geschöpf besteht, sind schon, ehe überhaupt ein Geschöpf und eine Wahrnehmung vorhanden ist. Sonach dürfte das Wahrnehmbare früher sein, als die Wahrnehmung desselben.

      Man kann zweifeln, ob kein Ding als Beziehung ausgesagt wird wie es den Anschein hat, oder ob dies bei einigen Dingen der zweiten Ordnung Statt finden kann. In Bezug auf die Dinge erster Ordnung ist es richtig; weder das ganze Ding, noch seine Theile werden als Beziehungen ausgesagt; denn ein bestimmter Mensch wird nicht als Mensch von etwas ausgesagt und eben so wenig ein bestimmter Stier als Stier von Etwas. Dasselbe gilt von den Theilen dieser Dinge; denn diese bestimmte Hand wird nicht als diese bestimmte Hand von Etwas ausgesagt, sondern nur als die Hand Jemandes und dieser bestimmte Kopf wird nicht als dieser bestimmte Kopf von Etwas ausgesagt, sondern als Kopf Jemandes. Dasselbe gilt für die meisten Dinge zweiter Ordnung; so wird der Mensch überhaupt nicht als Mensch von Etwas ausgesagt und eben so der Stier überhaupt nicht als Stier von Etwas; noch das Holz überhaupt als Holz von Etwas, sondern es wird als das Eigenthum Jemandes bezeichnet. Von diesen Dingen ist es also klar, dass sie nicht zu den Beziehungen gehören. Dagegen ist dies bei einigen Dingen zweiter Ordnung zweifelhaft; so wird der Kopf als Kopf Jemandes und die Hand als die Hand Jemandes ausgesagt und dasselbe gilt für ähnliche Dinge, so dass diese zu den Beziehungen zu gehören scheinen. Wenn nun die Definition der Beziehungen ausreichend von mir gegeben sein sollte, so würde es sehr schwer oder gar unmöglich sein, zu zeigen, dass kein selbstständiges Ding als Beziehung ausgesagt wird; ist meine Definition aber nicht vollständig, sondern wird das Bezogene als das definirt, dessen Sein nur darin besteht, dass es sich zu Etwas irgendwie verhält, so liesse sich wohl manches dafür geltend machen. Nun ist zwar das was die erste Definition besagt, mit allem Bezogenen verbunden, aber dieses Bezogen-sein derselben ist nicht dasselbe als wenn etwas als das, was es ist, von einem anderen ausgesagt wird. Hieraus erhellt, dass wenn man das eine der Bezogenen bestimmt kennt, man auch das andere, auf was es sich bezieht, bestimmt kennen wird. Dies erhellt auch aus den Beziehungen selbst. Denn wenn Jemand von Diesem weiss, dass es ein Bezogenes ist, und wenn das Wesen der Beziehungen darin besteht, dass das Eine sich zu dem Andern irgendwie verhält, so wird er auch das Andere kennen, zu dem jenes sich irgendwie verhält; denn wenn er überhaupt nicht weiss, zu welchem Andern das Eine sich irgendwie verhält, so wird er auch nicht wissen, ob es sich überhaupt zu Etwas irgendwie verhält. Dies erhellt auch aus den einzelnen Fällen; denn wenn Jemand z.B. bestimmt weiss, dass etwas ein Doppeltes ist, so wird er auch sofort bestimmt wissen, wessen Doppeltes es ist; denn wenn er keinen bestimmten Gegenstand kennt, dessen Doppeltes es sein soll, so wird er auch überhaupt nicht wissen, dass es ein Doppeltes ist. Ebenso muss Jemand, wenn er weiss, dass Etwas schöner ist, aus demselben Grunde auch bestimmt das Andere kennen, in Vergleich zu welchem es schöner ist. Er wird nicht etwa nur unbestimmt wissen, dass es schöner als ein Schlechteres ist; denn dies wäre nur eine Annahme, aber kein Wissen; auch wird er nicht einmal genau wissen, dass es schöner ist, als ein schlechteres; denn es kann sich treffen, dass es nichts giebt, was schlechter wäre. Sonach ist es offenbar nothwendig, dass der, welcher bestimmt ein Bezogenes kennt, auch bestimmt das kennt, auf welches es bezogen wird. Von einem Kopfe aber und von einer Hand und von anderem Einzelnen der Art, die selbstständige Dinge sind, kann man bestimmt wissen, was sie sind, ohne dass man nothwendig das genau kennen muss, auf was sie bezogen werden; denn wessen dieser Kopf und wessen diese Hand ist, braucht man nicht genau zu wissen. Deshalb gehören diese Dinge auch nicht zu den Bezogenen, und wenn dies also nicht der Fall ist, so kann man mit voller Wahrheit sagen, dass kein selbstständiges Ding zu den Bezogenen gehört. Vielleicht ist es schwer, über diese Fragen sich bestimmt auszusprechen, wenn man sie nicht wiederholt erwogen hat; aber wenn man die Bedenken über einzelne Fälle erörtert, so ist dies nicht unnütz.

      Achtes Kapitel

       Inhaltsverzeichnis

      Beschaffenheit nenne ich das, wonach etwas so oder so beschaffen genannt wird. Die Beschaffenheit gehört zu den Worten, welche in mehrfachem Sinne gebraucht werden. Als die eine Art sollen die Eigenschaften und Zustände gelten. Die Eigenschaft unterscheidet sich von dem Zustande dadurch, dass sie viel anhaltender und dauerhafter ist. Solcher Art sind die Kenntnisse und die Tugenden; denn die Kenntnisse scheinen zu dem Bleibenden und schwer Veränderlichen zu gehören, selbst wenn sich Jemand dieselben auch nur in massiger Weise erworben hat, sofern nur nicht Krankheit oder sonst etwas der Art eine grosse Veränderung bewirkt. Dasselbe gilt von den Tugenden, z.B. von der Gerechtigkeit, von der Selbstbeherrschung und jeder anderen solchen; sie unterliegen nicht leicht einer Veränderung oder einem Wechsel. Als Zustände gelten dagegen die, welche veränderlich sind und schnell wechseln, wie z.B. die Wärme, die Erkältung, die Krankheit, die Gesundheit und anderes der Art. Der Mensch verhält sich zu ihnen in einer gewissen Weise; aber er verändert sich dabei schnell und geht aus der Wärme in einen kalten Zustand und aus dem Gesundsein in das Kranksein über und ebenso ist es mit den andern Zuständen, sofern nicht von diesen Zuständen etwan einer durch die Länge der Zeit eingewurzelt und unheilbar geworden oder nur schwer zu verändern ist, wo man dann denselben mehr für eine Eigenschaft erklären wird. Es erhellt also, dass man nur diejenigen Beschaffenheiten Eigenschaften nennen mag, die längere Zeit anhalten und schwer veränderlich sind. Wenn Jemand eine Wissenschaft nicht genau inne hat, sondern sie leicht wieder vergisst, so nennt man das keine Eigenschaft von ihm, obgleich er sich irgendwie zu den Kenntnissen, sei es schlechter oder besser, verhält. Sonach unterscheiden sich also die Eigenschaften von den Zuständen dadurch, dass die einen sich leicht verändern und die andern dauerhafter und schwer veränderlich sind. Die Eigenschaften sind auch Zustände, aber die Zustände sind nicht nothwendig Eigenschaften; denn wer eine Eigenschaft hat, verhält sich auch irgendwie zu derselben; aber die, welche sich irgendwie verhalten, haben deshalb nicht allemal eine Eigenschaft.

      Eine zweite Art von Beschaffenheiten sind die, wonach Jemand als geschickt zum Faustkampf, oder als geschickt zum Laufen oder als gesund oder stark bezeichnet wird; überhaupt gehört dazu alles, was sich auf ein natürliches Vermögen oder Unvermögen bezieht; denn diese Bestimmungen werden nicht wegen irgend eines Zustandes Beschaffenheiten genannt, sondern weil in ihnen ein natürliches Vermögen oder Unvermögen enthalten ist, vermittelst dessen etwas leicht bewirkt wird, oder kein Erleiden statt hat. So heissen z.B. die Faustkämpfer und die Läufer nicht


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