Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2). Hans Kneifel

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Atlan-Paket 16: Im Auftrag der Kosmokraten (Teil 2) - Hans Kneifel


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      Er registrierte, wie das leere Kunststoffgeschirr mitsamt dem Tablett aus dem Fach verschwand. Dann schaltete er den Bildschirm ein und vertraute auf die Waffe, auf deren geheimnisvolles Eigenleben. Ein Schwert, das Dimensionstunnel stabilisieren konnte, vermochte auch, eine einfache Schaltung zu manipulieren.

      Der Bildschirm erhellte sich und zeigte eine Ligridin, die vor den Linsen saß und einen Text vom Blatt ablas. Fartuloon legte seine Fingerkuppe auf das Lautstärkefeld und wartete, bis er verstand, was da vorgelesen wurde. Es handelte sich um eine belehrende Sendung, die im Fortlauf schilderte, dass der Siegeszug der Ligriden durch die Galaxis Manam-Turu nicht aufzuhalten war.

      »Wenn das der Erleuchtete hört ...«, brummte er und konzentrierte sich auf sein Vorhaben. Das Skarg war nicht immer wirksam; sein Colemayn-Körper hatte dies im letzten Stadium des Verfalls leidvoll erfahren müssen. Fartuloon verlangte vom Skarg nichts anderes, als dass die Schaltungen irgendwo im Zentralraum willkürlich zu beeinflussen waren.

      Das Skarg berührte mit der Spitze das Schaltfeld. Kräfte, die auch Fartuloon nicht kannte, bemächtigten sich der Leitungen. Fartuloon versenkte sich in die Forderungen dieses Versuchs, und als er einige Zeit wieder zu sich kam, war er schweißüberströmt. Er schob das Schwert wieder unter seine Kleidung, kühlte Gesicht und Arme mit kaltem Wasser und versuchte sich dann an der Schaltung.

      »Ich hab's nicht geglaubt!«, bekannte er kopfschüttelnd. Aber als er mit der Einschalttaste rhythmisch zu tippen begann, wechselten die Blicke in andere Zellen ab. In rascher Folge sah er leere oder dunkle Zellen, dann entdeckte er einen Naldrynnen, einige Daila, einen älteren Zyrpher, wieder leere Kabinen, dann begann derselbe Durchlauf wieder. An diesem System waren etwa fünfzig Zellen des Gefängnisses angeschlossen.

      Was er anschließend riskierte, konnte zweischneidige Folgen haben. Aber er durfte, bei aller Zuversicht, keine Zeit vertrödeln. Er bemühte sich, das Schwert durch seinen massigen Körper zu verdecken, als er es zwang, das Türschloss zu öffnen.

      Er schob die schwere Platte auf und tat so, als wäre er zutiefst überrascht. Schnell versteckte er die Waffe und ging, als habe er vor jedem weiteren Schritt Angst, durch den schmalen Metallkorridor.

      An jedem Ende stand ein Roboter, der sich weder rührte noch irgendwelche Reaktionen zeigte. Fartuloon ging weiter. Pfeile an den Wänden deuteten in die entsprechende Richtung. Natürlich wunderte sich Fartuloon über die sonderbare Gleichgültigkeit, aber es war denkbar, dass die Wichtigkeit der Konferenz auf BASTION II die ligridische Besatzung ablenkte.

      Er ging an der Maschine vorbei, unter Energieprojektoren hindurch und blieb schließlich vor einem massiven Gitter aus Stahlstäben stehen. Dahinter lag eine Art Büro. In einem schräg nach hinten gekippten Sessel lag ein älterer Ligride, dessen Kapuze verrutscht war. Der Mann hatte die Augen geschlossen und schlief.

      Einige Sekunden lang betrachtete Fartuloon die unzähligen Schalter und Leuchtflächen auf den Pulten und die Reihen der Farbmonitore darüber. Dann wandte er sich halb ab und rief:

      »He, Freund Aufpasser! Diener des Gward! Du wirst Ärger bekommen!«

      Die tiefen Atemzüge rissen ab, der Sessel knarrte protestierend, dann hörte Fartuloon einen unterdrückten Fluch. Inzwischen hatte er im Kreuzungspunkt zweier Stahlschienen ein winziges, schwarzes Gerät angeklebt.

      Vermutlich trug ihm sein rücksichtsvolles Verhalten einen weiteren Pluspunkt ein. Der Ligride zog seine Kapuze über den kahlen Kopf, und als sich der Gefangene herumdrehte, blickte er in die dunkelbraunen Augen. Die Nickhaut, die sich von unten im Auge hochgeschoben hatte, verlieh dem Blick des Ligriden etwas Träumerisches.

      »Wo kommst du her?«, fragte der Wächter. »Ich wette, dich hat Lardom zu mir geschickt?«

      »Ich wette, das hat er nicht«, antwortete Fartuloon und bemühte sich, ratlos dreinzublicken. »Ich habe herumprobiert, und die Tür meiner luxuriösen Gastwohnung war offen. Und so bin ich einfach hierher spaziert. Obwohl ich ein Freund der Ligriden bin, hat man mich eingesperrt. Wetten, dass ich bald wieder frei bin?«

      »Dein Name?«

      »Fartuloon. Ich bin erst seit einem Tag hier.«

      »Wetten, dass wir länger mit dir zu tun haben?«

      »Schon möglich. Ich wette mit dir«, meinte der Gefangene und sah, wie der Wärter auf einem Schirm Daten über ihn abrief, die ausgesprochen dürftig waren, »dass Kommandant Saarnoy dir nur das Beste über mich sagen kann.«

      »Ich wette dagegen!«, sagte der Wächter. »Was willst du?«

      »Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass mein Türschloss defekt ist. Wenn sich das herumspricht, bekommst du tatsächlich Ärger mit deinem Kriegsherren.«

      Der Wächter überlegte schweigend. Dann zogen sich vor seinen Augen die dünnen Häutchen zurück, sein Blick wurde klar. Verwundert murmelte er:

      »Ein Gefangener, der sich über offene Türen beklagt, mit mir wettet, ein Freund der Ligriden ist – habe ich noch nie gehört. Ich schicke einen Reparaturtrupp für dein Schloss.«

      »Wetten wir, dass du es nicht schaffst, das Ding zu reparieren?«

      »Ich sage dir, das ist eine Kleinigkeit.«

      »Wenn ich diese Wette gewinne«, sagte Fartuloon, »besorgst du mir eine Audienz bei deinem Chef?«

      »Gut. Einverstanden. Was wettest du dagegen?«

      »Eine Münze, zweitausend Jahre alt, mit unentzifferbaren Zeichen darauf.«

      »Herzeigen.«

      »In meiner Luxuskabine.«

      »Einverstanden. Was kannst du sonst?«

      »Ich bin Arzt. Aber dass ich alle eure Gefangenen heilen könnte, wage ich nicht zu versprechen.«

      »Schon gut. Welche Zelle hast du?«

      »Ich kenne eure Nummerierung nicht.«

      »Ich kümmere mich darum. Zurück dorthin, sonst bekommst du Schwierigkeiten.«

      »Ich eile.«

      Fartuloon führte die Geste der Verabschiedung aus, die er auf Pjol-Kimorz gelernt hatte, dann ging er ohne Eile zurück in seine Zelle. Aus dem Saum seiner Jacke holte er die Münze heraus, dazu ein anderes winziges Gerät, das er sich ins Ohr steckte. Er setzte sich auf die Pritsche, lehnte den Rücken gegen die Wand und blickte auf den Bildschirm. Wie zu erwarten, sah und hörte er ein reichlich langweiliges Programm. Das Aufregendste waren die Ansichten verschiedener Planeten, auf denen die Ligridenstützpunkte geschildert und gezeigt wurden.

      Wieder wartete Fartuloon. Aber sein schläfriges Aussehen war nur vorgetäuscht. Er hörte mit, was der Wächter zu sagen hatte und was die Lautsprecher wiedergaben.

      Der Wächter, Purcarrh hieß er, sprach mit einem Reparaturkommando, schickte Männer und Robots zur Zelle 35, schilderte seinem Vorgesetzten den seltsamen Wunsch des Gefangenen.

      »Wenn er so harmlos ist«, meinte schließlich lachend der Chef, »dann kannst du ihn als Arzt beschäftigen. Oder als Raumputzer, Mechaniker, was du willst.«

      Fartuloon hütete sich, den Kopf zu schütteln. Er verstand die Sorglosigkeit dieser Ligriden nicht. Andererseits war es den Gefangenen nicht möglich, die Zellen zu verlassen. Vermutlich war auch der gesamte Gefängniskomplex noch einmal abgesichert. Seltsam war es trotzdem. Im Lauf der nächsten zwei Stunden beobachtete er scheinbar wenig interessiert die Reparaturarbeiten und hörte alle Meldungen, die auch im Überwachungsraum von Purcarrh ankamen. Er erfuhr, dass Lorad und Felur als Hauptbeauftragte der Ligriden ihre Konferenz mit den Hyptons beendet hatten, und dass die Hypton-Traube in einem ligridischen Kriegsschiff wieder weggebracht worden war.

      Spätestens jetzt wusste er, dass er sich zeitlich wie räumlich an einem Brennpunkt befand.

      Atlans Name wurde während der gesamten Zeit nicht erwähnt, aber das hatte Fartuloon auch nicht erwartet.

      »Nur Ruhe!«, redete er sich gut zu.


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