Perry Rhodan 2539: Schreine der Ewigkeit. Marc A. Herren

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Perry Rhodan 2539: Schreine der Ewigkeit - Marc A. Herren


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Yura.

      Damit verschwand sie.

      Und Alaska Saedelaere erwachte.

      Er lag in einer moosbewachsenen Kuhle am Rand der steinernen Ebene. Die rote Abendsonne streichelte sein nacktes Gesicht mit wärmenden Strahlen.

      Nichts deutete darauf hin, dass er sich an Bord des Raumschiffs LEUCHTKRAFT befand.

      Der Traum ließ ihn nicht mehr los.

      »Weshalb sollte ein Wesen wie du auf solch profane Denkhilfen wie eine Zeitrechnung verzichten?«, hörte er in seinem Innern die Stimme Samburi Yuras nachhallen.

      Er seufzte.

      »Weil ...«, murmelte er schwerfällig, »die vierte Dimension für das Verstehen der höheren Wahrheiten eher hinderlich sein kann? Weil sie mehr dem Schein zuspielt als dem Erkennen des wahren Seins? Kann ich dich nur finden, wenn ich zeitlos werde? Bin ich deiner Meinung nach bestimmt dazu, ein Zeitloser zu sein?«

      Die Fragen verhallten ungehört. Frau Samburi Yura weilte nicht länger an Bord der LEUCHTKRAFT. Die Begegnung mit ihr war nicht wirklich gewesen. Alaskas Unterbewusstsein hatte ihm frühere Treffen mit der Kosmokratenbeauftragten, eigene Ängste und den Konflikt mit der Besatzung der LEUCHTKRAFT im Traum wild zusammengewürfelt.

      Nichts war wirklich.

      Er blickte in die Abendsonne, die das ferne Gebirge in warme Farben tauchte.

      Saedelaere fragte sich, ob er tatsächlich aufgewacht war oder ob er nach wie vor träumte.

      1.

      Die Früchte des Wissens

      Er war ein Niemand, ein Nichts.

      Seine Lehrer hatten sich immer wieder darin gefallen, ihm zu erklären, dass er über keinerlei herausragende Fähigkeiten verfügte. Dass er wohl nie etwas zum kulturellen, sozialen oder wissenschaftlichen Reichtum seines Nestes beitragen würde. Dass er deshalb auch nie in den Genuss der Privilegien kommen würde, die jene genossen, welche im Gegensatz zu ihm mit Genie, Können und Begabung gesegnet waren.

      Er war – und würde es immer bleiben – ein Niemand, ein Nichts. Was eigentlich kein Problem darstellte, solange keiner von diesem Umstand wusste.

      Zudem sich die Lehrer geirrt hatten. Zumindest ein Talent besaß Syrst Tykvenst Lokop: Er war ein begnadeter Lügner, Aufschneider, Hochstapler.

      Und dieses, sein einziges Talent spielte er mit der ihm eigenen Frechheit aus, um sich all jene Dinge zu besorgen, die ihm Lehrer und Nesthüter so glaubhaft abgesprochen hatten.

      Wie an diesem Tag, an dem er als Gastdozent an einem Symposium über die Philosophie des Ur-Lokopters teilnahm. Gewiss – er hatte die Materie weder studiert, noch hatte er die Zeit gefunden, sich durch einschlägige Medien und Hypnoschulungen damit vertraut zu machen. Als er sich aber vor wenigen Tagen im Erfrischungsraum eines Konferenzgebäudes aufgehalten und gesehen hatte, mit welch außergewöhnlichen Speisen und Getränken die Teilnehmer eines Symposiums bewirtet wurden, war es für ihn völlig klar gewesen, dass er an einem solchen teilnehmen musste – unabhängig von dessen Thema.

      Nun saß er da und blickte auf den Dünnfedrigen, der einen unmöglich verhurrschten Eindruck machte und versuchte, sich krampfhaft an die damaligen Gegebenheiten zu erinnern.

      Syrsts Gedanken reisten zurück zu jenem Unterweisungshof, auf dem er im Alter von zehn Jahren gestanden hatte. Damals hatte ihm gedämmert, dass er im Grunde ein völlig uninteressanter und talentloser Lokopter war.

      Aus einer Laune heraus hatte er den anderen Jugendlichen daraufhin erzählt, dass sein Nesthüter im Ruf aufgegangen sei und deswegen im Schrein der Ewigkeit leben würde.

      Die Wirkung seiner Worte hatte ihn über alle Maßen erst erstaunt und dann entzückt.

      Die jungen Lokopter hatten ihn mit ehrfürchtig aufgerissenen Augen umstelzt und immer weitere Fragen gestellt, die er mit der blinden Sicherheit eines Wasserspürkäfers beantworten konnte.

      Im Nachhinein hatte er sich darüber gewundert, woher all die Antworten stammten, die ihm so locker und leicht aus dem Schnabel gesprungen waren. Doch weshalb sich über solche Nebensächlichkeiten das Gefieder zerzausen? Man konnte schließlich die Affäre stattdessen als das betrachten, was sie war – Syrsts Aufstieg in der Hofhierarchie um mindestens drei Nestgrößen, und dies innerhalb weniger Minuten!

      Der junge Lokopter hatte sofort seine Schlüsse daraus gezogen und sich von seinen Bewunderern distanziert. Schließlich benötigte eine frisch geschlüpfte Persönlichkeit wie er einen gewissen Abstand zum normalen Volk – zudem hatte er schon drei Minuten später keine Ahnung mehr, mit welchen Details er seine Geschichte ausgeschmückt hatte, und wollte vermeiden, sich in Widersprüche zu verstricken.

      So war er an der mit Schlingpflanzen bewachsenen Mauer entlangstolziert und hatte die scheuen Blicke der anderen Jugendlichen genossen, die sie ihm aus der Ferne zugeworfen hatten.

      Einzig ein ausgehurrschter, dünnfedriger Nesthocker, der von den anderen Jugendlichen meist übersehen wurde, hatte sich ihm misstrauisch genähert und ihm auf den Schnabel zugesagt, dass Syrsts Geschichte gar nicht stimmen konnte: Die letzte Klausur der Mächtigen habe nämlich vor genau achtzig Jahren begonnen – und so alt sähe Syrst nun nicht gerade aus.

      Syrst Tykvenst Lokop war nie ein Kämpfer gewesen. Seine Arme glichen eher knorrigen Ästen denn kraftstrotzenden Hebe- und Arbeitswerkzeugen. Der Schnabel sah zwar kräftig und gesund aus, doch damit auf einen Gegner einzuhacken, darauf wäre Syrst nie gekommen; ihn ekelte schon die bloße Vorstellung an, seinen Kopf in fremdem Gefieder wiederzufinden.

      Zu jenem Zeitpunkt wäre Syrst aber gerne ein Kämpfer gewesen, um dem Dünnfederling so lange einzuheizen, bis dieser die Anschuldigungen wieder vergessen hätte. So musste er ihm eine Geschichte über schockgefrorenen Samen seines Vaters ins Nest legen und ihn anschließend so schnell wie möglich stehen lassen.

      Svage Kittel Lokop hatte er geheißen, das wusste Syrst noch gut, und er hatte die nächsten Jahre damit verbracht, einen möglichst großen Bogen um den unangenehmen Einzelgänger zu machen.

      Und nun stand ausgerechnet dieser schrecklich verhurrschte Dünnfedrige vor ihm, als er es gerade überhaupt nicht brauchen konnte, und er las den Namen »Svage« auf dem Halsreifen, den alle Besucher des Symposiums erhalten hatten.

      Svage.

      Wie viele Svages laufen in Lokops Nest herum?, fragte er sich.

      Der Name war seit Generationen veraltet und wurde nur selten verliehen – mehr als zwei Dutzend Svages würden aber mit Sicherheit in seinem Großnest wohnen.

      Der Dünnfedrige ruckte mit dem Kopf vor und zurück, kniff die Augen halb zusammen und scharrte unruhig im Bodennebel herum.

      »Du bist Sonte Tyrgal Takell?«, fragte er.

      »Gewiss«, sagte er mit fester Stimme und deutete auf seinen Halsreifen.

      Der Reifen gehörte dem – an diesem Tag leider verhinderten – öffentlich nicht sehr bekannten Philosophen aus Takells Nest, das Syrst als Tarnung diente. Wer zu Symposien nicht auftrat, der durfte sich auch nicht wundern, wenn der eigene Namensreifen einen anderen zu Ruhm und Apérohäppchen verhalf.

      Das fand jedenfalls Syrst Tykvenst Lokop, und bis vor kurzer Zeit hatte es wie eine überaus clevere Idee ausgesehen. Dann war der Verhurrschte vor ihn getreten.

      »Ich habe mit Sonte studiert«, krächzte sein Gegenüber heiser. »Du gleichst ihm nicht einmal ansatzweise. Dafür kommst du mir sonst ziemlich bekannt vor.«

      Syrsts Hals verschloss sich, als hätte sich ein Wurm in seiner Kehle festgehakt. Zu allem Überfluss bemerkte er, dass sein Gegenüber aus den Federn muffelte – stinkende Lokopter konnte er auf die Mauser nicht ausstehen.

      »Du ... du musst dich ganz bestimmt täuschen!«

      »So, muss ich das? Weißt du denn, wer ich bin? Der richtige Sonte kennt meine Federzeichnung ebenso


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