Tivaro in Gefahr. Merlin T. Salzburg
Читать онлайн книгу.mit mir?«
»Das wird sich bis Morgen Vormittag schon klären«, antwortete Tivaros Mutter.
»So ein Mist!«, schimpfte Tivaro. Er verschwand für den Rest des Tages oben in seinem Zimmer und spielte weiter Dragon Hunter. Auch nach dem Abendessen war seine Laune noch nicht besser geworden. Er verkrümelte sich in sein Bett und las noch in einem Jugendkrimi, bis es dunkel wurde.
Schweinkram
Brrrrr! Brrrrr! Der Wecker klingelte. Schlaftrunken blickte Tivaro auf den Display und erschrak. Viertel vor acht, und ich muss doch zur Schule. Das schaffe ich ja nie! Doch da fiel ihm plötzlich ein, dass Samstag war. Und ich Idiot stelle mir den Wecker, dachte er verärgert. Müde ließ er sich auf sein Kopfkissen zurücksinken und schlief wieder ein.
»Tivaro, aufstehen! Es ist schon nach zehn.« Elise stand in der Zimmertür. »Um elf musst du den Bus zur Mathe-Nachhilfe bekommen.«
»Und das in den Ferien!«, maulte Tivaro gähnend. »Okay, ich bin ja schon unterwegs.«
»Beeile dich, dann können wir zusammen losgehen«, sagte Elise und stieg die Treppe zum Wohnzimmer hinunter.
Tivaro schlüpfte schnell in seine Sachen und nahm einen Block und sein Mäppchen vom Tisch. Seine Mutter stand am Küchenbuffet und rührte in ihrer Teetasse. Tivaros Schwester Sabrina war schon aus dem Haus zum Klavierunterricht.
»Es gibt übrigens Neuigkeiten, Tivaro.« Elises Stimme klang vergnügt.
»Was denn für Neuigkeiten, Mom?«, wollte Tivaro wissen.
»Du wirst es nicht glauben. Ich war heute früh schon mit Sabrina unterwegs, und da haben wir uns etwas angesehen.«
»Was denn?«, fragte Tivaro etwas gelangweilt.
»Du wirst es nicht erraten«, spannte ihn seine Mutter weiter auf die Folter.
»Mom, was habt ihr euch denn angesehen?«
Tivaros Mutter holte einen kleinen Schlüsselbund aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Küchentisch. »Na?«, machte sie auffordernd und nippte an ihrem Tee.
»Was, na? Ein paar Schlüssel halt. Wofür sollen die schon gut sein? Für den Nachhilferaum?«
Elise lachte. »Nein, Tivaro. Dies ist der Schlüssel zu unserem neuen Garten.«
»Das ist ja geil«, freute sich nun auch Tivaro. »Wo ist der denn?«
»Gar nicht weit von hier. Dort wo die anderen Schrebergärten sind. Da war schon die ganze Zeit ein Grundstück frei. Aber es hieß, der Besitzer wollte es nur an kinderreiche Familien verpachten.«
»Wir sind doch bloß zwei«, bemerkte Tivaro.
»Mindestens zwei sollten es auch sein. Außerdem kennt der Besitzer den Roland. Und da waren wir uns schnell einig.«
»Schön, wenn man gute Beziehungen zu seinem eigenen Vater hat«, grinste Tivaro. »Und ist das nun mein Schlüssel?«
»Ich lasse gleich vor der Arbeit welche für uns alle nachmachen«, sagte Elise. »Und weißt du was?«, fügte sie hinzu. »Unser Garten ist wirklich sehr groß.«
»Können wir da auch grillen?«, fragte Tivaro.
»Aber sicher!«, sagte Elise. »Und Gemüse pflanzen und in der Sonne liegen. Es sind einige Bäume auf dem Grundstück, sodass es auch immer genug Schatten gibt.«
»Gibt’s auch eine Wiese? Ich meine einen Platz ohne Bäume oder Büsche, wo man vielleicht Fußball spielen kann oder so?«, fragte Tivaro.
»Ich denke schon, soweit ich das bis jetzt beurteilen kann. Ich weiß nur nicht, ob es auch erlaubt ist«, meinte die Mutter.
»Wieso sollte das nicht erlaubt sein. Es ist doch unser Garten!« sagte Tivaro bestimmt.
»Wir haben aber auch Gartennachbarn, auf die man vielleicht Rücksicht nehmen muss«, wandte Elise ein. »Außerdem will Sabrina Erdbeeren pflanzen, und ...«
»Ja sicher«, unterbrach Tivaro. »Aber dafür ist es ja dieses Jahr wohl leider schon zu spät.« Tivaro hatte sein Honigbrot aufgegessen.
»Wir müssen jetzt los«, drängte Elise.
»Blöde Nachhilfe! Ich würde mir viel lieber gleich den Garten ansehen.«
»Dazu ist auch Morgen noch genug Zeit«, entschied die Mutter. »So, und nun mach schnell, Tivaro. Sonst kommst du noch zu spät.«
Tivaro verabschiedete sich an der Tür und machte sich auf den Weg zur Bushaltestelle, während Elise die Garage öffnete, in der ihr roter Fiat stand.
Obwohl Ferien waren, fanden die Nachhilfestunden in einem Raum seiner Schule statt. Der Nachhilferaum befand sich in einem kleinen flachen Gebäude neben der Turnhalle. Noch bevor Tivaro die Tür öffnete, hätte er sich am liebsten umgedreht und wäre wieder nach Hause gefahren. Doch es war schon zu spät.
»Da ist ja mein Lieblingsschüler Tivaro!« hörte er hinter sich plötzlich eine wohlbekannte Stimme.
Oh nein!, durchfuhr es den Jungen. Was sucht die denn hier? » Wohnen Sie hier vielleicht, Frau Korner?«, murmelte Tivaro leise.
»Für dich immer noch Miss!« Auf ihrem Gesicht hatte die Lehrerin die übliche Überdosis Schminke verteilt.
»Wie toll, dass ich sie als Vertretung habe!«, seufzte Tivaro und setzte ein etwas schiefes Lächeln auf. »Ich wusste gar nicht, dass Sie auch Mathe unterrichten.«
»Schön, dass du dich so freust«, entgegnete die dicke Lehrerin und schob Tivaro in den Nachhilferaum. »Setz dich irgendwo vorne hin, dann können wir gleich anfangen.« Sie nahm ein Stück Kreide und schrieb dann an die Tafel: »Present Perfect Progressive – Past Progressive«.
»Äh, entschuldigen Sie, Frau Korner. Aber das hier ist doch kein Mathe«, stellte Tivaro fest.
»Mathematik?« Miss Körner lächelte spöttisch. »Nein, Tivaro. Wir machen heute Englisch. Englisch ist doch auch viel wichtiger für dich.« Sie reichte Tivaro einen Stapel Blätter. »Hier sind alle Lektionen für die Nachhilfestunden in den Ferien. Wenn du zu Hause fleißig übst, brauchen wir samstags nur noch Tests machen.«
Tivaro seufzte und blickte missmutig auf die vielen Arbeitsblätter.
»Auf dem ersten Übungsblatt geht es um die Verlaufsformen der ‚regular verbs’. Lies dir die Tabellen gut durch. Danach sehen wir weiter.«
»Wie lange vertreten Sie denn Frau Schneider?« fragte Tivaro beiläufig.
»Bis die Ferien zu Ende sind«, gab Miss Körner zurück.
Na, das konnte heiter werden!, stöhnte Tivaro innerlich. »Und wann machen wir dann Mathe?«, wollte er nun wissen.
»Wir machen überhaupt kein Mathe, Tivaro. Ich bin Lehrerin für Englisch und wir machen Englisch, Englisch, Englisch!« Miss Körner klimperte nervös mit den Augenwimpern. Dann wandte sie sich zur Tür. »Ich muss mal eben kurz telefonieren, während du die Tabellen durchgehst.«
Tivaro kannte das schon. Entweder führte sie Endlosgespräche mit ihren Freundinnen oder sie genehmigte sich eine ihrer kleinen Zwischenmahlzeiten. Ja, stopf dich ruhig voll!, dachte Tivaro und beugte sich widerwillig über das Übungsblatt. Es dauerte gut zwanzig Minuten, bis Miss Körner wieder in den Raum zurückkehrte.
»Da bin ich schon wieder«, sagte sie kauend. »Ach, ich liebe diese Fleischbällchen«, schwärmte sie.
Selber Fleischbällchen, dachte Tivaro angewidert.
»Hast du denn kein Pausenbrot dabei?«, fragte Miss Körner.
»Für eine Stunde?«, wunderte sich Tivaro.
»Egal«, entschied die Lehrerin und steckte das Handy in ihre Handtasche. »Tja, Akku leer«, erläuterte sie kurz, leckte sich über den Daumen und schritt dann wieder an die Tafel.