Mit Diplomatie zum Ziel. Stéphane Etrillard

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Mit Diplomatie zum Ziel - Stéphane Etrillard


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orientiert sich, meist unbewusst, an Gewohnheiten, Denk- und Handlungsmustern. Das ist nicht grundsätzlich schlecht, sondern schlichtweg erforderlich, um nicht jede Kleinigkeit immer wieder aufs Neue zu hinterfragen. Schließlich kann niemand im Alltag fortwährend über alles, was er entscheidet oder macht, ausführlich und vollkommen neu nachdenken. Gewohnheiten und Denkmuster helfen hier, schnell und mühelos zu entscheiden, denn sie bieten Orientierung. Was sich bisher als richtig und angemessen erwiesen hat, kann so falsch nicht sein. Also entscheiden und handeln wir so, wie wir es bereits oft getan haben, denn das hat sich bewährt – dieses Vorgehen hat jedoch seine Tücken.

       Wer sich seine Gewohnheiten und Denkmuster bewusst macht, kann sie durchbrechen und die eigenen Handlungsspielräume erweitern.

      Sie zeigen sich dann, wenn Gewohnheiten dogmatisch werden (»Ich habe das schon immer so gemacht!«) und unser Leben beeinflussen, ohne dass wir es bewusst merken. Oft glauben wir, eine Entscheidung bewusst und nach sorgfältigem Abwägen gefällt zu haben, obwohl wir letztlich doch wieder so entschieden haben, wie wir gewohnheitsmäßig ohnehin entscheiden. In solchen Fällen schränken Gewohnheiten und Denkmuster unsere Wahrnehmung und unseren Handlungsspielraum erheblich ein. Mögliche Alternativen, die jenseits der Gewohnheiten und Muster liegen, werden gar nicht erst in Betracht gezogen und nicht einmal mehr als Option bewusst durchdacht.

      Verharren Gewohnheiten im Unbewussten, bleiben uns viele Aspekte der Wirklichkeit schlicht und einfach verborgen, da wir von ihrer Existenz nicht einmal eine Ahnung haben. Und so treffen wir Entscheidungen, deren Grundlage ein äußerst begrenzter Ausschnitt der Realität ist. Und wir begreifen nicht einmal, wie viele Möglichkeiten wir uns selbst vorenthalten. Schließlich sind wir aus uns selbst heraus kaum noch fähig, Gedanken zu entwickeln, die sich außerhalb dieses konstruierten Rahmens befinden. Wir sind auf Denkwegen festgefahren, die wir nicht verlassen, weil wir uns dessen gar nicht bewusst sind. Deshalb ist jeder Mensch aufgerufen, ganz bewusst danach zu forschen, an welchen Punkten seine Gewohnheiten im Denken, Fühlen und Entscheiden wirksam werden und ob diese Gewohnheiten tatsächlich das widerspiegeln, was unser Selbst ausmacht.

       Die bewusste Auseinandersetzung mit den eigenen Vorurteilen und Klischeevorstellungen legt die Grundlage für mehr Toleranz und Offenheit.

      Wer sich seine Gewohnheiten und Denkmuster bewusst macht, ist flexibler und viel eher bereit, neue Erfahrungen zu machen, unkonventionelle Wege zu gehen und andere Standpunkte einzunehmen. Das reduziert die Neigung zu Vorurteilen ganz erheblich und eröffnet uns die Möglichkeit, anderen Menschen mit mehr Wertschätzung und Respekt gegenüberzutreten. Machen Sie sich daher bewusst, welche Klischeevorstellungen sich bei Ihnen festgesetzt haben. Orientieren Sie sich mehr an Tatsachen als an Mutmaßungen und Interpretationen. Und nutzen Sie eines der besten Mittel gegen Vorurteile: Informationen. Wer sich über die tatsächlichen Fakten informiert, statt gewohnheitsgemäß zu entscheiden oder aus einem Impuls heraus zu handeln, erhöht seinen Handlungsspielraum und erweitert den eigenen Horizont.

      6. Farbe bekennen – wie Glaubwürdigkeit entsteht

       Die persönliche Glaubwürdigkeit ist eine elementare Voraussetzung für gute Beziehungen.

      Für einen diplomatischen Auftritt ist nicht nur eine vorurteilsfreie Herangehensweise wichtig, es geht dabei auch um persönliche Glaubwürdigkeit. Was nützen die schönsten Worte, wenn niemand ihnen Glauben schenken mag? Wer allzu sehr in Vorurteilen und Denkmustern verhaftet ist, wird seine Handlungsoptionen sowieso schon einschränken – wenn er darüber hinaus nicht glaubwürdig ist, gehen sie oft gänzlich verloren. Glaubwürdigkeit ist für gute Beziehungen, konstruktive Gespräche und das Entwickeln von Lösungen von elementarer Bedeutung – da sind sich viele Menschen einig. Umso erstaunlicher, dass sie so oft auf der Strecke bleibt. Und das hat weitreichende Konsequenzen: Wenn ein Mensch mit seinen Aussagen nicht mehr ernst genommen wird, verliert er nicht nur an Ansehen und Respekt, sondern auch die Möglichkeit, Einfluss auf das Geschehen zu nehmen.

      Was macht uns glaubwürdig?

      Der Begriff »Glaubwürdigkeit« beschreibt die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eines Menschen aus der Sicht von anderen. Alle Ihre Gesprächspartner, vor allem wenn Sie sie gerade kennenlernen, werden sich eher früher als später die Frage stellen: »Kann ich mich auf ihn oder sie verlassen?« Es schadet also nicht, sich einmal selbst zu fragen: »Bin ich eine glaubwürdige Person?« Zwar wird hier kaum jemand mit einem glatten Nein antworten, doch führt die Frage zu einer ersten Selbsteinschätzung und darüber hinaus zu der nächsten Frage: Was bewegt uns überhaupt dazu, einen Menschen für glaubwürdig zu halten? Glaubwürdigkeit ist schließlich kein gewöhnliches, leicht feststellbares Merkmal wie beispielsweise Pünktlichkeit. Wir müssen jeden Einzelnen von unserer Glaubwürdigkeit überzeugen, das ist immer wieder ein neuer Kraftakt. Uns selbst fällt es schwer, Menschen als glaubwürdig zu bezeichnen, über die wir keine Informationen haben. Wir messen die Glaubwürdigkeit eines Menschen vor allem an Erfahrungswerten. Hat mich dieser Mensch schon einmal belogen oder betrogen? Hat er schon einmal versucht, die Wahrheit zu verschleiern? Hält er, was er (ver)spricht? Weiß er überhaupt, wovon er redet?

       Ob uns jemand glaubwürdig erscheint oder nicht, entscheiden wir ganz intuitiv.

      Fehlen diese Erfahrungswerte, können wir uns nur noch auf unsere Menschenkenntnis und auf unser Gespür verlassen – etwas, das in der Praxis erstaunlicherweise sogar ganz gut gelingt. Genau genommen verlassen wir uns auch in diesen Fällen ja nicht auf ein nebulöses Bauchgefühl; wir fahren vielmehr alle Antennen aus, um im Verhalten des Gegenübers nach Mustern zu suchen, die für oder wider seine Glaubwürdigkeit sprechen. Wir ziehen unsere Erkenntnisse vor allem aus dem persönlichen Auftreten und insbesondere aus der Sprache des Gegenübers – beides erleichtert es uns, seinen Glaubwürdigkeitsgrad zu beurteilen.

      Der Wert des Vertrauens

      Aus Glaubwürdigkeit erwächst Vertrauen. Dass Vertrauen selbst im ökonomischen Sinne wertvoll ist, zeigt ein Blick in die Unternehmenswelt. Vertrauen zählt hier zum wichtigsten Kapital. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit ist die Grundlage für die Erfolgsaussichten jeder ökonomischen Unternehmung. Kein Mensch würde etwas kaufen (womöglich sogar gegen Vorkasse), wenn er nicht ein Mindestmaß an Vertrauen in einen Händler und seine Waren hätte. Auch innerhalb des Unternehmens ist Vertrauen von größter ökonomischer Bedeutung. Je geringer das Vertrauen, umso größer wird der Aufwand für Kontrollen. Vertrauen ist also Geld wert. Es steigert die Effizienz der Zusammenarbeit und vereinfacht die Koordination. Auf einer vertrauensvollen Basis gedeihen eigenverantwortliches Handeln und Kreativität. Das stärkt die Leistungskraft eines Unternehmens bei gleichzeitiger Minimierung der Kosten. Vertrauen bewegt Menschen dazu, ihr Geld in ein Unternehmen zu investieren, und hat deshalb sogar einen direkten Einfluss auf den Wert des Unternehmens. Der Handel und die gesamte Ökonomie, wie wir sie kennen, wären ohne Vertrauen völlig undenkbar. Das ist ein wesentlicher Grund dafür, dass immer mehr Unternehmen in eine glaubwürdige und vertrauenerweckende Kommunikation investieren. Sie wissen: Vertrauen ist ein wertvolles Gut und nur kurzsichtige Unternehmer werden dieses Kapital leichtfertig aufs Spiel setzen.

       Glaubwürdige Menschen überzeugen, weil Worte und Taten übereinstimmen.

      Glaubwürdigkeit und das Kommunikationsverhalten sind untrennbar miteinander verwoben. Ein Mensch, dem seine Glaubwürdigkeit wichtig ist, wird keinen Wert auf reine Lippenbekenntnisse legen; er wird seinen Worten auch Taten folgen lassen. Jeder Gesprächspartner weiß es zu schätzen, wenn sein Gegenüber nicht nur heiße Luft produziert, sondern explizit zu dem steht, was er sagt. Vertrauen entsteht immer erst dann, wenn ein Mensch für vertrauenswürdig befunden wird und dies auch unter Beweis stellen kann. Nicht umsonst sind es vorzugsweise die charakterstarken Menschen, denen wir unser Vertrauen schenken. Wir gehen bei ihnen zu Recht davon aus, dass sie das in sie gesetzte Vertrauen nicht missbrauchen. Die Fähigkeit, Vertrauen zu erwecken, nimmt eine Schlüsselrolle im kommunikativen Prozess ein. In einer vertrauensvollen Atmosphäre können sich die Dinge entwickeln.


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