Perry Rhodan 2648: Die Seele der Flotte. Christian Montillon

Читать онлайн книгу.

Perry Rhodan 2648: Die Seele der Flotte - Christian Montillon


Скачать книгу
Finger, und im selben Sekundenbruchteil sieht er es auch bei seinem Gegenüber.

      »Wer bist du?«, fragt er.

      »Du bist ein Narr, Numenkor-Bolok.«

      »Woher kennst du meinen Namen?«

      »Horch doch in dich hinein! Du kennst meinen ebenso!«

      »Nein, ich habe dich nie zuvor getroffen!« Er stockt, als er begreift, dass seine Worte nicht der Wahrheit entsprechen. Er kennt sein Gegenüber sogar sehr gut. Es gibt nur eine Erklärung. Nur eine Lösung dieses Rätsels, die alles erklärt. »Du bist ... Mikru?«

      Die Augen sind auf einmal wie Feuer, und aus der Nase rinnt eine gelbe Flüssigkeit. Das Blut eines Laren.

      »Selbstverständlich«, antwortet das Wesen. »Und deshalb muss ich dich töten.« Blutstropfen quellen über die Lippen und das Kinn. »Ehe ich selbst sterbe.«

       1.

       Im Kalten Raum

       »Perry!«

      Die Stimme verwehte, irgendwo in weiter Ferne, und sie war voller Schmerzen.

       »Du musst ...«

      Mehr hörte Perry Rhodan nicht. Er tauchte aus einer dunklen Tiefe auf. Er fror, und es gelang ihm nicht, die Augen zu öffnen. Die Kälte quälte nicht nur den Körper, sondern drang bis in die Seele vor.

      War die Stimme nur ein Teil dieser Qual gewesen? Er konnte sie niemandem zuordnen. Ein Schauer rann durch seine Gedanken. Er war ohnmächtig geworden, nachdem ...

      Ja, nachdem ... was?

      Er erinnerte sich nicht mehr. Oder doch? Langsam schälte sich die Erkenntnis aus dem Dunkeln. Schwärze war über ihn gekommen, nachdem eine mentale Stimme – eine andere als die, die er gerade gehört hatte – Ramoz' Namen genannt und ihm gegenüber Bereitschaft erklärt hatte. Was immer das bedeuten mochte.

      Wie lange war das her? Sekunden? Minuten? Rhodans Zeitgefühl versagte. Er setzte all seine Willenskraft ein, und seine Augenlider hoben sich flatternd, wie gegen Widerstand von außen.

      Er lag mit dem Gesicht auf einem kalten, harten Grund. Sein Atem strich darüber, eine deutlich sichtbare Wolke in der Kälte, die eine winzige Schicht Reif auf dem bronzefarbenen Boden hinterließ.

      Die Schulter, mit der er auflag, schmerzte. Er rollte sich zur Seite, stemmte sich mühsam in die Höhe, wenigstens in eine sitzende Position.

      Er blickte sich um, und was er sah, gefiel ihm gar nicht. Es hatte sie hart erwischt – offenbar alle. Niemand in MIKRU-JONS Zentrale hatte das Eindringen in das mysteriöse Versteck mitten im freien Weltraum in der Nähe der grünen Sonne unbeschadet überstanden.

      In der Zentrale des Obeliskenraumers herrschte Stille. Der Raum durchmaß zehn Meter bei etwa fünf Metern Höhe. Der einzige dauerhafte Zugang bestand in der Öffnung des Antigravschachtes, der in die Tiefe führte. Die sonst ständig sichtbare langsame Bewegung des bronzefarbenen Materials von Wänden und Boden war wie erstarrt; alles wirkte weniger organisch als sonst. Als sei das Schiff erfroren.

      Mondra Diamond lag zusammengekrümmt neben dem Báalol Rynol Cog-Láar, dessen Arme ausgestreckt waren, als würde er noch in diesem Zustand versuchen, sein geliebtes Musikinstrument zu erreichen, das eine Handspanne von seinen Fingerspitzen entfernt auf dem Boden zu sehen war.

      Weder Mondra noch der Báalol rührten sich. Sie waren ohnmächtig. Hoffentlich nur das.

      Gucky stand auf beiden Füßen, aber der Körper des kleinen Mausbibers zitterte, und der Kopf hing schlaff auf die Brust. Der Mausbiber presste den platten Biberschwanz dicht an den Körper. Der Anblick erinnerte Rhodan daran, wie ein Terraner die Arme um sich selbst schlang, um sich zu wärmen.

      Langsam hob Gucky eine Hand, deutete an Rhodan vorbei. »Perry? Wo ... wo sind wir hier?« Sein Atem ging schwer. »Was bei allen Universen ist das?«

      Der Blick des Terraners folgte der ausgestreckten Hand des Mausbibers.

      Ein Holo in der Zentrale zeigte die Umgebung des Schiffs – das, was sich nur wenige Meter entfernt jenseits der Außenhülle des Obeliskenraumers befand: das Innere jenes seltsamen Phänomens im Raum, in das sie sich mit MIKRU-JON »eingefädelt« hatten. Das Versteck mitten im freien Weltraum. Das Innere jenes Gebildes, das wohl ein eigenständiges Miniaturuniversum bildete, in das sie nur mit großer Mühe hatten eindringen können.

      Von außen hatte es die Gestalt eines Knäuels aus hauchdünnen, nur von Quistus erkennbaren hyperphysikalischen Linien gezeigt; ein gigantisches Etwas von 85 Millionen Kilometern Durchmesser. Im Verbund mit MIKRU-JON hatte auch Rhodan als Pilot des Schiffes die verworrenen Linien wahrnehmen können, während er eingeflogen war – ein Höllenritt durch Verwerfungen im Raum-Zeit-Gefüge, durch Strukturerschütterungen und Instabilitäten.

      Im Inneren sah dieses Gebilde nicht länger aus wie ein Stück des Weltraums, eher als würden sie in einer bläulich schimmernden Masse treiben, einer Art zähflüssigem Nebel von gigantischem Umfang.

      Ein zweites Holo flackerte neben dieser optischen Darstellung ihrer Umgebung und löste sich auf. Es hatte die Schleuse ins Innere jenes Schiffes in diesem Nebel gezeigt, an das MIKRU-JON kurz vor Rhodans plötzlicher Ohnmacht angedockt hatte; eine von vielen Einheiten, die inmitten des Verstecks trieben, wie hinter einer dichten Wolke aus Kristallstaub verborgen.

      Vor dem aktiven Umgebungsholo stand der Stardust-Terraner Nemo Partijan. Rhodan revidierte seine erste Einschätzung – offenbar hatte es nicht alle so schwer erwischt wie ihn. Der Wissenschaftler sah kaum mitgenommen aus. Er betrachtete das dreidimensionale Abbild, schüttelte hin und wieder den Kopf und murmelte unablässig so leise etwas vor sich hin, dass Rhodan kein Wort verstehen konnte.

      Partijans schlanker Körper hob sich wie ein Scherenschnitt vor dem glitzernden Etwas ihrer kosmischen Umgebung ab. Er streckte die Hände aus, fast als wolle er sie in die Wiedergabe tauchen, um sie zu erspüren. »Alles ... schaut euch das an, alles ist voller Hyperkristalle!«

      Diese Feststellung hatte Partijan vor Rhodans Ohnmacht schon einmal getroffen, schien es aber noch immer nicht glauben zu können. Kein Wunder – es war unglaublich.

      »Es ist das Paradies für dich, was?«, fragte Gucky bemüht lässig. Rhodan hörte ihm genau an, dass er sich dazu zwingen musste, einen seiner üblichen Scherze zu reißen. Die ganze Körperhaltung des Kleinen sprach Bände – er rang um neue Kraft, und es schien ihm zu gelingen.

      Auch Rhodan fühlte, wie die Schwäche von ihm abfiel. Während er zu Mondra ging und seitlich am Hals nach ihrem Puls tastete, ergänzte der Mausbiber: »Mir ist es entschieden zu kalt!«

      Es klang fast kleinlaut.

      »Kalt?«, fragte Partijan beiläufig. »Ist mir gar nicht aufgefallen.« Er fuhr sich über die Stirn, als wolle er Schweißtropfen wegwischen.

      Erleichtert fühlte Rhodan, dass Mondras Herzschlag regelmäßig ging. Ihr Atem strich über sein Handgelenk.

      »Es ist dir nicht aufgefallen?«, wiederholte Gucky die Worte des Wissenschaftlers. »Perry, lebt der in einer anderen Welt als wir? In der Dimension der Simsalabim-Topologen?«

      »Quintadim«, verbesserte Partijan beiläufig, etwa in dem Tonfall, wie man einem kleinen Kind erklären mochte, dass zwei und zwei nicht fünf ist.

      »Weiß ich doch«, stellte der Mausbiber klar.

      »Warum sagst du es dann falsch?« Nemo Partijan, der sein Leben der Erforschung von Hyperkristallen verschrieben hatte, schüttelte den Kopf. »Aber haben wir wirklich nichts Besseres zu tun?«

      Doch, hatten sie, und das wussten sie alle, auch Gucky, der zweifellos nur auf seine ganz eigene Art die Unsicherheit angesichts dieser seltsamen Umgebung zu überspielen versuchte. Doch für derlei Feinheiten schien Nemo Partijan keinen Sinn zu haben. Nicht in seinem Paradies, das ihn völlig gefangen nahm. Diese Einschätzung fand


Скачать книгу