Perry Rhodan 904: Murcons Burg. Kurt Mahr
Читать онлайн книгу.war er zu seiner wartenden Flotte zurückgekehrt. Bevor er aber den Besatzungen der Fahrzeuge der Kairaquola von seinem Versagen hatte berichten können, war die Flotte von einem Verband fremder Robotschiffe angegriffen worden. Die Angreifer hatten die RIESTERBAAHL schließlich geentert und den Quellmeister entführt. Sie brachten ihn zu einem Ort, den sie das Große Gasthaus nannten. Sie gaben Pankha-Skrin einen eigentümlichen Namen: Gastwirt. Er war vor den König der Bruderschaft der Wahren Zaphooren, Boronzot, gebracht worden. Bevor es aber zu einem Informationsaustausch zwischen ihm und Boronzot kam, hatte Salsaparú mit ihren Frauen angegriffen und den Quellmeister entführt.
Von Salsaparú endlich war Pankha-Skrin Aufklärung zuteil geworden. Das Große Gasthaus war die ehemalige Burg des mächtigen Murcon, der seinerzeit von den Wesen jenseits der Materiequelle mit sechs anderen zusammen ausgesandt worden war, um Leben und Intelligenz im Universum zu verbreiten. Das Große Gasthaus war eine der sieben Burgen, nach denen Pankha-Skrin mit der RIESTERBAAHL vergebens gesucht hatte. Kein Wunder, dass das Skri-marton darüber in den Zustand der Erregung geriet!
Pankha-Skrin hatte die Burg beim Anflug des Robotraumschiffs zu sehen bekommen. Sie erweckte den Eindruck eines unregelmäßig geformten, etwa 75 Kilometer langen Asteroiden, von dessen Oberfläche vor lauter Bebauung so gut wie nichts mehr zu sehen war. Die unbekannten Architekten, wahrscheinlich längst in den Klüften und Schründen der Äonen verschollen, hatten mit Vorliebe in die Höhe gebaut. Schlanke, hoch aufragende Türme waren ihr Schönheitsideal gewesen. So wirkte der Asteroid aus der Ferne wie ein in Abwehrstellung befindlicher Igel, der seine Stacheln nach allen Seiten reckte. Unter den zahllosen Türmen waren Pankha-Skrin damals ihrer besonderen Größe wegen fünf Bauwerke aufgefallen, die über das Niveau der übrigen Gebäude herausragten. Es gab dieser übergroßen Bauten insgesamt acht, wie er inzwischen erfahren hatte. Sie wurden ohne Ausnahme von Frauen bewohnt, die inmitten einer ansonsten von Männern beherrschten Gesellschaft ihre eigene Organisation gegründet hatten.
Auf dem Asteroiden hauste das Volk der Zaphooren. Soviel Pankha-Skrin inzwischen in Erfahrung hatte bringen können, waren die Vorfahren der Zaphooren eine Gruppe intergalaktischer Nomaden gewesen, die einst mit den mächtigen Murcon befreundet und von diesem auf seine Burg eingeladen worden waren. Die Burg gefiel ihnen anscheinend so gut, dass sie beschlossen, sie nicht wieder zu verlassen. Da Murcon mit diesem Beschluss vermutlich nicht einverstanden hätte sein können, musste er beseitigt werden. Wie diese Beseitigung im einzelnen vor sich ging, davon wurde nichts überliefert. Murcon jedenfalls war seit jenen längst vergangenen Tagen spurlos verschwunden. Die Nomaden machten es sich in der Burg bequem und vermehrten sich, bis ihre Nachkommen, die heutigen Zaphooren, einander vor lauter Übervölkerung auf die Füße zu treten begannen.
Hier aber begann das eigentliche Rätsel der Zaphooren. Warum bemühten sie sich nicht, der Enge zu entkommen? Es gab unter den vielen Bruderschaften, Gruppen und Parteien, in die das Volk der Zaphooren untergliedert war, die Bruderschaft der Techno-Spürer, deren Anführer oder »Oberbruder« der dreiarmige Vajlan war. Die Techno-Spürer verwalteten das technische Erbe. Ihnen oblag die Verantwortung für die Raumschiffe, die sich im Besitz der Zaphooren befanden. Warum hatten nicht die einzelnen Gruppen schon längst die qualvolle Enge des Großen Gasthauses verlassen und waren mit den Raumschiffen hinaus zu den Sternen geflogen, die im All rings um Murcons Burg glänzten?
Diese Frage hatte Pankha-Skrin der Schiefäugigen Salsaparú vorgelegt. Und die Vorsteherin hatte ihm mit Hilfe des kleinen Geräts, das die Sprache der Zaphooren in die der Loower übersetzte, geantwortet: »Es ist versucht worden, aber ohne Erfolg! In der Vergangenheit sind des Öfteren Zaphooren an Bord eines Raumschiffs gegangen und hinaus zu den Sternen geflogen. Aber sie kehrten unverrichteter Dinge zurück.«
»Du meinst, die Sterne besaßen keine bewohnbaren Planeten?«
»Ich meine, die Schiffe erreichten die Sterne nie! Sie flogen davon, immer auf geradem Kurs. Sie ließen das Große Gasthaus hinter sich zurück und drangen in die Weite des Raumes vor. Nachdem sie aber lange genug geflogen waren, ohne sich auch nur einem der Sterne zu nähern, tauchte plötzlich das Gasthaus wieder vor ihnen auf.«
»Wie oft ist dieser Versuch durchgeführt worden?«, hatte Pankha-Skrin voller Bestürzung gefragt.
»Dutzende, vielleicht Hunderte von Malen«, lautete die Antwort der Vorsteherin. »Und immer mit demselben Resultat!«
Über diesem Problem grübelte der Quellmeister seit jenem letzten Gespräch mit Salsaparú. Er konnte sich nicht vorstellen, was den Misserfolg der zaphoorischen Raumexpedition verursacht haben mochte. Nur eine einzige Erklärung fiel ihm ein, und die schien weit genug hergeholt: Die einzigen, die etwas von Raumschiffen und der Raumfahrt verstanden, waren die Techno-Spürer. Womöglich hatten sie ein Interesse daran, dass die Zaphooren in Murcons Burg blieben. Aber welches Interesse hätte das sein können?
Die eigene Rolle – oder besser gesagt: die Rolle, die er nach dem Wunsch der Zaphooren spielen sollte – war Pankha-Skrin inzwischen klar geworden. Man hatte ihn in der Nähe der Burg beobachtet – mit welchen Methoden auch immer, denn er selbst hatte damals an Bord der RIESTERBAAHL nicht feststellen können, dass er sich in der Nähe einer Kosmischen Burg befand – und war daraufhin zu dem Schluss gekommen, dass er ein ähnliches Wesen wie Murcon sein müsse, ein Gastwirt, wie die Zaphooren sich ausdrückten. Da Murcon in seiner Burg hatte ein- und ausgehen können, wie es ihm beliebte, nahm man an, dass auch er, Pankha-Skrin, diese Fähigkeit besitze. Mit anderen Worten: Man erwartete von ihm nichts anderes, als dass er die Zaphooren aus der qualvollen Enge ihres derzeitigen Gefängnisses in die Freiheit führe.
Pankha-Skrin besaß die Machtfülle des Quellmeisters, die auf entelechischem Tiefdenken beruhte. Sie war nicht gering. Trotzdem stand er den Erwartungen der Zaphooren hilflos gegenüber. Er wusste selbst nicht, wie er hierher gekommen war. Und noch weniger kannte er den Weg, der hinaus in die Freiheit führte.
An dieser Stelle wurde er in seinem Gedankengang unterbrochen. Die Schiefäugige Salsaparú trat ein. Sie trug das kleine, röhrenförmige Übersetzergerät um den Hals.
»Ich bitte dich, mir zu einer anderen Unterkunft zu folgen«, sagte sie. »Sei überzeugt, es geschieht alles zu deiner Sicherheit und Bequemlichkeit.«
Pankha-Skrin erhob sich.
»Sicherheit?«, wiederholte er misstrauisch.
»Boronzot gönnt uns die Ehre deines Besuches nicht«, antwortete die Vorsteherin barsch. »Wir erwarten seinen Angriff in wenigen Minuten.«
*
Boronzots Krieger hatten viele Stunden gebraucht, um sich – unbemerkt, wie sie glaubten – in den Turm der Frauen einzuschleichen. Als sie aber angriffen, brandete ihnen derart heftiger und wohlorganisierter Widerstand entgegen, dass sie im Augenblick der ersten Überraschung am liebsten die Flinte ins Korn geworfen hätten und Hals über Kopf geflohen wären. Dass dies nicht geschah, dafür war Vajlan, der Oberbruder der Bruderschaft der Techno-Spürer verantwortlich. Salsaparús frecher Raubzug mitten in den Palast des Königs Boronzot, in dessen Verlauf der Gastwirt den Unabhängigen Frauen in die Hände gefallen war, hatte Vajlan dermaßen erzürnt, dass er Boronzot spontan seine Dienste angeboten hatte. Boronzot, durch den Überraschungssieg der Frauen noch verwirrt, nahm sofort an. Also wurde Vajlan zum Befehlshaber des Stoßtrupps ernannt, der den Turm der Frauen stürmen und den entführten Gastwirt zurückbringen sollte.
Vajlan plante sein Vorhaben mit der Detailliebe des Technikers. Er ließ nichts außer acht – schon gar nicht die Möglichkeit, dass die Schiefäugige Salsaparú mit einem derartigen Vorstoß rechnete und sich darauf vorbereitete. Inzwischen war zudem der Apparat der Diplomatie angelaufen. Die Königin Garlotta, der alle Bruderschaften der Frauen untertan waren, hatte sich an Boronzot mit der Bitte gewandt, den Gastwirt zum Eigentum aller Zaphooren zu erklären. Falls Boronzot auf diesen Vorschlag einginge, würde der Fremde binnen kürzester Frist an Boronzot zurückgegeben. Während aber Boronzot über das Angebot nachdachte, fuhr Vajlan mit seinen Vorbereitungen fort. Denn der war überzeugt, dass Garlotta gar nicht vorhatte, den Gastwirt jemals wieder herzugeben. Mit ihrem Vorschlag wollte sie nur Zeit gewinnen, die ihre Frauen dazu nutzten, den Fremden in ein Versteck zu bringen, in dem ihn niemand