Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst

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Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) - Andreas  Brandhorst


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der Schiffe glichen Trümmerlandschaften, Bergen und Tälern aus geschwärztem, verbogenem, gequältem Stahl. Tiefe Einschnitte durchzogen sie, Wunden, gerissen vom Einsatz schwerer Waffen und von Explosionen. Stahlträger standen ab wie in hilflosem Zorn vorgereckte Gliedmaßen.

      Die einzige Gemeinsamkeit mit Posbiraumern, die Lifkom feststellen konnte, war die längliche Form, in etwa keilförmig. Und die Form einzelner Schotte, die hier und da sichtbar waren. Sie waren neuneckig.

      »Übel zugerichtet«, sagte Talina. Die Oxtornerin hatte eine Hand auf den Kontrollen des Ortungspults, die andere streichelte den Okrill. Sie rieb das Froschwesen so hart, dass Hautschuppen abplatzten und zu Boden rieselten. Das Tier japste, ob wohlig oder protestierend, war für Lifkom nicht festzustellen. »Ich frage mich, wer das getan hat.«

      »Jemand mit einer Menge Feuerkraft. Über 4000 Einheiten, böse zusammengeschossen. Die Reste. Viele andere müssen in der Schlacht, aus der diese Flotte kommt, vernichtet worden sein. Vielleicht tausende.«

      Über 4000 Einheiten in diesem Verband, rechnete Lifkom. Schiffe aller Größenklassen bis hinauf zu etwa tausend Metern Länge. Dem, was von einem weit größeren Verband übrig geblieben sein musste. Dezimiert von einem Gegner, der vermutlich in der Überzahl gewesen war, mindestens aber vergleichbare Stärke besessen hatte. Das machte mutmaßlich über zehntausend Schiffe – nur die Wachflotte des Solsystems versammelte innerhalb der Liga mehr Einheiten auf so engem Raum.

      Und die Oxtorner? Vier weitere Einheiten waren in der Zwischenzeit aus dem Linearraum gefallen. Machte 472 Schiffe. Viel mehr würden es nicht werden. Die Vorgabe der LFT für die oxtornische Heimatflotte betrug 300 Einheiten. Dazu kamen etwa 200 ältere Einheiten von verschiedenen Welten der Praesepe-Koalition, ebenfalls von Oxtornern bemannt, und in Notsituationen der Heimatflotte angegliedert. Ging man davon aus, dass sich zwischen fünf und zehn Prozent der Schiffe – ein eher niedrig angesetzter Wert – zu Wartungsarbeiten in Werften befanden, würden sie keine nennenswerte Verstärkung mehr erhalten ... wie man es auch immer drehte und wendete: Sollte es zu einer Konfrontation mit der fremden Flotte kommen, würden die Oxtorner mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit den Kürzeren ziehen.

      Sollte es. Lifkom wiederholte die Worte langsam in Gedanken. Er gab sich haltlosen Spekulationen hin. Sicher, die fremden Schiffe machten einen düsteren Eindruck, die narbenübersäten Rümpfe wollten nicht zu einer friedlichen Forschungs- oder Handelsflotte passen. Aber dieser erste Eindruck mochte – musste – täuschen. Gut möglich, dass die Fremden überfallen worden waren. Dass sie die Opfer einer Aggression darstellten, nicht die Täter. Das war die Annahme, von der sie ausgehen mussten. Bis zu dem Zeitpunkt, da etwas geschah, was sie widerlegte. Das diktierten ihm der gesunde Menschenverstand und sein Selbstverständnis als Diplomat.

      »Funkaktivität?«, fragte Modesto, der ähnliche Überlegungen zu verfolgen schien.

      »Keine.«

      »Möglicherweise sind ihre Funkanlagen gestört.«

      Oder sie versuchen, sich zu verbergen, dachte Lifkom. Sie ...

      Eine laute, fremde Stimme schnitt den Strom seiner Gedanken ab. Sie hallte aus Dutzenden, über die Zentrale verteilten Akustikfeldern. »Hier spricht Deshwan Jankoff, Interimskommandant der oxtornischen Heimatflotte. An alle Einheiten.«

      Das Porträt eines Oxtorners entstand in der Zentralemitte. Es war ein faltiges, ausgemergeltes Gesicht mit kleinen, tief in den Höhlen sitzenden Augen. Lifkom wurde an einen Totenschädel erinnert. In gewisser Weise traf das auch zu: Der Mann – es musste sich um Jankoff handeln – war uralt. Monate, vielleicht nur Wochen trennten ihn vom Tod. Es war der älteste Oxtorner, den der terranische Botschafter jemals erblickt hatte. Es gab nicht viele von ihnen, und die wenigen Alten, die es gab, lebten zurückgezogen. Sonderlinge, für die ihre Mitmenschen bestenfalls geringes Verständnis aufbrachten.

      Für Oxtorner war das Altern eine Qual. Das Schwinden der Kräfte, die unvermeidlichen Abnutzungserscheinungen und Alterskrankheiten, der langsame Verfall des Körpers setzte denen, die keine Grenzen zu kennen glaubten, über alle Maßen zu. Die meisten Oxtorner zogen den Freitod diesem aussichtslosen Ringen vor. Wie hoch der Anteil war, wusste niemand zu sagen, und Lifkom schien es, dass es auch niemand wissen wollte. Altern war das große Tabu der Oxtorner. Niemand sprach darüber, nicht beiläufig und schon gar nicht vorsätzlich.

      Fühlte ein Oxtorner das Alter herannahen, behielt er seine Erkenntnis für sich. Er stürzte sich mit neuer Entschlossenheit in die Spiele, die rasch zu Verbitterung verkam, wenn er feststellte, dass seine Leistungen nicht mehr an die seiner besten Tage heranreichten. Verbitterung mündete in den Ehrgeiz, es sich und der Welt noch einmal zu beweisen, und dieser schließlich in einen ehrenhaften Tod: Der Oxtorner starb in dem Ringen mit den Elementen, die sein Lebenselixier ausgemacht hatten.

      Dass Deshwan Jankoff diesen Weg offenbar nicht gewählt hatte, war ungewöhnlich, dass er an die Öffentlichkeit trat, unerhört.

      »Ich rufe alle Einheiten!«, wiederholte der alte Mann. Fordernd.

      Spannung erfüllte die Zentrale. Lifkom versuchte, aus den Gesichtern der Oxtorner zu lesen. Vergeblich. Sie waren verschlossen, selbst die Augenbrauen, die für gewöhnlich immer in Bewegung waren, gaben ihm keinen Aufschluss darüber, was in ihnen vorging. Es musste eine Menge sein, ein Aufruhr. Ein alter Mann als Anführer? Nach allem, was Lifkom über die Oxtorner wusste, war es undenkbar. Doch auf der anderen Seite glotzte der Totenkopf auf sie herab. Jankoff hatte sich an die Spitze der Flotte gekämpft, bereits das stellte eine Unmöglichkeit dar. Was ...?

      Modesto beugte sich vor und sprach in ein Akustikfeld: »Schwerer Kreuzer BANDIKOT zu deiner Verfügung, Deshwan Jankoff.«

      Lifkom glaubte, nicht richtig zu hören.

      Der alte Oxtorner im Holo lächelte, entblößte das Gebiss. Es war vollzählig, aber das Zahnfleisch hatte sich so stark zurückgezogen, dass die Hälse der Zähne bloß lagen. »Ich danke euch für euer Vertrauen. Ich werde mein Bestes geben, euch nicht zu enttäuschen.« Er verneigte sich leicht. »Zur Lage: Alle Versuche, Funkkontakt mit der fremden Flotte aufzunehmen, sind bislang erfolglos geblieben. Mein Flaggschiff, die ILLEMA, wird diese Versuche bis auf weiteres fortsetzen, auf allen Frequenzen und im Hyper- wie Normalfunk. Ich erwarte keinen Erfolg, aber es wäre töricht, die Versuche zu unterlassen. Denn auch wenn man uns nicht antwortet, müssen wir davon ausgehen, dass unsere Anstrengungen von der anderen Seite registriert werden. Möglicherweise legen wir damit die Grundlage zu einer späteren Verständigung. An uns soll sie jedenfalls nicht scheitern.«

      Jemand musste den alten Oxtorner von außerhalb des Erfassungsbereichs der Kamera ansprechen. Er wandte sich ab, gab einige Befehle – Lifkom konnte nicht hören, welche, nur dass sie knapp ausfielen – und blickte wieder in die Kamera.

      »Festzustellen ist jedoch, dass diese Fremden ohne Autorisierung in unser Territorium eingedrungen sind«, fuhr Jankoff fort. »Das können wir nicht zulassen. Der Zustand der Schiffe zeigt deutlich, dass es sich bei dieser Flotte um eine militärische handelt, möglicherweise um die Vorhut einer viel größeren Streitmacht. Das Ausmaß des Schadens, den selbst eine Flotte von der Stärke, der wir im Augenblick gegenüberstehen, anrichten kann, brauche ich nicht in Einzelheiten auszumalen.«

      Die Schlussfolgerungen des alten Oxtorners waren von bestechender Logik, dennoch rührte sich in dem terranischen Botschafter Widerstand gegen das, was er hörte. Konsequent zu Ende gedacht ...

      Jankoff kam seinen Gedanken zuvor. »Deshalb müssen wir schnell handeln«, sagte der alte Oxtorner. »Die Positronik der ILLEMA sendet in diesem Augenblick verschlüsselte Kursanweisungen an alle Einheiten. Sobald wir die Gefechtsformation gebildet haben, greifen wir an.«

      Lifkom stockte der Atem. Angreifen? Einfach so? Ohne dass diese Fremden auch nur im Ansatz eine feindselige Geste gemacht hätten? Das durfte nicht sein. Ohne – und das war vielleicht der Punkt, der ihm, dem Diplomaten, am meisten gegen den Strich ging – einen ernsthaften Versuch unternommen zu haben, Kontakt mit ihnen aufzunehmen? Absurd!

      Er blickte sich hilfesuchend in der Zentrale um. Die Oxtorner waren wie erstarrt, offenbar ebenso überrascht wie er über das


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