Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband). Uwe Anton

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Perry Rhodan: Andromeda (Sammelband) - Uwe Anton


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einmal dreiundzwanzig Jahre her. Mittlerweile war da Jacinta einen Meter und zweiundachtzig groß und fast athletisch-kräftig gebaut. Normalerweise trug er sein langes, weißes Haar im Nacken von einer Spange gerafft, doch jetzt hing es frei bis über die Schultern hinab, genau wie seine dünne, schwarze Schlafkombination ein Zeichen dafür, dass er die Kabine, die er mit Tess Qumisha teilte, mehr oder weniger überstürzt verlassen hatte.

      »Du hast es also ... wahrgenommen?«, fragte Rhodan und musterte Benjameen. »Ja ... wenn nicht du, wer sonst?«

      Da Jacinta war Mutant. Er war in der Lage, sein Bewusstsein – seinen Wahrnehmungsfokus, drückten manche Paraforscher es aus – vom Körper zu lösen, in Nullzeit selbst große Entfernungen zu überbrücken und in gewissen Grenzen dann auch telepathisch zu kommunizieren. Wenn er in diesen paranormal aktiven, jedoch körperlich passiven Zustand fiel, konnte er mit anderen Wesen eine traumhaft-unwirkliche Kommunikation aufnehmen. Dazu musste er seine eigenen Träume jedoch so exakt steuern oder programmieren, dass er im Traum die richtigen Orte aufsuchte, die richtigen Informationen sammelte und die richtigen Handlungen unternahm.

      Er hatte diese paranormale Begabung durch ständiges Training geschult, so dass er sie sogar bei einem bewusst herbeigezwungenem Sekundenschlaf durch prädormitale Befehle und mentale Selbstprogrammierungen gezielt steuern konnte. Er hatte die Kräfte zu beherrschen gelernt und wurde nur noch in Ausnahmefällen ohne sein Zutun in die Träume anderer Wesen verschlagen, die unter einem besonderen psychischen Druck standen.

      Solch eine Ausnahme war wohl gerade eben eingetreten.

      »Das ist genau der richtige Ausdruck, Perry. Ich habe wahrgenommen, dass es zwischen dir und eben jener unbekannten Präsenz einen Kontakt gab.«

      »Mehr nicht?«, fragte Rhodan enttäuscht.

      Benjameen schüttelte mit einer typisch menschlichen Geste den Kopf. Er sah sich nach langen Jahren auf Terra keineswegs als Untertan des arkonidischen Imperators Bostich I., sondern als Kosmopolit. Seine Heimat hatte er auf Terra gefunden, ebenso seine große Liebe, Tess Qumisha.

      »Mehr nicht. Diese Präsenz war für mich nicht fassbar. Ich ... habe nur so eine Art Aura gespürt. Es klingt vielleicht pathetisch, aber ich habe Güte und Edelmut wahrgenommen, eine Reinheit des Herzens und der Gedanken ... und schreckliche Besorgnis.«

      Rhodan blickte auf. Er bemühte sich nicht, seine Erleichterung vor dem Arkoniden zu verbergen. »Du kannst mir aber nicht sagen, was genau es mit dieser Aura auf sich hat? Oder der Präsenz an sich?«

      Benjameens Blick war eine einzige Frage.

      »Ja, es hat solch einen Kontakt gegeben«, bestätigte Rhodan. »Aber ich habe kurz gezweifelt, ihn anfangs für einen Traum gehalten.«

      »Und jetzt nicht mehr?«

      Rhodan atmete tief ein. »Schon während der seltsamen Erfahrung nicht mehr. Aber ich bin trotzdem froh, dass du es auch gespürt hast. Denn ich fürchte ...« – er lächelte schwach – »... ein letzter Rest von Zweifel blieb doch noch. Ich bin wohl zu rational eingestellt, um solch ein Erlebnis einfach so hinzunehmen.« Er berichtete, so gut er es in Worte kleiden konnte, was geschehen war.

      »Sie hat dir eine Vorstellung unermesslichen Leids vermittelt?«, fragte Benjameen. »Was für ein Leid?«

      Rhodan schüttelte den Kopf. »Wie dieses Leid genau aussieht, an welchem Ort der Milchstraße es droht ... das alles habe ich nicht erfahren. Aber es war auch nicht nötig, in dieser Hinsicht hatte Kiriaade Recht. Ich habe verstanden.«

      »Was hast du verstanden?«

      »Dass ich einfach helfen muss. Dass es wichtig und richtig ist. Ich werde diesem Hilferuf Folge leisten. Mein Instinkt sagt mir, dass Kiriaade es wert ist, ihr zu helfen. Ich kann es nur unzureichend beschreiben, doch hinter ihr steht weit mehr als nur eine Frau oder nur ein Wesen. Und ich habe nicht den Eindruck, dass sie mich täuschen oder betrügen will.«

      »Davon bist du überzeugt?«

      »Ganz fest.«

      »Was willst du nun tun?«

      Rhodan antwortete nicht, sondern stand auf und ging zu einer Vitrine hinüber. Er öffnete sie, holte eine Karaffe heraus, in der eine goldfarbene Flüssigkeit schwappte, und sah Benjameen an.

      Der Arkonide nickte.

      Der Resident füllte zwei bauchige Gläser jeweils bis zur Hälfte und gab eins da Jacinta. Er nahm sein Glas in die linke Hand und rieb mit der rechten gedankenverloren eine kleine Narbe am rechten Nasenflügel, die sich weiß verfärbt hatte. Er roch die schwere Süße fast überreifer Trauben. Dann trank er einen kleinen Schluck.

      »Wie ich schon gesagt habe, dem Hilferuf Folge leisten.«

      »Einfach so? Obwohl es hier am Sternenfenster jeden Augenblick zur Eskalation kommen könnte?«

      Rhodan überging den Einwand. »Es war ganz seltsam. Kiriaade schien keineswegs vollständig von mir überzeugt zu sein. Irgendwie hatte ich den Eindruck, als riefe sie mich nur widerwillig zu Hilfe. Ausgerechnet mich ... so könnte man es ausdrücken.«

      »Kiriaade«, sagte Benjameen. »Du sprichst von dieser Erscheinung, als würdest du sie kennen.«

      Zu seiner Überraschung nickte Rhodan. »Das ist richtig. Sie war unglaublich fremdartig, aber gleichzeitig hatte ich den Eindruck, sie zu kennen. Ihr vielleicht schon einmal begegnet zu sein.«

      »Aber du weißt nicht, wann und wo?«

      »Nein.«

      »Vielleicht ist ... Kiriaade nicht nur dir erschienen«, sagte der Arkonide. »Ich habe sie ja auch wahrgenommen.«

      »Syntron«, sagte Rhodan, »hat es in der letzten Stunde Meldungen über seltsame Erscheinungen an Bord gegeben? Führe alles auf, was irgendwie aus dem Rahmen fällt.«

      »Es liegen keinerlei derartige Meldungen vor«, antwortete die Syntronik.

      Rhodan nickte. »Das habe ich mir gedacht. Niemand außer mir vermochte die mentale Stimme wahrzunehmen. Von dir natürlich abgesehen, Benjameen. Ich habe geglaubt zu träumen, anfangs vielleicht tatsächlich geträumt, nur dass es kein Traum, sondern die Wirklichkeit war, wenn du verstehst, was ich meine, und die Intensität meiner Gefühle hat dich in meinen Traum gezogen.«

      »Überlege«, kam der Arkonide wieder zur Sache. »Sonst hat Kiriaade nichts gesagt? Vielleicht fällt dir ja noch etwas ein ...«

      »Eigentlich hat sie überhaupt nichts gesagt. Das ... Gespräch blieb seltsam unkonkret, und ich bin mir nicht einmal sicher, ob der Wortlaut nicht nur ein Konstrukt meines Unterbewusstseins ist. Ihre Hilfsbedürftigkeit erschloss sich mir nicht durch konkrete Informationen, sondern hauptsächlich durch den emotionalen Kontakt.«

      »Ich verstehe.«

      Rhodan lächelte schwach. »Kiriaade erschien mir nicht wie ein wirklicher Mensch.«

      »Sondern?«

      »Sondern wie ein fernes Ideal, das ich niemals erreichen kann, aber unbedingt erreichen muss.«

      »Perry, das alles hört sich ...«

      »Ich weiß«, unterbrach Rhodan ihn und trank noch einen Schluck. »Vielleicht lautet die Antwort: Weil er da ist.«

      »Wie bitte?« Der Arkonide hatte noch nicht von dem alkoholhaltigen Getränk gekostet und hielt die Nase darüber.

      »Der Berg«, sagte Rhodan. »Warum steigen Menschen auf den Gipfel eines Berges? Ganz einfach. Weil er da ist.«

      Benjameen räusperte sich unbehaglich. Wahrscheinlich hat er noch nie erlebt, dass ich mich einem anderen dermaßen offenbare, dachte Rhodan.

      »Ich gestehe es ein«, fuhr der Resident fort. »Manche behaupten, ein wichtiger Zug meines Charakter sei unstillbare Neugier. Sie haben Recht. Dieser Wissensdrang gilt sowohl Menschen und anderen Wesen, für deren Schicksal ich mich interessiere und an dem ich Anteil nehme, als auch den Geheimnissen des Kosmos. Seit ich zum ersten Mal den Fuß auf den


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