Einfach mal die Klappe halten. Cornelia Topf

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Einfach mal die Klappe halten - Cornelia Topf


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kann herrlich manipuliert werden. Warum? Siehe oben: weil man eben nicht gleichzeitig scharf nachdenken und reden kann.

      Der Beschwichtigungs-Effekt

      Schweigen löst keinen Trotz aus

      Wir leben in hektischen Zeiten. So viele Zeitgenossen gehen uns mit so vielem auf die Nerven. Was die alles von uns wollen! Die meisten Chefs müssen nur den Mund aufmachen und schon gehen sie uns auf den Geist. Und erst einige Kollegen, Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten, Verwandte, Kinder … Haben Sie schon einmal überlegt, dass es anderen mit Ihnen genauso geht? Warum ist das so? Wie schafft es der Chef, mit einer simplen Äußerung über den erwarteten Geschäftsverlauf der nächsten drei Monate die Hälfte seiner Abteilung gegen sich aufzubringen? Die Antwort ist einfach. Kommen Sie drauf? Sie lautet: Indem er redet.

       Die meisten Menschen wissen nicht, dass selbst neutrale Äußerungen immer auch ein gewisses Maß an Reaktanz, Trotz, Widerstand auslösen.

      Der Chef kann sagen, was er will. Allein deshalb, weil er Chef ist, lösen seine Worte Widerwillen bei schätzungsweise zwei Dritteln seiner Mitarbeiter aus. Diese empirische Erkenntnis der Kommunikationsforschung verstört Führungskräfte regelmäßig. Die meisten glauben noch, dass die Mitarbeiter ihnen zuhören würden, als verkündeten sie das Evangelium. Ein tragischer Irrtum.

      Neulich berichtete mir ein Betriebsratsvorsitzender, dass die letzte Runde im Tarifstreit nicht halb so stressig gewesen sei wie sonst üblich. Ich fragte, ob der Chef denn endlich ein angemessenes Angebot unterbreitet habe. Der Arbeitnehmervertreter schüttelte den Kopf: »Er hat bloß viel weniger gesagt als sonst. Vielleicht hatte er einen schlechten Tag. Aber das war so angenehm für uns!« In überraschend vielen Gesprächssituationen tut Ihrem Partner jedes Wort weh, das Sie sagen. Schweigen tut nicht weh. Es lindert sogar. Also schonen Sie die Nerven Ihres Gesprächspartners. Reden Sie weniger und schweigen Sie mehr.

      Der Motivations-Effekt

      Schweigen motiviert

      Wenn Menschen andere motivieren wollen oder müssen, was machen sie dann? Sie reden. Logisch. Warum ist das logisch? Warum wird Anfeuern, Einpeitschen, Drohen und gut Zureden als Synonym für Motivation verwandt? Wer hat das eingeführt? Die besten Motivatoren unter den Eltern und anderen Führungskräften, die ich kenne, kommen mit überraschend wenig Worten aus. Sie schweigen mehr, als sie reden, denn:

       Wenige Worte und viel Schweigen motivieren am besten.

      In einem Fertigungsbetrieb erlebte ich einmal ein schlagendes Beispiel dafür. Ein Produktionsleiter musste seinen Mitarbeitern beibringen, dass die neue Pumpe 20 Prozent billiger werden müsse, um mit den asiatischen Produkten konkurrenzfähig zu werden. Als ich bei ihm eintraf, zwinkerte er mir zu und sagte: »Heute halte ich meine große Motivationsrede.« Ich erwartete die übliche zweistündige »Auf-zu-neuen-Ufern-Rede« mit Versatzstücken wie »Das schaffen wir!«, wie ich sie von vielen Vorständen gut kenne. Der Fertigungsleiter überraschte mich. Er war in zwei Minuten fertig. Er ging in die Werkshalle, wo er vor seinen versammelten Mitarbeitern schon ein kleines Podest mit zwei verhüllten Objekten aufgebaut hatte. Er zog das Tuch vom ersten Objekt: Es war die verhasste asiatische Pumpe mit einem überdimensionalen Preisschild: »280 Euro«. Dann enthüllte er die eigene Pumpe: »350 Euro. Unverkäuflich!« Den Mitarbeitern fiel die Kinnlade herunter. Daraufhin sagte der Abteilungsleiter nur eines: »Wir haben drei Monate Zeit. Lasst uns ein neues Preisschild bauen!« Ende der Motivationsrede. Dass er und seine Mitarbeiter daraufhin trotzdem noch eine geschlagene Stunde um die beiden Pumpen herumstanden und stürmisch diskutierten, war das beste Beispiel dafür, wie motivierend wenig Reden und viel Schweigen wirkt: Die Mitarbeiter diskutierten bereits hitzig diverse Vorschläge zur Kostensenkung. Das hätten sie nach einer Zwei-Stunden-»Motivations«rede nie getan. Da hätten sie sich erst einmal einen Kaffee geholt, eine Zigarette angezündet und sich den Schweiß von der Stirn gewischt. Warum verstehen das bloß so wenige? Quasseln motiviert nicht! Wenige Worte und viel Schweigen – das ist das beste Motivationsrezept. Das liegt eigentlich schon in der Wortbedeutung: Motivieren heißt Bewegen. Und wie will ich jemanden bewegen, indem ich ihn vollrede? Zutexten passiviert! Zuhören aktiviert.

      Wenn Sie scharf mitgedacht haben, wird Ihnen aufgefallen sein, dass der oben beschriebene Fertigungsleiter nur deshalb aktivierend schweigen konnte, weil seine wenigen vorher geäußerten Worte so überaus stark waren: »350 Euro. Unverkäuflich!« Dahinter steckt ein Geheimnis: Wer Worte weise wählt, kommt mit ganz wenigen aus. Wer viel redet, zeigt nicht, dass er viel zu sagen hat, sondern dass er zu denkfaul war, um die wenigen wirkungsvollen Worte zu suchen, die seine Botschaft am besten übermitteln. Winston Churchill redete nicht wie bei Politikern üblich stundenlang, um sein Volk zum Widerstand gegen den deutschen Aggressor zu mobilisieren. Er hielt lediglich eine kleine Rede, an deren Anfang er sagte: »I have nothing to offer you than blood, sweat and tears.« Damit war auch dem Letzten klar, worum es ging. Der durchschnittliche Manager von heute bräuchte für diese Message wohl eine halbe Stunde. Der durchschnittliche Politiker zwei …

       Wenige starke Worte suchen und danach wirkungsvoll schweigen – das ist das beste Kommunikationsrezept.

      Der Autonomie-Effekt

      Schweigen weckt das Verantwortungsgefühl

      Warum schaltet eine Vierzehnjährige den Fernseher aus (siehe oben), obwohl die Mutter es nicht sagt, sondern nur streng guckt und schweigt? Weil die Tochter für ihren TV-Konsum selbst die Verantwortung übernommen hat. Schweigen erreicht das. Reden selten.

      Ein Finanzvorstand beklagte sich bei mir im Coaching, dass er seinen 27-jährigen Sohn immer noch aus jedem Schlamassel ziehen müsse, den sich dieser einbrocke. Jedes Mal drohte er ihm: »Das ist aber das letzte Mal, dass ich dir helfe! Du musst endlich auf eigenen Füßen stehen.« Was half dieser tausendfach wiederholte Appell ans Verantwortungsgefühl des Sohnes? Sie haben es erraten. Ich riet ihm, beim nächsten Mal – das ganz bestimmt kommen würde – auf die Gardinenpredigt genauso wie auf das spontane Hilfsangebot zu verzichten und zur Abwechslung zu schweigen. Das Schweigen sollte er mit einer Frage beginnen. Er fragte seinen Sohn: »Und? Was soll ich diesmal für dich tun?« Dem Sohn war das sichtlich unangenehm. Er war gewohnt, dass der Papa sofort missgelaunt zum Scheckbuch griff, wenn er wieder mit Ärger antrabte. Also machte er zaghaft einen Vorschlag, wie ihn der Vater wieder rauspauken sollte. Der Vater zog daraufhin nur die Augenbrauen hoch und schwieg weiter. Denn er wollte nicht das Rauspauken erreichen. Er wollte erreichen, dass sein Sohn sich selbst rausboxt. Also schwieg er so lange, bis der Dauerstudent sagte: »Okay, ich kapier’s ja schon: Ich bringe das selbst wieder in Ordnung. Aber sag mir wenigstens, wie ich es anpacken kann.« Das tat der Vater gerne. Denn ihm war gelungen, was er wollte und was keiner seiner Appelle bislang erreicht hatte: dass sein Sohn endlich selbst wenigstens einen Teil der Verantwortung für seine Taten übernahm.

      Ohne Worte überzeugen

      Menschen fragen mich oft, was sie sagen müssen, um andere zu überzeugen. Sie sind meist sehr überrascht, wenn ich ihnen verrate, dass sie möglicherweise weniger sagen und etwas mehr schweigen könnten, um überzeugender zu wirken. Natürlich hat der Vater im Beispiel sich die Zunge blutig gebissen, um nichts zu sagen. Die wütenden Worte stauten sich förmlich in seinem Hals auf. Doch als er sah, welche Wirkung sein diszipliniertes Schweigen hatte, fragte er sich und mich: »Warum habe ich das nicht früher schon gemacht? Das hätte mir viel Geld und ihm viel Peinlichkeit erspart.«

      Der komparative Vorteil von Schweigen

      Schweigen ist besser als sich wiederholen

      Neulich wollte mich ein


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