Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband). Andreas Brandhorst

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Perry Rhodan: Pan-Thau-Ra (Sammelband) - Andreas  Brandhorst


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absehbare Zeit begrenzt, sie musste nehmen, was sie bekam. Das Beste daraus machen, nicht damit hadern, dass sie sich mit einem Frischling abgeben musste.

      An-Keyts Augenmerk wanderte weiter. Am gegenüberliegenden Ende des Raums spielte sich eine Szene ab, die wie ein Spiegelbild von Mev-Soprans Reparaturbemühungen wirkte. Ein vornübergebeugter Loower – Tolt-Sekolg –, umgeben von Instrumenten, mit ganzer Konzentration bei der Arbeit. Doch das Objekt, dem die Aufmerksamkeit des Arztes galt, war kein Helk-Modul. Es war Saleng-Merv, der erste Verletzte des Kommandos. Der linke Tentakel des Loowers war geprellt, nur noch eingeschränkt bewegungsfähig. Wenn Tolt-Sekolg den Tentakel in verschiedene Winkel stellte, um festzustellen, welche der Muskel- und Nervenstränge verletzt waren, stöhnte der Soldat vor Schmerz auf.

      Ein unglücklicher Sturz. Nicht im Gefecht, sondern im Anschluss, auf dem Weg in ihr Nachtquartier, das der Helk für sie ausgesucht hatte. Eigentlich eine bizarre, kaum zu glaubende Wendung. An-Keyt hatte Ströme von Blut an Bord der PAN-THAU-RA erwartet, herausgerissene Eingeweide, Verstümmelungen. Die Ausbilder hatten sie in den langen und doch viel zu kurzen Monaten des Transfers mit unzähligen furchtbaren Bildern konfrontiert. Sie hatten versucht, den Schock zu mildern, der den Angehörigen der Kommandos bevorstand, sie für das Gefecht abzustumpfen, hatten gleichzeitig unaufhörlich darauf hingewiesen, dass sie dem Schrecken, der sie erwartete, nur die schlimmste Spitze nehmen konnten. Bestenfalls.

      Und nun – ein geprellter Tentakel. Saleng-Merv war der Unglaube in die Züge gegraben. Sein Stöhnen war eine Mischung aus Schmerz und Scham über seine Ungeschicklichkeit. Gestolpert. Ohne Feindberührung. Ein schöner Soldat. Wenn wenigstens Blut geflossen wäre ...

      Aber Blut hatte keiner von ihnen gesehen. Das Kommando hat die Feinde nicht nah genug herankommen lassen, als dass sich eine Gelegenheit ergeben hätte. Ihre Strahler arbeiteten zu effektiv. Die Feinde zerplatzten unter ihrer Einwirkung wie mit Luft gefüllte Ballons. Die Fetzen ihrer Körper, die an den Böden, Wänden und Decken klebten, wenn die Zweidenker vorrückten, waren verkohlte Klumpen. Die thermische Energie ließ jede Spur von Feuchtigkeit spontan verdampfen.

      Kein Blut, dennoch eine Verletzung. In gewöhnlichen Zeiten ein belangloses Missgeschick, in dieser aber eine ernste Belastung für das Kommando. Die Tentakel der Loower waren hochkomplexe Bündel aus Sehnen, Nerven und Muskeln. Derartige Verletzungen brauchten lange, um auszuheilen, trotz medizinischer Hilfe, die in der PAN-THAU-RA ohnehin unzureichend zur Verfügung stand. Und Ruhe, die keiner der Soldaten des Kommandos bekommen würde. Der heutige Tag war nur der Beginn ihres langen Marsches. Er würde sie zur Herrschaft über die PAN-THAU-RA führen und dann ...

      Belor-Thon zog An-Keyt mit einem Ruck, der keinen Widerstand duldete, an sich heran. Sein Griff war schmerzhaft – der Junge hatte einen der Flügel der Loowerin eingeklemmt – und signalisierte, dass der Soldat die letzte Phase der Paarung erreichte hatte. An-Keyt verspürte ein Amalgam von Erleichterung und Enttäuschung. Erleichterung, dass ihre Pflicht getan war, dass sie bald Schlaf finden würde, ihre Gedanken endlich Ruhe finden, an einen Ort wandern würden, der unendlich weit weg von der Gewalt des Tages entfernt war. Der Gewalt, die sie gewollt hatte, auf die sie sich seit vielen Monaten vorbereitet hatte. Enttäuschung, dass die Paarung gleich vorüber sein würde, gerade jetzt, da sie Gefallen an den Anstrengungen Belor-Thons fand. Der Junge riss sie herum, brachte die Loowerin in Position für seine Entladung.

      An-Keyts Blick fiel auf den Vordenker des Trupps – und verharrte dort. Noch nie, seit sie Negan-Parr auf dem Transporter kennen gelernt hatte, hatte sie den Loower so zufrieden, so im Frieden mit sich selbst gesehen wie in diesem Moment. Negan-Parr wirkte verzückt, ekstatischer beinahe als Lef-Krar und Mirton-Kehn, die sich – Zufall? Oder vielleicht der Grund für Belor-Thons gipfelnde Erregung? – in diesen Augenblicken ebenfalls der Entladung entgegen arbeiteten. Eng an ihn herangedrängt kauerte Jevek-Kart. Die beiden Loower waren entrückt, ihre Stielaugen fixiert auf das Holo, das das Kommando-Modul des Helks vor sie projizierte.

      An-Keyt konnte das Bild des Holos nur unvollkommen erkennen, aber was sie wahrnahm, genügte ihr. Der Vordenker und Jevek-Kart saugten die Daten des Helk-Netzes auf, die Karte der ersten Nacht des Ansturms. Das Holo zeigte die PAN-THAU-RA in einer merkwürdigen Darstellung. Eine zweite Kugel, eine Hülle hatte sich über das Schiff gestülpt, andersfarbig und hauchdünn. An-Keyt wusste, wofür die Darstellung stand, erkannte darin sich selbst, den sich abmühenden Belor-Thon, ihr übriges Kommando, die vielen Millionen Kommandos, die jetzt gleich ihnen die Stunden der Regeneration nach der Feuertaufe genossen. Zweidenker, die ihre Verletzungen verarzteten – psychisch wie physisch –, die sich wie sie selbst paarten, die sich im Stillen oder lauthals darüber freuten, noch am Leben zu sein.

      Ein erheblicher Anteil der Loower hatte Grund zur Freude. Abgesehen von den hunderttausenden, die beim kollektiven Einschlag der Helks in den Rumpf der PAN-THAU-RA gestorben waren, deren Tod mithin bereits festgestanden hatte, blieben die Verluste gering. Außerordentlich gering. Und die wenigen Toten, die es gegeben hatte, waren zumeist das Opfer von fehlgeleitetem Feuer aus den eigenen Reihen oder von Unfällen gewesen. Saleng-Merv hatte Glück im Unglück gehabt: Einigen hundert Loowern war an diesem Tag ein peinliches Missgeschick von einer Tragweite unterlaufen, das ihnen keine Gelegenheit mehr gab, mit ihm zu hadern.

      Der Vordenker und Jevek-Kart tranken die Statusdaten wie Verdurstende Wasser, alternierten sie immer wieder mit den jüngsten Aufzeichnungen der Gefechtssysteme. Der Vordenker und der Soldat wählten einzelne Szenen aus, verfolgten sie in Zeitlupe, aus bis zu einem Dutzend Kamerawinkeln gleichzeitig. Die 360-Grad-Sicht ihrer Stielaugen bedingte zu – buchstäblich – jedem Augenblick die Verarbeitung einer unerhört hohen Menge optischer Daten. Daten, die vom Gehirn simultan verarbeitet wurden.

      Negan-Parr und Jevek-Kart unterhielten sich flüsternd, kommentierten die Aufnahmen. Vorbildlich natürlich, ganz wie in der Ausbildung gelehrt: Bestandsaufnahme, Fehleranalyse, Ausschluss von Fehlerquellen. Eine Selbstverständlichkeit. Nur Geistesschwache und Arrogante konnten darauf verzichten, aus Fehlern zu lernen. Kinder glaubten es. Die Dummen unter ihnen, diejenigen, die – zu Recht – den Kinderhort als Leichen verließen. Von den Soldaten verfügte keiner über den Luxus, sich nicht anzustrengen. Jeder Fehler konnte der letzte sein.

      Negan-Parr handelte also richtig, kam gewissenhaft seiner Fürsorgepflicht für das Kommando nach. Und dennoch erschien An-Keyt die Beratung der beiden Loower unpassend, ja obszön. Die Soldatin folgte den Bildern auf dem Holo – keine leichte Aufgabe, Belor-Thon wuchtete sie jetzt herum, als wäre sie ein toter Gegenstand – und erkannte an vielen Stellen Kampfhandlungen wieder, an denen sie beteiligt gewesen war, aber die Bilder und das, was in ihr nachhallte, wollten sich nicht miteinander decken.

      An-Keyt richtete beide Stielaugen auf das Holo, versuchte die beiden Welten in Deckung zu bringen, indem sie die ganze Breite der Eindrücke in sich aufnahm. Es war ihr nicht vergönnt. Belor-Thon packte die Loowerin mit einem Aufschrei, riss sie hoch und hielt sie wie eine Trophäe über dem Kopf. An-Keyt schlug um sich, griff ins Leere. Widerstand gegen die Entmündigung mischte sich mit Erregung darüber. Die Loowerin wand sich, Belor-Thon schrie seinen Triumph heraus, die Stielaugen aller flogen herum, ihre Blicke bohrten sich in An-Keyt.

      Der Sturz. Belor-Thon ließ sie übergangslos fallen. An-Keyt kam hart auf dem Stahlboden auf, härter noch als Saleng-Merv, Schmerz stach in den Tentakel, mit dem sie sich abzufangen versuchte. Sie stöhnte auf.

      Belor-Thon warf sich auf sie – und entlud sich. Der Fluss seines Samens wollte kein Ende nehmen. Es musste tatsächlich seine erste Paarung gewesen sein. An-Keyt reckte sich ihm entgegen, verrieb ihn mit den Greiflappen auf ihrem Körper wie eine Creme. Genoss die Wärme, die sich gleich darauf in ihr ausbreitete, Gelassenheit, die nicht von dieser Welt war.

      Der Soldat brach über ihr zusammen, blieb schwer auf ihr liegen. An-Keyt merkte es kaum, ihr Bewusstsein schwand dahin, unbeschwert. Die Loowerin musste sich keine Sorgen machten. Belor-Thon würde sie nicht schwängern. Sie hat sich geschworen, nicht schwanger zu werden, solange der Kampf für das Leben wogte. Ihr Körper würde ihr gehorchen.

      In diesem ebenso wie in dem Zweiten, das sich An-Keyt geschworen hat: Sie würde nicht auf der PAN-THAU-RA sterben.

       Kapitel 5

      


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