Fettnäpfchenführer Irland. Petra Dubilski

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Fettnäpfchenführer Irland - Petra Dubilski


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zwei Irinnen zusammentreffen (sorry, Mädels, nichts für ungut), gibt es immer was zu erzählen, und wenn es eine ganze Gruppe ist, dann wird gequatscht, was das Zeug hält. Kein Wunder, dass wir Mannsvolk gerne im Pub sitzen und mal ganz ungestört in unser Bier starren wollen.

      Zwei ahnungslose und hilflose Touristen sind da natürlich ein gefundenes Fressen. Natürlich wollen alle ihnen weiterhelfen. Wirklich! Aber es ist auch eine herrliche Gelegenheit für neuen Gesprächsstoff, ob das die besagten Touristen betrifft oder nicht. Ihr wart nur Anlass. Wahrscheinlich war der Rest des Wegs der Damengruppe davon beseelt, über Liz, Mary oder Maura zu tratschen, den arbeitslosen Ehemann, das Touristengeschäft für B&Bs, die wirtschaftliche Lage schlechthin, der Jammer der irischen Auswanderung, wie schlimm es früher war, über die Große Hungersnot und was es zum Abendessen geben wird.

      Also, immer schön weiterlächeln und nicken. Eine gerade Antwort auf eine gerade Frage gibt es nicht. So viel Zeit muss sein, auch wenn ihr zunächst keine Ahnung habt, worum es eigentlich geht. Das macht schließlich das soziale Leben in Irland aus.

      2

       BIER, MUSIK UND DAS GROSSE SCHWEIGEN

       Micha schreibt:

      Die ganze Fahrt von Berlin nach Lahinch habe ich mich auf mein erstes echtes Guinness nach Jahren gefreut. Also nicht das, was wir in Irish Pubs in Deutschland serviert bekommen, sondern ein originales, richtig gezapftes Bierchen in einem echten Landpub mit Musik und allem Drum und Dran. Unsere nette Vermieterin Maura und ihr Mann Seamus sagten uns an unserem zweiten Abend, dass es eine session im Pub gebe, irische Livemusik also. Klar mussten wir hin. Gegen 22 Uhr sollte es losgehen. Ziemlich spät, fanden wir. Deswegen machten wir uns gleich nach dem Abendessen auf den Weg.

      Der Pub war noch ziemlich leer, aber dafür konnten wir eine schöne Eckbank ergattern, von wo aus wir das ganze Lokal im Blick hatten. Viel war allerdings nicht zu überblicken. Die Kneipe war dunkel und winzig: hinten eine Bar mit maximal fünf Barhockern, drei Tische mit kleinen Hockern und unsere Eckbank mit zwei kleinen runden Tischen davor. An den Holzwänden hingen Fotos von Musikern, alte Bierplakate und irgendwelcher Krimskrams. Hinter der Bar stapelten sich auf den schon etwas altersschwachen Holzregalen diverse Alkoholika zwischen angestaubten Bierflaschen, die äußerst historisch aussahen. Urgemütlich also.

      Jo winkte dem ältlichen bebrillten Mann hinter der Bar zu, um zu bestellen. Der nickte nur kurz und widmete sich wieder seinen Zapfhähnen.

      »Wieso kommt der nicht, um unsere Bestellung aufzunehmen?«, fragte sie. »Hello!« Sie winkte gleich noch einmal.

      Der Mann sah sie erstaunt an.

      »Keine Ahnung, vielleicht ist die Tischbedienung gerade auf dem Klo?«

      Mir dauerte das zu lange, also bestellte ich an der Theke: »Two glasses of Guinness, please.«

      Der Barmann nickte und begann, zwei kleine Gläser zu füllen. Ähm, dachte ich, eigentlich wollte ich doch ein richtiges großes Glas. Na ja, das nächste Mal würde ich eben »Two big glasses of Guinness, please« sagen.

      Nach und nach tröpfelten Gäste ein, meist ältere Leute, manche noch in Gummistiefeln, als wären sie frisch vom Feld gekommen, ein paar Dorfjugendliche in ihren besten Jeans und T-Shirts und schließlich ein Truppe Männer, die mit Geigen-, Gitarren- und sonstigen Instrumentenkästen schnurstracks auf uns zu kamen und uns freundlich anlächelten.

      Wir lächelten zurück. Als wir begriffen, dass sie sich zu uns setzen wollten, rutschen wir flugs ein Stück auf der Bank zur Seite. Einige nahmen Platz und packten ihre Musikinstrumente aus. Einer der Musiker neigte sich zu uns herab und sagte: »Könnt ihr euch bitte woanders hinsetzen?«

      Jo guckte ihn nur groß an. »Wieso denn?«

      Ehe wir’s uns versahen, kam der Barmann herüber. »Das ist die Musikerecke«, sagte er freundlich. »Ihr seid neu hier?«

      Oh Mann, war mir das peinlich. Schnell nahmen wir unsere Gläser und Jacken und schauten uns um. Der Pub jetzt voll besetzt. Also stellten wir uns an die ohnehin dicht besiedelte Bar.

      »Das halte ich nicht den ganzen Abend aus«, flüsterte Jo und zeigte auf ihre hochhackigen Stiefel. »Wenn ein Stuhl frei wird, sag Bescheid.«

      Ich fand’s gut an der Theke, näher am Bier. Die Musik setzte ein, ein fröhliches schnelles Stück, das alle mitriss, die Leute quatschten immer lauter, manche machten Tanzschritte. Jo vergaß ihre hohen Absätze, wippte im Takt und quasselte munter drauflos, mit allen, die um sie herumstanden. Kaum hatten wir unser Bier ausgetrunken, stand schon ein neues vor uns, und zwar in großen Gläsern. Und kaum hatten wir das Nächste ausgetrunken ... Unauffällig lugte ich in mein Portemonnaie.

      Plötzlich wurde es ganz still im Raum, auch die Instrumente schwiegen. Nur Jo plapperte weiter.

      »Psst!«, zischte es hier und da.

      Jo, natürlich voll in Schwung, redete einfach weiter, bis sie schließlich meinen Ellbogen in ihren Rippen spürte. »Klappe halten, Johanna«. Sie hört auf Johanna.

      Ein alter Mann mit sehr roten Wangen, schwarz gefärbtem Haar und triefenden Augen stand mitten im Raum und sang ein trauriges Lied. Seine Stimme war schon etwas brüchig, auch der eine oder andere Ton ging leicht daneben, aber er sang mit solcher Inbrunst von verlorener Liebe, verlorener Freiheit (oder von verlorenen Kühen?), dass es einfach herzergreifend war. Alle lauschten ergriffen. Nur Jo versuchte immer wieder, ihren Mund aufzumachen, was ich mit leichten Tritten gegen ihre hohen Hacken gerade noch verhindern konnte. Jo wurde ganz rot im Gesicht und presste die Lippen zusammen. Als der alte Mann mit seinem Lied zu Ende war, gab es tosenden Beifall.

      »Another one, Brendan!«, rief jemand von hinten.

      »Yeah, go on, Brendan!«, riefen andere.

      »Hoffentlich nicht«, flüsterte Jo mir zu.

       LAST ORDERS!

      Pubs haben wie fast alle Gastbetriebe in Irland gesetzlich festgelegte Öffnungszeiten: montags bis mittwochs von 10.30 bis 23.30 Uhr, donnerstags bis samstags bis 0.30 Uhr, sonntags bis 23 Uhr. In Nordirland montags bis samstags von 11.30 bis 23 Uhr, sonntags von 12.30 bis 22 Uhr. Ausnahme bilden Pubs mit Unterhaltung, die fürs Wochenende oder für Festivals eine late licence besitzen, also eine Genehmigung für längere Öffnungszeiten.

      Die Schließzeiten bedeuten, dass die Gäste bis zu diesem Zeitpunkt ihre letzte Bestellung, last order, aufgeben können und danach noch eine halbe Stunde Zeit zum Austrinken haben. Das führt dazu, dass schnell noch Getränke bestellt werden, obwohl manch einer noch ein volles Glas vor sich hat. Eine Art Torschlusspanik, auf dem Trockenen zu sitzen, die rasches Herunterstürzen der Getränke nach sich zieht. In ländlichen Pubs wird diese halbe Stunde oft nicht so genau eingehalten. Zeit ist dehnbar.

       Kommentar von: Tom

      Micha, alter Junge. Kannst du dich nicht mehr erinnern, wie wir damals selbst durch die Pubs gezogen sind? Das mag zwar über fünfzehn Jahre her sein, aber dass ein glass of Guinness ein Damenschlückchen ist, weißt du wohl noch? Doch, wirklich, Damenschlückchen! Ein pint of Guinness war immer was für Männer, Damen tranken Gin Tonic oder Baileys oder Orangensaft im Pub. Wenn sie aber doch Guinness oder sonst ein Bier bestellten, dann nur im »Glas«, also als halbes Pint.

       Kommentar von: Tina

      Hey Jungs, auch Frauen trinken mittlerweile Pints. Und das ist völlig akzeptiert. Na gut, nicht unter den alten Mackern auf dem Land, die immer noch glauben, dass »damenhaft« etwas mit Zurückhaltung zu tun hat. Aber die sind die Ersten, die einer attraktiven Frau sofort ein Pint bestellen, wenn sie eine Chance sehen. Chance – haha.

      Also,


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